Ausgangssperren und Quarantäne für hustende Urlaubsheimkehrer

Wenn der Staat so in unser Leben ein­greift, wird das so sein müs­sen. Über Ausgangssperren und Quarantäne kann nicht basis-​demokratisch ent­schie­den werden.

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Ich habe das Gefühl, die übli­chen Verdächtigen machen sich lang­sam aber sicher wie­der bemerk­bar. Aber ja, Maßnahmen wie Quarantäne und Ausgangssperren gegen die Ausbreitung der Coronaepidemie sind eben­so dras­tisch wie neu, und sie schrei­en gera­de­zu nach Opposition. Von der offi­zi­el­len Opposition, der im Bundestag, war wenig zu hören. In den Medien wer­den kri­ti­sche Stimmen lang­sam lauter. 

Die Hetze der AfD-​Krawall-​Faktoten wur­de kaum wahr­ge­nom­men, die Partei ver­liert an Zustimmung. 

Merkelkritik hatte kurz Pause

Jan Fleischhauer vom Fokus schreibt sich in Stimmung gegen Berlin. Von Broder und Tichy sind wir das gewöhnt. Wie auch von all den ande­ren mer­kel­kri­ti­schen Verdächtigen, die es selbst in die­ser furcht­ba­ren Krise nicht las­sen kön­nen, poli­ti­sche Gegner zu jagen. Broder über­rasch­te mich ein biss­chen mit sei­nem sei­nem heu­ti­gen Beitragstitel „Ein Quantum Gutes” und einer Diktion, die für sei­ne Verhältnisse fast harm­los wirkt. Vielleicht hat das damit zu tun, dass er zur Risikogruppe gehört. 

Es macht im Moment wenig Sinn, denen zuzu­hö­ren, die über all das nör­geln, was die ande­ren falsch gemacht haben sol­len. Es wäre doch wirk­lich toll, wenn wir damit wenigs­tens war­ten könn­ten bis ein Licht im Tunnel erkenn­bar wird. Im Übrigen den­ke ich: wenn die­se Kritiker es doch so viel bes­ser wuss­ten, war­um haben sie ihren Teil der Verantwortung nicht wahr­ge­nom­men und wenigs­tens dafür gesorgt, dass sie gehört werden? 

Es hät­te nicht pas­sie­ren dür­fen, dass in Massen Material in den Krankenhäusern fehlt. Dort arbei­ten hoch­be­zahl­te, intel­li­gen­te Leute mit viel Übersicht. Die deso­la­te Lage jetzt allein der Politik in die Schuhe zu schie­ben, ist ein biss­chen zu ein­fach. Bequem ist es auch, was man wie­der­um am Verhalten der Medien sieht. Wäre die Verantwortung näm­lich ver­teilt, könn­te man das ansons­ten wir­kungs­voll finger-​pointing vergessen.

Wissenschaft mit zu viel Einfluss

Sehr über­rascht war ich von man­chen Aussagen Heribert Prantls, dem der momen­ta­ne Einfluss „der Wissenschaft” zu weit geht. Ohne die­sen Einfluss gäbe es sei­ner Meinung nach kei­ne Diskussion über Ausgehbeschränkungen oder Ausgangssperren.

Die hält er für frag­wür­dig. Er fin­det, dass es unser gesell­schaft­li­chen System erschüt­tern könn­te. Prantl glaubt wohl, dass mit dem Virus bes­ser umzu­ge­hen wäre als bei­spiels­wei­se mit häus­li­cher Gewalt, die Folge der Einschränkungen sein könnten. 

Es ist natür­lich legi­tim, sich zu den weit­ge­hen­den Beschränkungen mit Bedenken und Sorgen zu äußern. Wenn ich Prantls Plädoyer rich­tig ver­stan­den habe, wäre er eher für die Gründung eines Arbeitskreises gewe­sen, bei dem nicht nur Virologen und Politiker, son­dern auch Soziologen oder Psychologen zu Wort kom­men sol­len. Ob der Virus auf die Ergebnisse war­ten würde?

Söder will mit den Ausgangssperren zeigen, wer der beste ist?

Dass Heribert Prantl Markus Söder unter­stellt, sich mit den Maßnahmen pro­fi­lie­ren zu wol­len, ist etwas schnell gesagt und ange­sichts die­ser Größe der Krise doch eher unan­ge­bracht. Ich bin wahr­haf­tig kein Fan von Söder. Trotzdem hal­te ich sei­ne kon­se­quen­te Handlungsweise für ok. Mir wäre es lie­ber, die ande­ren Ministerpräsidenten wären mit Söder gemein­sam vorgegangen. 

Prantl for­dert eine Absprache zwi­schen den Ministerpräsidenten. Ich den­ke, es dass es die­se gege­ben hat. Mit wel­chem Erfolg sehen wir nun. Söder woll­te nicht war­ten, bis die ande­ren ein­se­hen, dass die­se Härte nötig ist. Ihm des­halb Vorwürfe zu machen, wie Prantl es im Beitrag mehr­fach getan hat, ist unan­ge­mes­sen und unfair.

Offenbar hat Prantl den Föderalismus erstaun­li­cher­wei­se nicht so ver­in­ner­licht, wie man es von einem Mann sei­nes Ranges erwar­ten muss. 

Schon bei der Frage der Schul- und Kitaschließungen war für alle ersicht­lich, wie schwie­rig es ist. Es dau­ert und ist auf jeder Ebene wohl auch ziem­lich müh­sam. Nicht für Leute wie Heribert Prantl. Darüber reden oder schrei­ben oder die Verantwortung für Maßnahmen zu tra­gen, sind zwei grund­ver­schie­de­ne Dinge.

Btw: War Prantl nicht immer einer von denen, die die Politik im Sinne von Friday for Future dazu auf­ge­for­dert hat­te, mehr auf die Wissenschaft zu hören.


Hustende Urlauber reisen ohne Quarantäne ein: Weiß die Regierung, was sie tut? 

Man ist bereit, den Einzelhandel zu zer­stö­ren, indem man für Wochen die Geschäfte dicht macht. Aber man ist nicht wil­lens, hus­ten­de Urlauber für 14 Tage in Quarantäne zu neh­men, weil das die Laune der Urlauber beein­träch­ti­gen wür­de? Das ver­ste­he, wer will.

Fleischhauer – Twitter Suche /​Twitter

Wehe du kommst jetzt per Urlaubsflieger aus Ägypten oder Spanien zurück nach Hause und hus­test! Dann heißt es: Quarantäne – und zwar die staat­lich ange­ord­ne­te, ver­schärf­te Form. Aber… gab es die bis­her schon oder blie­ben die Leute nicht, weil sie dazu auf­ge­for­dert wur­den, ganz selbst­ver­ant­wort­lich 14 Tage lang zu Hause und ver­mie­den mög­lichst alle sozia­le Kontakte. Wie kommt Fleischhauer dar­auf, dass die Urlauber, die jetzt zurück­kom­men oder zurück­ge­holt wer­den, genau das nicht tun? 

Weil er Jan Fleischhauer ist und solche Behauptungen einfach mal raushaut

Allein das Symptom signa­li­siert: „Vorsicht, Coronaverdachtsfall!”. Unverzüglich hat die staat­li­che Präventionsverantwortung zu grei­fen: Ab in Quarantäne. Wenn das nicht schon zu spät ist. Auf die Tour macht Fleischhauer sei­ne Arbeit als Kolumnist beim Fokus. Er nutzt die Chance und stellt eine Frage, die er und sei­ne LeserInnen schon 1000 mal beant­wor­tet haben: Wissen die in Berlin eigent­lich noch, was sie tun?

Sein Artikel von heu­te geht bei Twitter ab wie Schmitz-Katze. 

Jan Fleischhauer hat ent­deckt, dass trotz man­cher geschlos­se­nen Grenze, immer noch Flugzeuge aus Corona-​Krisengebieten in Deutschland lan­den. Es geht um Flugzeuge aus dem Iran. Der Iran ist eines der am schlimms­ten von Corona betrof­fe­nen Länder. Warum lan­den immer noch Maschinen aus Teheran?

Ich habe über­prüft, ob die Übersicht der Ankünfte auf dem Frankfurter Flughafen Aufschluss verschafft. 

Regelmäßig (mehr­mals die Woche) lan­det eine Maschine aus Teheran. Sie macht übri­gens in Rimini /​Italien eine Zwischenlandung. Welche Personen in Teheran oder evtl. auch in Rimini an Bord gehen, kann ich nicht sagen. Ob es sich nur um Personen han­delt, die die Bedingungen der Reisebeschränkungen ent­spre­chen, ist frag­lich (sie­he Screenshot, über­nächs­ter Absatz).

Ich erin­ne­re mich jedoch dar­an, dass gleich nach der Inkraftsetzung am 17.03. Menschen, die aus so genann­ten Drittländern auf deut­schen Flughäfen anka­men, sofort wie­der zurück­flie­gen muss­ten. Auch in Düsseldorf lan­den Maschinen aus Krisenregionen (Mallorca, Spanien u.a.).

Das wer­den ver­mut­lich fast alles hier leben­de MitbürgerInnen sein, die dort ihren Urlaub ver­bracht haben. Das die­se Leute ein ganz erheb­li­ches Risiko dar­stel­len, ist kei­ne Frage. Ich gehe davon aus, dass sie alle in die bekann­te 14 tägi­ge Quarantäne kom­men. Fleischhauer erweckt, bewusst oder nicht, den Eindruck, dies wäre nicht der Fall.

Hinzu kommt, dass sich eini­ge Rückkehrer in Deutschland auf beson­de­re Maßnahmen und Befragungen bei der Einreise ein­stel­len müs­sen. Im Zweifel kann auch eine 14-​tägige Quarantäne not­wen­dig wer­den, je nach Reiseort.

Das Robert Koch-​Institut aktua­li­sert lau­fend die Liste der Risikogebiete im Aus- und Inland. 

Die Lage ist in der Tat unüber­sicht­lich. Dass Fleischhauer jetzt damit sein „Skepis-​Süppchen” kocht, ist lei­der typisch! Hauptsache: dage­gen! Seine Bekannte, die ARD-​Journalistin Natalie Amiri, hat­te einen Screenshot via Twitter zu einem Flug aus Teheran gepos­tet. Das war am Montag, dem 16. März, also einen Tag, bevor die Einschränkungen des außer­eu­ro­päi­schen Luft- und Seeverkehrs durch das BMI vor­ge­nom­men wurden. 

Nun kann man bemän­geln, dass die­se Beschränkungen zu spät, näm­lich erst einen Tag nach der geschil­der­ten Beobachtung, erfolgt sind. Dieser Veränderung erwähnt Fleischhauer aber nicht. Ihm geht es wie wie­der nur dar­um, die Handlungsfähigkeit der Regierung in ein mög­lichst schlech­tes Licht zu stellen.

Ich weiß nicht, wel­che Personen aktu­ell in den regel­mä­ßi­gen Maschinen aus Teheran/​Rimini sit­zen. Die Ankunftszeiten (Verlegung von mor­gens auf abends) deu­ten jeden­falls dar­auf hin, dass die Krise ihren Niederschlag gefun­den hat. Wahrscheinlich sind nur weni­ge Personen an Bord, näm­lich die, die nicht den Einreisebeschränkungen unter­wor­fen sind. 

Fleischhauer unter­stellt, dass alle ankom­men­den Personen wei­ter­ma­chen als sei nichts gewe­sen und sich als poten­zi­el­le Virenschleudern auf deut­schem Boden betä­ti­gen. Nicht mal ihre Temperatur wird gemes­sen – so Fleischhauer- und von Quarantäne weiß er auch nix. 

Die Nachrichten haben dar­über berich­tet. Wäre es nicht nahe­lie­gend, davon aus­zu­ge­hen, dass die Personen, um die es also geht, den Ausnahmebestimmungen des BMI entsprechen?

Mit Blick auf den Schutz der Bevölkerung hat das BMVI Länder und Flughäfen auf­ge­for­dert, das Risiko für Flüge aus RKI-​Risikoländern fort­lau­fend neu zu bewer­ten und not­wen­di­ge wei­te­re Schutzmaßnahmen zu prü­fen. Über mög­li­che Schutzmaßnahmen im Zusammenhang mit Flügen aus RKI-​Risikogebieten (z.B. Quarantäne, Einreise- oder Landeverbote) ent­schei­den nach dem Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (IfSG) die zustän­di­gen Gesundheitsbehörden.

BMVI – Hier fin­den Sie alle Informationen zu Covid-19 

Bild von Tumisu auf Pixabay


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6 Gedanken zu „Ausgangssperren und Quarantäne für hustende Urlaubsheimkehrer“

  1. Hallo Herr Schulte,
    ich möch­te Ihnen einen äußerst inter­es­san­ten Artikel empfehlen.
    Er ist elen­dig­lich lang, liest sich aber flüssig.
    https://​www​.tichys​e​inblick​.de/​g​a​s​t​b​e​i​t​r​a​g​/​c​o​r​o​n​a​-​a​l​s​-​t​e​s​t​-​d​e​r​-​s​y​s​t​e​me/
    Vielleicht (ich habe die Hoffnung noch nicht auf­ge­ge­ben) erschließt sich Ihnen
    doch irgend­wann ein­mal, dass uns erns­te Gefahren dro­hen, die aller­dings nicht
    von Ihrer Drecks-​AfD aus­ge­hen (da sind Sie wie häu­fig auf dem völ­lig fal­schen Dampfer),
    son­dern von den völ­lig Unfähigen und Verantwortungslosen, die uns regieren.

    Leute wie Fleischhauer und Kekulé geben (rela­tiv vor­sich­tig und zurück­hal­tend, denn sie sind noch im Amt) nur einen klei­nen Ausschnitt der Realitäten wider; man kann dies nicht hoch genug schät­zen in Zeiten der mehr­heit­li­chen Jubelarien und Kritiklosigkeit der Medien-Mehrheit.

    Herr Schulte, Sie ver­bes­sern nichts, wenn Sie Meinungen unter­drü­cken wol­len oder Menschen als Krawallmacher dis­kre­di­tie­ren, um auf irgend­wen oder ‑was Rücksicht zu neh­men. Oder aus Angst vor den immer sicht­ba­rer wer­den­den Folgen die­ser gespal­te­nen Gesellschaft. Der Schuss wird nach hin­ten losgehen.

    Wir alle müs­sen auf­merk­sam und kri­tisch sein, der Realität ins Auge sehen und ohne fal­sche Rücksichtnahme auf Obrigkeiten die Fakten klar und deut­lich benen­nen, um einer Explosion (oder ist das dann Implosion?) des Systems ent­ge­gen zu wirken.
    Ein „unter den Teppich keh­ren” funk­tio­niert immer nur für einen begrenz­ten Zeitraum. Auch in Zeiten von Corona.

    Der Autor des Tichy-​Artikels ist übri­gens nicht mehr in Amt und Würden, also unver­däch­tig, sich pro­fi­lie­ren zu wollen.

  2. Hallo Herr Schulte 😉
    ich will nur mal was zum Söder sagen – als Bayer darf ich das.
    Ich moch­te den ja nie, aber in der letz­ten Zeit macht der Bub einen wirk­lich guten Eindruck. Es war auch rich­tig, die Ausgangsbeschränkung ein­zu­füh­ren. Es hät­te mir bes­ser gefal­len, wenn die­se Maßnahme frü­her, bzw. bun­des­weit beschlos­sen wor­den wäre.
    Mein Verdacht ist, dass man den Söder als Bayer und Bärbeiß für die­se Maßnahme vor­ge­schickt hat. Weil man den Bayern ja sol­che Alleingänge eher zutraut. Ich den­ke, sein Vorgriff war mit der Bundesregierung abgesprochen.
    LG
    Sabiene
    (P.S.: Ich habe übri­gens einen neu­en Blog, also nicht erschrecken)

  3. Hi Sabiene, der Bub macht einen guten Job. Finde ich auch. Nicht erst seit Corona. Er hat eine inter­es­san­te Wandlung durch­ge­macht, die ich ihm nicht zuge­traut hat­te. Mir ist eigent­lich ganz egal, wel­che Motive die Verantwortungsträger hat­ten. Hauptsache, sie ver­stän­di­gen sich zügig und las­sen die Bevölkerung nicht um Unklaren. Für mich ist das pas­siert. Die Regierungen, die Verantwortlichen machen in mei­nen Augen einen guten Job. Deshalb bin ich so sau­er, wenn die übli­chen „Skeptiker” und Systemkritiker auch in die­sen schlim­men Tagen nichts ande­res tun, als zu mau­len, zu meckern und die Verantwortlichen zu bezichtigen. 

    Danke für den Hinweis zum neu­en Blog. Ich war schon kurz dort, muss aber dei­nen Beitrag zur Erklärung des neu­en Blogs erst noch lesen. Du hast ja Power. Ich habe inzwi­schen nur noch die­sen Blog und nut­ze seit fast einem Jahr kei­ne sozia­len Netzwerke mehr.

  4. Ich wür­de mich anschlie­ßen, @Horst, dass Söder einen guten Job macht. Und bei Anne Will am Sonntag Abend hat man ihm die Arbeitsbelastung deut­lich anse­hen kön­nen. Allerdings, sym­pa­thi­scher wird er mir dadurch nicht und ich wäre auch nicht begeis­tert, wenn Söder für die gan­ze Republik das „sagen” hät­te. Genauso wenig wie ich davon begeis­tert wäre, hät­te es Laschet.
    Bei allen Schwachstellen des Föderalismus hat er auch sei­ne guten Seiten.

☀️ Jeder Tag ist ein neuer Anfang.

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