Deine, meine, unsere ? Moral

Bei „Anne Will“ war ges­tern Abend schon wie­der die Rede davon, dass eini­ge weni­ge Län­der (vor allem Deutsch­land) die ande­ren Euro­pä­er mit der Moral­keu­le unter ein Joch zwin­gen woll­ten. Die­se ande­ren Euro­pä­er wol­len sich die­se „Moral“ nicht auf­zwin­gen las­sen. Im Klar­text: sie wol­len sich kei­ne Flücht­lin­ge aufs Auge drü­cken las­sen. Es ist schon arg, dass Begrif­fe wie Moral, Tole­ranz und Empa­thie bei die­sem andau­ern­den Eier­tanz den die Rech­ten voll­zie­hen ent­wer­tet wur­den. Die For­t­­schritts- und Frem­den­fein­de, die sich nicht als Rechts oder Nazis bezeich­nen las­sen mögen, hal­ten wenig von Leu­ten mit ande­rer Mei­nung. Ich hal­te nichts von denen! Sie den­ken mir zu sehr in Schwarz-Weiß-Kate­­go­ri­en und machen unser Land schlecht. Und das, obwohl sie doch vor­ge­ben, Patrio­ten zu sein. Sie benut­zen Begrif­fe wie Gut­mensch als Streu­bom­be und wer­fen jedem, der anders denkt als sie, man­geln­den Rea­li­täts­sinn vor. Und das sind noch die „fried­fer­ti­gen“ unter ihnen. Klingt ja blöd, und das ist es auch! Aber sol­che Leu­te haben (lei­der) mäch­ti­ge Ver­bün­de­te für die Über­zeu­gungs­ar­beit, zu der sie selbst nicht… 

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Horst Schulte

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Bei „Anne Will“ war ges­tern Abend schon wie­der die Rede davon, dass eini­ge weni­ge Län­der (vor allem Deutsch­land) die ande­ren Euro­pä­er mit der Moral­keu­le unter ein Joch zwin­gen woll­ten. Die­se ande­ren Euro­pä­er wol­len sich die­se „Moral“ nicht auf­zwin­gen las­sen. Im Klar­text: sie wol­len sich kei­ne Flücht­lin­ge aufs Auge drü­cken lassen.

Es ist schon arg, dass Begrif­fe wie Moral, Tole­ranz und Empa­thie bei die­sem andau­ern­den Eier­tanz den die Rech­ten voll­zie­hen ent­wer­tet wur­den. Die Fort­schritts- und Frem­den­fein­de, die sich nicht als Rechts oder Nazis bezeich­nen las­sen mögen, hal­ten wenig von Leu­ten mit ande­rer Mei­nung. Ich hal­te nichts von denen! Sie den­ken mir zu sehr in Schwarz-Weiß-Kate­go­rien und machen unser Land schlecht. Und das, obwohl sie doch vor­ge­ben, Patrio­ten zu sein.

Sie benut­zen Begrif­fe wie Gut­mensch als Streu­bom­be und wer­fen jedem, der anders denkt als sie, man­geln­den Rea­li­täts­sinn vor. Und das sind noch die „fried­fer­ti­gen“ unter ihnen.

Klingt ja blöd, und das ist es auch! Aber sol­che Leu­te haben (lei­der) mäch­ti­ge Ver­bün­de­te für die Über­zeu­gungs­ar­beit, zu der sie selbst nicht in der Lage sind.


Lamya Kaddor

Ich habe mich die­se Woche gefragt, wes­halb so mie­se Kreuz­zü­ge gegen Men­schen wie Lamya Kad­dor von Jour­na­lis­ten oder Blogs über­haupt gestar­tet wer­den. Die simp­le Ant­wort dar­auf: Weil sie es kön­nen! Die nöti­gen Res­sour­cen sind vor­han­den und genü­gend genug Abneh­mer für ihre „Das-wird-man-ja-wohl-noch-sagen-dür­fen – Geschich­ten“ gibt’s auch. Selt­sam, dass es vor die­sem Hin­ter­grund immer noch Leu­te gibt, die sich dar­über wun­dern, dass der Ton in Deutsch­land immer rau­her wird.

Die Autoren bei der Ach­se des Guten und Tichys Ein­blick füh­ren ihren Kampf gegen den Islam vor­zugs­wei­se mit Muni­ti­on bei der sie nicht Gefahr lau­fen, dass sie noch im Rohr krepiert.

Kon­kret: Die­se Leu­te picken sich einen expo­nier­ten Ver­tre­ter der Mus­li­me (auch Aiman Mazy­ek, Zen­tral­rat der Mus­li­me, war schon mehr­fach dran) her­aus. In die­sem Fall ist es eine Ver­tre­te­rin, die man nach allen Regeln der Kunst dif­fa­miert — oder, wie Kad­dor es aus­ge­drückt hat, fer­tig macht. Viel­leicht spielt sogar die Optik der „Opfer“ sol­cher Kam­pa­gnen eine Rol­le. Ja, ich hal­te das für mög­lich. Die ken­nen vor allem kein Par­don, wenn es gegen Leu­te geht, die gro­ßes Opfer-Poten­zi­al haben. Kom­men die­se in öffent­li­chen Auf­trit­ten etwa etwas vor­laut oder unsym­pa­thisch rüber — Bingo.

Sie kön­nen sicher sein, dass ihr Publi­kum applau­diert. Eigent­lich sogar, bevor noch der Arti­kel online gegan­gen ist.

Geschichten für den Echoraum

Auf den Wahr­heits­ge­halt der Geschich­ten kommt es weni­ger, auf Mei­nung dafür umso mehr – auch wenn dort gern etwas ande­res sug­ge­riert wird. Es ist fast wit­zig, wenn man bedenkt, dass dort Jour­na­lis­ten tätig sind, die sich ansons­ten bestimmt auch mit Lügen­pres­se-Vor­wür­fen kon­fron­tiert sehen. Auch wenn sie nicht die direk­ten Adres­sa­ten sol­cher Vor­wür­fe sind, sie wis­sen natür­lich, wie kri­tisch Mei­nungs­ma­che von ihrer spe­zi­el­len Kli­en­tel gese­hen wird. Selbst­re­dend nur, wenn sie von der ande­ren Sei­te kommt.

Man bleibt im Blog gern unter sich. Leu­te, die eine ande­re Mei­nung haben, sind dort kaum anzu­tref­fen. Man pflegt einen zustim­men­de, bestä­ti­gen­den Umgang mit­ein­an­der. Und wenn doch ein­mal ein abwei­chen­der Kom­men­tar dazwi­schen kommt, wird er kur­zer­hand gelöscht. Der Echo­raum bleibt so immer schön aufgeräumt.

Haupt­sa­che, sie ver­brei­ten schlech­te Stim­mung gegen den Islam und damit letzt­lich auch gegen die (alte) Flücht­lings­po­li­tik der Regie­rung. Dabei müss­te sie mit der aktu­el­len Flücht­lings­po­li­tik der Regie­rung eigent­lich d’ac­cord sein. Dass sich jetzt her­aus­ge­stellt hat, dass nur 890k Flücht­lin­ge, statt der 1,1 Mio. gekom­men sind, stört die nicht wirk­lich. Auch die bis­her wei­ter zurück­ge­hen­den Zah­len in 2016 zäh­len nicht. Statt­des­sen übt man sich lie­ber wei­ter in der Beschrei­bung von Unter­gangs­sze­na­ri­en. Blöd, dass sogar Ifo-Chef Fuest die­se Woche in einer Talk-Show gesagt hat, dass die Flücht­lin­ge wirt­schaft­lich kein grö­ße­res Pro­blem für Deutsch­land dar­stel­len würden.

Im Fal­le von Lamya Kad­dor kann jeder Sim­pel sich ein Bild von der Per­son machen. Die Wiki­pe­dia-Ein­trä­ge ent­hal­ten größ­ten­teils die Anwür­fe, die in Tichys Ein­blick detail­lier­ter aus­ge­führt werden.

Wie es auch im Kampf gegen unge­lieb­te Poli­ti­ker wie Hei­ko Maas oder Manue­la Schwe­sig gern gemacht wird (Hate­speech, Zen­sur­de­bat­te), wer­tet man die­se Fun­de auf, in dem man halb­wegs talen­tier­ten Schrei­ber mit der Aus­schmü­ckung betraut. Der rech­te Kanal frisst den Autoren die Geschich­te qua­si aus der Hand, sie ver­selb­stän­digt sich inner­halb kür­zes­ter Zeit zum Ruf­mord-Kam­pa­gne gegen das Zie­lo­j­bekt. In die­sem Fall gegen Frau Kad­dor. Sie sprach bei „Anne Will“ davon, dass man sie fer­tig machen wolle.

Migranten haben keine Meinung zu haben

Wehe, es äußert sich ein Mensch mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund kri­tisch über gewis­se Aspek­te der Inte­gra­ti­on. Dann kennt der gemei­ne Deut­sche aber kein Hal­ten mehr. Wenn die­ser Mensch dann auch noch eine Frau ist, ist es ganz aus.

Das erle­ben wir gera­de im Fall der Lamya Kad­dor. Wir erle­ben so etwas tag­täg­lich in den Kom­men­tar­spal­ten von Zei­tun­gen und Blogs und – noch viel schlim­mer – in den immer noch so genann­ten sozia­len Medi­en. Was man­che Leu­te über Frau Kad­dor den­ken kön­nen Sie in den Kom­men­ta­ren unter dem You­tube-Video erfah­ren. Aber Ach­tung: Das ist har­ter Stoff!

Vie­le der über 1000 Kom­men­ta­re zum ver­link­ten Zeit-Arti­kel bewe­gen sich auch nicht auf viel höhe­rem Niveau. Aber dort wird wenigs­tens „zen­siert“, so dass die schlimms­ten Belei­di­gun­gen, anders als bei You­tube, dem Scan­ner (lesen kann man das ja nicht alles!) erspart bleiben.

Mot­to ist jeden­falls im Fall von Frau Kad­dor (selbst bei Zeit Online): Die schlimms­ten Kom­men­ta­re haben die höchs­te Zustimmungsquote.

Kom­men­ta­re bei Zeit Online zum Arti­kel von Frau Kad­dor

Frau Kad­dor hat sich im Kern (wie schon häu­fi­ger zuvor) dafür aus­ge­spro­chen, dass wir Deut­sche auch bereit sein müs­sen, Migran­ten als Mit­bür­ger zu akzep­tie­ren. Was liegt näher, als ihre eige­ne Bio­gra­fie zu bemü­hen. Sie ist Deut­sche und wur­de (sogar) in Deutsch­land gebo­ren. Trotz­dem füh­le sie sich in die­sem Land immer noch als Fremd­kör­per. Nicht unähn­lich, wenn auch mit ganz ande­rem Hin­ter­grund und – wie ich ver­mu­te – mit ande­rer Inten­ti­on, hat sich Bassam Tibi immer wie­der über sei­ne sozia­le Stel­lung in Deutsch­land geäu­ßert. Wiki­pe­dia stellt den Mann als deut­schen Poli­tik­wis­sen­schaft­ler mit syri­scher Her­kunft vor. So wür­de er es gern hören, wenn er bei diver­sen Anläs­sen dem Audi­to­ri­um vor­ge­stellt wür­de. Aber dann sei er, so klag­te Bassam Tibi nicht nur ein­mal, wer­de er stets als „Syrer mit deut­schem Pass“ vorgestellt.

Zwei sehr unter­schied­li­che Mus­li­me, die ihre Lebens­wirk­lich­keit in Deutsch­land deckungs­gleich beschreiben.

Deutschland, uneinig Einwanderungsland

Das wird nicht nur an ein paar rech­ten Trot­teln lie­gen, die sich nicht damit abfin­den kön­nen, dass Deutsch­land schon lan­ge ein Ein­wan­de­rungs­land ist. Unge­fähr 20 Mil­lio­nen Men­schen leben mit uns, die einen Migra­ti­ons­hin­ter­grund haben. Gut, bei vie­len mer­ken wir das nicht. Oder sagen wir so, die rech­ten Trot­tel schei­nen bis­her nicht gemerkt zu haben, dass es so vie­le sind. Sonst wäre alles noch schlimmer.

Per­sön­lich kommt es mir zu pass, dass Frau Kad­dor mit Hen­ryk M. Bro­der und Roland Tichys rech­ten Autoren­kum­pa­nen „abrech­net“. Die Art und Wei­se wie man sich in Tichys Blog die Tira­de auf Frau Kad­dor ver­sucht zu recht­fer­ti­gen, fin­de ich typisch für die­se Leu­te. Sie wol­len nicht sehen, dass ihre „Bei­trä­ge“ dazu füh­ren, dass ihre Fans sie zur Legi­ti­mie­rung ihrer per­sön­li­chen Angrif­fe auf Frau Kad­dor benut­zen. Lie­ber beschimp­fen sie Frau Kad­dor als pro­fes­sio­nel­len Jam­mer­lap­pen. Die Wort­wahl dort war eine ande­re. Aber genau­so ist das gemeint!

In Tichys Blog ging ges­tern der Autor des Arti­kels (was ande­res ist das nicht!) vom 27. Sep­tem­ber 2016 auf die Vor­wür­fe in einer Art und Wei­se ein, die hof­fent­lich juris­ti­sche Kon­se­quen­zen haben wird. Er erneu­ert sei­ne Behaup­tung, Frau Kad­dor erfül­le nicht die Vor­aus­set­zun­gen für die von ihr behaup­te­te Exper­ten­schaft in Sachen Islam.

Er fragt im Intro sei­nes neu­en Bei­tra­ges: „Was stellt sie mit unse­ren Kin­dern wirk­lich an?“ Allein die­sen Satz fin­de ich so infam, dass er jedem Leser und jeder Lese­rin in die Glie­der fah­ren müss­te. Auch dann, wenn es zutref­fend wäre, dass Kad­dors Geschäfts­mo­dell auf Selbst­ver­mark­tung basiert. Die Arti­kel bestehen aus Ver­mu­tun­gen und Behaup­tun­gen, die alle­samt nur einen Zweck ver­fol­gen: Man möch­te Frau Kad­dor schaden.

Wie gut das in der geneig­ten Öffent­lich­keit ange­kom­men ist, kann man – wie schon gesagt – in den Kom­men­tar­spal­ten sehen.

Roland Tichy nebst Autoren­schaft und Hen­ryk M. Bro­der soll­ten sich schä­men. Aber dar­an den­ken die­se Wort­ty­ran­nen nicht. Vor­erst müs­sen sie das auch nicht, weil die geneig­te Leser­schaft, die sich übri­gens gegen Eti­ket­tie­run­gen wie Rechts oder Nazi wehrt, das alles ganz präch­tig findet.

Fair­ness steht wohl inzwi­schen eben­so auf der schwar­zen Lis­te wie Tole­ranz, Moral und Empathie . 

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Schlagworte: Impfstoff

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