Scholz und die SPD: Zwischen Selbstvertrauen und politischer Realität

Per­so­nel­le Alter­na­ti­ven zu Scholz sind rar.

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Olaf Scholz scheint mit einem schier uner­schüt­ter­li­chen Selbst­ver­trau­en geseg­net zu sein. Hät­te ich in mei­nem Leben doch nur ein wenig mehr davon gehabt.

Einer­seits fin­de ich sei­ne Ambi­tio­nen und Selbst­wahr­neh­mung beein­dru­ckend. Ande­rer­seits fra­ge ich mich, ob mit sei­ner Ankün­di­gung, erneut für eine SPD-Kanz­ler­schaft zu kan­di­die­ren, nicht schon ein patho­lo­gi­scher Befund auch für den Lai­en offen­kun­dig wird.

Mich wür­de inter­es­sie­ren, wie sich die von Scholz höchst­selbst gebas­tel­te und in die­sen Tagen stän­dig wie­der­hol­te Erzäh­lung vom gedul­di­gen, ver­ant­wor­tungs­vol­len und auf Kom­pro­miss­lö­sun­gen bedach­ten Kanz­ler, der sich mit einem von Beginn an reni­ten­ten Finanz­mi­nis­ter her­um­ge­quält hat, mit dem Ein­druck zusam­men­ge­hen könn­te, den er in unse­rer Öffent­lich­keit nun ein­mal hin­ter­las­sen hat.

Die SPD hat gera­de im Schnitt der Mei­nungs­um­fra­gen gera­de mal so 16 %. Ich glau­be, dass sich dar­an nicht all­zu viel ändern wird. Mehr als 20 % traue ich der Par­tei in der momen­ta­nen Lage nicht zu. Ich wür­de nicht dar­auf wet­ten wol­len, dass die Uni­ons­gran­den erneut Feh­ler machen, die auf das Kon­to der SPD ein­zah­len wer­den. Dafür steckt ihnen das Trau­ma von 2021 noch zu tief in den Knochen. 

Aber Merz ist ganz anders als Armin Laschet. Ich traue ihm, Merz, zu, jeder­zeit über das Ziel hin­aus­zu­schie­ßen. Dass man ihm vor­hält, sein Tem­pe­ra­ment nicht im Zaum hal­ten zu kön­nen, mag die­se Mög­lich­keit unter­strei­chen. Die Din­ge, die Merz in den letz­ten Jah­ren vom Sta­pel gelas­sen hat, haben nicht allen gefal­len. Vor allem sind die­se Din­ge den woken Jour­na­lis­ten auf­ge­sto­ßen. Sie haben die­se wie üblich, höher gehängt, als sie in der Öffent­lich­keit ange­kom­men sind. Dis­kus­sio­nen bei „X“ und ande­ren aso­zia­len Netz­wer­ken sind für mich kein Beleg dafür, dass Merz’ Aus­sa­gen bei einer gro­ßen Anzahl von Bür­gern nega­tiv auf­ge­nom­men wor­den sind.

Der Kanz­ler hat sich genau­so ver­hal­ten, wie es Ange­la Mer­kel durch ihre kom­plet­te Amts­zeit hin­durch gehal­ten hat. Ich habe die­ses Ver­hal­ten als Igno­ranz gegen­über den Bür­gern emp­fun­den. Scholz hat sich und sei­ne Poli­tik nicht erklärt, nie öffent­lich die gro­ßen Lini­en sei­ner Poli­tik gezeichnet. 

Auch nicht, wenn es um sei­ne Zurück­hal­tung (sein Brem­sen) bei der Unter­stüt­zung der Ukrai­ne ging. Das ist nicht ver­ges­sen, nur weil wir heu­te nach den Amis der zweit­größ­te Unter­stüt­zer sind. Ver­ein­zel­te Licht­bli­cke (Zei­ten­wen­de) ver­blass­ten schnell im nor­ma­len Regierungsalltag.

Wenn die SPD sich eine Chan­ce auf die erwähn­ten ca. 20 % bei den kom­men­den Bun­des­tags­wah­len erhal­ten will und nicht nach dem Knall der Regie­rungs­auf­lö­sung tem­po­rä­re Zustim­mung bei den Wäh­lern ver­lie­ren möch­te, muss sie wohl an Scholz fest­hal­ten. Pis­to­ri­us könn­te eine per­so­nel­le Alter­na­ti­ve sein. Aller­dings nicht unter die­sen Vor­aus­set­zun­gen. Der Mann wür­de dem Druck in die­ser Lage nicht stand­hal­ten. Er ist ein erfah­re­ner Poli­ti­ker. Aber er ist nicht mit dem Moloch kon­fron­tiert, den wir als Haupt­stadt­pres­se lie­ben gelernt haben. 

Mich stört, wie unse­re Pres­se­frit­zen in den Redak­ti­ons­stu­ben der Haupt­stadt sich an Scholz abar­bei­ten und den lie­ben Chris­ti­an Lind­ner in die­sen Nach­kriegs­ta­gen als armen, zum Schei­tern ver­ur­teil­ten Kämp­fer für den Wirt­schafts­stand­ort Deutsch­land sti­li­sie­ren. Der Mann ist ein Ego­man, dem sei­ne und die Inter­es­sen sei­ner Par­tei wich­ti­ger sind als das Wohl des Lan­des. Dafür spricht in mei­nen Augen auch sei­ne Ver­wei­ge­rung wei­land bei den Koali­ti­ons­ver­hand­lun­gen um Jamai­ka. Er will kei­ne Ver­ant­wor­tung, die mit poli­ti­scher Kärr­ner­ar­beit ver­bun­den ist. Das Amt des Finanz­mi­nis­ters lässt sich nicht mit pene­tran­ten Stör­ver­su­chen und Wich­tig­tue­rei wahrnehmen.

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

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2 Gedanken zu „Scholz und die SPD: Zwischen Selbstvertrauen und politischer Realität“

  1. Die SPD muss einen Kanz­ler­kan­di­da­ten auf­stel­len, sie wäre sonst wohl die ein­zi­ge Regie­rungs­par­tei in der Geschich­te der Bun­des­re­pu­blik, die als Kanz­ler­par­tei kei­nen Kan­di­da­ten auf­stellt hät­te. Ob das Olaf Scholz sein muss, sei mal dahingestellt.
    Ich den­ke aber, dass da auch kein ande­rer so rich­tig will. Ich kann mir nicht vor­stel­len, dass der in der Bevöl­ke­rung belieb­te Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ter sich zur Ver­fü­gung gestellt hätte.
    Ich glau­be zwar nicht, dass nur Selbst­be­wusst­sein für die Ent­schei­dung der Kanz­ler­kan­di­da­tur eine Rol­le spiel­te, aber wenn doch, gesellt er sich ja auch nur in die län­ge­re wer­den­de Rei­he von selbst­be­wuss­ten Kan­di­da­ten und Kan­di­da­tin­nen, selbst die Split­ter­par­tei­en Grü­ne und BSW wer­fen ihren Hut in den Ring. Und Lind­ner will sein Büro im Finanz­mi­nis­te­ri­um wie­der bezie­hen, sobald die neue Regie­rung steht. Bei dem fra­ge ich mich aller­dings schon län­ger, was da in der Kind­heit falsch gelau­fen ist.

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