Die Suche nach den Schuldigen bringt uns nicht voran

Wer von uns kann beur­tei­len, ob Ceta oder TTIPP gut oder schlecht für uns ist? Wahr­schein­lich die Wenigs­ten? Die wis­sen ein biss­chen. Die Kam­pa­gnen in Deutsch­land gegen die Abkom­men waren sehr erfolg­reich. Nur — waren die Kam­pa­gnen inhalt­lich kor­rekt und ist unse­re ein­hel­li­ge Ableh­nung auch gebo­ten? So wenig wir wis­sen, so ein­deu­tig sind wir dage­gen. Fast so was wie ein neu­es gesell­schaft­li­ches Phä­no­men hat sich breit gemacht. Im Janu­ar 2015 stell­te die FAZ lapi­dar fest, wor­in sie den Grund dafür sieht, dass ins­be­son­de­re in Deutsch­land die Stim­mung zu TTIPP so nega­tiv ist. «Aber die Deut­schen sind wie­der im Modus der Hys­te­rie und des Pes­si­mis­mus», schreibt der Autor des Arti­kels, Klaus-Die­­ter Fran­ken­ber­ger. Wenn man die Lage in ande­ren EU-Län­­dern betrach­tet, ist die­ser Vor­wurf viel­leicht begrün­det. „Die Macht der TTIP-Lob­by #Cor­rec­ti­vE­vents“ von You­Tube anzei­gen Hier kli­cken, um den Inhalt von You­Tube anzu­zei­gen. Erfah­re mehr in der Daten­schutz­er­klä­rung von You­Tube. Inhalt von You­Tube immer anzei­gen „Die Macht der… 

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Wer von uns kann beur­tei­len, ob Ceta oder TTIPP gut oder schlecht für uns ist? Wahr­schein­lich die Wenigs­ten? Die wis­sen ein biss­chen. Die Kam­pa­gnen in Deutsch­land gegen die Abkom­men waren sehr erfolg­reich. Nur — waren die Kam­pa­gnen inhalt­lich kor­rekt und ist unse­re ein­hel­li­ge Ableh­nung auch gebo­ten? So wenig wir wis­sen, so ein­deu­tig sind wir dage­gen. Fast so was wie ein neu­es gesell­schaft­li­ches Phä­no­men hat sich breit gemacht.

Im Janu­ar 2015 stell­te die FAZ lapi­dar fest, wor­in sie den Grund dafür sieht, dass ins­be­son­de­re in Deutsch­land die Stim­mung zu TTIPP so nega­tiv ist. «Aber die Deut­schen sind wie­der im Modus der Hys­te­rie und des Pes­si­mis­mus», schreibt der Autor des Arti­kels, Klaus-Die­ter Fran­ken­ber­ger. Wenn man die Lage in ande­ren EU-Län­dern betrach­tet, ist die­ser Vor­wurf viel­leicht begründet.

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In vie­len euro­päi­schen Län­dern ist die Ein­stel­lung zu Ceta posi­tiv. Ob die Hal­tung der Regie­run­gen in die­sen Fäl­len iden­tisch mit der der Bevöl­ke­rung ist, bleibt aller­dings unklar. Jeden­falls gibt es dazu kei­ne eu-wei­ten Daten [sic?]. Im Fall Ceta ist die Mei­nung der öster­rei­chi­schen und deut­schen Bevöl­ke­rung nega­tiv. Etwas mehr als die Hälf­te der Men­schen sind gegen das Abkom­men. Bei TTIPP ist die Hal­tung ein­deu­tig negativ.

Ver­hin­dert wird die die Unter­zeich­nung des Ceta-Ver­tra­ges aller­dings nach der­zei­ti­gem Stand nur durch die Regie­rung der Wal­lo­nen. 3,6 Mio. Wal­lo­nen hebeln mit ihrem Veto einen über Jah­re ver­han­del­ten Ver­trag aus. Es wedelt qua­si der Schwarz mit dem Hund – das Stim­men­ver­hält­nis wäre näm­lich 500 : 3,6 Mio. Alle ande­ren der 27 EU-Län­der wür­den den Ver­trag unter­zeich­nen. Heu­te las ich, dass auch die Regi­on Brüs­sel gegen den Ver­trag votie­ren will. Und die Wal­lo­nen wol­len hart bleiben.

Obwohl in vie­len TV- und Pres­se­bei­trä­gen bei­de Ver­trags­ver­hand­lun­gen in mei­ner Wahr­neh­mung sehr kri­tisch beglei­tet wur­den und die Medi­en inso­fern ihren Anteil an der Mei­nungs­bil­dung hat­ten, weht von dort im Moment ein kal­ter Wind in Rich­tung der euro­päi­schen Insti­tu­tio­nen. Es klingt mit­un­ter so, als wol­le man die Schuld für ein mög­li­ches Desas­ter nicht nur der Euro­päi­schen Uni­on, son­dern gern auch dem nör­ge­li­gen deut­schen Volk in die Schu­he schie­ben. Und die Öster­rei­cher sind in die­ser Bezie­hung auch drauf wie die Deutschen.

https://​you​tu​.be/​L​G​H​y​U​8​F​B​iPc

Anstatt die Euro­päi­sche Uni­on dafür zu loben, dass sie die Ent­schei­dung an die Natio­nal­staa­ten zurück­ge­ge­ben hat, wird ange­sichts des wal­lo­ni­schen Auf­stan­des das Bild einer desas­trö­sen EU gezeich­net. Ein Gespür für die eige­ne Ver­ant­wor­tung zei­gen die Medi­en auch in die­sem Fall nicht.

Die Pres­se fun­giert nicht bloß als die 4. Macht, sie nimmt – wie so oft – , ihren Teil der Ver­ant­wor­tung für die Situa­ti­on nicht an.

In mei­nen Augen beschreibt Hen­rik Mül­ler im Spie­gel die Grün­de für das mög­li­che bevor­ste­hen­de Deba­kel sehr zutref­fend. Dan­kens­wer­ter­wei­se zeigt er mög­li­che Lösungs­an­sät­ze auf, um Euro­pa (das gilt auch für natio­na­le Pro­jek­te) aus die­ser Nega­tiv­ent­wick­lung zu befreien.

Sei­ne Ant­wort ist: mehr Bür­ger­be­tei­li­gung.

Nur mit ihrer Hil­fe kann in die­sen unru­hi­gen Zei­ten wirk­sam gegen den immer mehr zuneh­men­den Ver­trau­ens­ver­lust der Insti­tu­tio­nen (nicht nur der euro­päi­schen) gear­bei­tet wer­den. Wie dies auch bei die­ser hoch kom­pli­zier­ten Mate­rie gelin­gen könn­te, beschreibt Müller:

Bevor wir wie­der natio­na­le Zug­brü­cken hoch­zie­hen, lohnt es sich, neue For­men der Demo­kra­tie aus­zu­pro­bie­ren. Es geht dar­um, die Glo­ba­li­sie­rung zu demo­kra­ti­sie­ren. Bür­ger­be­tei­li­gung kann ganz anders aus­se­hen, als das im klas­si­schen par­la­men­ta­ri­schen Sys­tem der Fall ist. So schlägt der bel­gi­sche His­to­ri­ker David Van Reyb­rouck vor, Bür­ger­aus­schüs­se ein­zu­rich­ten, bestehend aus einer reprä­sen­ta­ti­ven Grup­pe von Men­schen, die per Los­ver­fah­ren bestimmt wer­den. Ganz nor­ma­le Leu­te, die eine Zeit­lang dafür bezahlt wer­den, sich in ein kom­ple­xes Sach­pro­blem ein­zu­ar­bei­ten und sich auf eine ver­nünf­ti­ge Lösung zu eini­gen. Und die nicht dem belieb­ten Vor­wurf aus­ge­setzt sind, einer abge­ho­be­nen Eli­te anzugehören.

Sol­che – idea­ler­wei­se inter­na­tio­nal besetz­ten – Bür­ger­aus­schüs­se könn­ten künf­tig Exper­ten­gre­mi­en zur Sei­te ste­hen, wie jenen, die Ceta oder TTIP ver­han­deln. Sie wür­den zusätz­li­che Legi­ti­mi­tät in den Pro­zess brin­gen, könn­ten die Inter­es­sen von aller­lei Lob­by­is­ten zurück­drän­gen und womög­lich bes­se­re Ergeb­nis­se erzie­len, als bis­lang mög­lich ist.Quel­le: Ceta und TTIP: Bür­ger soll­ten an Ver­hand­lun­gen betei­ligt wer­den – SPIEGEL ONLINE | LINK

Es bringt wenig, jetzt dar­über zu lamen­tie­ren, wer die Schuld an der Ent­wick­lung trägt und wie gefähr­lich die Wir­kun­gen (rech­ter Popu­lis­mus, Natio­na­lis­mus) für die Euro­päi­sche Uni­on bzw. Euro­pa sind: Es ist höchs­te Zeit, Refor­men in der EU in Angriff zu neh­men und sie auch zügig umzusetzen.

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.
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