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Verantwortlich für das Virus

Vorschnelle Urteile sind im Zeitalter der sozialen Hetzwerke schnell passiert. Wer entschuldigt sich heute schon noch für falsche Schlüsse und daraus folgende Beleidigungen von Menschen?

∼ 5 Min. Lesezeit

Als ich Laschets kurzes Statement gestern in den Nachrichten gesehen habe, war ich spontan empört. Heute hat er für seinen kurzen Satz die Resonanz erfahren, die seine Äußerung verdient hatte. Oder ist die Empörung, auch meine eigene, womöglich überzogen?

Weil Rumänen und Bulgaren da eingereist sind und da der Virus herkommt…

Armin Laschet, Ministerpräsident und möglicher Kanzlerkandidat der CDU

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Es wurde darüber berichtet, dass die Corona-Infektionszahlen in Osteuropa erstaunlich niedrig sind. Die aktuellen Fallzahlen der Neuinfektionen bestätigt das, obwohl in Bulgarien ein Anstieg auf niedrigem Niveau zu verzeichnen ist.

Der Kreis hat seine Reihentestung am vergangenen Freitag, 5. Juni, abgeschlossen. Deren Ergebnisse liegen nun vor: Insgesamt wurden 6.648 Personen getestet: Allein bei Tönnies wurden bei 6.335 Personen Abstriche genommen, davon waren 6.328 negativ und 7 positiv.

27 Corona-Neuinfektionen bei Tönnies | top agrar online

Nachdem die Schlachthofmitarbeiter vor ca. 4 Wochen aus ihren Heimatländern zurück nach Deutschland kamen (so beschrieb es der dortige Landrat in einer Pressekonferenz), wurden alle getestet. Die positiv getesteten Fälle lagen im marginalen Bereich (7 Mitarbeiter). Innerhalb dieser kurzen Zeit sind also so viele Neuinfektionen (>650) entstanden. Ist es deshalb nicht wahrscheinlich, dass das Virus durch die ausländischen Mitarbeiter „eingeschleppt“ wurden? Wie viele inländische Mitarbeiter sind im Unternehmen beschäftigt? Haben die Rumänen und Bulgaren viel Kontakt zur einheimischen Bevölkerung und wo sind die Hotspots in RhedaWiedenbrück bzw. Gütersloh, die andere Schlüsse nahelegen würden?

Allerdings wurde bereis am 10.06.2020, also ca. eine Woche vor der Eskalation der Neuinfektionen 27 Fälle von Corona – Infizierten bei Tönnies festgestellt worden sind.

…Stichtag 10. Juni um 29 erhöht. Davon entfallen 27 auf Personen, die für Werkvertragsnehmer der Firma Tönnies in Rheda-Wiedenbrück beschäftigt sind.

Quelle

Was soll an diesen naheliegenden Rückschlüssen rassistisch sein? Wobei das Wort rassistisch ohnehin völlig daneben ist. Fremden- oder Ausländerfeindlich wären, wenn überhaupt, die „richtigen“ Begriffe dafür.

Naheliegend ist unter diesen Voraussetzungen, dass die vielen Infektionen entweder während des Betriebes im Schlachthof oder in den Wohnungen erfolgt sind. Wie ich gelesen habe, ist die Unterbringung der Arbeiter in diesem Fall nicht mit den schlimmen Zuständen zu vergleichen, die wir beim letzten Fall in TV-Berichten sehen mussten. Folglich klingt es für mich danach, dass die Infektionen eher durch die kühlen Temperaturen in den Schlachthöfen stattgefunden haben. Temperaturen von ca. 6 Grad (so kalt soll es dort sein), stellen für das Virus eine gute Basis zur Weiterverbreitung dar.

Mich irritiert in diesem Zusammenhang jedoch, dass die Ausbreitung des Virus gerade auch in Ländern mit vergleichsweise hohen Temperaturen zur Zeit stark ist. Als Beispiele dafür nenne ich Indien, Brasilien oder auch Arizona, Florida und Texas als einige der US-Bundesstaaten, in dem die Zahl der Neuinfektionen in letzter Zeit nach oben geschnellt sind. Dort herrschen im Vergleich hohe Temperaturen, so dass die Theorie, dass das Virus im Herbst / Winter stärker zum Vorschein treten könnte, nicht unbedingt logisch klingt.

Alles Mutmaßungen für die wissenschaftliche Grundlagen immer noch fehlen. Was wir wissen, ist, dass die Ausbreitung des Virus in geschlossenen Räumen mit vielen Menschen begünstigt wird. Es gibt etliche Bespiele für alte (Heinsberg) und neue Hotspots, die diese Annahme erhärten.

Es ist nach Lage der Dinge also durchaus möglich, vielleicht auch wahrscheinlich, dass die Tönnies-Mitarbeiter aus Bulgarien und Rumänien das Virus mit nach Deutschland gebracht haben und sich in der Fabrik krass vermehrt hat. Womit wir dann wieder bei den Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie angelangt wären.

Wenn wir dieses Szenarium so unterstellen, hätte Armin Laschet mit seiner flapsigen Bemerkung von gestern nicht falsch gelegen. Dass es ihm darum ging, nicht erneut für seine forsche Lockerungspolitik angeprangert zu werden, ist verständlich.

Insofern ist Laschets Äußerung zwar ungeschickt aber vielleicht auch legitim gewesen. Ich empfinde das Geschehen heute einmal mehr so, dass ich mich wieder zu schnell aufs falsche Pferd gesetzt habe. Wie unser tragischer Außenminister, Maas, mit diesem Vorgang (übrigens erneut aus dem Ausland) aufgetreten ist, sollte Kanzlerin Merkel Anlass geben, sich von diesem unfähigen Mann zu trennen.

Ich finde es verwerflich, Armin Laschet anhand dieses Satzes zum Rassisten abzustempeln. Es ist bei den Diskussionen über die Lockerungen zu Corona nie darüber berichtet worden, dass Laschet eine Koalition mit der FDP führt. Ich könnte mir nämlich vorstellen, dass die FDP viel Druck auf Laschet ausgeübt hat und an den (zu) schnellen Lockerungen einen beträchtlichen Anteil hatte. Die entsprechende Ministerriege von FDP-Leuten spricht dafür, dass ich mit meiner Spekulation nicht ganz falsch liegen könnte.

Quelle Featured-Image: HorstSchulte.com

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