Sorry, your browser does not support inline SVG. Horst Schulte

6 Minuten

Der frühe Vogel fängt den Wurm? Oder doch bloß den frühen Wurm?

Meine Mutter hatte einen besonderen „Weckruf“, dem ich alllwochentäglich nicht entgehen konnte. Der ging so: «Horst! Die Zeit ist um».  Ich weiß nicht, ob es dieser kurze Satz war, der mir so gut wie jeden Tag die erste Stunde des Tages vermieste. Klar war, ich …

Meine Mutter hatte einen besonderen „Weckruf“, dem ich alllwochentäglich nicht entgehen konnte. Der ging so: «Horst! Die Zeit ist um».  Ich weiß nicht, ob es dieser kurze Satz war, der mir so gut wie jeden Tag die erste Stunde des Tages vermieste. Klar war, ich mochte diese Morgen nicht, vor allem nicht im Winter, wenn es kalt und dunkel war. Ich brauchte immer eine Weile, um mich im neuen Tag zurechtzufinden.

Daran hat sich bis heute nichts geändert. Nur heute — heute wagt sich keiner mehr an mein Bett um mir einen guten Morgen zu wünschen. Früher™ war halt doch nicht alles besser!

Warum nur fing und fängt die Schule immer so früh an? Klar, ein Vorgeschmack auf die Welt der Erwachsenen. Gelobt sei was hart macht oder so.

Die Schule ging damals noch von montags bis einschließlich samstags. Sonntags war es damals noch üblich, die heilige Messe zu besuchen. Und zwar die um 9:00 Uhr, nicht die um 10:00 Uhr. Aber immerhin, sonntags konnte ich eine Stunde länger schlafen. Müde war ich trotzdem.

Man(n) trug Nachthemd in den 50er Jahren?

Meine Eltern waren, was unsere Kirchenbesuche anging, nur manchmal gute Vorbilder. Mein Vater war beruflich unabkömmlich (ja, auch sonntags!), was ihn aber nicht dahin hinderte, sich seinen sonntäglichen Frühschoppen zu genehmigen. Meine Mutter entschuldigte sich damit, dass sie sich ums Mittagessen kümmern müsse. Allerdings begleitete sie meine Schwester und mich einigermaßen regelmäßig in die Kirche.

So genoss ich die Schulferien also vor allem deshalb, weil ich (bis auf den Sonntag) immer(!) ausschlafen konnte. Umso schlimmer war es, wenn diese aus waren und der Alltagstrott wieder einkehrte, ich also um 7:00 Uhr nachts aufstehen musste.

Ich vermute, bei meiner Berufswahl hat das frühe, evtl. noch frühere Aufstehen eine nicht unwichtige Rolle gespielt. Ich war schon damals sicher: aus mir würde nie ein Frühaufsteher werden!

Ende der 1970er Jahre habe ich mal für einen neuen Job ein Betriebspraktikum gemacht. Während der 3 Monate musste ich morgens um 4:30 Uhr raus, um pünktlich um 6:00 Uhr auf der Arbeit zu sein. Das Grauen! Ich fühlte mich ständig übermüdet, obwohl ich früher als sonst schlafen gegangen war. Ich hatte damals noch kein Auto und musste zu allem Überfluss auch noch mit dem Linienbus fahren. Super.

Der Weg zur Arbeit braucht Zeit

Davor hatte ich anderthalb Jahre in Frechen gearbeitet. Dort gab es schon Gleitzeit. Ich war immer gegen 8:00 Uhr da. Um 6:00 Uhr musste ich raus, damit ich wegen der umständlichen Busfahrt und dem zudem notwendigen zirka 3 kilometerlangen Fußmarsch nicht zu spät aufschlug. Knapp war’s trotzdem oft genug.

Am besten hatte ich es während meiner Lehre. Auch dafür musste ich zwar um 7:00 Uhr aufstehen. Aber ich konnte mittags immer zu Hause essen. Ein Privileg, dessen Wert mir damals noch überhaupt nicht bewusst war. In den späteren Jahrzehnten meiner beruflichen Tätigkeiten war das nie wieder möglich. So habe ich meine Gewohnheiten im Lauf der Zeit geändert. Statt mittags zu essen – was gewiss gesünder ist, haben meine Frau und ich uns es uns vor Jahrzehnten angewöhnt, am Abend gemeinsam zu essen. Das war viel gemütlicher bzw. einfach nicht so hektisch wie beispielsweise in einer Kantine. Das Essen war sowieso besser. Meine Figur ist dieser Wechsel der Gewohnheit nicht so zustatten gekommen. 🙂


Du Langschläfer

Ich muss mich also eindeutig den Langschläfern hinzurechnen. Bin ich deshalb ein schlechter Mensch? Ein Faultier, einer der nicht mal aufsteht und gleich gucken geht, was der Briefträger um 8:30 Uhr bringt?

Meine Frau steht grundsätzlich vor mir auf. Schon immer. Sie braucht halt weniger Schlaf? Das nicht, sie schläft halt früher ein – am Abend. Kennt ihr das? Der spannendste Krimi kann sie nur ausnahmsweise mal davon abhalten, ihren Schönheitsschlaf zu beginnen. Gut, warum nicht? Bei ihr wirkt es wenigstens. Außerdem: warum sollte es mich stören, wenn das Frühstück schon fertig ist, wenn ich mich aus dem Bett schäle? Das ist wahrer Genuss, sag ich euch.

Ein Nachtmensch war ich während meiner Erwachsenenzeit auch schon immer. Meistens ging ich nicht vor 1:00 Uhr schlafen. Heute habe ich keinen Druck im Nacken und steht deshalb so gut wie nie vor 1/2 10 Uhr morgens auf. Da sind andere schon müde gearbeitet! Nee, ich hab‘ kein schlechtes Gewissen. Nee, keine Spur. Das gönne ich mir. Es ist so wunderbar.

Und wenn die Straßen bald verschneit und glatt sind, dann denk ich mal an euch, wenn ich mich um 7:00 Uhr morgens nochmal rumdrehe — schön, kuschelig in meinem Daunenplümo.

Für wenige Dinge lohnt es sich schon, früh aufzustehen

Ein alter Freund von mir wird für sowas wenig Verständnis haben. Er ist schon in aller Herrgottsfrühe unterwegs, um Fotos zu schießen. Seine Ausbeute ist aller Rede wert. Solche Fotos kann man wahrscheinlich nur um diese Zeit herum machen. Das Licht ist ganz besonders. Blöd, dass ich es so gar nicht zu genießen verstehe. 🙂

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[symple_spacing size=“30″]Mancher wird vielleicht fragen, ob das nicht der Struktur des Tages Abbruch tut. So einfach in den Tag hineinleben, das ist doch nicht für jeden was. Das wird wohl stimmen. Ich spreche ja nur für mich.

Mein Patenonkel hat viel zu früh durch Krankheit seine Frau verloren. Er hat deshalb (nach seiner Pensionierung) lange Zeit allein gelebt. Er hat damals die Nacht zum Tag gemacht und umgekehrt. Manchmal wirkt es auf mich so, als habe er sich aufgegeben. Die Familie machte sich Sorgen um ihn. Irgendwann, er war schon um die 70 Jahre alt, ist er mit seinem Audi 80  in die Eifel gefahren. Später erfuhren wir, dass er dort nach einer „alten“ Freundin suchen wollte. Er wusste nicht einmal, ob sie noch lebte und ob sie noch in dem Ort wohnte, in dem sie früher gelebt hatte. Was soll ich sagen? Er hat sie gefunden. Sie war inzwischen Witwe.

Die beiden haben geheiratet und ab diesem Zeitpunkt war’s für ihn aus dem »Lotterleben«. Die beiden haben geheiratet und noch viele schöne Jahre zusammen verbracht. Er hat einen normalen Schlafrhythmus wiedergefunden. So wie ich. 😆

 

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4 Gedanken zu „Der frühe Vogel fängt den Wurm? Oder doch bloß den frühen Wurm?“

  1. Hallo Hans,

    das mit dem Verpassen stimmt ja eigentlich nicht. Ich hänge es einfach dran 🙂 Das schöne ist einfach, dass wir es jetzt so halten können, wie wir wollen. Keiner redet uns rein und es gibt keinen Druck, der von irgendwoher ausgeübt wird. Das finde ich so großartig. 🙂

    Antworten
  2. Ich war eigentlich immer Frühaufsteher und bin es auch heute noch. Schulzeit war bei mir ab 7:55 Uhr (1. Stunde). Samstags aber gab’s bei mir nur gelegentlich in der Mittelstufe AG-Unterricht (z.B. Physik in der Hoechst AG). Dann Zivildienst, Frühaufstehen. Dann Uni, Spätaufstehen, meistens jedenfalls. Dafür aber bis in die Nächte hinein über Büchern sitzend oder diskutierend mit Kommilitonen. Dann das (eher unstete) Arbeitsleben mit verschiedensten Aufstehzeiten. Seit rund acht Jahren beginnt mein Arbeitstag um 5:45 Uhr, 8 Stunden. Ich stehe kurz vor 4:00 auf und muss immer noch sagen, dass mir das Spaß macht: Ich mag einfach diese frühen Morgenstunden, wo selbst in Frankfurt noch völlige Ruhe herrscht.

    Den Wurm fange ich aber dann doch erst am mittleren Nachmittag, auf dem Heimweg beim geruhsamen Einkaufen 🙂

    Antworten
    • Seit 8 Jahren! Donnerwetter. Das sind ja fast die Zeiten, zu denen man Brot backt. 🙂 Ehrlich gesagt bewundere ich die Leute, die morgentliche Anlaufprobleme so gar nicht kennen. Ich bin heute um 9:30 Uhr aufgestanden. Und das die Sonne heute nicht zu sehen ist, habe ich wenig verpasst, denke ich jedenfalls. Ich fand es angenehm, wenn ich dienstags um 1/2 6 Uhr nach Nassau aufgebrochen bin. Da hätte ich manchmal gern ein paar Fotos gemacht von Wiesen über denen der Nebel lag durch den die Sonne etwas hervorglitzerte. Zudem war auf der Autobahn noch deutlich weniger los als ein bisschen später. Ich habe also eine Idee davon, was du meinst, Boris.

      Antworten
  3. Hallo Horst,
    bis zum Einstieg in den Beruf war ich ein Frühaufsteher und das gerne. Ich hab nen Kumpel, der damals bis Mittags pennen konnte. Ich hab da schon immer gesagt, Du verpasst doch vieles, wenn Du so lange schläfst.

    Ich hab sogar Sonntags immer das Frühstück für alle vorbereitet, weil der Rest der Familie länger schlief. Durch meinen Beruf, in dem ich Schichten hatte, hat sich die Schlafgewohnheit sehr geändert. Nach einer Spätschicht (bis 23:30) konnte ich ja nicht gleich ins Bett.

    Mittlerweile hab ich einen ganz guten Rhythmus gefunden. Tendenziell zähle ich mich eher zu den Nachteulen.

    Antworten

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