Ohne Englisch läuft fast nichts mehr

HS230625

Horst Schulte

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Eben las ich, dass 64% der Arbeit­neh­mer in Deutsch­land 2 – 3 x in der Woche ihre Fremd­spra­chen­kennt­nis­se benut­zen. Eng­lisch ist dabei mit Abstand die meist­ge­spro­che­ne Fremd­spra­che. Der pro­zen­tua­le Anteil beträgt über 97%.

Ich kann immer noch kein Eng­lisch. Aber ich hat­te einen Job, in dem es im Lauf der Jah­re immer schwie­ri­ger wur­de, sich ohne Eng­lisch zu behaup­ten. Dabei spiel­te die Inter­na­tio­na­li­sie­rung eine weni­ger gro­ße Rol­le als die Eigen­ar­ten man­cher Mana­ger. Viel­leicht, weil sie glaub­ten, dass es chic sei, im Unter­neh­men wenigs­tens zu bestimm­ten Anläs­sen kein Deut­sche zu spre­chen. Wäre ja lang­wei­lig. Vor allem natür­lich dann, wenn man selbst aus einem inter­na­tio­nal Geschäfts­um­feld in die Pro­vinz gewech­selt war.

Ich will es nicht klein­re­den. Ohne Eng­lisch geht auch in den Unter­neh­men fast nichts mehr, die ihre Umsät­ze nicht haupt­säch­lich im Export­ge­schäft machen. Kei­ne Fra­ge, ins­be­son­de­re die Leu­te, die Kun­den­kon­takt haben oder die mit aus­län­di­schen Filia­len in Kon­takt ste­hen, Eng­lisch als Fremd­spra­che ist Voraussetzung.

Zuhau­se kom­me ich klar. Ich kann ver­lang­samt eng­lisch­spra­chi­ge Tex­te lesen und zwar sogar dann, wenn sie tech­ni­sche Sach­ver­hal­te ent­hal­ten. Denn hier hab ich Zeit und ich kann einen Trans­la­tor zur Hil­fe neh­men. Außer­dem muss ich kein eng­lisch spre­chen. Kei­ner, der einen Blog selbst hos­tet und soviel dar­an her­um­wer­kelt wie ich, wird ganz ohne Eng­lisch auskommen.

Wenn aller­dings Kol­le­gen ins Büro kamen mit denen ich mich hät­te in Eng­lisch ver­stän­di­gen müs­sen, war ich auf­ge­schmis­sen. Mir war das ein ums ande­re Mal regel­recht peinlich.

The­ma lebens­lan­ges Ler­nen: Jou, ich hät­te auch mit über 40 und auch spä­ter noch Eng­lisch ler­nen sol­len. Mein Schwa­ger ist mit Mit­te 60 dabei und schlägt sich her­vor­ra­gend. Aber ich habe es ver­säumt. Mir fehl­te der Schwung oder wie immer man der­ar­ti­ge Träg­hei­ten sonst nen­nen möchte.

Ins kalte Wasser? Nicht mit mir.

Ein­mal rief mein Chef mich an, weil er sich durch einen Stau auf der Auto­bahn ver­spä­ten wür­de. Ich woll­te ihn bis zu sei­ner Ankunft bei einer Kon­fe­renz ver­tre­ten. Das The­ma der Kon­fe­renz kann­te ich. Aber ich wuss­te nicht, dass dort auf­grund der Teilnehmer/​innen aus­schließ­lich eng­lisch gespro­chen wur­de. Zum Glück habe ich das noch vor dem Start erfah­ren und tele­fo­nisch einen Kol­le­gen gebe­ten, für mich in die Bre­sche zu sprin­gen. Das war nötig und die­se Lösung stell­te für kei­nen ein Pro­blem dar. Also auch nicht für mich.

Regel­mä­ßig fan­den Ver­triebs­kon­fe­ren­zen statt, an denen zwi­schen 12 und 15 Teilnehmer/​innen anwe­send waren. Unser damals noch neu­er Chef (der Vor­stands­vor­sit­zen­de) hat­te aus­drück­lich dar­um gebe­ten, dass spe­zi­ell bei die­ser Ver­an­stal­tung eng­lisch gespro­chen wird. In mei­ner Posi­ti­on habe ich eng mit ihm zusam­men­ge­ar­bei­tet und habe bei Gele­gen­heit die Sinn­haf­tig­keit die­ser Maß­nah­me infra­ge gestellt. 🙂

Schließ­lich, so mein Argu­ment, konn­te nur einer der Kol­le­gen kein Deutsch. Angeb­lich! Er war mit einer deut­schen Frau ver­hei­ra­tet, so dass ich den­ke, dass er bes­ser Deutsch als ich Eng­lisch konn­te. Es hat nichts genützt.

Die Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen wuss­ten von mir, dass ich kein Eng­lisch sprach. Inso­fern war es für mich kein Pro­blem, immer wie­der dar­auf hin­zu­wei­sen. Pein­lich war das nicht. Aber läs­tig wars.

Der Clou die­ses Agree­ments war, dass er mich direkt (und zwar immer auf Eng­lisch) ange­spro­chen hat und ich ihm, sofern ich die Fra­ge über­haupt ver­stan­den hat­te, (immer auf Deutsch) geant­wor­tet habe. Und zwar sel­ten ohne ihn dar­an zu erin­nern, dass ich immer noch kein Eng­lisch könn­te. Er ver­zog die Mund­win­kel. Mehr kam da nicht.

Es war einer der Grün­de dafür, dass ich frü­her aus dem Beruf aus­ge­stie­gen bin. Ich habe das auch gesagt. Zum Glück gab es die Ren­te mit 63 und nach 47 Berufs­jah­ren war der Vor­gang ziem­lich easy. Die woll­ten mich wohl auch los­wer­den. Kein schö­nes Gefühl aber über sol­che Din­ge darf man sich nichts vor­ma­chen. Dass mir sowas aus­ge­rech­net im letz­ten Job pas­sie­ren muss­te, war aber schon ein biss­chen doof.

Die­je­ni­gen, die die­sen Text lesen, wer­den ver­mut­lich Eng­lisch kön­nen. Inso­fern wer­den sie mei­ne Nöte kaum oder gar nicht nach­voll­zie­hen kön­nen. Das alles war wirk­lich nicht wit­zig. Wit­zig war aber, dass sich wäh­rend der Über­ga­be an einen Kol­le­gen in den letz­ten Wochen mei­ner Tätig­keit her­aus­stell­te, dass auch die­ser – ich möch­te sagen – nicht ganz sat­tel­fest auf Eng­lisch par­lie­ren konn­te. Das war aber dann nicht mehr mein Problem.

Ich habe übri­gens letz­te Nacht von die­sem Mist geträumt. Ob das wohl bedeu­tet, dass der Kram unbe­wäl­tigt ist?

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

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