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Die apokalyptischen Reiter in Ihrem ZDF

Worauf es ankommt: Schlechte Nachrichten aus allen nur denkbaren Bereichen des Lebens. Und zwar gut dosiert. Nicht im Sinne von weniger ist mehr, sondern eher im Sinne des Gegenteiles. Wiederholungen erwünscht. So erscheinen die apokalyptische Reiter bereits bei vielen am Horizont.

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Bei Markus Lanz waren gestern zwei Reiter der Apokalypse unterwegs. Frau Raether, Die Zeit, gewährte einen Einblick in Metzgers Seelenleben, vor allem jedoch in diejenigen, denen das Töten von Tieren in einem zweitägigen Lehrgang beigebracht wird. Walter Kohl, der zweite Gast, der uns die 3. Phase der Corona-Epidemie näherbrachte.

Kohl meint die Phase, in der uns klar würde, was Globalisierung in einem solchen Kontext bedeutet, aber vor allem, dass all die schönen teuren Maßnahmen unserer Regierung gegen die ökonomischen Folgen der Corona-Krise kaum etwas ausrichten werden. Schließlich handle es sich um eine globale Krise.

Gero von Boehm und Helmut Newton

Angenehm war mir im Vergleich die Präsenz des Dokumentarfilmers Gero von Boehm. Er wirkte mit seinem Film über die Fotografen-Legende Helmut Newton in diesen Zeiten der völlig aus dem Ruder gelaufenen politischen Überkorrektheit nicht gerade gut platziert in Markus Lanz zeitgeistiger Talk-Show.

Frau Raether rollte mit den Augen, und ich wartete sekündlich darauf, dass sie allen Aktfotografen (ganz egal welcher Qualität ihre Machwerke sein mögen) den höchsten Grad von miesem Sexismus vorhielt, den man sich während der Laufzeit einer Lanz-Show ausdenken könnte. Nun, sie hatte ihr Thema präsentiert. Ihr schien das für diesen Abend zu reichen. Gestik und Augen sprachen aber dafür, dass sie zum Thema Helmut Newton doch einiges zu sagen gehabt hätte. Aber dafür wäre Teresa Bücker vielleicht besser geeignet.

Der Mörder ist immer der Gärtner? Plötzlich sollen die es nicht gewesen sein, sondern die Metzger.

Unter der Männern, die als Metzger oder Arbeiter in Schlachthöfen ihr blutiges Tagwerk verrichten (die genauere Bestimmung bleibt der Fantasie der Zuschauer:innen überlassen), sollen laut Frau Raether eine sadistische Neigung erkennen lassen. Es geht eben nix über ein bisschen Freude bei der Arbeit. Ich finde es auch überraschend, was man in einem guten Interview alles vom Gegenüber erfahren kann…

Das gepflegte Vorurteil gegen Metzger

Manchmal erfährt die Öffentlichkeit von Verstößen in den Schlachthöfen, von Fehlbetäubungen oder sadistischen Anwandlungen einzelner Mitarbeiter. Doch auch eine ganz normale, ordnungsgemäße Schlachtung ist von einer Monstrosität und Trostlosigkeit, die wenige ertragen.

Fleischindustrie: Tiere töten | ZEIT Arbeit

Mich beeindruckt die Schilderung des Alltags in Schlachtbetrieben. Ich bin so ehrlich zuzugeben, dass ich mir darüber kaum Gedanken mache. Ich bin in der Lage, Gedanken, die mir Unbehagen bereiten, ignorieren kann, ich schiebe sie beiseite. Ich ignoriere Themen, die mir schwer auf der Seele liegen. Vom Töten der Tiere, um sie zu essen oder auch die genaueren Umstände, wie es zu ihrem Tod kommt, will ich nicht wissen. Sonst würde ich am Ende kein Grillkotelett mehr essen. Als Kinder hatten wir ein Kaninchen. Weder meine Schwester noch ich haben uns je ums Füttern gekümmert. Das machen die Eltern für uns. Als das Kaninchen irgendwann wohlriechend auf dem Sonntagmittagstisch stand, rührten meine Schwester und ich es aus Protest nicht an. Das arme Tier. Die Wahrheit ist: wenn es auf uns angewiesen gewesen wäre, wäre es verhungert.

Besonders verantwortungsvoll waren wir nicht. Trotzdem liebten wir Tiere. Die landwirtschaftliche Umgebung spielte sicher eine Rolle. Wir hatten Hunde, Katzen, Rinder, Hühner, Schweine und Kühe. Sie gehörten neben einigen Wildtieren zu unserem Leben dazu. Wir aßen Leberwurst, Fleischwurst oder Salami und wir waren dabei, wenn geschlachtet wurde. Nicht bei der Schlachtung natürlich. Aber wenn im Waschtrog meiner Mutter Panhas gekocht wurde, war das ein Event. Klingt furchtbar, wenn man bedenkt, wie viel Schweineblut dabei eine Rolle spielte. Da wird man heute zucken und die Nase rümpfen. Welches Kind hat heute schon noch irgendeinen direkten Bezug zu Nutztieren? Vielleicht führt das dazu, dass die hysterischen Ausfälle gegen Fleischesser so extrem zugenommen haben? Vielleicht sollten diese Leute Sarah Wiener zuhören. Das könnte dazu beitragen, ein besseres Verständnis zu entwickeln. Aber das muss man freilich auch wollen.

Trotz meiner Vorbehalte gegen die schrillen Diskussionen, auf die ich heute leider häufig treffe, bin ich selbst strikt dafür, den eigenen Fleischkonsum deutlich zu senken und damit die eigentliche Stellschraube für den aus vielerlei Hinsicht dringend nötigen Umkehrungsprozesses endlich zu bewegen. Ich habe das Gefühl, dass das Bewusstsein viele Menschen (jedenfalls im Westen) schon vor der Corona-Krise erreicht hatte. Die Zustände, die in den europäischen Schlachthöfen existieren, waren längst bekannt. Insofern hätte es dieses angeblichen „Brennglases“ gar nicht bedurft. Sei’s drum. Bisschen Druck kann nicht schaden.

Es sollte aber gewiss nicht so ablaufen, wie manche „Aktivisten“ sich das vorzustellen scheinen. Scheiterhaufen will man auch nicht wieder errichten, oder? Mir reichen die Wortjäger aus dem Reich der Überkorrekten, die damit begonnen haben, alle Dunkelstellen unserer Kulturgeschichte nach kritischen Strophen, Worten und Formulierungen zu durchsuchen. Ist das, was sich da offenbart, nicht ein angstmachender Hang zu jenen Bücherverbrennungen, die unsere Ahnen:innen in unserem Land zugelassen haben?

Die Frage ist übrigens auch, wie man bewusste Entscheidungen einleiten oder politisch begleiten kann, ohne zu stark in unternehmerische Freiheiten einzugreifen. Dass das im Fall der Tönnies Holding ApS & Co. KG aufgrund des gewaltigen öffentlichen Drucks schon passiert. Es zeigt sich an diesem Beispiel, wie wertvoll Sündenböcke in schwierigen Krisensituationen sein können.

Zukunft der EU

Walter Kohl, der vor ein paar Monaten sein Buch „Welche Zukunft wollen wir? – Mein Plädoyer für eine Politik von morgen“, vorgestellt hat und damit auf der Spiegel – Bestseller – Liste steht, wird zu dem Zeitpunkt, als er das Buch schrieb, von den Folgen der Corona-Epidemie noch nichts geahnt haben. Im Buch geht er auf andere Herausforderungen ein, wie den Klimawandel und geopolitische Veränderungen.

Kohl beschrieb bei Markus Lanz allerdings vor allem die dritte Phase der Corona-Krise, die uns seiner Ansicht nach erst noch bevorstehe. Er wünschte, so Kohl, er würde sich in dieser Hinsicht irren.

Die erste Phase sei diejenige gewesen, die sich mit den gesundheitlichen Folgen bis zum Lockdown befasst, in der zweiten Phase gehe es um die nationalen Folgen der Krise also die Maßnahmen der Regierung, um die binnenwirtschaftlichen Verwerfungen zu bekämpfen.

Die Dimension einer dritten Phase werde erst allmählich sichtbar, weil sich ihre Auswirkungen erst nach und nach zeigen werden. Die wichtigsten Handelspartner seien eben, USA + China, ausgenommen vor allem unsere europäischen Nachbarn. Auf diese würden sich die nationalen Hilfen und Milliardenkredite nicht auswirken. Die Auswirkungen erkennen wir anhand der einbrechenden Exporte erst nach und nach.

Europäisches Engagement

Ich denke, dass Kohl an dieser Stelle das Engagement von Merkel und von der Leyen nicht wirklich in den Blick genommen hat. Die Finanzhilfen, die die deutsche Regierung in der Corona-Krise sehr zügig beschlossen und großenteils schnell (zwei Wochen nach den verhängten Kontaktbeschränkungen) umgesetzt hat, werden doch durch Maßnahmen auf der europäischen Ebene flankiert. Ende Juni sind die darüber hinaus beschlossenen wesentlichen Teil der Hilfspakete ausgelaufen.

Die EU hat soeben die Zustimmung für weitere Hilfen gewährt. Damit kann nun der Wirtschaftsstabilisierungsfonds greifen. Das Gesamtvolumen beträgt 600 Mrd. Euro. Normalerweise wäre es erforderlich, eine Aufteilung dieses Fonds in mehrere Tranchen, sofern sie über 250 Millionen Euro groß wären, von der EU-Kommission genehmigen zu lassen. Das ist mit dieser gegebenen Zusage nicht erforderlich. Hoffen wir, dass diese enormen Finanzmittel den Effekt erzielen, den unsere Wirtschaft benötigt.

Unter der Überschrift „Corona – Krisenreaktion“ legte die EU-Kommission ihrerseits ein überwältigend großes Finanzpaket für mehrere Jahre in einer Größenordnung von insgesamt 2,4 Billionen Euro zur Abstimmung vor. Auf ein von Macron und Merkel vorgestelltes Wiederaufbaupaket von 500 Milliarden Euro hatte EU-Kommissionschefin von der Leyen, eine weitere 1/4 Milliarde Euro „gepackt“. Und es wurden noch weitere Finanzmittel zusammengefasst, so dass unterm Strich eine wahrlich beeindruckende Summe steht. Der Krise angemessen? Inwieweit die nötigen Beschlussfassungen, wie seitens der EU-Kommission gewünscht, vonstatten gehen, wird abzuwarten sein. Dass Angela Merkel die EU-Mitgliedsländer zur Kompromissbereitschaft bei den Verhandlungen zum „Aufbauplan“ drängt, ist wohl dringend nötig.

Finanzmärkte und keine Spielräume zum Beispiel für die Gemeinschaftswährung

Inwieweit die Mittel, sollten sie denn in den vorgesehenen Größenordnungen fließen, garantieren werden, dass sich beispielsweise Italien als besonders kritischer Fall an den Finanzmärkten künftig refinanzieren kann, ist eine offene Frage. Jedenfalls dürfte der starke Einsatz von Macron und Merkel nicht zuletzt der Gefahr geschuldet sein, die Walter Kohl bei Lanz beschrieben hat. Die Auswirkungen eines tiefen Falls von Italien wären natürlich für die Gemeinschaftswährung höchst relevant. Walter Kohl hat wohl recht, wenn er unter dieser Prämisse darauf hinweist, dass das Pulver der EU (Zinsen, Kredite) schon verschossen ist. Wir hätten nichts mehr, was wir in der nächsten Finanzkrise einsetzen könnten. Vielleicht ist diese gefährliche Ausgangslage den EU-Mitgliedern klar und sie finden deshalb trotz ihrer Abneigung zu der von Merkel vernünftigerweise geforderten Kompromissbereitschaft.

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

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Horst Schulte
Herausgeber, Blogger, Autor und Hobby-Fotograf
Seit 2004 blogge ich über Politik und Gesellschaft – also seit die meisten noch SMS statt Tweets geschrieben haben. Mit 70 Jahren lebe ich immer noch im schönen Bedburg, direkt vor den Toren Kölns, und schreibe über alles, was die Welt bewegt (oder mich zumindest vom Sofa aufstehen lässt).

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Artikelinformationen:

Gesellschaft

Coronakrise

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