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Wenn sogar die Kanzlerin die Con­te­nance verliert

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Ich hab es auch so satt und über­legt, wel­chen Sinn es noch hat, über Corona zu blog­gen. Anderswo boy­kot­tiert man das Thema. Ich habe Verständnis dafür. 

Was mich aber immer wie­der zurück an die Tastatur bringt, ist die gran­dio­se Fehlleistung, die wir von den „pro­fes­sio­nel­len Akteuren der schrei­ben­den Zunft” gebo­ten kriegen. 

Sicher, das kann man auch anders her­um sehen. Politiker in der EU und in Deutschland geben kein über­zeu­gen­des Bild ab. In ande­ren Ländern sieht das nicht anders aus. Das Unglück der Pandemie und ihrer Folgen tei­len vie­le Menschen miteinander.

Medien haben Versprechungen gemacht, die Politiker*innen einhalten müssen

Zuerst haben die Medien sug­ge­riert, dass durch die ersehn­ten Impfungen die Pandemie enden wird. Nur wenig spä­ter ent­lud sich vehe­ment der Ärger über alle han­deln­den Politiker*innen, weil der Impfstoff (welch gro­ße Überraschung) nicht gleich in den erfor­der­li­chen Mengen zur Verfügung stand. 

Jedes Spatzenhirn konn­te wis­sen oder ahnen, dass nach Freigabe der Vakzine durch die staat­li­chen Stellen nicht über­all zur glei­chen Zeit erfolg­rei­che und rei­bungs­lo­se Impfaktionen anlau­fen würden. 

Nur nicht die Con­te­nance verlieren

Weil wir uns aber seit Langem so selbst­ver­ständ­lich dar­auf ein­ge­las­sen haben, sach­li­che Information durch Empörung und Schuldzuweisungen zu erset­zen, läuft vie­les in die fal­sche Richtung. Ich ver­ste­he, dass Politiker*innen genervt sind und der öffent­li­che Eindruck ent­steht, als ver­lö­re selbst die bis­her stress­re­sis­ten­te Angela Merkel die Con­te­nance.

Nach Lage der Dinge hat die EU unter ihrer deut­schen Chefin, Ursula von der Leyen, und – für uns Deutsche beson­ders ernüch­ternd – unter deut­scher Ratspräsidentschaft Fehler gemacht. Die EU selbst scheint schwer beschä­digt. Zudem lei­det das Vertrauen in die deut­sche Politik auf euro­päi­scher Ebene. 

Langsame Prozesse in der EU – das alte „Leiden”

Hört man aber genau­er hin, ist es – lei­der – wie immer. Wir wis­sen längst, dass alle Prozesse inner­halb der EU extrem lang­sam von­stat­ten­ge­hen. Jeder der 27 Nationalstaaten hat dar­an sei­nen Anteil. Ob nun die Franzosen ihren Sanofi-​Konzern gegen­über den deut­schen Wettbewerbern in eine vor­teil­haf­te­re Position brin­gen woll­ten, ob umge­kehrt die Deutschen ihre Präferenzen für BioNTech oder Curevac durch­zu­set­zen such­ten oder ost­eu­ro­päi­sche Staaten für die neu­en Vakzine (mRNA) nicht so viel Geld zah­len moch­ten. All die­se Abstimmungen und Diskussionen kos­ten Zeit, mit­un­ter viel zu viel Zeit. Diese Zeitfresser wer­den aber, wie immer, nicht etwa „schnö­den” Nationalinteressen ange­las­tet, son­dern grund­sätz­lich der EU als Gemeinschaft. 

Das ist kein Geheimnis. Leider schlep­pen die euro­päi­schen Institutionen das gro­ße Manko zum Verdruss sicher vie­ler Europäer mit durch Gegenwart und Zukunft.

Ranglisten – mal nicht top

Im Moment ner­ven die Ranglisten ganz beson­ders. Macht es kei­nen Unterschied, ob ich 10 Millionen Menschen in einem klei­nen Land imp­fe oder eines mit über 80 Millionen in einem grö­ße­ren Land? Wie steht es um per­so­nel­le Ressourcen, um Infrastruktur und so weiter?

Viele tun heu­te sogar so, als sei­en die Verzögerungen durch die ordent­li­chen Zulassungsverfahren (EMA) die Schuld der EU. Nur wer das hin­ter­fragt und die unter­schied­lich aus­ge­bil­de­te Impfskepsis in vie­len Ländern der EU bedenkt, kommt viel­leicht dar­auf, dass eben die­se Verfahren durch­aus sinn­voll waren. Sie sind es auch noch aus heu­ti­ger Sicht! Sicher ist, dass die ange­spann­te Lage nicht blei­ben wird, wie sie sich momen­tan darstellt. 

Hysterische Medien

Anstatt wei­ter die Hysterie anzu­fa­chen, die in die­sen Zeiten zwangs­läu­fig auf frucht­ba­ren Boden fällt, soll­ten die Medien sich wenigs­tens in die­ser ange­spann­ten Krisenlage ein­mal an ihre eige­ne Verantwortung erin­nern! Sie könn­ten doch zum Beispiel den Part über­neh­men, eine gute Kommunikationsstrategie für die Regierung zu ent­wi­ckeln und über ihre Wege zu verbreiten. 

Oh, ich höre schon die Internet-​Dauernörgler dumm daher quat­schen. Sie wer­den eine sol­che Maßnahme sicher als Regierungspropaganda der Systemmedien diskreditieren. 

Wir imp­fen die Prioritätenliste ab. Die vul­ner­ablen Bevölkerungsgruppen wer­den zunächst geimpft. Vor allem also die alten, kran­ken Menschen. Ist das über­all auf der Welt so? 

Organisation der Impfungen

Warum orga­ni­sie­ren wir die Impfungen nicht ganz anders? Zuerst soll­ten über­all auf der Welt die vul­ner­ablen Gruppen im Land geimpft wer­den und danach zu um Zug (eben­falls nach Prioritätenfestlegung) die ande­ren? In Italien ist es so, dass zuerst das medi­zi­ni­sche Fachpersonal, vor allem in Krankenhäusern, geimpft wird. Das ist ok aber es gehört zur Wahrheit dazu, dass man dort eine höhe­re Impfquote hat, weil es ange­sichts die­ser ande­ren Priorität natür­lich schnel­ler geht. 

Hier wer­den alte Menschen in Pflegeheimen geimpft, dann in Impfzentren, spä­ter die vie­len Millionen, die zu Hause gepflegt wer­den. Das kos­tet rich­tig viel Zeit. Insofern wer­den wir in den Rankings – allein schon auf­grund des hohen Anteils alter Menschen in unse­rer Bevölkerung – nie vorn mit­spie­len.

Könnten sol­che Fakten in der Berichterstattung der gan­zen Medien – Schimpftiradenkasper (ich kann sie schon nicht mehr alle auf­zäh­len!) nicht auch ein­mal vorkommen?

Ja und? Es ist wie es ist!


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6 Gedanken zu „Wenn sogar die Kanzlerin die Con­te­nance verliert“

  1. „Ja und? Es ist wie es ist!”

    Ich habe zwar kei­ne Lösung, aber ich bewun­de­re das Problem. 😉
    Mein Credo heißt: In der Ruhe liegt die Kraft!

  2. Bei unse­rem Spaziergang eben tra­fen wir Bekannte. Ich habe das Gefühl, dass vie­le die­se Zeit gar nicht gut über­ste­hen wer­den. Die Leute sind bedrückt und durch­aus nicht so wütend auf „die Politik”. Es ist also schon anders als man in den Medien ver­mit­telt bekommt.

  3. Recht hast du ja schon.

    Wir hat­ten doch schon mal irgend­wann das Thema, dass man ein­fach mal sei­nen Medienkonsum „down­lo­cken” müss­te. Morgens eine Nachrichtensendung zum Update des­sen, was über Nacht pas­siert ist und heu­te ansteht, abends eine Hauptnachrichtensendung zum Stand der Dinge. Sonst nix.

    Ich schrieb zuletzt bei mir im Blögchen, dass ich stark den Eindruck habe, dass sich die Reihen der Lockdown-​Orakel in der Politik schon wie­der schlie­ßen, um medi­al die nächs­te Verlängerung des Lockdowns ein­zu­lei­ten. Heute hat sich u.a. Altmaier eingereiht.

    Andere ver­lan­gen zu recht Perspektiven und Maßnahmen, die in irgend­ei­nem erkenn­ba­ren Zusammenhang mit der aktu­el­len Lage ste­hen. Aber da kommt nichts.

    Die Impfstrategie wur­de fest­ge­legt und steht „alter­na­tiv­los”, also unver­rück­bar fest. Sinken die Inzidenzen nicht schnell genug wie gewünscht, wer­den Verschärfungen des Lockdowns ange­droht und in die Wege gelei­tet. Lokal oder regio­nal extrem höhe­re Inzidenzen wer­den beklagt.

    Was ich nir­gends höre, ist, dass sich jemand mal Fragen stellt, ob die Lockdown-​Maßnahmen über­haupt ziel­füh­rend sind. Warum gibt es an man­chen Orten extre­me Neu-​Infiziertenzahlen und anders­wo nicht? Woran liegt das? (Sicher nicht an dem angeb­li­chem Privatparty-​Gehabe der jun­gen Menschen)

    Könnte es z.B. sinn­voll sein, schnells­tens mal Kita- und Grundschulkinder nebst zuge­hö­ri­gem Personal zu imp­fen? Vielleicht könn­te man dann schnell Kitas und Schulen wie­der öff­nen. Ich glau­be, in Israel hat man das gemacht. Ich weiß natür­lich nicht, ob das wirk­lich was bringt. Ich bin auch kein Epidemiologe. Aber es wird ja nicht ein­mal über irgend­et­was diskutiert.

    Und die Medien sind bei alle­dem auch nicht hilf­reich. Da kommt nichts. Keine Ideen, kei­ne Perspektiven. Keine Diskussionen. Geht’s wirk­lich nur noch um Aufmerksamkeit, um Klicks?

🪷 Geht sorgsam miteinander um.

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