Böses Blut zwischen Europäern

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Es ist ver­stö­rend, was ich über die Reaktionen vie­ler Italiener auf Carola Racketes Seenotrettung lese. Die Wut vie­ler Italiener scheint nicht nur auf angeb­lich ille­ga­len Handlungen von Kapitänin Rackete zu basieren. 

Es geht augen­schein­lich um län­ger­fris­ti­ge Befindlichkeiten. Soll hei­ßen: die in den letz­ten Jahren wie­der sicht­ba­rer gewor­de­nen Ressentiments der Italiener gegen­über uns Deutschen, haben nicht nur mit Angela Merkels Flüchtlingspolitik zu tun oder mit der restrik­ti­ven Finanzpolitik Deutschlands inner­halb der Europäischen Union. Es gibt viel­leicht so etwas wie eine Tradition von Ressentiments. Und viel­leicht beruht die­se ja auf Gegenseitigkeit? Nun, wahr­schein­lich ist es so. Und Salvini nutzt die Gunst der Stunde. Nationalisten machen das.

Matteo Salvini hat mit Vehemenz dar­an gear­bei­tet, die Vorbehalte gegen eine migra­ti­ons­feind­li­cher Politik anwach­sen zu lassen. 

Der Kosmopolit hat es in sol­chen Diskussionen schwer. Auch des­halb, weil Nationalisten ihm vor­ne­weg feh­len­den Patriotismus vor­hal­ten und damit bei sei­ner Klientel leicht punk­ten kann. Universelle Menschenrechte bedeu­ten sol­chen Leuten wenig. Das eige­ne Leben und das der eige­nen Leute steht hoch im Kurs. Viel höher als das von irgend­wel­chen Fremden, die doch eigent­lich nur Ärger machen. 

Salvini nutzt die Spaltung inner­halb der Gesellschaft und schlach­tet ganz nor­ma­le Meinungsunterschiede poli­tisch aus. Schlimmer noch, er eska­liert sie. Es schwingt immer der Gedanke mit, dass alle Narrative der Rechten dar­auf ange­legt sind, die Spaltung der jewei­li­gen Gesellschaft zu betrei­ben und für ihre Zwecke zu nutzen. 

Italien klebt am Fliegenfänger der Nationalisten, weil eine Mehrheit hofft, dass lin­ke und rech­te Populisten in einer gemein­sa­men Regierung „es” rich­ten wer­den. Sorry: Wie ver­zwei­felt muss man wohl sein, um die­sen Entwurf zu wählen? 

In ande­ren euro­päi­schen Ländern kom­men Nationalisten und Autoritäre auf, die Stimmenzuwächse sind unübersehbar. 

Die aktu­el­len Umfragen zu den deut­schen Landtagswahlen im Herbst kün­di­gen schwie­ri­ge Zeiten an. Wie Rechten freu­en sich, dass die „Alt-​Parteien” ihre Quittung bekom­men. Ich finds furcht­bar. Aber so geht Demokratie nun ein­mal. Dass die eta­blier­ten Parteien sich nicht mit Ruhm bekle­ckert haben, ist offen­sicht­lich. Sie set­zen die fal­schen Schwerpunkte. 

Wie aller­dings unter sol­chen Voraussetzungen hand­lungs­fä­hi­ge Regierungen gebil­det wer­den kön­nen, bleibt abzu­war­ten. Voraussagen für den Bund sind heu­te nicht zu wagen.

Liebe SPD, natür­lich ist wich­tig, sozia­le Ungerechtigkeiten zu bekämp­fen aber ande­re Themen schei­nen den Menschen wich­ti­ger zu sein!

Alle Themen rund um die Migration sind, anders als vie­le es sich wünsch­ten, in der Arbeit der eta­blier­ten Parteien, nur als Hintergrundrauschen wahrzunehmen. 

Viele Probleme wer­den abge­strit­ten, klein­ge­re­det oder abge­würgt. Die Medien „hel­fen” nicht dabei, dass die offe­nen Fragen immer wie­der aufs Tablett kom­men. Nicht, dass Kritisches voll­stän­dig aus­ge­blen­det oder dar­über nicht berich­tet wür­de. Es fehlt die Nachhaltigkeit und die Perspektiven von ver­schie­de­nen Seiten. 

Ich glau­be, es war Robert Habeck, der kürz­lich in einem Interview sag­te, dass vie­le Leute das Gefühl hät­ten, die Politik küm­me­re sich nicht um die Folgen ihrer Entscheidungen. Genauso emp­fin­de ich das auch.


aus Teilen der ita­lie­ni­schen Bevölkerung schlägt Rackete erstaun­lich star­ker Hass ent­ge­gen – und da nicht erst, seit sie das Boot der Finanzpolizei tou­chier­te. Längst steht sie für viel mehr als eine Kapitänin, die Migranten auf ita­lie­ni­schen Boden gebracht und damit erneut die euro­päi­sche Debatte über den Umgang mit Seenotrettung auf den Tisch gebracht hat. Für vie­le Italiener ist sie ein Symbol für all das, was ihnen nicht passt: eine Deutsche, die sich in ita­lie­ni­sche Angelegenheiten ein­mischt und so ver­meint­lich Italiens Souveränität infra­ge stellt – und dann ist sie auch noch eine Frau. 

Italiener über Carola Rackete: „Weiß, deutsch, reich“ – und eine Frau – WELT

Bei vie­len Italienern bre­chen über­wun­den geglaub­te Ressentiments gegen Deutsche auf. Carola Racketes ver­meint­li­che „Verfehlungen” scheint dafür ein Vehikel zu sein, so beschreibt es der „Spiegel” jeden­falls.

Wie ist es mög­lich, dass der glei­che Mensch wegen der glei­chen Handlung für die einen eine Heldin ist und für die ande­ren ein Verbrecher? 

„Wer Menschenleben ret­tet, kann nicht Verbrecher sein“ 

Frank-​Walter Steinmeier, Bundespräsident Deutschland

Wir erle­ben bei­de Sichtweisen nicht nur in Italien, son­dern auch in Deutschland. Wahrscheinlich ist das auch in Ländern, die nicht direkt betrof­fen sind, nicht anders. Wieder pola­ri­siert ein Thema, das direkt mit der Migrationspolitik Deutschlands zu tun hat.

Die Vorbehalte in Italien gehen wesent­lich auf Innenminister Matteo Salvinis Politik zurück. Er stärkt den Nationalismus und spielt in Italien mit den Feindbilder euro­päi­sche Union und Deutschland. Deutschland ist ihm ein will­kom­me­nes Ziel für sei­ne frem­den­feind­li­chen Parolen.

Salvinis rechts­po­pu­lis­ti­sche „Lega” steht der AfD nahe. Sie bil­den mit ande­ren Rechtsparteien im euro­päi­schen Parlament eine gemein­sa­me Fraktion. 

Die hohe und noch anwach­sen­de Zustimmung der ita­lie­ni­schen Bevölkerung zur Politik der Lega stärkt die Regierung aus Lega und Movimento 5 Stelle. Den Nationalisten ist eines gemein: für sie zählt weni­ger der ein­zel­ne Mensch, son­dern die Volksgemeinschaft. Wer in die­ser Hinsicht als Fremdkörper wirkt, hat die­se Leute gegen sich.

Für mich ist die Position der Rechten (egal, ob Lega oder AfD) menschenfeindlich. 

Es ist zu pas­siv, wenn wir sagen, dass das Menschenbild die­ser Leute nicht auf den Prinzipien euro­päi­scher Werte basiert. Außerdem gibt die euro­päi­sche Union gera­de in die­ser Beziehung ein schreck­li­ches Bild ab. Sie ist kein Vorbild, kein Projekt, das sich mit Auszeichnungen schmü­cken darf. 

Ein Problem, das wir zur Kenntnis zu neh­men haben, ist, das die oft klein­li­chen Streitigkeiten der Nationen mit­ein­an­der, eigent­lich nur denen gefal­len kann, die die Europäische Union 

Ob sich die ver­meint­li­chen gemein­sa­men Werte an die Menschen ver­mit­teln las­sen, ist für den Weiterbestand der EU und den Zusammenhalt der sie tra­gen­den Gesellschaften aus mei­ner Sicht von fun­da­men­ta­ler Bedeutung. Wenn es so wei­ter­geht wie es im Augenblick ist, sehe ich dafür kei­ne Chance.

Nun, ich höre, dass Ursula von der Leyen neue Kommissionspräsidentin der EU wer­den soll. Wenn das so ist, ist ja der Grundstein dafür gelegt, dass wir die­se schlim­me Phase der EU-​Geschichte bald hin­ter uns las­sen wer­den. Warum bin ich eigent­lich wäh­len gegan­gen? Noch nie habe ich mich der­art ver­arscht gefühlt. Offensichtlicher kann man feh­len­den Respekt dem Wähler gegen­über wohl gar nicht ausdrücken.


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