Thema: Italien

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Armutsbetroffen – Kampf um Würde und Zukunft

Die ganzen Krisen wollen überstanden werden. Dass uns dieses Vorhaben zusehends überfordert, sehen wir längst nicht mehr bloß im Ausland. Auch in Deutschland nimmt die Armut seit Jahren zu. Die Zahl derjenigen, die auf die Tafeln angewiesen sind und die außerdem obdachlos wurden, steigt immer weiter an.

Dass andererseits in der Bundesrepublik inzwischen 200 Menschen zu Milliardären geworden sind, tröstet in dieser Hinsicht wenig. Dass es unter den Millionären einen leichten Rückgang zu verzeichnen gibt, signalisiert manchen möglicherweise, dass die Krisen alle sozialen Schichten durchdrungen hat. Wie witzig! Die Wahrheit ist, Vermögen verteilt sich nicht ansatzweise gerecht. Aber: Immer weniger Menschen besitzen immer mehr Vermögen.

Jugendarbeitslosigkeit in der EU

Es wird kaum ein Trost sein, dass diese Entwicklung europa- und weltweit stattfindet. Seit der Finanzkrise Ende der Nullerjahre herrscht in einigen Ländern der EU eine hohe Jugendarbeitslosigkeit. Spanien und Italien sind traurige Beispiele. Die Corona-Pandemie hat die Entwicklung verfestigt. Es liegt in beiden Ländern weniger an Bildung und Ausbildung, sondern an einem andauernden Zustand, der angesichts einer auch dort vorhandenen negativen demografischen Entwicklung unlogisch scheint. Italien etwa hat das höchste Durchschnittsalter in Europa.

Die Gründe der Jugendarbeitslosigkeit sind komplex und die Hauptursachen variieren von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat. Insgesamt lässt sich jedoch ein Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Jugendarbeitslosigkeit und bestimmten Faktoren feststellen (zum Beispiel ­Bil­dung/Qua­lifizierung, Missverhältnis von Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt, Wirtschaftslage). Zudem zeigt sich, dass bestimmte Gruppen junger Menschen besonders von Arbeits­losigkeit bedroht sind, zum Beispiel junge Menschen mit Migrationshintergrund oder Behinderung. Im Hinblick ­auf den Zusammenhang von Jugendarbeitslosigkeit und Bildung lässt sich feststellen, dass gerade wegen eines insgesamt besseren Bildungsstands der Jugendlichen niedrig qualifizierte junge Menschen ein besonders hohes Risiko haben, arbeitslos zu werden. Dennoch stellt auch eine bessere oder gute Qualifizierung keine absolute Arbeitsplatzgarantie mehr dar.

Quelle: Caritas

Eine gute Ausbildung, einschließlich eines Studiums, sind keine Garantie dafür, einen Arbeitsplatz zu erhalten. Inwieweit die Bezahlung eines gut ausgebildeten Mitarbeiters dabei eine größere Rolle spielt, ist kaum auszumachen. Vermutlich werden ältere Arbeitnehmer zuungunsten der jüngeren arbeitsrechtlich geschützt. So wäre das in Deutschland, wenn der Fachkräftemangel nicht ein fortbestehendes Problem im Land wäre.

Den Beispielen Gesichter geben

Das verlinkte Video zeigt den Werdegang einer jungen spanischen Frau, die trotz eines abgeschlossenen Studiums, keine Anstellung als Journalistin gefunden hat. Stattdessen hält sie sich seit einer Weile mit Jobs (u.a. Fahrradbotin) über Wasser. Wie prekäre Arbeitsverhältnisse in diesem Metier aussehen, wird eindrücklich geschildert. Inzwischen hat sie ein Masterstudium der Anthropologie begonnen. Ich hatte ein Problem damit, ihre Auswahl nachzuvollziehen. Der Switch vom Journalismus zur Wissenschaft wirkt sehr willkürlich. Ich war beeindruckt von der kämpferischen Haltung der jungen Frau. Sie sagte im Beitrag, sie und ihre Freunde hätten keine Angst zu verlieren, aber sie fürchte sich davor, nicht mehr kämpfen zu wollen.

Dass die OECD insbesondere für Deutschland konstatiert hat, dass zwischen Schulversagen und ungünstigem sozioökonomischem Hintergrund ein Zusammenhang besteht, ist leider nicht neu. Nur liegt hier die Jugendarbeitslosigkeit auf einem deutlich niedrigeren Niveau. Ob das allerdings auch mit dem hiesigen (dualen) Ausbildungssystem zu tun hat, dürfte schwer zu belegen sein.

Schulabschluss fehlt – radikal wenig Chancen auf Zukunft

Ich finde es erschreckend, wie viele junge Menschen in Deutschland ohne Schulabschluss bleiben. Was soll aus ihnen werden, speziell mit Blick auf eine sich immer schneller verändernde Berufswelt und ihre Anforderungen?

Die linken Parteien verlieren in Europa an Boden. Spaniens Sozialisten unter Pedro Sánchez mögen dabei als Ausnahme gelten. In Deutschland dürften nach den Debakeln der Gegenwart die Sozialdemokraten kaum mehr eine Chance auf die Führung einer Regierung haben. Es ist ähnlich wie in Frankreich und ein wenig so wie in Großbritannien, wo Labour aufgrund der granatenmäßig schlechten Tory-Politik noch eine echte Chance haben könnte. Dass die Fraktion der Linke im Bundestag am 6. Dez. 2023 aufgelöst wird, ist auch eine Sache, die ich nicht wirklich verstehe. Die schwache Performance der Sozialisten ist im Angesicht der Größe der sozialen Aufgabe kaum zu begreifen. Ich habe die Linke nie gewählt, halte sie als politische Kraft in diesen Zeiten aber für unentbehrlich. Die SPD leistet das mit ihrem bräsigen Establishmentgehabe jedenfalls nicht. Was für mich eine ungeheure Enttäuschung ist.

Vorbilder – Orientierung

Bei alledem wollen die sieben gesellschaftlichen Sünden nach Gandhi (1925) vermutlich nicht begangen werden. Aber wer hört heut’ noch die, die wir früher ™ ein wenig altbacken als Vorbilder bezeichnet haben? Kürzlich habe ich mich mit einem etwa gleichaltrigen Mann darüber unterhalten. Er erklärte mir, in seinem Leben NIE Vorbilder gehabt zu haben. Ich mochte es nicht glauben. Für mich gibt es solche Vorbilder. Gandhi zählte dazu, ebenso wie Albert Schweitzer, Nelson Mandela, Martin Luther King oder Albert Einstein. Sorry: ist keine Frau darunter. Leider sind diese Menschen aber nicht mehr unter uns.

  1. Politik ohne Prinzipien
  2. Geschäfte ohne Moral
  3. Wohlergehen ohne Arbeit
  4. Bildung ohne Charakter
  5. Wissenschaft ohne Menschlichkeit
  6. Genießen ohne Verantwortung
  7. Religion ohne Opfer

Manche dieser Sünden klingen schon durch die Wortwahl unzeitgemäß. Von der Religion beispielsweise haben sich viele in Deutschland losgesagt. Oder wie könnte man die Zahl der Kirchenaustritte anders deuten? Und mir soll keiner sagen, dass es bei allem immer nur um die Missbrauchsfälle geht. Die Tendenz zur Gottlosigkeit ist allgegenwärtig. Die Narzissten haben übernommen. Da rede ich nicht vorrangig von Politikern. Das Bild der Influencer (auf allen Kanälen) kommt mir da schneller in den Sinn.

Weniger arbeiten ist nicht hilfreich

Die 3. von Gandhis Sünden ist einer näheren Betrachtung wert. Ob es wirklich durchzuhalten ist, was uns manche Gewerkschaften (Verdi, IG Metall oder GDL) vorgaukeln? Einerseits steigt die Lebensqualität der Menschen, wenn sie weniger arbeiten. Das kann ich als Rentner mit voller Überzeugung bestätigen. Hätte ich das auch gesagt, als ich noch arbeiten ging? Wahrscheinlich. Allerdings haben wir einen Fachkräftemangel, der an der Prosperität zehrt. Vielleicht stehen in Ihrem Wohngebiet keine unfertigen Bauten, weil es die Handwerker dafür nicht gibt?

Sind Ihnen die Poster an den Kneipen, Gaststätten, Restaurants oder an den Schaufenstern von Bäckern, Friseuren, Metzgern etc. nicht aufgefallen, mithilfe derer händeringend Fachpersonal gesucht wird? Und trotzdem wollen die Gewerkschaften die Arbeitszeit (freilich bei vollem Lohnausgleich!) kürzen, damit die Menschen sich in den betreffenden Jobs wohler fühlen?

Die GDL nervt, Verdi und die IG-Metall auch

Gandhi hat es gesagt. Wir sollten, speziell in diesem Land, in dem ohnehin schon weniger gearbeitet wird als in vielen anderen, mehr und nicht weniger arbeiten. Was nutzen der Allgemeinheit zufriedenere Lokführer, wenn noch weniger Züge fahren? Oder werden wir die Zahl der entfallenen Arbeitsstunden durch neu gewonnene Lokführer kompensieren? Was passiert, wenn Ärzte und Pfleger weniger arbeiten? Zieht das wirklich mehr Leute in diese Jobs oder verschärft sich die Notstandssituation nicht eher?

Was, wenn weniger Arbeiten in Bezug auf den Personalstand ein Nullsummenspiel wäre? Wer übernimmt für diesen Feldversuch die Verantwortung – die Gewerkschaften bestimmt nicht.

Dublin funktioniert nicht, Deutschland nicht mehr lange.

Ich frage mich, wann diese Regierung (Faeser) endlich das tut, was die Menschen in diesem Land von ihr in dieser Frage erwarten. Sie soll gefälligst nicht auf andere zeigen, sondern ihren Job machen. Im Zweifel sagen ihr die Landes- und Kommunalpolitiker, wie das geht.

Lügen und Übertreibungen sind kontraproduktiv

Der “Deutschlandfunk” schreibt: “Übertriebene Meldungen sorgten für ein falsches Bild“. Nett, uns nicht dumm sterben zu lassen.

Da entwickeln sich aufgrund einer einseitigen Berichterstattung Bilder in den Köpfen von Leuten, die vermutlich sogar erwünscht sind. Da werden Aufrufe gestartet und mittendrin natürlich – was sonst – die Grünen. Oh, Mist. Ich ja auch.

Leute, noch einmal falle ich auf diesen Mist nicht herein. Was mach’ ich stattdessen? Halte ich es mit den vielen, die anderen keine ernsthaften Gesprächspartner (mehr) sind und deshalb nicht mehr für voll genommen werden. Am besten, ich halt mich mit Kommentaren zu solchen Themen zurück? Besser wär’s.

Alles eine Frage der Interpretation

Interview im Deutschlandfunk.

Eben noch trocknete die Welt aus. Trinkwasservorräte würden rationiert werden (hieß es) und es brennt auch schon wieder – irgendwo in Südeuropa und anderswo auf der Welt. Wie schnell sich die Gegebenheiten doch ändern. Mal trocknet alles aus, mal regnet es aus Kübeln und man denkt, eine neue Arche Noah muss gebaut werden.

Ich steige aus. Unsere Journalisten sind entweder doof oder erfüllen tatsächlich genau die Erwartungen, die manche Politiker an sie haben. Das ist nicht cool.

Zu wenig Niederschlag oder zu viel?

Es ist noch nicht lange her, als die Meteorologen von ARD und ZDF unisono davon berichteten, dass im kompletten Land die Versorgung mit Niederschlag so ergiebig war, dass der Boden zu einem Meter siebzig ausreichend mit Feuchtigkeit versorgt sei.

Das ist keine drei Monate her.

Dann kam die erste alarmierende Meldung über die Lage am Gardasee und in der Po-Ebene. Bereits jetzt ist man in dieser Region alarmiert, weil heute schon im Vergleich zu historischen Daten zu wenig Niederschlag zur Verfügung steht. Die Wasserstände dort sind besorgniserregend. Gerade hat das meteorologische Frühjahr begonnen. Was soll da im Sommer werden?

WDR mit immer schlechten Nachrichten

Heute meldet das WDR-Fernsehen, dass der Rhein einen für diese Jahreszeit ungewöhnlichen Tiefstand verzeichnet. Das käme daher, dass im Süden und Südwesten in diesem Winter zu wenig Niederschläge gefallen seien. Vor allem habe es an Schnee gemangelt. Jetzt kann jeder, der in der Nähe des Rheines lebt, sich ein Bild machen.

Aus diesen Informationen kann ich nichts Kritisches ableiten. Im gleichen Beitrag redete einer der Moderatoren dann auch noch davon, dass durch die Niederschläge (Regen und Schnee) dieser Tage vorerst keine Hochwassergefahr bestehe.

Nachher ist man nicht klüger

Solche dummen Widersprüche machen mich wütend. Können sich diese TV-Deppen nicht einmal nüchtern auf die reale Lage beziehen und nicht immer wieder die Leute bekloppt machen? Immer muss irgendwas Spektakuläres durchscheinen, selbst wenn die Anwürfe schon im nächsten Satz gleich “kassiert” werden.

Natürlich ändern sich laufend die Verhältnisse. In einem Monat gabs mehr Niederschlag als im Mittel der letzten Jahre, dann wieder ist es umgekehrt. Die Frage ist, ob uns die Niederschläge der letzten Monate in bestimmten Regionen (z.B. im Osten) nicht doch geholfen haben. Aber statt auf diese Fragen einzugehen, wird wieder alles schwarzgemalt.

Die Gründe für unsere Rezession liegen auf dem Tisch

Nationalismus bringt der Welt nichts Gutes. Das hat die Geschichte bewiesen. Jahrzehntelang dachten die meisten von uns, alle hätten das begriffen. Aber manche verstehen es nicht und erhalten für ihre egoistische Politik den Beifall ihrer Wähler.

Deutschland leidet unter Trumps bekloppter “America-First-Politik”, die sich vor allem im Handelsstreit mit China besonders drastisch zeigt und ökonomischen Vorahnungen zum gewünschten Brexit der Briten, der von Lügnern wie Nigel Farage oder Boris Johnson verursacht wurde. Die Schuldenpolitik der vorletzten italienischen Regierung, genauer gesagt, der rechtsradikalen Lega, bringt nicht nur die EU in Bedrängnis. Hoffentlich steuert die neue Regierung Italiens um.

Weltkonjunktur

Es ist keine Genugtuung, sie scheitern zu sehen, weil sie mit ihren egoistischen “Maßnahmen” auch die Welt-Konjunktur negativ beeinflussen. Die Amerikaner bekommen langsam aber sicher zu spüren, wie negativ die Auswirkungen die Politik ihres gewählten Präsidenten für sie sind.

Man kann durchaus etwas gegen die Konsequenzen der Globalisierung haben. Man kann sie zum Teufel wünschen. Aber die beschaffenen Fakten und Wirkungen werden nicht einfach verschwinden. Das Steuer sinnfrei herumzureißen, wie Trump es versucht, um einer überschaubaren Wählerklientel etwas zu beweisen, ist kurzatmig und dumm. Trumps Politik sollte besser keine Nachahmer finden! Er zwingt die Chinesen zu Reaktionen. Die Wirkung solcher Spiralen kennen wir aus der Vergangenheit. Solche Formen von Automatismus lassen nichts Gutes erahnen.

Nationaler Egoismus

Auf nationalen Egoismen beruhende “Initiativen” bringen nicht nur die Weltwirtschaft durcheinander, sondern vor natürlich auch die eigene. Die Amerikaner merken das langsam auch. Hoffentlich bleibt Zeit, Trumps unselige Entscheidungen zurückzunehmen, bevor noch Schlimmeres passiert.

Derweil läuft der Handelskrieg zwischen den USA und China aus dem Ruder und bedroht die Weltwirtschaft ernsthaft. Trump habe sich verzockt, glaubt inzwischen selbst sein ehemaliger Wirtschaftsberater Gary Cohn. Tatsächlich scheinen die Chinesen den Handelskrieg besser zu verkraften als die Amerikaner.

Rezession: Jetzt bekommen die Zentralbanker wirklich Angst – watson

Die Medien berichten ständig davon, dass die deutsche Wirtschaft aufgrund ihrer großen Exportabhängigkeit auf derartige Maßnahmen besonders empfindlich reagiert. Und ja, alles scheint darauf hinzudeuten, dass sich das BIP auch im 3. Quartal dieses Jahres leicht rückläufig entwickelt. Nachdem das BIP schon im zweiten Quartal leicht zurückging (-0,1%), spricht man dann über eine so genannte technische Rezession. Zuletzt hatten wir diese beim Jahreswechsel 2012/2013.

Rezession (breiter Abschwung)

Inzwischen stellen Fachleute einen Wachstumsverlust nicht nur in der Industrie fest, die zuerst allein betroffen zu sein schien, sondern im Dienstleistungsbereich und neuerdings auch auf dem Arbeitsmarkt. Die Ausschläge sind noch gering, dennoch werden sie inzwischen als Alarmsignal verstanden. Das Zusammentreffen der drei Faktoren wird von Fachleuten als Definition eines breiten Abschwungs betrachtet.

Was jetzt nur noch fehlt, wäre ein Auseinanderbrechen der deutschen Regierung. Die desolate Verfassung der SPD lässt diese Möglichkeit wahrscheinlich erscheinen.

Neue Regierung?

Ich erinnere mich zwar daran, dass es nach den Bundestagswahlen und den gescheiterten Jamaika-Koalitionsverhandlungen zu einer fast sechsmonatigen Hängepartie gekommen ist, während derer wir ohne Regierung auskommen mussten. Gespürt hat man davon damals allerdings, wenn überhaupt, nur wenig. Darin waren sich damals alle einig, soweit ich mich erinnere. Fast ein halbes Jahr dauerte es bis zur Vereidigung der neuen Regierung. Nun ist der Deutsche an sich kein Fan der Anarchie. Aber eine Weile gehts halt auch ohne eine Regierung wie das Beispiel gezeigt hat. Manche fanden ja, es wäre ohne sogar besser gegangen.

Außerdem könnte eine geschäftsführende Regierung ja schon mal ausprobieren, ob eine Minderheitsregierung nicht doch auch für Deutschland eine gute Sache wäre. Die Schwierigkeiten, die die Akteure beim Beschaffen der notwendigen Mehrheiten hätte, wäre für sie zwar was Neues und Beschwerliches, hätte aber bestimmt auch seine guten Seiten. Dem Demokratieverständnis von uns allen könnte das auch gut tun. Ich mag mich irren und diejenigen behalten Recht, die immer von “stabilen Regierungen” schwärmen und deshalb auf sie pochen, sobald das Thema darauf kommt.

Viele Wirtschaftsfachleute raten dazu, dass die Regierung dringend in die Infrastruktur investieren und konsumtive Ausgaben anregen solle. Für den dringend nötigen Ausbau der E-Mobilität könnte viel getan werden oder für die digitale Infrastruktur oder den Neubau dringend benötigter Wohnungen.

Schwarze Null

Es gibt zu viele Bereiche, die in der Rückbildungsphase unseres Schuldenturmes sehr vernachlässigt worden sind. Spielräume für die Maßnahmen hat die Regierung mit ihrer mehr als rigiden “Schwarze-Null-Politik” doch wirklich geschaffen. Sie stünde nicht auf dem Spiel. Schließlich sieht die Schuldenbremse im Grundgesetz für den Fall der Fälle entsprechende Flexibilität vor. Mit der EU sollte es aus den gleichen Gründen auch keine Probleme geben.

Falls die SPD spätestens nach dem Parteitag im Dezember tatsächlich den Beschluss fasst, die “Große Koalition” zu verlassen, muss das kein Beinbruch sein.

Außerdem stünden die Grünen und die FDP für neuerliche Gespräche bereit. Ich bin mir sicher, dass Christian Lindner angesichts der enormen Probleme, die seine Partei inzwischen mit ihrer öffentlichen Wahrnehmung bekommen hat, flexibler verhandeln wird. Dass die Grünen angesichts ihrer guten Ausgangslage noch ein paar Schüppen drauflegen würden, wäre auch nicht schlimm.

Ganz im Gegenteil: es würde endlich beim Thema Klimaschutz was in Bewegung kommen. Neuwahlen wollen die Grünen zum jetzigen Zeitpunkt vermutlich auch nicht, obwohl sie es sich sehr wohl leisten könnten. Die anderen Parteien, vor allem natürlich die SPD, scheuen Neuwahlen, so dass eine Übergangslösung (zu deren Vermeidung) wohl zu finden sein dürfte.

Freude über Salvinis Irrtum

Salvinis launiger Vorstoß wurde blockiert. Der Unterhaltungswert dieses Fiaskos hatte etwas. Hochmut kommt halt oft vor dem Fall.

Wer fragt sich jetzt nicht, wie lange die Koalition aus 5-Sterne-Bewegung und den Sozialdemokraten, die einigermaßen überraschend zustande kam halten wird, lässt gewisse italienische Gepflogenheiten außer Acht.

Wie nachhaltig die Koalition ist, hängt von der Zusammenarbeit der Partner ab. Sie sind sich nicht gerade grün. Außerdem ändert die neue Regierung an der Popularität der Rechtspopulisten, vor allem ihres Führers Salvini, vorerst noch nichts. Das kann nur eine gute Politik erreichen, die von den Italienern auch als solche empfunden wird. Bei Salvini war das zuletzt der Fall.

Falls die Zusammenarbeit der Linkspopulisten und der Sozialdemokraten nicht funktioniert, würden die wohl unausweichlichen Neuwahlen Matteo Salvini zum Premier machen. Jedenfalls ist das sehr wahrscheinlich.

Die Frage lautet also, wie groß der Wunsch der anderen Parteien über die nächste Krise hinaus ist, Salvinis Rechtspopulisten zu verhindern. Wie leidensfähig sind die Mitglieder der neuen Regierung und welche neuen Akzente kann der alte und neue Ministerpräsident Conte für sein Land setzen?

Salvinis Popularität ist vor allem in seiner harten Haltung gegenüber Flüchtlingen und EU begründet.

Kann es sich die neue italienische Regierung unter dieser Voraussetzung erlauben, gegenüber Migranten großzügiger zu sein und den “Spardiktaten” der EU zu entsprechen? Wie groß kann das Entgegenkommen, also die Unterstützung der EU für Italien sein, um die erneute Regierungskrise nicht zu einem triumphalen Sieg der Rechtspopulisten zu machen?

Böses Blut zwischen Europäern

Es ist verstörend, was ich über die Reaktionen vieler Italiener auf Carola Racketes Seenotrettung lese. Die Wut vieler Italiener scheint nicht nur auf angeblich illegalen Handlungen von Kapitänin Rackete zu basieren.

Es geht augenscheinlich um längerfristige Befindlichkeiten. Soll heißen: die in den letzten Jahren wieder sichtbarer gewordenen Ressentiments der Italiener gegenüber uns Deutschen, haben nicht nur mit Angela Merkels Flüchtlingspolitik zu tun oder mit der restriktiven Finanzpolitik Deutschlands innerhalb der Europäischen Union. Es gibt vielleicht so etwas wie eine Tradition von Ressentiments. Und vielleicht beruht diese ja auf Gegenseitigkeit? Nun, wahrscheinlich ist es so. Und Salvini nutzt die Gunst der Stunde. Nationalisten machen das.

Matteo Salvini hat mit Vehemenz daran gearbeitet, die Vorbehalte gegen eine migrationsfeindlicher Politik anwachsen zu lassen.

Der Kosmopolit hat es in solchen Diskussionen schwer. Auch deshalb, weil Nationalisten ihm vorneweg fehlenden Patriotismus vorhalten und damit bei seiner Klientel leicht punkten kann. Universelle Menschenrechte bedeuten solchen Leuten wenig. Das eigene Leben und das der eigenen Leute steht hoch im Kurs. Viel höher als das von irgendwelchen Fremden, die doch eigentlich nur Ärger machen.

Salvini nutzt die Spaltung innerhalb der Gesellschaft und schlachtet ganz normale Meinungsunterschiede politisch aus. Schlimmer noch, er eskaliert sie. Es schwingt immer der Gedanke mit, dass alle Narrative der Rechten darauf angelegt sind, die Spaltung der jeweiligen Gesellschaft zu betreiben und für ihre Zwecke zu nutzen.

Italien klebt am Fliegenfänger der Nationalisten, weil eine Mehrheit hofft, dass linke und rechte Populisten in einer gemeinsamen Regierung “es” richten werden. Sorry: Wie verzweifelt muss man wohl sein, um diesen Entwurf zu wählen?

In anderen europäischen Ländern kommen Nationalisten und Autoritäre auf, die Stimmenzuwächse sind unübersehbar.

Die aktuellen Umfragen zu den deutschen Landtagswahlen im Herbst kündigen schwierige Zeiten an. Wie Rechten freuen sich, dass die “Alt-Parteien” ihre Quittung bekommen. Ich finds furchtbar. Aber so geht Demokratie nun einmal. Dass die etablierten Parteien sich nicht mit Ruhm bekleckert haben, ist offensichtlich. Sie setzen die falschen Schwerpunkte.

Wie allerdings unter solchen Voraussetzungen handlungsfähige Regierungen gebildet werden können, bleibt abzuwarten. Voraussagen für den Bund sind heute nicht zu wagen.

Liebe SPD, natürlich ist wichtig, soziale Ungerechtigkeiten zu bekämpfen aber andere Themen scheinen den Menschen wichtiger zu sein!

Alle Themen rund um die Migration sind, anders als viele es sich wünschten, in der Arbeit der etablierten Parteien, nur als Hintergrundrauschen wahrzunehmen.

Viele Probleme werden abgestritten, kleingeredet oder abgewürgt. Die Medien “helfen” nicht dabei, dass die offenen Fragen immer wieder aufs Tablett kommen. Nicht, dass Kritisches vollständig ausgeblendet oder darüber nicht berichtet würde. Es fehlt die Nachhaltigkeit und die Perspektiven von verschiedenen Seiten.

Ich glaube, es war Robert Habeck, der kürzlich in einem Interview sagte, dass viele Leute das Gefühl hätten, die Politik kümmere sich nicht um die Folgen ihrer Entscheidungen. Genauso empfinde ich das auch.


aus Teilen der italienischen Bevölkerung schlägt Rackete erstaunlich starker Hass entgegen – und da nicht erst, seit sie das Boot der Finanzpolizei touchierte. Längst steht sie für viel mehr als eine Kapitänin, die Migranten auf italienischen Boden gebracht und damit erneut die europäische Debatte über den Umgang mit Seenotrettung auf den Tisch gebracht hat. Für viele Italiener ist sie ein Symbol für all das, was ihnen nicht passt: eine Deutsche, die sich in italienische Angelegenheiten einmischt und so vermeintlich Italiens Souveränität infrage stellt – und dann ist sie auch noch eine Frau.

Italiener über Carola Rackete: „Weiß, deutsch, reich“ – und eine Frau – WELT

Bei vielen Italienern brechen überwunden geglaubte Ressentiments gegen Deutsche auf. Carola Racketes vermeintliche “Verfehlungen” scheint dafür ein Vehikel zu sein, so beschreibt es der “Spiegel” jedenfalls.

Wie ist es möglich, dass der gleiche Mensch wegen der gleichen Handlung für die einen eine Heldin ist und für die anderen ein Verbrecher?

„Wer Menschenleben rettet, kann nicht Verbrecher sein“ 

Frank-Walter Steinmeier, Bundespräsident Deutschland

Wir erleben beide Sichtweisen nicht nur in Italien, sondern auch in Deutschland. Wahrscheinlich ist das auch in Ländern, die nicht direkt betroffen sind, nicht anders. Wieder polarisiert ein Thema, das direkt mit der Migrationspolitik Deutschlands zu tun hat.

Die Vorbehalte in Italien gehen wesentlich auf Innenminister Matteo Salvinis Politik zurück. Er stärkt den Nationalismus und spielt in Italien mit den Feindbilder europäische Union und Deutschland. Deutschland ist ihm ein willkommenes Ziel für seine fremdenfeindlichen Parolen.

Salvinis rechtspopulistische “Lega” steht der AfD nahe. Sie bilden mit anderen Rechtsparteien im europäischen Parlament eine gemeinsame Fraktion.

Die hohe und noch anwachsende Zustimmung der italienischen Bevölkerung zur Politik der Lega stärkt die Regierung aus Lega und Movimento 5 Stelle. Den Nationalisten ist eines gemein: für sie zählt weniger der einzelne Mensch, sondern die Volksgemeinschaft. Wer in dieser Hinsicht als Fremdkörper wirkt, hat diese Leute gegen sich.

Für mich ist die Position der Rechten (egal, ob Lega oder AfD) menschenfeindlich.

Es ist zu passiv, wenn wir sagen, dass das Menschenbild dieser Leute nicht auf den Prinzipien europäischer Werte basiert. Außerdem gibt die europäische Union gerade in dieser Beziehung ein schreckliches Bild ab. Sie ist kein Vorbild, kein Projekt, das sich mit Auszeichnungen schmücken darf.

Ein Problem, das wir zur Kenntnis zu nehmen haben, ist, das die oft kleinlichen Streitigkeiten der Nationen miteinander, eigentlich nur denen gefallen kann, die die Europäische Union

Ob sich die vermeintlichen gemeinsamen Werte an die Menschen vermitteln lassen, ist für den Weiterbestand der EU und den Zusammenhalt der sie tragenden Gesellschaften aus meiner Sicht von fundamentaler Bedeutung. Wenn es so weitergeht wie es im Augenblick ist, sehe ich dafür keine Chance.

Nun, ich höre, dass Ursula von der Leyen neue Kommissionspräsidentin der EU werden soll. Wenn das so ist, ist ja der Grundstein dafür gelegt, dass wir diese schlimme Phase der EU-Geschichte bald hinter uns lassen werden. Warum bin ich eigentlich wählen gegangen? Noch nie habe ich mich derart verarscht gefühlt. Offensichtlicher kann man fehlenden Respekt dem Wähler gegenüber wohl gar nicht ausdrücken.

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