Thema: Wettbewerb

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Kaputte EU ohne Überzeugung?

Überzeugungen können sich ändern. Bei allfälligen Diskussionen in den “sozialen Hasswerken” kriegt man zwar leicht einen anderen Eindruck, aber es ist und bleibt so. Es gibt Rechte, die zu Linken werden und umgekehrt. Nicht nur bei politischen Überzeugungen kommt es vor, dass Menschen ihre Meinung ändern. Zum Glück ist das so, denn das bedeutet Einsichtsfähigkeit und womöglich auch Veränderungsbereitschaft.

Austerität ade?

Angela Merkel war die entschlossene Fürsprecherin einer Austeritätspolitik. Jedenfalls, solange es sich um das europäische EU-Ausland handelte. In Deutschland gab es besondere Umstände. Wir haben angeblich so gut gewirtschaftet, dass wir glaubten, mit WUMS auf die Corona-Krise antworten zu können. Wie gut das gelingt, muss sich erst noch erweisen. Die Krise ist längst nicht zu Ende.

Dass die schwarze Null eher der Zinspolitik der EZB zu verdanken war, als dem angeblichen sparsamen Handeln der Regierung, wurde häufig von Experten angesprochen. Ich nehme an, es ist wie immer. Einen Teil darf sich unsere Regierung und unsere bis dahin florierende Wirtschaft und all diejenigen aus der Bevölkerung, die dieses riesige Steueraufkommen erwirtschaftet haben, ans Revers heften, den anderen die EZB. Wahr ist indes, dass unser Sozialstaat weiter ausgebaut und auf der anderen Seite seine Ineffizienz immer deutlicher wurde. Wie kann es zum Beispiel sein, dass einerseits über eine Billion Euro hineinfließen aber trotzdem immer mehr “Tafeln” nötig sind? Es gibt Fragen, die weder gestellt noch beantwortet werden. Eine Antwort würde die deutsche Öffentlichkeit höchst wahrscheinlich auch verunsichern!

Ausnahme Corona

Kanzlerin Merkel hat erklärt, dass eine dramatische Ausnahmelage durch die Corona-Krise zur Abkehr von der bisher praktizierten Politik der schwarzen Null geführt habe. Sie will mit viel Geld (zum großen Teil unserem Geld) verhindern, dass die EU auseinanderbricht. Gab es perspektivisch nicht schon vor der Corona-Krise die sehr ähnliche, wenn nicht gleiche Gefahr? Was sonst, als wirtschaftliche und soziale Ungleichheit steckte hinter den Forderungen nach Euro-Bonds? Aber richtig bleibt, die jetzige Lage ist eine andere. Corona!

Verlorene Sperrminorität durch Brexit

Obwohl die Corona-Krise als Begründung für die Wende eingeführt wurde, erinnert mich diese radikale Abkehr von alten Überzeugungen (keine Vergemeinschaftung von Schulden auf europäischer Ebene) an das, was Professor Sinn, ehem. Ifo-Chef, nach der Brexit Entscheidung vorausgesagt hatte. Deutschland hat in diesen zweifellos existierenden Ausnahmezeiten aber nun von vornherein bereits die Position verändert. Frankreich und Deutschland wurden initiativ und beim Gipfel könnte es passieren, dass beide scheitern.

Großbritannien schadet sich mit dem Austritt, doch auch Deutschland zählt zu den Verlierern: Nicht nur weil Großbritannien sein zweitgrößter Exportmarkt in Europa ist, sondern auch, weil die Gruppe der nördlichen EU-Staaten, die für Freihandel und liberale Marktregeln eintritt, deutlich an politischem Gewicht gegenüber den protektionistischer ausgerichteten mediterranen Staaten verlieren wird. Deutschland wird künftig bei vielen EU-Beschlüssen, die man mit einer Sperrminorität von 35% im Ministerrat hätte verhindern können, überstimmt werden.

Brexitdebatte | Hans-Werner Sinn

Sie haben alle spüren lassen, wer das Geld hat und wer es braucht.

– ein EU-Diplomat in Brüssel

Mir will auch nicht in den Kopf, dass die deutschen Medien nun fast ungeteilt die Haltung Merkels und Macrons unterstützen. Oder leide ich diesbezüglich unter selektiver Wahrnehmung? Plötzlichen stehen die Niederlande, Österreich, Dänemark, Schweden und jetzt auch Finnland wie Spielverderber da. Dabei vertreten sie lediglich konsequent genau die Politik für die auch Deutschland bisher gestanden hat. Wie sich diese neuen “Fronten” in der zukünftigen EU-Politik auswirken könnten, wird man heute noch nicht sagen können. Es hängt nicht zuletzt vom Grad der Schmerzen ab, die durch die natürlich wieder gefundenen Kompromisse ausgelöst würden.

Orban, der Sieger?

Ich wage die Prognose, dass am Ende der ungarische Regierungschef Victor Orban einer der Gewinner des Prozederes sein wird. Er und seine Veto-Drohung werden am Ende erfolgreich gewesen sein. Seine Mittel werden nicht gekürzt, weil Ungarn gegen rechtsstaatliche Prinzipien verstößt.

Was nützen mühsam erzielte Ergebnisse für die “Sparsamen” (eines könnten die Senkung der Mittel von 500 auf 390 Mrd. € sein, die der niederländische Regierungschef Marc Rutte scheinbar schon durchgesetzt hat), wenn am Ende Ungarn mit seinem Vetorecht alles wieder zerstört?


Wahrscheinlich ist die Sorge berechtigt, dass diese EU nicht weiter existieren wird, wenn die durch die Corona-Krise in sehr schweres Wasser geratenen Italiener und Spanier nicht unterstützen würden. Andererseits ist klar, dass die hauptursächlichen Defizite in einigen EU-Ländern nicht einfach verschwinden werden. Immer, wenn die strukturellen Missstände angesprochen werden, kommt sehr schnell die Forderung nach Reformen.

“Sparsame Vier” – Warum plötzlich ohne Deutschland?

Die Klage der “Sparsamen Vier” besteht darin, dass die armen Länder schlecht gewirtschaftet und die dortige Politik große Versäumnisse aufgetürmt hätten. Wahr ist jedenfalls, dass die Mitglieder der Euro-Gruppe die Nachteile, die uns spätestens seit der Griechenland – Krise bekannt sind, nicht kompensieren können. Eine notwendige gemeinsame Wirtschafts- und Fiskalpolitik, womöglich auch Sozialpolitik, liegt in weiter Ferne.

Europa wird erpresst

– Giuseppe Conte, Italien

Solange Regierungschefs wie Kurz oder Orban in ihren Ländern immer auf breite Zustimmung stoßen können, wenn es um harsche Kritik an der EU geht, bleibt die Lage wie sie ist. Nichts scheint der eigenen Popularität zuträglicher als die bequeme und ungerechte Kritik an der EU. Damit haben schon britische Regierungen seit Jahren Erfolge gefeiert. Die Übernahme von Verantwortung für eigene Fehler fällt deutlich schwerer.

Strukturelle Änderungen sind nötig, um die EU zukunftsfähig zu halten, nicht allein Geld

So glaubt die deutsche Regierung also weiter daran, die EU mit Geld retten zu können. Die Wahrheit ist, dass die Bereitschaft für strukturelle Veränderungen fehlt. Für die gibt es innerhalb der EU keine erforderliche Mehrheit. Dabei spielt Deutschland eine Hauptrolle. Und die Bereitschaft der Deutschen, mit Steuergeldern die Finanzlöcher anderer Mitgliedsstaaten zu schließen, dürfte nach den Abermilliarden, die wir im Land für die Reparatur der Corona-Schäden einsetzen sowie aus “alten” Griechenlandverbindlichkeiten nicht unbedingt gewachsen sein.

Jetzt mal die andere Seite der Medaille

Der deutsche Export des vergangenen Jahres belief sich auf insgesamt ca. 1,3 Billionen Euro. Davon lieferten wir Waren und Dienstleistungen im Wert von über 900 Mrd. Euro in das europäische Ausland, davon wiederum für 777,25 Mrd. € in EU-Länder bzw. 492,24 Mrd. € in Länder der Eurozone (Quelle: Statista). Bei dieser gewaltigen Bedeutung des innereuropäischen Handels sollte aus deutscher Sicht alles klar sein. Mit 221 Mrd. € stellt Asien nach Europa den zweitwichtigsten Wirtschaftsraum für unsere Exporte dar. Danach folgt Amerika als Kontinent mit 165,33 €. Unser Import belief sich in Summe auf 1,1 Billionen €. Der Exportüberschuss betrug im Jahr 2019 also ca. 220 Mrd. Euro.

Gewaltige Größenordnungen und Werte

Ich nenne diese Summen für den Fall, dass sich jemand über die Größenordnungen nicht im Klaren sein sollte. Was bedeuten solche Zahlen für unser aller Leben und was sind die Voraussetzungen dafür, dass wir diese auch in der Zukunft noch realisieren können?

Welchen Stellenwert aber hat die EU abseits der viel beschworenen Grundwerte wie Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Minderheitenrechte? Darunter vermag sich jeder etwas Konkretes vorzustellen. Es ist dennoch wichtig, sich angesichts der laufenden harten Verhandlungen die Details noch einmal zu Gemüte zu führen.

Würden wir ohne Weiteres auf Personenfreizügigkeit und offenen Grenzen verzichten können oder wollen? Was bedeuten uns Stabilität, gemeinsame Währung, Mobilität und Wachstum?

Nationalisten und Populisten gegen die EU

Alle wissen, dass der Nationalismus innerhalb der EU in den letzten Jahren Blüten getrieben hat. Eine ganze Anzahl von rechtsextremen und nationalistischen Parteien bevölkern auch die Reihen des EU-Parlaments. Ihnen ist gemeinsam, dass sie keine Opposition im demokratischen Sinne betreiben, ihnen ist daran gelegen, die EU – so wie wir sie kennen – aufzulösen und bestenfalls gegen ein loses Bündnis einzutauschen, das sich auf eine wirtschaftliche Zusammenarbeit reduziert.

Was also klingt, wie ein unbestimmtes “Zurück zu den Wurzeln” ist letztlich nichts anderes als der Versuch, eine der negativen Eigenschaften des Menschen, den Egoismus, politisch auszunutzen. Alle möglichen wahren und unwahren Sachverhalte liefern die EU-Gegner ab, um ihre Version der EU zu beschreiben. Zuletzt haben wir das in sehr komprimierter und fatalerweise in Großbritannien miterleben müssen.

Sparen ist nicht immer gut

Die “sparsamen Vier” beschweren sich als so genannte Nettozahler innerhalb der EU darüber, dass die gewaltigen Finanzmittel über die verhandelt wird, von ihren Bürgern aufgebracht werden müssen. Da sei es klar, dass zum einen auf die reine Größenordnung zu achten wäre, die als Finanzhilfe beschlossen würde, aber daneben auch auf die Verwendung der Mittel. Deshalb sei für eine einer strikten Kontrolle ihres Einsatzes zu sorgen. Diese Art von Bevormundung kam in Italien und Spanien sehr gut an.

Schaut man auf die Tabelle von 2017 erkennt man, wie sich die Größenverhältnisse zwischen Ein- und Ausgaben der einzelnen Länder darstellen. 2017 betrug der Anteil am BIP 0,6%. Von den umgerechnet 19,5 Mrd. €, die die EU von Deutschland erhalten hat, stehen Einnahmen in einer Größenordnung von 8,9 Mrd. €. Das Delta betrug demnach -10,6 Mrd. €. Dies wiederum entsprach 0,32 % des so genannten Bruttonationaleinkommens.

Wirtschaftskraft Deutschlands

Während sich das Ranking der absoluten Zahlen seit Jahren nicht sehr verändert und Deutschland aufgrund seiner Größe und Wirtschaftskraft oft auf dem 1. Platz der Nettozahler zu finden ist, stellen sich die ProKopf-Anteile differenzierter dar. Aber auch dort liegt Deutschland immer im Spitzenfeld. Die Diskussionen zu diesem Thema sind schon in die Jahre gekommen. Aber sie verstummen nicht. Wohl, weil es ja “unser” Geld ist, dass die Südländer verprassen. Die Zeiten, in denen Deutschland als “armer Mann” Europas bedauert wurde, liegen solange zurück, dass sich die meisten (Deutschen) gar nicht mehr erinnern wollen.

Mir ist wichtig, dass die verschiedenen Aspekte und der Nutzen dieser EU fair und hinreichend beleuchtet werden. Der Artikel ist nur der Versuch, mit ein paar wesentlichen oberflächlichen Vorurteilen aufzuräumen. Es ist so, dass die Europäische Union für ganz Europa in der Zukunft eine existenzielle Rolle übernehmen muss. Kein Land Europas oder der EU kann für sich allein mit den globalen Regionen im Wettbewerb bestehen.

Corona-Folgen

Wenn wir unseren Wohlstand also erhalten wollen, kommen wir nicht umhin in Europa zu investieren. Dass das nicht allen passt, ist nachvollziehbar. Es ist keinesfalls sicher, ob die Rolle Europas bzw. der EU überreizt ist und ob wir angesichts der Folgen, die auch durch die Corona-Epidemie erst noch entstehen werden, gute Zukunftschancen erhalten. Aber wie heißt es so schön: Wer nicht kämpft, hat schon verloren!

Diesen Kampf führen Europa und die EU nicht mit Schwertern und Kanonen, sondern mit einer bisher sehr erfolgreichen Wirtschaft und mit dem Know-how seiner Einwohner. Deutschland allein wäre ebenso verloren, wie beispielsweise die Niederland, Österreich, Dänemark, Schweden oder Finnland. Deshalb: Die Pläne Macrons und Merkels sollten umgesetzt werden!

Moderne Zeiten bei Schultes

Das TV-Gerät hat eine Fernbedienung, der Satellitenreceiver hat eine Fernbedienung, der CD-Player hat eine Fernbedienung, die Stereoanlage hat eine Fernbedienung und Apple TV und Amazon Prime haben auch eine Fernbedienung.

So siehts aus.

Denjenigen, die technisch nicht auf dem neusten Stand sind oder denen das egal ist – wie meiner Frau und mir – wird diese Sammlung von 6 -? Fernbedienungen vielleicht nicht ganz fremd sein.

Welch glückliche Fügung des Schicksals, dass das TV-Gerät nun endgültig den Geist aufgab. Besser gesagt, es tat es in kleinen, leicht nervenden Schritten. Mal ging es gar nicht mehr, dann wieder – mit Geduld und Spucke – lies es sich zum Dienst überreden. Es war eben ein neues Gerät fällig. Das alte TV-Gerät hat seinen Dienst immerhin so ca. 10 Jahre lang verrichtet. Eigentlich also voll ok, dieser kleine Nordkoreaner.

Statt zu einem der in Reichweite liegenden großen Elektromärkte zu fahren, gingen wir zu einem ortsansässigen Einzelhändler für Elektroartikel. Dort haben wir im Laufe der vielen Jahre, in denen wir in unserem Dorf leben, schon einige Austauschmaschinen gekauft. Dazu gehörten Waschmaschine, Trockner, Stereoanlage und ein paar Kopfhörer für die Oma. Alles Geschäfte, die an Amazon vorbeigegangen sind. Dabei kaufen wir auch dort und zwar immer mehr. Ob Computer oder Fotokameras, solche Produkte kaufe ich gern im Internet. Und – liebe Grüne – zurückgeschickt haben wir noch nie irgendwas. Das war gelogen, eine Jogginghose für Oma hatte nicht die gewünschte Passform. Deshalb war die Retoure angezeigt. Unsere Ökobilanz haben wir anderweitig ausgeglichen!

Zurück zu den Fernbedienungen im Hause Schulte.

Ich brauche jetzt nur noch eine Fernbedienung für das TV-Gerät und wahlweise für den Amazon Stick bzw. für Apple TV. Außerdem brauche ich den Anschluss an die Stereoanlage nicht mehr, weil der Ton des neuen TV-Gerätes ziemlich ok ist. Es bleibt die Option, auch den Ton des Gerätes über die Stereoanlage laufen zu lassen. Aber würde – natürlich – eine weitere Fernbedienung bedingen. Brauchen wir nicht!

Der Kopfhörer für Oma muss jetzt nicht mehr ausgezogen und bei Bedarf wieder eingesteckt werden. Er bleibt am TV-Gerät angeschlossen und die Lautsprecher schalten sich nicht ab. Was für ein Fortschritt. Und – liebe Spezialisten – nein! man konnte meinem kleinen koreanischen TV-Gerät nicht beibiegen, auch die Lautsprecher parallel zum Kopfhörer zu betreiben. Alte Technik eben. Zehn Jahre sind eine verflucht lange Zeit.

Den Satellitenreceiver habe ich in den Keller gebracht. Das Ding ist aus deutscher Herstellung und recht hochwertig. Sogar mit Festplatte.❣

Aber wer braucht sowas heute noch? Die auf diversen Geräten verfügbare App zum Youtv – meiner persönlichen TV-Mediathek! – erübrigen jeden Rekorder. Notfalls könnte wir eine Festplatte am neuen TV-Gerät anschließen. Aber das Internet verleitet halt zur Cloud-Lösung. Sie hat also wirklich ihre Vorteile.

Geh ich schlafen, schalte ich den Fernseher aus. Ein Knopf und alles ist erledigt.

Ganz wie früher, als es diese ganze Verkabelung eben noch nicht gab. Das TV-Geräte wurde übrigens vom ortsansässigen Händler installiert, eingerichtet und die Bedienung kurz erklärt. Den kleinen Koreaner hat er mitgenommen.

Die EU in Konkurrenz mit China und anderen Ländern

Einige Europäer und ein gebürtiger Chinese saßen beisammen und philosophierten im heutigen Phoenix “Presseclub” darüber, ob China und die EU eher Konkurrenten oder Partner seien. Charles de Gaulle sagte einmal, Staaten hätten keine Freunde, sondern Interessen. Wer würde bestreiten, dass es in dieser Welt je anders war?

Dass die (noch) 28 EU-Länder sich nicht wie Freunde, sondern oft wie ein Haufen zerstrittener Nachbarn aufführen, ist unübersehbar. Die ungewöhnlich einheitliche Haltung der EU-Staaten zu den “abtrünnigen” Briten ist eine positive Ausnahme. Der Grund für diese seltene Einigkeit liegt im Präzedenzfall der abfallenden Nation Großbritannien. Dieses Beispiel mit vielen Unsicherheiten kratzt an den Grundfesten des Verbundes. Kritiker meinen, die Geschlossenheit sei von den EU-Spitzen anbefohlen, weil man das Auseinanderbrechen fürchte. Das Argument ist witzig, weil auch in diesem Fall eben nicht die EU-Spitzen, sondern der europäische Rat, also alle Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsstaaten das Sagen haben. Vielleicht ist im Fall der Einigkeit zum Brexit interessant, dass auch die Länder, die sich sonst gern sehr kritisch zur EU äußern, die Linie der EU in diesem Fall nicht verlassen. Dahinter mehr als nur die Wahrung eigener Interessen zu vermuten, halte ich für vermessen.

Ansonsten wirkt die EU wie ein uneiniger, oft zerstrittener Haufen. Martin Schulz hat in einer TV-Talkshow zuletzt darüber geklagt, wie zerstritten die Mitglieder sich im europäischen Rat oft präsentieren. Die Flüchtlingspolitik ist für mich die schmerzlichste Erfahrung seit Langem.

Ein Argument wird Pro EU in den Mittelpunkt gestellt: die Mitgliedsstaaten seien wirtschaftlich und politisch nicht stark genug, um sich gegen andere Nationen (u.a. China, USA) und internationale Wettbewerber (Alphabet, Apple, Amazon, Microsoft etc.) behaupten zu können. Dagegen sind schwer Argumente zu finden. Wird das aber reichen, um solche bürgerfeindlichen Entscheidungen wie Artikel 13/17 der Urheberrechtsreform und die Verärgerung insbesondere vieler junger WählerInnen auszugleichen?

Die Kapitalisten in den USA und Europa haben den Chinesen ihren wirtschaftlichen Aufstieg erst ermöglicht. Die gleichen Leute waren das, die sich heute darüber beklagen, dass die Chinesen weltweit immer mehr Einfluss gewinnen. Ob die Amerikaner oder zum Teil die Europäer, jetzt jammern sie darüber, dass wenigstens in Teilbereichen Abhängigkeiten entstanden sind, die nicht so leicht aus der Welt zu schaffen sind.

Eine Billion Dollar für eine neue Seidenstraße, hohe Investitionen in Afrika und an vielen anderen Stellen der Erde oder Firmenkäufe hier in Deutschland werden nun skeptisch gesehen. Huawei ist nur ein Stein im Mosaik. Die Firma wird am Ausbau des G5 – Netzes in Deutschland beteiligt. Auf der Welt gibt es Geheimdienste (Neuseeland), die eine klare Position dazu einnehmen: “signifikantes Netzwerksicherheitsrisiko identifiziert “. Der Botschafter von Trumps Gnaden mischt sich ungebetenerweise ein. Die Wahrheit ist vermutlich sehr einfach. Deutschland braucht das Unternehmen, um diese gewaltige Aufgabe überhaupt lösen zu können. Vielleicht verfügen die anderen Wettbewerber nicht über die erforderlichen finanziellen Ressourcen oder fühlen sich allein überfordert.

Nicht die EU und Deutschland schon gar nicht, sind in der Lage den Chinesen mit so völlig unterschiedlichen politischen und wirtschaftlichen Systemen etwas entgegenzusetzen. Manche Journalisten träumen selbst unter den gegebenen Voraussetzungen immer noch davon, das der Markt es schon richten wird bzw. dass das Spiel der freien Kräfte nicht durch staatlichen Einfluss gestört werden darf. Frau Weidenfeld hat das heute im “Presseclub” vertreten.

Übersieht sie, dass China mit staatlichen Subventionen in für hiesige Verhältnisse unvorstellbaren Größenordnungen seine Unternehmen “pampert”? Was antwortet sie
Shi Ming, der von zwanzigtausend spontan von der chinesischen Regierung einsetzbarer Wanderarbeiter berichtet, die für Projekte im Reich der Mitte oder anderswo einsetzbar sind?

Bei uns werden Flughäfen aus Unfähigkeit nicht (nie?) fertig und kommen Stromtrassen nicht voran, weil Planfeststellungsverfahren durch Eingaben und Proteste gestört werden. Die Chinesen realisieren gewaltige Infrastrukturmaßnahmen in vergleichsweise kürzester Zeit. Die dortige Regierung schwert sich einen Dreck um die Interessen ihrer BürgerInnen.

Sind solche Vergleiche fair? Treffen sie überhaupt zu? Ich möchte hier trotz der Probleme, die am Horizont aufziehen, kein Regime wie das Chinesische. Sein Einfluss auch auf Deutschland wächst jedenfalls.

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