Keine Strategie in Sicherheitsfragen

Deutschland hat es nicht geschafft, sich nach der Wiedervereinigung in die Rolle hin­ein­zu­fin­den, die dem Land extern zuge­wie­sen wird.

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Die Unsicherheiten unse­rer Zeit rei­chen den meis­ten voll­auf. Eine kom­mu­ni­zier­te Strategie wäre nicht schlecht. Das gilt nicht nur für Corona, das Klima oder die Migration. Sicher, es sind drei wich­ti­ge Themen, die unse­re Aufmerksamkeit for­dern. Die Verteidigungsfähigkeit des Landes scheint seit Jahren nicht wirk­lich zu interessieren.

Kein Wunder also, dass wir ange­sichts der Vielzahl exis­tie­ren­der Probleme wenig Neigung ver­spü­ren, eine „grand stra­tegy” zu ent­wi­ckeln. Dass aus­ge­rech­net der in unse­ren Breiten so belieb­te US-​Präsident ist, der von Deutschland grö­ße­re Bemühungen bei den Militärausgaben for­dert, macht es für die Bundesregierung auch nicht ein­fa­cher. Diese hat aller­dings auch schon vor­her kei­ner­lei wahr­nehm­ba­re Anstalten gemacht, die Wünsche gewis­ser Strategen zu erfül­len und die Deutschlands „Wehrfähigkeit” zu verbessern. 

Geld für die Bundeswehr

Wir geben etwas mehr Geld fürs Militär aus, weil inzwi­schen wohl auch der Letzte ein­ge­se­hen hat, dass unse­re Bundeswehr so nicht nur nicht ein­satz­fä­hig ist, son­dern dass wir mit die­sen Ausstattungsmängeln das Leben der Menschen aufs Spiel set­zen, die für uns ihren Arsch in einer gan­zen Reihe von zum Teil lang­jäh­ri­gen Auslandseinsätzen riskieren.

«Es ist nicht gut, wenn die Bundesrepublik sich auf die nuklea­re Abschreckung ver­lässt, die Bürger aber von der Bundesregierung das gan­ze Jahr lang nichts dar­über hören.»

Deutschland: Sicherheitskonferenz for­dert mehr Aussenpolitik (Wolfgang Ischinger, Münchener Sicherheitskonferenz)

Statt der zuge­sag­ten 2% des Bruttoinlandsproduktes hat Deutschland sei­ne Militärausgaben von 1,38 % auf 1,58 % gestei­gert. Das ent­spricht unge­fähr einem Gegenwert von 50,4 Milliarden $. Im Wesentlichen hängt die Steigerung aller­dings mit dem Wirtschaftsabschwung durch Corona zusam­men. Die Planungen der Budgets ver­blei­ben auf dem ursprüng­li­chen Niveau, wäh­rend das BIP erheb­lich sinkt. Wenn man so möch­te, ent­fal­tet Corona an die­sem Punkt also eine posi­ti­ve Wirkung…

50 Milliarden (jährlich) sind eine Menge Geld

Wie auch immer, Deutschland gehört welt­weit zu den 15 Ländern mit den höchs­ten Militärausgaben. Ungefähr 50 Milliarden (2018, 2019, 2020) soll­ten mehr bewir­ken als sie es offen­bar getan haben. Man schaue auf Israel. Das Land gibt für sein Militär etwa 20 Mrd. $ aus. Dort woh­nen ca. 9 Mio. Menschen. Pro-​Kopf gibt Israel unge­fähr das 3,6 fache je Einwohner für sein Militär aus. Über den Unterschied hin­sicht­lich der Effizienz des dor­ti­gen Militärs oder die exis­tie­ren­den Notwendigkeiten muss ich nichts wei­ter sagen.

Was wür­de eigent­lich pas­sie­ren, wenn wir in einen Konflikt gera­ten wür­den? Die Amerikaner wären nicht mehr zur Stelle, um den freund­li­chen Welt-​Polizisten zu spie­len. Es steht zu befürch­ten, dass auch in einer Nach-​Trump-​Ära die Beziehungen zu den euro­päi­schen Verbündeten nicht mehr wie frü­her ™ sein wer­den. Jedes ein­zel­ne Mitglied der EU scheint in dem Zustand, in dem die­se sich befin­det, deut­lich dazu ten­die­ren, sich nur um sich und nicht irgend­wel­che Partner zu küm­mern. Von einer gemein­sa­men Strategie ist nichts zu erken­nen. Warum soll­te das anders aus­schau­en als den Themen Migration oder Euro? 

Die deutsche Regierung ist ohne kommunizierte Strategie unterwegs

Ein öster­rei­chi­scher Journalist schrieb ges­tern für die NZZ über „Lebenslügen” mit der die deut­sche Außenpolitik auf­räu­men müs­se. Die Formulierung hat­te er dem «Munich Security Report» ent­nom­men, der heu­te in Berlin vor­ge­stellt wurde. 

Die Bundesbürger sind nach neu­en Umfragen nicht mehr wie noch 2019 der Ansicht, dass die Militärausgaben gestei­gert wer­den soll­ten. Angesichts der Folgen von Corona und der star­ken Überbeanspruchung der Finanzmittel bzw. dem star­ken Anstieg der Schulden, war das ver­mut­lich zu erwar­ten. Es gibt der­zeit Wichtigeres, wor­um sich die Regierung zu küm­mern hat.

Aufsichtfahren als Prinzip ist gefährlich

Eins ist aller­dings auch wahr. Die Regierung hat ver­säumt, die Bevölkerung auf die Notwendigkeit auf­merk­sam zu machen, dass wir uns selbst um die Verteidigungsfähigkeit unse­res Landes und damit um die not­wen­di­gen Grundvoraussetzungen küm­mern müs­sen. Es ist ein kras­ser Mangel an poli­ti­scher Führung, dass ange­sichts der für alle erkenn­ba­ren glo­ba­len Veränderungen in Sicherheitsfragen an die­sem exis­ten­zi­el­len Punkt nichts geschieht.

Das Aufsichtfahren zum Regierungsprinzip zu machen, mag in bestimm­ten Lagen durch­aus ver­nünf­tig sein. Ohne Strategie könn­te es für Deutschland gera­de unter den stark Veränderungen Bedingungen bald ganz schön unan­ge­nehm wer­den. Die ekla­tan­ten und seit Jahren bekann­ten Defizite wer­den sich dann aber nicht zum Zwecke eines Zeitgewinns ver­ste­cken las­sen. Selbst nicht mit vie­len Milliarden Euros. 


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