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Webmasterfriday: Wie deutsch bin ich?

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tl;dr Nicht das Internet, nicht Deutschland – Europa ist die Lösung! Mein Bekenntnis für Europa.

Beim Webmasterfriday gibt es einen aktuellen Bezug zum dieswöchigen Feiertag „Tag der Deutschen Einheit“.

Fühlt ihr Euch am Tag der deutschen Einheit eher als Deutsche oder als Europäer – oder als Internet-User?

Am „Tag der Deutschen Einheit“ fühlte ich mich – wohl dem Datum geschuldet – eher deutsch. Etwas Unsicherheit bleibt. Sicher ist, dass meine Frau und ich den Feiertag genossen haben. Abends haben wir eine Flasche Wein geöffnet und uns den Film „Helden“ bei RTL angeguckt. Dafür haben wir uns später geschämt. Vielleicht hätte es eine Liter-Flasche Wein, besser ein Fass, gebraucht. Manches muss man sich einfach schön trinken.

Ich sach ma: Ein freier Tag ist immer Klasse! Wie bei den anderen (Weihnachten und Ostern ausgenommen) spielt die Bedeutung eines freien Tages keine Rolle. Hauptsache frei. Die kirchlichen oder staatlichen Anlässe dahinter sind mir egal. Ich lege aber wert darauf, dass ich die Bedeutung der begangenen Feiertage kenne – und zwar alle deutschen und ohne die Wikipedia zu bemühen! So doof, wie manche Interviewte sich geben sind, möchte ich nicht dastehen. Anderseits sind immer leise Zweifel an der Authentizität solcher Medienerzeugnisse angebracht, gerade wenn man diese im Internet findet. Das ist für mich die wichtigste Erkenntnis im Umgang mit dem Internet. Ohne eine kritische Distanz geht da gar nichts! Auch deshalb verlasse ich mich informationstechnisch weiterhin auf die alten Medien – mehr als aufs Internet.

Kürzlich las ich, dass die deutsche Wiedervereinigung nichts mehr sei, was die jüngeren Leute heute noch beschäftigen würde. Normalität im Verhältnis Ost und West ist längst eingekehrt. Ich bin überzeugt, das geht älteren Leuten im Jahr 2013 nicht anders.

Leider gibt es einige Tatbestände, die die Menschen in diesem Zusammenhang gleichwohl sehr beschäftigen. Im Osten gelten wirtschaftlich immer noch schlechtere Bedingungen. Die Arbeitslosenzahl ist beispielsweise im Osten viel höher als im Westen und die Leute verdienen immer noch erheblich weniger als im Westen. In einem Research Briefing vom April dieses Jahres heißt die kalte Analyse (Deutsche Bank Research eben!):

  • Der Aufholprozess der ostdeutschen Wirtschaft nach dem Wiedervereinigungsschock stockt seit Mitte der 1990er Jahre.
  • Die Konvergenz der Löhne kam Anfang der 2000er Jahre zum Stillstand. Im Jahr 2011 lagen die ostdeutschen Löhne 25% unter den westdeutschen.

Von einer Angleichung der Lebensverhältnisse kann lediglich im öffentlichen Verwaltungen gesprochen werden. Dafür hat die auch dafür gescholtene Politik gesorgt. Aus ökonomischer Sicht sind die großen Unterschiede erklärbar (s. Research Briefing). Politisch vermittelbar sind diese nicht! Mit anderen Worten, um die Deutsche Einheit ist es zwar medial ruhig geworden, vollbracht ist sie jedoch keineswegs und wird es sobald auch nicht sein! Sie hat ein resignatives Potential, dem sich Deutschland und Europa weiterhin widmen müssen.

Werfen wir einen Blick auf Deutschland und die Befindlichkeit seiner Einwohner im größeren historischen Kontext. Ich finde es gut, dass es inzwischen eine Mehrheit dafür zu geben scheint, sich weiterhin mit der Nazi-Vergangenheit unseres Landes auseinanderzusetzen. Die These, „es muss doch einfach mal Schluss sein“, hört man jedenfalls seltener. Vielleicht sorgt unsere von politisch rechter Seite massiv kritisierte „political correctness“ dafür, dass viele Deutsche es richtig finden, sich auch so viele Jahrzehnte nach Kriegsende, mit dem Hitler-Regime auseinanderzusetzen. Ich persönlich mag, bis zum Beweis des Gegenteils, daran glauben, dass es die uns Menschen nachgesagte Lernfähigkeit war, die nationale Forderungen zurückgedrängt hat. Vielleicht erschreckt es viele Deutsche, wie schlecht wir gestern und heute in unserem Europa mit dem Thema Integration klar gekommen sind. Wo sind die Wurzeln unserer Ablehnung von Menschen anderer Herkunft und anderen Aussehens?

„Deutschland den Deutschen“ ist ein Begriff, den ich nicht hören mag. Aber auch dann, wenn die Parolen weniger platt daherkommen („mehr Bildung, weniger Zuwanderung“) halte ich dagegen. Andererseits muss ich jedoch zur Kenntnis nehmen, dass nicht hinter jeder besorgten Äußerung immer gleich ein Faschist, ein ausländerfeindlicher Deutscher steckt. Das Internet ist voll von Hassseiten gegen Einwanderer, gegen den Islam aber auch gegen Europa (den Euro).

[symple_highlight color=“blue“]In Kontroversen kommt in mir der begeisterte Europäer zum Vorschein. Allen Problemen zum Trotz, für die unsere Politiker bisher keine Lösungen finden: ich glaube, es lohnt sich für und nicht gegen Europa zu kämpfen.[/alert]

 

Wir erleben heute in Südeuropa, dass durch die Exzesse an den deregulierten Finanzmärkten entstandenen staatlichen Schuldenkrisen, ganze Generationen ihre Zukunft verlieren. Wir stehen mit unseren schwachen Erkenntnissen einigermaßen hilflos zwischen dem, was unsere Politiker uns sagen und dem, was die Ökonomen uns zur Bewältigung der Krise raten. Weder die einen noch die anderen überzeugten in der Krise. Wir stellen fest, dass man sich weder auf die Aussagen der einen noch auf die der anderen verlassen kann. Die sehr komplizierte Materie verhindert, dass wir uns ein verlässliches Bild machen können. Widerwillig und mit zunehmendem Misstrauen müssen wir uns für den einen oder anderen Weg entscheiden. Oder wir steigen ganz aus und gehen nicht mal mehr zu den Wahlen.

Natürlich haben die dramatischen Vorgänge das Zeug dazu, die Menschen zu spalten. Uns fehlt meiner Meinung nach ein Grundvertrauen. Ständiges Verhandeln und Kompromisseschließen kennzeichnen die Suche nach Lösungen. Leider vermittelt uns dieses Bild das Gefühl, dass wir unseren Politikern nicht mehr trauen können. Aber wir haben keine anderen. Sie sind unsere Repräsentanten! Worauf sonst, wenn nicht auf die von uns gewählten Politiker, sollen wir uns verlassen? Das Internet kann diese Leistung nicht erbringen. Im Gegenteil. Aus meiner Sicht hat das Internet eher das Zeug dazu, Menschen und vielleicht ganze Gesellschaften zu spalten als für ein Ziel zu mobilisieren!

Ich (59) bin am 22.9. zum ersten Mal in meinem Leben nicht wählen gegangen. Zum Glück haben 74 % der Deutschen ihr Wahlrecht ausgeübt. Beim nächsten Mal werde ich bestimmt wieder dabei sein.

VOR
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2 Gedanken zu „Webmasterfriday: Wie deutsch bin ich?“

  1. Ja, hoffentlich wirst Du – allerspätestens – im Herbst 2017 wieder dabei sein. Dann wird so eine Rechtsruck-Partei wie die AfD hoffentlich nicht mehr auf erstaunliche 4,7 % kommen.

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