Hamed Abdel-​Samad hält Merkel Konzeptlosigkeit vor

stroke="currentColor" stroke-width="1.5" stroke-linejoin="round" stroke-linecap="round" /> Keine Kommentare

Er ist so groß­ar­tig, die­ser Hamed Abdel-​Samad. Und das, obwohl er doch von da kommt, wo die her­kom­men, die wir hier eigent­lich gar nicht wollen.

Die ande­re Kultur, die Einstellung zu Frauen, kei­ne Gleichberechtigung, der Ramadan und so. Ach, ihr wisst schon.

Ja! Er ist bei­na­he so toll wie sein Busenfreund, Welt-​Autor, Henryk M. Broder.

Fast nur Positives steht in den Kommentarspalten der Artikel, die von ihm oder ande­ren Gegnern Feinden des Islam geschrie­ben wer­den. Wer in die­sen Zeiten etwas Kritisches über Erdogan schreibt oder über die Aktion der bei­den tür­kisch­stäm­mi­gen deut­schen Nationalspieler, ist der Applaus der Kritiker sicher. Es ist so leicht gewor­den, Menschen auf­grund ihrer Religion und ihrer Herkunft zu kri­ti­sie­ren und oft genug auch krass zu diffamieren.

Natürlich kann sich kein Politiker den Realitäten im Land und den seit 2015 gewon­ne­nen Einsichten ent­zie­hen. Keiner kann das. Aber ist es nicht ein biss­chen unter­kom­plex, zu behaup­ten, die Morde und ande­ren Verbrechen, die von Flüchtlingen began­gen wur­den, hät­ten ver­mie­den wer­den kön­nen, wenn wir nur die Grenzen dicht gemacht und den Hunderttausenden von Menschen nicht gehol­fen hätten?

Wie hät­te denn die­ses „Konzept”, das Abdel-​Samad in sei­nem Facebook-​Artikel bei Merkel ein­klagt, kon­kret aus­se­hen sollen?

Ey, Leute. Passt mal auf. Es könn­te sein, dass unter den vie­len Menschen, die als Flüchtlinge hil­fe­su­chend zu uns gekom­men sind, auch Terroristen, Mörder und Vergewaltiger sind. Das ist nicht zu ver­mei­den, wenn so vie­le Menschen aus allen mög­li­chen Regionen und Ländern der Welt zu uns kom­men. Es ist logisch, dass sich dar­un­ter auch böse Menschen befin­den. Vielleicht hät­te Merkel noch gesagt, dass der Staat alles dafür tun wird, uns vor sol­chen Erfahrungen mit bösen Menschen zu schüt­zen und, falls die Verbrechen den­noch pas­sie­ren soll­ten, die­se bösen Menschen vor Gericht zu stel­len, ins Gefängnis zu ste­cken und danach auch prompt wie­der nach Hause zu schicken.

Das konn­te ohne die­se Aufklärung ja schließ­lich echt kei­ner erwar­ten. Außer natür­lich die­je­ni­gen, die es schon immer wuss­ten. Da fal­len mir auch ne Menge Leute ein. Allen vor­an natür­lich rech­te Blogger, Pegida und die AfD. Die wuss­ten schon immer, was alles schlecht ist. Blöd nur, dass die über­haupt kei­ne Ahnung davon haben, was im Land oder auf der Welt über­haupt noch gut ist. Alles Scheiße, außer Trump.

Wäre dann alles gut, wenn Merkel wenigs­tens sowas gesagt hät­te? Oder sind die Vorstellungen, die in den kras­sen Verallgemeinerungen ste­cken und die wir tag­täg­lich – nicht nur im Internet – um die Ohren bekom­men, nicht in Wahrheit ans Licht drän­gen­de, tief­sit­zen­de Vorurteile und Ressentiments? Der Hang zur Verallgemeinerung zeigt das ganz deut­lich. Der Funke, das „raus­zu­las­sen”, wur­de von der rechts­extre­men AfD gezün­det, nicht von Angela Merkel!

[symple_​box color=„green” fade_in=„true” float=„center” text_align=„left” width=„”]Abdel-Samad hat in sei­nem Facebook – Post knapp und zuge­spitzt eine Haltung for­mu­liert, die mich abge­sto­ßen hat. Aber ist mein Text im Kern eigent­lich nicht eben­so kri­tisch? Merkt man ihm nicht auch mei­ne Zerrissenheit in die­ser Frage deut­lich an? Was denkt Ihr?[/symple_box]

Der auch hier wie­der anklin­gen­de Vorwurf, Merkel habe weder das Parlament in ihre Entscheidung ein­ge­bun­den noch die euro­päi­schen Partner, ist zumin­dest teil­wei­se nicht über­zeu­gend, denn dürf­ten wir ernst­haft davon aus­ge­hen, dass die Entscheidungen gewis­ser EU-„Partner”-Länder in die­ser Frage anders, also für Deutschland ent­las­tend, aus­ge­fal­len wäre, hät­te Merkel sie damals in ihre Grenzöffnungsentscheidung einbezogen?

Will mir ernst­haft jemand erzäh­len, dass die Briten (in ihrem komi­schen Zwiespalt), ein Victor Orban, Jaroslaw Kaczynski, Sebastian Kurz oder wie die popu­lis­ti­schen „Merkel-​Fans” in Europa sonst hei­ßen, ihre Grenzen-​zu-​Politik anders aus­ge­stal­tet hät­ten? Ich hal­te das für kaum vorstellbar.

Aber was hät­te Merkel getan, wenn das Parlament und eini­ge der euro­päi­schen Partner sich gegen die Hilfe für die Menschen aus­ge­spro­chen hät­ten? Hätte sich Deutschland in die­ser von ihren Gegnern mit flot­tem Strich gezeich­ne­ten ande­ren Szenerie bes­ser behaup­tet, als dies – übri­gens auch im Verhältnis zu dem Idioten Trump – heu­te der Fall ist? Ich kann es mir nicht vor­stel­len. Irgendeiner muss­te die Verantwortung über­neh­men. Sehr wahr­schein­lich hät­te Merkel es nicht getan, wenn sie die Folgen für unse­re Gesellschaft anti­zi­piert hätte.

Heute behaup­ten so vie­le, es schon damals gewusst zu haben, dass mich allein die Anzahl die­ser Leute an ihrer Wahrheitsliebe zwei­feln lässt. Ich war froh dar­über, dass Deutschland sich von die­ser guten Seite gezeigt hat. Und ich habe mei­ne Positionen inzwi­schen kor­ri­giert. Aber eben auch nicht die grund­sätz­li­che Bereitschaft, ande­ren Menschen zu helfen.

Was ich nicht ver­ste­he und wofür Merkel schon die Verantwortung trägt, ist, dass sie ange­sichts der Spannungen im Land die Grenzen nicht inzwi­schen geschlos­sen hat. Dass wir immer noch Personen ohne Ausweispapiere über die Grenze las­sen, weil sie „Asyl” sagen kön­nen, obwohl wir doch wis­sen, dass sie wegen die­ser feh­len­den Papiere spä­ter nicht abge­scho­ben wer­den kön­nen, ist ein Paradox. Merkel erklärt ihre Politik höchs­tens in gro­ben Zügen. Keiner ver­steht sie mehr. Sie sagt, dass sie die Grenzen nicht schließt, nicht schlie­ßen kön­ne. Dabei gibt es an der öster­rei­chi­schen Grenze seit Langem Kontrollen. Das zeigt doch, dass dies sehr wohl mög­lich wäre. Merkel geht nicht auf die Widersprüche ein, von einer Erklärung ganz zu schweigen.

Wenn Hamed Abdel-​Samad für mei­ne Ohren reich­lich abschät­zig unter­stellt, dass Merkel die Grenzen nach Österreich geöff­net hät­te, weil sie „emo­tio­nal ergrif­fen” gewe­sen sei. Hat nicht zuletzt das aus die­sen Kreisen oft genug gelob­te Buch von Robin Alexander belegt, dass es eher sehr ratio­na­le Gründe waren, die zur Grenzöffnung führ­ten? Die Bevölkerung soll­te doch von „schlim­men Bildern” an geschlos­se­nen Grenzen ver­schont blei­ben. Ich wür­de sagen, die­se Darstellung passt bes­ser zu Angela Merkel als von emo­tio­na­ler Ergriffenheit auszugehen.

Von Regierungschefs wün­sche ich mir ver­ant­wort­li­ches Handeln – selbst dann, wenn der Preis im Fall des Scheiterns sehr hoch gewe­sen wäre. Ich erin­ne­re mich an Helmut Schmidt und die Befreiungsaktion von Mogadischu und im Fall Hanns Martin Schleyer.

Welcher aktu­el­le Politiker wür­de heu­te noch so handeln?

Mit der Silvesternacht in Köln habe ich mei­ne Einstellung zum ers­ten Mal geän­dert. Skepsis und die Sorge dar­über, ob die frei­zü­gi­ge Aufnahme so vie­ler „Flüchtlinge” ver­ant­wort­bar gewe­sen ist. Damals gab es längst die Erkenntnis, dass sehr vie­le jun­ge Männer zu uns gekom­men waren und dass die Menschen von sehr unter­schied­li­chen Fluchtursachen ange­trie­ben waren. Leider reden wir dar­über immer noch, für wirk­lich sicht­ba­re Konsequenzen hat unse­re Regierung nicht gesorgt.

Weder die Täter von Köln wur­den ermit­telt, weil ja alles so schwie­rig war, zudem dun­kel und unse­re offi­zi­el­len Datenschützer kom­men nicht nur mit so was tol­lem wie der #DSVGO um die Ecke, son­dern sie weh­ren sich mas­siv gegen Kameras auf öffent­li­chen Plätzen. Dazu kommt, dass Grüne und Linke eigent­lich gar nicht abschie­ben wol­len. Die Linke grund­sätz­lich nicht, die Grünen zum Beispiel nicht in die Maghreb-​Staaten, obwohl die Asyl-​Anerkennungsquote von Menschen aus die­sen Ländern mini­mal ist.

Die Regierung hat das Asylrecht immer wei­ter ver­schärft. Die EU will die Zügel so fest anzie­hen, das Pro-​Asyl Alarm macht. Dobrindt wirft Unterstützern von Flüchtlingen vor, den Rechtsstaat zu sabo­tie­ren. Ich sehe es so, dass gera­de er in nicht in sol­chen Kategorien spre­chen soll­te. Schließlich hat­te er doch in sei­nem vor­he­ri­gen Amt als Verkehrsminister mit dem Rechtsempfinden vie­ler Bürger über­haupt kein Problem.

Es hat den Anschein, dass Merkels Regierung mit den Ursprungsländern der Menschen, die hier kein Asyl erhal­ten, stän­dig ver­han­delt. Leider aller­dings ohne sicht­ba­ren Erfolg. Oder war­um sonst sind die Quoten der Abschiebungen in die­sem Jahr rück­läu­fig gegen­über dem Vorjahr? Mit dem Bamf hat das jeden­falls wenig zu tun. Oder doch?! Schließlich stemmt sich die von Dobrindt so genann­te Asyl-​Industrie mit allen recht­li­chen Mitteln gegen die abge­lehn­ten Asylbescheide des Bamf. Dass die Erfolgsquote so irre hoch ist (40%) soll­te eigent­lich mehr zu den­ken geben, als die Vorkommnisse im Bremer Bamf. Aber das passt wie­der­um den Rechten und den sie unter­stüt­zen­den Medien nicht in den Kram. Sie rei­ten lie­ber dar­auf her­um, dass in ande­ren Fällen die Erfolgquote für Menschen extrem nied­rig ist. Das wären dann im Wesentlichen wie­der die besag­ten Maghreb-Staaten.

So tut halt auch in die­ser wich­ti­gen Frage jeder das, was die eige­ne Position am bes­ten stützt.

Wie soll man in die­sem Klima erklä­ren, dass der Tod eines 14jährigen Mädchens, das zuvor ver­ge­wal­tigt wur­de, kein Anlass für eine Schweigeminute im Bundestag ist? Indem man den „Trauernden” vor­wirft, sie wür­den den Tod eines Menschen für ihre poli­ti­sche Gesinnung instru­men­ta­li­sie­ren? Wir sehen, wel­che absur­den Scharmützel sich aus die­ser Konfrontation entwickeln.

Anfang der 1990er Jahre wur­den das Asylrecht zum ers­ten Mal geschlif­fen. Heute hat es mit sei­ner ursprüng­li­chen Ausrichtung kaum mehr etwas gemein­sam. Und die EU wird auf­grund ihrer poli­ti­schen Erfolglosigkeit und Zerrissenheit dafür sor­gen, dass es wei­ter aus­ge­höhlt wird. Mit ande­ren Worten, die Nationalisten und Menschenfeinde hier und über­all in Europa wer­den gewin­nen. Soviel ist sicher.

Merkel för­dert, soweit ich es sehe, alle Asylrechts-​Verschärfungen. Wie es ihre Art ist, geht sie in klei­nen Schritten vor­an und höhlt ange­sichts des gro­ßen öffent­li­chen Drucks die­sen ehe­mals immer hoch­ge­hal­te­nen Wert aus.

Die Rechten haben wie­der, wie zu Beginn der 1990er Jahre, gewon­nen. Getreu ihrer ewi­gen Devise: Deutschland den Deutschen. Witzig, dass ein gebür­ti­ger Ägypter sei­ne Fähigkeiten und sei­ne Reichweite dazu nutzt, genau die­sen Nationalismus zu forcieren.Ich emp­fin­de sei­ne Hetze gegen Muslime näm­lich als Unterstützung der Rechten. Dabei ver­mu­te ich, dass er das weit von sich wei­sen würde.

Was denkt sich Hamed Abdel-​Samad, wenn bei Merkel ein­for­dert, einen Umgang mit „die­sem Phänomenen” zu fin­den? Sein per­sön­li­cher Kampf gegen den Islam, den ich teil­wei­se schon nach­voll­zie­hen kann (auch aus Gründen sei­ner Biografie), erhält damit eine unschö­ne Note.

Mir ist klar, wohin die Reise nach Meinung der­je­ni­gen gehen soll, die seit lan­ger Zeit Muslime aller Schattierungen zum Teufel wün­schen. Das spricht nie­mand aus, aber am liebs­ten wäre es den Rechten doch, alle Muslime wür­den Deutschland ver­las­sen. Und die Stimmung ent­wi­ckelt sich. Jedenfalls emp­fin­de ich es so.

So, wie vie­le bei Flüchtlingen (mit ver­schie­de­nem Status) nicht dif­fe­ren­zie­ren wol­len, wenn es um Taten von Mördern und Vergewaltigern geht, so will Abdel-​Samad längst nicht mehr zwi­schen Muslimen unter­schei­den. Er wirft alles in einen Topf, ver­tritt in vie­len Diskussionsrunden eine har­te Linie. Er hat immer Recht und bei uns kriegt er brei­te Unterstützung – nicht nur von Rechtsextremisten.

Viele haben Angst um ihre Kinder. Mit Statistik darf denen kei­ner kom­men. Abgesehen mal davon, dass Fakten ohne­hin in wei­ten Kreisen als über­be­wer­tet gelten.

Ängstliche Menschen, soll­ten wir gelernt haben, hören gern auf die, die ein­fa­che Lösungen anbie­ten. Wir hören damit auf, so schreck­li­che Dinge wie den Mord an dem 14jährigen Mädchen und die weni­ge Tage spä­ter fol­gen­de mut­maß­li­che Vergewaltigung einer 25jährigen Frau durch einen 23jährigen syri­schen Flüchtling ins Verhältnis zu unse­ren Lebenserfahrungen zu set­zen, wir ver­all­ge­mei­nern und tun so, als könn­te man der­ar­ti­ge Verbrechen dadurch ver­hin­dern, dass man die Flüchtlinge an unse­ren Grenzen abwehrt. Keiner erin­nert sich, in der Zeitung oder im Internet davon erfah­ren zu haben, dass auch Einheimische Verbrechen bege­hen. Es zäh­len nur noch die, die von „DENEN” ver­übt wer­den und ent­spre­chend grob­schläch­tig sind die Antworten dann auch.


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