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Es wurde der ungeheuere Verdacht geäußert, Frau Lewitscharoff sei womöglich Katholikin

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Die Zeiten ändern sich. Dieser Beitrag scheint älter als 10 Jahre zu sein – eine

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Die Zeiten ändern sich.

Dieser Beitrag scheint älter als 10 Jahre zu sein – eine lange Zeit im Internet. Der Inhalt ist vielleicht veraltet.

Irgendwie stimmt es doch, dass in Deutschland Debatten dann halbwegs sachlich vonstatten gehen, solange sie auf dem Boden der political correctness ablaufen. Wenn das Anliegen aber nicht so blütenweiß links oder linksliberal daherkommt knallst. Und zwar richtig.

Ich denke, dass Thesen, die mit einem Satz wie „Das wird man ja wohl noch sagen dürfen“ beginnen, für viele schon Nachweis genug sind, dass da moralisch etwas nicht passt. Weil die Autoren ihre Intention meist mit geradezu unwiderstehlicher Verve vertreten, sind viele LeserInnen sofort mit im Boot. Diese Uniformität schreckt ab. Sie führt oft dazu, dass ich unwillkürlich die andere Position einnehme. Ich kann also aufatmen. Opportunismus kann man mir nicht vorwerfen. Keine Ahnung, was da schiefgelaufen ist. Vielleicht habe ich eine soziale Ader, die ich eigentlich bei meinem Schwesterchen erkannt zu haben glaubte.

Es ist wieder passiert und zwar beim Lesen von Stefan Niggemeiers Artikel über eine Dresdner Rede, die Sibylle Lewitscharoff gehalten hat. Diese Rede war am bereits am Sonntag, den 2.03. gehalten worden. Repliken hierzu gab (soweit ich gesehen habe – jedenfalls im Großen und Ganzen) erst nach Niggemeiers Blog-Beitrag. Das Internet war mal wieder schneller. Huh, da freuen wir uns.

An dem, was wir unserer Gesellschaft an Toleranz verordnet haben, ist nicht zu rütteln. Der von Niggemeier medial skandalisierte Vorgang wurde erst spät durch andere Medien aufgenommen. Dennoch nimmt die Geschichte um Lewitscharoffs Rede in der Wikipedia bereits heute, einen Tag nach Niggemeiers Beitrag, ein sagenhaftes Drittel des gesamten Artikels (Liste der Auszeichnungen und Veröffentlichungen nicht einbezogen) über die Schriftstellerin ein. Sind mit der Rede die Werke und Verdienste (darf man das noch schreiben?) Lewitscharoffs jetzt entwertet?

Die Kritiker kommen gar nicht auf die Idee, dass alle Vorbehalte zum Beispiel gegen Tilo Sarrazin, Matthias Matusseks (Unbehagen gegenüber Schwulen) oder aktuell Sibylle Lewitscharoffs Tirade gegen pränatale Diagnostik und ihren Folgen mit Denkverboten zu tun haben, die sie ansonsten vehement bekämpfen. Unmittelbar und erschreckenderweise erfolgen diese Denkverbote stets überaus dezidiert, keinen Widerspruch duldend. Er wäre sinnlos. In unserer Welt werden DENKGEBOTE auf diese Weise mehr und mehr torpediert. Ich arbeite nach Kräften mit daran. Und das ist falsch, falsch, falsch!

Ich empfinde mich nicht als ein Sachwalter reaktionärer Ansichten über Sexualität, Privatheit oder medizinische Chancen einer künstlichen Befruchtung. Frau Lewitscharoff hat sich heute im ZDF-Morgenmagazin entschuldigt. Dies durfte Wulf Schmiese, ZDF, am Schluss des Gespräches konstatieren. Bis zu diesem Satz war das Interview wirklich gut, Herr Schmiese. Darin spricht Lewitscharoff sinngemäß davon, dass sie sich manchmal selbst nicht traut. Sie ist ein Mensch mit Zweifeln. Einer, der so ehrlich ist, solche Zweifel auszusprechen. Und das geht heutzutage wohl gar nicht mehr.

Vielleicht hat sie sich über die Reaktionen genauso erschrocken, wie wir es getan hätten, wenn wir zum einen oder anderen Thema mal eine Gelegenheit hierzu erhalten würden.


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Ich kann die Leute nicht ändern, aber meinen Blick auf sie.

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4 Gedanken zu „Es wurde der ungeheuere Verdacht geäußert, Frau Lewitscharoff sei womöglich Katholikin“

  1. Wenn jemand viel geleistet hat, dann darf man das würdigen. Wenn er aber total entgleist, dann darf man – und muss man! – darauf rumhacken. Denn durch sämtliche vorherigen Ehrungen bekommt das Wort eine deutlich andere Wichtung, als würde das Hinnerk Lühe aus Bockeloh am Stammtisch erzählen. Das ist der Punkt. Und ich finde es absolut widerlich, arrogant und ekelhaft, was die Dame da von sich gegeben hat. Sie kann ja vielleicht mal ein Wort mit unserem Sohn reden … mal gucken, wie der das findet.

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  2. Natürlich darf und soll man das. Es geht aber auch um die Form, um die Art und Weise wie das heute geschieht. Und dabei kann man eine Entwicklung feststellen, die nicht nur etwas mit der sehr gewachsenen Zahl solcher Einsprüche zu tun hat. Wir geben uns derart unduldsam mit anderen Meinungen, dass es kein Wunder ist, dass manche dahinter Denkverbote vermuten.

    Was ich übrigens auch interessant finde, ist, dass man sich quasi immer gleich dafür entschuldigen muss, dass man versucht, den Mainstream zu kritisieren. Ohne diese Entschuldigung entsteht nämlich leider der Verdacht (der übrigens oft genug auch geäußert wird), man selbst vertrete die gleichen Ansichten.

    Und glaube mir, ich habe keinerlei Sympathie für Sarrazin oder Lewitscharoff. Beim ebenfalls von mir erwähnten Matussek sieht das schon wieder etwas anders aus. Gerade er ist ein Paradebeispiel, wie bei uns mit abweichenden Meinungen umgegangen wird. Er ist Katholik und hat auch auf diesem Feld schon so viel Provozierendes gesagt, dass er inzwischen der Blitzableiter der Republik geworden ist. Trotz halte ich persönlich ihn für einen prächtigen Kerl. Einen, der sich nicht die Butter vom Brot nehmen lässt. Und das ist in dem Klima, das ich beklage, mehr als die meisten anderen von uns überhaupt auf dem Schirm haben.

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  3. @H. Schulte: Ich glaube die Form sowie die Art und Weise solcher Erwiderungen hat sich gar nicht geändert. Auch die Frequenz nicht – nur der Adressatenkreis. Der ist durch die von uns genutzten Medien deutlich erweitert worden! Da mag es durchaus den Anschein haben, dass irgendwas „schlimmer“ geworden ist. Es ist nur präsenter.

    Das von Dir erwähnte im Voraus um Entschuldigung bitten (entschuldigen kann man sich ja nicht selbst) ist in der Tat kritisch zu sehen. Ganz schnell ist man selbst „Kinderficker“ wenn man es wagt, auf das Versagen des Rechtsstaates z.B. im Fall Edathy hinzuweisen. Vor allen Dingen ich mit meinem grünen Parteibuch wurde tatsächlich schon so beschimpft … und da wusste man von Edathy noch gar nichts. Nicht auszudenken, ich würde solchen Leuten auch noch damit kommen, der Mann wäre gar un“schuldig“ (im Sinne unseres Rechts).

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  4. @Andreas: Um genau den Zusammenhang geht es mir, wenn ich so was schreibe. Mir macht das echt Sorgen. Irgendwann fallen die letzten Skrupel. Dann geht hier so richtig die Post ab. Mit hier meine ich das Internet, nicht mein Blögchen.

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