Der einzige Moment des Tages, an dem ich mich als 63jähriger fühle, ist früh morgens, wenn ich mich gerade aus dem Bettchen geschält habe. Wobei der Begriff „früh morgens“ als Variable zu verstehen ist.
Ansonsten fühle ich mich wie die 61 % aus der weiter unten gezeigten statistischen Auswertung. Ich gebe es zu, ich glaube, jünger auszusehen und dass sich das auch auf mein Auftreten und Verhalten auswirkt. Als ich noch berufstätig gewesen bin, kam es häufig vor, dass Kolleginnen oder Kollegen mich erheblich jünger geschätzt haben. Das kann auch gelogen gewesen sein. Aber wer will das schon immer so genau wissen?
Sehr interessant finde ich, dass die körperliche Fitness bei den Gründen eine untergeordnete Bedeutung hat. Wenn es mir gesundheitlich mal nicht so gut geht, fühle ich mich älter. Dafür reicht sogar ein Kater nach einer durchzechten Nacht, die es zugegebenermaßen nur noch sehr selten gibt.
Ich spreche regelmäßig mit meiner Schwiegermutter (92) darüber, wie es ihr gerade geht. Sie kann sich, jung wie sie sich fühlt, mit der Malaise, die ihr der Körper zumutet, nicht wirklich abfinden. Sie sagt, dass sie sich nicht wie 92 fühlt.
Vor kurzem empörte sie sich darüber, dass ihr schmerzender kleiner Finger doch wohl nicht schon auf Rheuma zurückzuführen wäre.
Von montags bis donnerstags kommt morgens der Pflegedienst. Die Mädels sind immer ganz begeistert davon, wie beweglich Mutter ist. Diese Beweglichkeit ist zwar beschränkt auf die bei der Pflege notwendigen Drehungen im Bett. Aber immerhin. Laufen kann sie seit ihren Krankenhausaufenthalten im letzten Jahr leider nicht mehr. Aber wir haben es geschafft, dass sie täglich ein paar Schritte am Rollator macht. So 30 bis 45 Minuten mit kleinen Pausen schafft sie schon. Leider kommt sie nicht mehr die Treppe herunter. Sie vermisst die Bewegung, das Spazierengehen, an der frischen Luft. Bei schönem Wetter verbringt sie deshalb fast den ganzen Tag auf dem Balkon – wenn es nicht zu heiß ist.
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Was tun, um sich jung zu fühlen?
Das Thema ist zwar in dieser Auswertung nicht separat erwähnt. Aber ich halte es für wichtig. Die Frage ist, ob sich nicht auch viele Leute neue Lebenspartner suchen, um hierdurch „das gefühlte Alter nach hinten„ zu verschieben?
Bei solchen Fragen kommt meine konservative Grundhaltung zum Vorschein. Ich kriege es glatt mit der Angst zu tun, wenn ich nur daran denke, dass meine Ehe irgendwann beendet sein wird.
Und dabei denke ich keine Sekunde darüber nach, dass meine Frau einen anderen Partner finden könnte. Nein, es ist keine Naivität, sondern einfach Vertrauen. Diese Art von „Neuanfang“, ein neuer Partner, wäre für mich unvorstellbar. Das war so nach 20, nach 30 und nach 40 Ehejahren schon gar nicht mehr.
Beruf
Eine berufliche Neuorientierung kann in bestimmten Lebenslagen ein guter Schritt sein.
Aber auch hier kann ich nicht mitsprechen, denn ich habe meine 48 Berufsjahre in fünf Unternehmen (einschließlich Ausbildung) verbracht. Klar weiß ich, dass heute andere Erwartungen gestellt werden. Gleichzeitig reden wir in diesen Zusammenhängen von Brüchen in unseren Erwerbsbiografien. Ich verbinde mit solchen Begriffen stets ein Gefühl der Unsicherheit. Wer braucht denn sowas?
Als Chance habe diese Art von Veränderungen selbst nie betrachtet. Eher als Schicksalsschlag. Heute sind Auslandsaufenthalte und schnelle Jobwechsel, wie es den Anschein hat, zum Qualitätsnachweis aufgestiegen.
Die Politik redet davon, dass angesichts der demografischen Entwicklung im Land ein späteres Renteneintrittsalter unerlässlich ist. Ich kann das rational nachvollziehen.
Dass jedoch fast 1/3 der Befragten (s. Umfrage) trotz drohender finanzieller Einbußen vor dem normalen Renteneintrittsalter in Rente gehen wollen, ist doch höchst bemerkenswert. Es macht IMHO deutlich, wie schlecht die Verbindung vieler Menschen mit ihrer Arbeit, ihren Arbeitgebern, inzwischen funktioniert.
Mein Ziel war es, nach den von mir als sehr hart empfundenen letzten acht Arbeitsjahren, mich frühestmöglich in die Rente zu verabschieden. Ich wusste, finanziell würde das für uns kein Problem werden, weil ich (subjektiv!) nie schlecht verdient habe. Jetzt wird häufig von der bevorstehenden Altersarmut gesprochen. Meine Generation hat wohl noch Glück gehabt!
Ob die betroffenen ca. 20 % der Menschen dann noch von sich sagen können, dass sie sich jünger fühlen als sie sind?
Ich mal wieder.
Ganz merkwürdig, daß sich eine Mehrheit jünger fühlt, als sie tatsächlich ist.
Ich mit meinen 63 werde oft deutlich jünger eingeschätzt, aber ich gebe wenig darauf. Wenn ich tatsächlich so wirken sollte, na dann!
Wichtig ist mir meine Fitness – und die stimmt. Ich spüre, das alles „noch passt“, auch der Appetit.
Wenn körperliche Malaisen auf mich zukämen, dann wüsste ich nicht, ob ich mich nicht doch fallen lassen würde. Das gnädige Aufgeben ehemals Gekonntem habe ich kaum geübt. Gerade Bewegung ist mir sehr wichtig.
Soweit.
Bei FB schrieb jemand: „Man ist so alt wie man sich fühlt“. Diese Kurzformel trifft es zwar. Aber die äußere Wahrnehmung, die von anderen kann schon auch helfen, sich besser zu fühlen 🙂
Meine Fitness hat sich leicht verbessert, weil mein Abnehmprogramm den täglichen strammen Spaziergang enthält. Deine Empfehlung! Das geht gut und bekommt mir.
Ich brauche gar nicht mal eine gesundheitliche Krise, um „mich fallen zu lassen“. Mein innerer Schweinehund ist extrem stark. Aber bisher halte mich – trotz Grillsaison. Die Waage zeigt immer noch – wenn auch langsam – einen leicht abnehmenden Trend. Ich bin damit zufrieden. Auch wenn ich längst noch nicht da angekommen bin, wo ich gern hin möchte.
LG Horst
Hier mal eine Reihe interessanter Tests, die die unbewusste Einstellung zu verschiedenen Themen zeigen sollen, darunter auch das ALTER.
https://implicit.harvard.edu/implicit/germany/
Ich wundere mich manchmal, dass ich ernsthaft über 60 bin – aber ohne mich einem bestimmten anderen Lebensalter zuzuordnen. Das liegt vermutlich daran, dass meine/unsere Vorstellungen von den Lebensaltern durch die eigenen Eltern und Großeltern geprägt sind – und die waren nun mal in jedem Lebensalter ziemlich anders als die nachfolgenden Generationen im entsprechenden Alter.
So „erwachsen“ wie die Altvorderen schon in jungen Jahren wirkten… ein Riesenunterschied zu heute!
Ja, das stimmt. Auf der anderen Seite habe ich manchmal auch das Gefühl, dass die jungen Leute von heute viel reifer und erwachsener sind als ich es in „meiner Zeit“ war.