Wenn’s dem Esel zu wohl ist …

Auch merk­wür­di­ge Konzepte kön­nen Sinn machen. Vor allem, wenn bis­her dazu kei­ne Alternativen ent­wi­ckelt wur­den. Oder gibt es Alternativen zum Nationalstaat. Anders gefragt: wie­weit wäre es dann bis zur Anarchie?

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Auch merk­wür­di­ge Konzepte kön­nen Sinn machen. Vor allem, wenn bis­her dazu kei­ne Alternativen ent­wi­ckelt wur­den. Oder gibt es Alternativen zum Nationalstaat. Anders gefragt: wie­weit wäre es dann bis zur Anarchie? Dass die­ses Konstrukt zwangs­läu­fig den Nationalismus her­vor­brach­te, der gern als Patriotismus ver­klei­det wird, war viel­leicht unver­meid­lich. Für vie­le ist die Nation wich­tig. Wir erle­ben das im eige­nen Land, weil vie­le u.a. dar­in ein Staatsversagen gese­hen haben, weil die­ser Staat angeb­lich die Kontrolle sei­ner Grenzen nicht mehr sicher­stel­len konn­te (woll­te?). Die Nation ist auch für Menschen wich­tig, die sich nicht wie Nationalisten gebär­den. Obwohl ich von uner­war­te­ter Seite, näm­lich von Robert Habeck (Grüne), eini­ges über­ra­schen­des über den Begriff „Heimat” gehört und gele­sen habe, ist die Meinung in sei­ner Partei und bei „den” Linken zum Nationalstaat mit sol­chen Verklärungen und Relativierungen nicht wirk­lich ein­deu­tig geklärt. Deutschland hat ein spe­zi­el­les Verhältnis mit dem Nationalismus. Insofern ist das Thema ver­min­tes Terrain. Dass Deutsche sich zur Befreiung Kataloniens vom spa­ni­schen Joch uner­hör­ter­wei­se und selbst­re­dend in voll­kom­me­ner Unkenntnis der beweg­ten Geschichte und dem heik­len Verhältnis zuein­an­der eine Meinung erlau­ben, ist uner­hört. Ja, auch hier im Land sind die Standpunkte schein­bar nicht weni­ger unter­schied­lich als in Spanien und Katalonien selbst. Ob die sepa­ra­tis­ti­schen Bewegungen in Europa eigent­lich dadurch beflü­gelt wer­den, dass sich euro­päi­sche Nationalstaaten in den letz­ten Jahrzehnten von­ein­an­der ent­fernt zu haben schei­nen? Oder betrach­te ich die Anti-​EU-​Bewegung in die­ser Hinsicht als fal­sches Signal? Verstärkt die poli­tisch immer schwä­cher wir­ken­de EU sepa­ra­tis­ti­sche Tendenzen inner­halb Europas oder sind allein die his­to­ri­schen Spezifika für die Entwicklung ver­ant­wort­lich? Nach dem Zusammenbruch des Warschauer Paktes waren Auswirkungen inner­halb der betrof­fe­nen Nationen am ehes­ten zu erwar­ten. Meine Sorge ist, dass sol­che Entwicklungen – mit ganz ande­ren Hintergründen – in der Gegenwart Stabilität und Sicherheit inner­halb Europas gefähr­den könn­ten. 70 Jahre nach Kriegsende schau­en wir auf eine lan­ge Friedenszeit, wenn nicht sogar auf die längs­te Friedensperiode auf dem Kontinent. Was machen wir dar­aus? Die einen wol­len (viel­leicht aus­schließ­lich aus nost­al­gi­schen Gründen?) die Nationalstaaten in ihrer alten „Herrlichkeit” wie­der­be­le­ben und die ande­ren erklä­ren uns, wie schei­ße Nationalstaaten sind und waren. Müssten nicht die, die ein gene­rel­les Problem mit Nationalstaaten haben, jetzt nicht geschlos­sen hin­ter Katalonien ste­hen und die, die für den Nationalstaat sind, die ter­ri­to­ria­le Integrität Spaniens in den Diskussionen mit Zähnen und Klauen ver­tei­di­gen? Wenn es so ein­fach wäre. Diejenigen, die für die Unabhängigkeit Kataloniens sind, soll­ten ihre Gründe noch ein­mal prü­fen. Ein war­mes Gefühl der Sympathie für die unter­drück­ten Katalanen, von denen die meis­ten in Wahrheit gar nicht mehr wis­sen, was UNTERDRÜCKUNG kon­kret bedeu­tet hat, wird bzw. soll­te für unser ein­sei­ti­ges Plädoyer zuguns­ten der „Befreiung Kataloniens” nicht rei­chen. Und was bedeu­tet die Anwendung des Selbstbestimmungsrechtes der Völker bezo­gen auf das, was irgend­wann in der Geschichte mal war? Wie ist die ter­ri­to­ria­le Integrität eines Staates in die­sem Spannungsverhältnis zu gewich­ten? Leben die Spanier in einer funk­tio­nie­ren­den Demokratie? Werden die Katalanen unter­drückt? Bringt es der Region finan­zi­el­le und wirt­schaft­li­che Probleme, dass das dort erwirt­schaf­te­te Geld zum Teil nach Spanien abfließt? Wer das als Deutscher ein­fach mit JA beant­wor­tet, der soll­te dar­über nach­den­ken, dass unser Länderfinanzausgleich für Bayern oder Baden-​Württemberg und Hessen eben­falls eine sol­che Zumutung bereit­hält. Wenn’s dem Esel zu wohl ist, geht er auf’s Glatteis. 

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