Sprachlosigkeit ist nicht das Problem

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Wie kön­nen Menschen ande­ren unter­stel­len, sie fän­den Verbrechen nicht abscheu­lich und ver­stö­rend? Und war­um ist es wich­tig, woher ein Täter kommt? 

Welche Motivation haben Menschen, Daten über Kriminalfälle zu sam­meln und dazu Techniken wie das Geotagging ein­zu­set­zen und die so auf­be­rei­te­ten Informationen einer mög­lichst brei­ten Öffentlichkeit zur Verfügung zu stel­len? Und war­um macht die Tagesschau sowas nicht? Letztere war eine rhe­to­ri­sche Frage.

Denn alle wis­sen, woher der Wind weht, wenn über die Facebook- und Twitter-​Kanäle ein neu­es Verbrechen, began­gen von einem „so genann­ten” Flüchtling, zügig und breit gestreut wird. Selbst auf die „Gefahr” hin, dass der Informationsgehalt gegen NULL geht. 

Es geht nie um Informationen, son­dern ganz über­wie­gend um klein­geis­ti­ge Desinformation, die nichts­des­to­we­ni­ger in höchs­tem Maße sub­ver­si­ven Charakter hat. 

Dieser Ehrgeiz erfasst jene Leute bezeich­nen­der­wei­se nur dann, wenn es sich bei den mut­maß­li­chen Tätern um Flüchtlinge oder Ausländer han­delt. Wieso ist es so rele­vant, wer Verbrechen began­gen hat? 

Die Antwort ist leicht: weil das poli­ti­schen Profit bringt. An die­ser „Technik” haben lan­ge vor der AfD ande­re rech­te Gruppen und Blogs erfolg­reich gear­bei­tet. Rechtsextreme Blogs wie PI-​News haben irgend­wann Anfang des Jahrtausends damit begon­nen, bei allen sich bie­ten­den „Gelegenheiten” mit dem Finger auf Fremde zu zei­gen. Was gelo­gen oder erfun­den war, inter­es­sier­te die­je­ni­gen, die die­sen Leuten auf den Leim gin­gen, schon damals kaum. Es waren die Nachrichten, die die­se Leute hören woll­ten. Fake News kamen damals in Mode. Nur tru­gen sie noch nicht die­sen heu­te popu­lä­ren Namen.

Landesgruppen – Tänzchen

Unter ande­rem der Vorsitzende der baye­ri­schen Landesgruppe, Dobrindt, hat sich ges­tern im Bundestag dar­über beklagt, dass nicht der Tod des 35jährigen Deutschen in Chemnitz im Mittelpunkt einer auf­ge­reg­ten Debatten gestan­den hät­te, son­dern die Ausschreitungen, die der Empörung der Chemnitzer Bürgerinnen und Bürger gefolgt ist. Ich kann Dobrindt nicht ernst neh­men. Sein Statement klingt ein­fach zu sehr nach Reflex. Viele Konservative haben plötz­lich ein Problem mit der Wortwahl, die Presseberichte nach dem „Chemnitzer Trauermarsch” von vie­len Medien eta­bliert haben. Angeblich gab es nichts von alle­dem. Und über­haupt. Der Mord an dem Deutschen wäre unter­ge­gan­gen in einer Empörungskampagne. Längst hal­ten sich Verschwörungstheorien, die beschrei­ben, dass die Übergriffe von Antifa-​Aktivisten aus­ge­gan­gen sein. Tenor: Seit wann grei­fen schwarz-​vermummte Rechtsradikale jüdi­sche Restaurants an? Mal nachdenken…

Doch! Ich weiß, dass es lin­ke Antisemiten gibt. 

Warum Politiker sol­che Spielchen spie­len muss ich nicht erklä­ren. Sie ver­ste­hen sowas als Chance, sich in den Vordergrund zu spie­len und sich bei ihren Wähler ins rech­te Licht zu rücken. 

Für Dorbrindt hät­ten sich dafür weit­aus bes­se­re Chancen dafür gebo­ten. Stattdessen hat er den VW – Skandal auf die­se pro­vo­zie­rend läs­si­ge und fahr­läs­si­ge Art und Weise „gema­nagt”.

Streit über Worte

Der Begriff Willkommenskultur ist längst nega­tiv besetzt. Es gibt Abwandlungen mit denen die­je­ni­gen, die sich ehren­amt­lich enga­giert haben, zu Vollidioten und Volksverrätern umfunk­tio­niert wur­den. Ja, es gibt inzwi­schen eini­ge Wörter, die in der poli­ti­schen Zuspitzung nach 2015 bes­ser gar nicht mehr benutzt wer­den. Mir wur­de kürz­lich in einer Diskussion vor­ge­wor­fen, ich sei ein Feind Deutschlands, weil ich die Flüchtlingspolitik Merkels unter­stüt­zen wür­de. Zugegeben, ich mag das von Rechten miss­bräuch­lich ver­ein­nahm­te Wort Patriotismus nicht, aber ich lie­be mein Land!

Setzen Sie sich in einer Diskussion mal für Toleranz oder poli­ti­sche Korrektheit ein. Es schei­nen kei­ne zwei Meinungen mehr zu existieren.

Viele behaup­ten heu­te, sie hät­ten schon im September 2015, spä­tes­tens nach Silvester 2015 gewusst, was auf Deutschland zukom­men und wie sehr die Migrationskrise unse­re Gesellschaft spal­ten wür­de. Die Verantwortlichen dafür muss­ten nicht lan­ge gesucht wer­den. Die Lüge, Merkel habe 2015 die Grenzen geöff­net, hält sich. Die, die dar­auf bestehen, las­sen sich auch nicht davon abbrin­gen. Sie wis­sen, dass sie sich die Deutungshoheit erkämpft haben. Sie füh­len sich schon als die siche­ren Sieger. Nur des­halb ist es mög­lich, dass ein Alexander Gauland und ande­re Scharfmacher der neu­en Rechten Ungeheuerliches von sich geben. Aber ein biss­chen haben wir uns an die­sen Zirkus ja auch schon gewöhnt. 

Das letz­te Umfrageergebnis auf Bundesebene stammt vom INSA – Institut. Es sieht die AfD jetzt bei 17,5 %. Die SPD ist 0,5 % klei­ner. Das bedeu­tet, dass die AfD seit der letz­ten Bundestagswahl rund 5 % hin­zu­ge­won­nen hat.

5 %! ent­spre­chen ca. 2 Millionen neu­en Wählern. Deutschland wird radikal!

Bald nach Beginn der Migrationskrise wur­den in Europa wie­der Grenzkontrollen ein­ge­führt. Sie sol­len es den Staaten wie­der ermög­li­chen, selbst dar­über zu ent­schei­den, wen sie ins Land las­sen. Begründet wird das auch damit, dass ein wirk­sa­mer Schutz der Außengrenzen bis­her nicht gewähr­leis­tet ist.

Schengenraum

Es hat­te 10 Jahre bedau­ert bis Schengen nach den ers­ten Verträgen von 1985 end­lich im Jahr 1995 in Kraft tre­ten konn­te. Die getrof­fe­nen Vereinbarungen funk­tio­nie­ren nicht! Auch die Schuld für die­se Tatsache, wird Angela Merkel zuge­wie­sen. Unbeteiligt war Deutschland am euro­päi­schen Debakel sicher nicht. Wie kalt­schnäu­zig haben wir gemein­sam mit den ande­ren Europäern weg­ge­hört, als Italien um Hilfe bat?

Durch den Schengen-​Raum exis­tie­ren die Grenzen zwi­schen euro­päi­schen Staaten nur auf Landkarten, da über 400 Millionen Bürgern aus 26 Mitgliedsstaaten die Freiheit ein­ge­räumt wird, sich ohne Pass- und Grenzkontrollen so wie in einem ein­zi­gen Staat frei sowohl inner- als auch außer­halb des Gebietes zu bewe­gen, da in allen Ländern die all­ge­mei­nen Rechte auf Reise- und Bewegungsfreiheit Gültigkeit haben.


Die exter­nen Grenzen des Schengen-​Raums sind ins­ge­samt 50.000 Kilometer lang, 80 Prozent davon ver­lau­fen im Wasser und 20 Prozent an Land.


Das Gebiet umfasst Hunderte von Flug- und Seehäfen, zahl­rei­che Übergangsstellen an den Landesgrenzen, ein Areal von 4.312.099 Millionen Quadratkilometern und eine Bevölkerungszahl von 419.392.429 Millionen Einwohnern.

Quelle

Der deut­sche Innenminister sag­te kürz­lich, die Migration sei die Mutter aller Probleme. Subtrahiert man alle poli­ti­schen Spitzfindigkeiten kann ich an die­ser Aussage gar nichts Anstößiges fin­den. Seehofer kann auch mal recht haben. Man muss dazu kei­ne Umfragen wäl­zen und die Rankings der Fragen unse­rer Tage deu­ten. Die eta­blier­te Politik hat schwe­re Fehler gemacht. Und das nicht nur in Deutschland.

Wichtiger als die Fehler, die im Zusammenhang mit der Migration gemacht wor­den sind, schla­gen aller­dings ande­re zu Buche. Ich glau­be, wir haben in den letz­ten Jahrzehnten suk­zes­si­ve beträcht­li­che Teile eines Grundvertrauens in wich­ti­ge Institutionen unse­rer Gesellschaften ver­lo­ren. Über den Vertrauensverlust habe ich an die­ser Stelle schon häu­fig geschrie­ben. Der Staat hat sich aus vie­len Bereichen zu stark zurück­ge­zo­gen und wenn die­ses „nur” in Form von Personalabbau geschah. Das Kredo der FDP vom schlan­ken Staat hat sei­ne Spuren hinterlassen.

Die Mutter aller Probleme

Seit 2015 haben nach Schätzungen ca. 1,5 Millionen Menschen in Deutschland Zuflucht gesucht. Die ursprüng­li­che Behauptung, dass über­wie­gend jun­ge Männer unter den Geflüchteten waren, hat sich inzwi­schen rela­ti­viert. Die Wahrnehmung vie­ler Leute hält mit die­sen Erkenntnissen aber nicht Schritt.

Das rührt wohl daher, dass Gruppen von jun­gen dun­kel­häu­ti­gen Männer im Straßenbild auf­fal­len. Ehepaare mit Kindern fal­len weni­ger auf als ins­be­son­de­re jun­ge Männer in Gruppen, die zu allen Tages- und Nachtzeiten in Erscheinung tre­ten. Nur ist das, wenn wir ehr­lich mit­ein­an­der sind, völ­lig unab­hän­gig von der Herkunft die­ser Menschen. Dass die jun­gen Männer, die als Flüchtlinge kamen, haupt­säch­lich unter sich blei­ben, weil sie noch kei­nen Anschluss, zum Beispiel kei­ne deut­schen Freunde gefun­den haben, dürf­te eigent­lich nicht über­ra­schend sein.

Ich hal­te es für glaub­wür­dig und nach­voll­zieh­bar, wenn Soziologen oder Kriminologen die gene­rell höhe­re Beteiligung von jun­gen Männern an Gewaltdelikten (unab­hän­gig von der Herkunft!) beto­nen. Viele wei­sen sol­che Hinweise empört zurück. Es passt nicht in ihr Weltbild oder es ist ihnen schlicht egal, wel­che Gründe es gibt. Schließlich ster­ben Menschen. 

Das geht sogar soweit, dass den Fachleuten vor­ge­hal­ten wird, sie sei­en par­tei­isch in dem Sinne, dass sie die „Wahrheit” ver­schwei­gen woll­ten, um Regierung und „Systemmedien” zu unter­stüt­zen. Auch hier zeigt sich der Vertrauensverlust.

Die Falle ist zugeschnappt! 

Gaulands Liste

Gauland trug bei sei­ner gest­ri­gen Rede im Bundestag eine Liste mit aktu­el­len Straftaten vor, die mut­maß­lich von Migranten began­gen wurden. 

Warum stel­len sich die Unterstützter die­ser rechts­ra­di­ka­len Partei nicht die Frage, wel­cher nor­ma­le Menschen eigent­lich auf die Idee kommt, akri­bisch fest­zu­hal­ten, wann und wo Migranten Straftaten bege­hen? Das tun Leute, deren Geschäftsmodell nur funk­tio­niert, indem sie Gesellschaften spal­ten. Aber nein halt! Es geht um den Nachweis, dass die Verbrechen, die von so genann­ten Flüchtlingen zulas­ten von Deutschen began­gen wer­den, kei­ne „Einzelfälle” sind, wie die „Systemmedien” und „Alt-​Parteien” stän­dig behaupten.

Faschismusvorwurf

Wer kann so von „Sorgen” um die Zukunft Deutschlands domi­niert sein, dass er zur Realisierung sei­ner Wünsche faschis­to­ide Methoden in Kauf nimmt? Oder weil er einer Statistik glaubt, die ande­ren Erkenntnissen grob wider­spricht und die dar­über hin­aus, mit der eige­nen Lebenserfahrung über­haupt nichts zu tun haben?

Ja, es gibt Vergewaltigungen und Morde, die von Geflüchteten began­gen wur­den. Jede Straftat ist furcht­bar und muss geahn­det wer­den. Das ist der Konsens, den wir brau­chen. Mehr nicht.

Es ist unver­ant­wort­lich, dass der deut­sche Staat Flüchtlinge, die bekann­ter­ma­ßen vor­be­straft waren, nicht längst abge­scho­ben hat und sei­ne BürgerInnen den Gefahren aus­setzt, die von sol­chen Leuten ausgehen.

Ich höre nur sel­ten etwas dar­über, dass einer der zustän­di­gen Behördenmitarbeiter für solch schwe­ren Fehler ver­ant­wort­lich gemacht wor­den wäre. Manche reden all­ge­mein von „Staatsversagen ” und der­glei­chen. Das ist nicht ausreichend.

Keine (kaum) Konsequenzen

Im Fall des Berliner Attentäters Anis Amri wur­de ein Untersuchungsausschuss im Bundestags ein­ge­setzt, um das Ausmaß und die Gründe für die fol­gen­schwe­ren Behördenfehler zu ermit­teln. Welche Konsequenzen wur­den gezo­gen? Lediglich der Berliner Polizeipräsident muss­te sei­nen Hut neh­men. Die Gründe dafür lagen aller­dings im unrühm­li­chen Handeln des LKA Berlin (Vertuschungsversuche im Fall Amri). Die Verantwortlichen wur­den ansons­ten, soweit ich das ver­fol­gen konn­te, nicht belangt. 

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Schaut man sich die Fälle der jün­ge­ren Vergangenheit an, stellt man fest, dass eini­ge der mut­maß­li­chen Täter wegen ein­schlä­gi­ger Delikte vor­be­straft waren. Merkel hat das ges­tern in ihrer Rede eben­falls kri­tisch erwähnt. Für mich war Merkels Statement von ges­tern wich­tig. Das wird die Rechten im Land auch nicht zufriedenstellen.

Datensammlungen der besonderen Art

Die Rechten kla­gen bei jedem von ihnen ein­ge­sam­mel­ten Verbrechen eines mut­maß­li­chen Migranten Angela Merkel an. Sie sagen, es sei­en Merkels Tote. Manche fas­sen die Vorwürfe wei­ter. Für die­se Leute sind alle Befürworter der libe­ra­len Flüchtlingspolitik ver­ant­wort­lich. Viele tönen, sie wer­den alle Verantwortlichen nach der „Machtergreifung” zur Verantwortung zie­hen. So stark ist das Selbstbewusstsein der Rechtsradikalen in Deutschlands schon gewachsen. 

Fremdenfeindlichkeit wird mit Argumenten begrün­det, die schlech­ter­dings kaum nicht zu wider­le­gen sind:


„Diese Menschen könn­ten noch leben, hät­te Merkel die Grenzen nicht geöff­net”. 

Abgesehen von dem zwar rich­ti­gen aber den­noch müden Einwand, dass die Grenzen seit 1995 nicht mehr geschlos­sen gewe­sen sind, was könn­te man dar­auf schon erwidern?

  • Wir sagen: unter den Hunderttausenden von Flüchtlingen befan­den sich schlech­te Menschen. (wie hilf­los klingt das!)
  • Sie sagen: es sind kei­ne Flüchtlinge
  • Sie sagen: soge­nann­te Flüchtlinge
  • Sie sagen: es kamen „ali­men­tier­te Messermänner” (Alice Weidel, AfD).

Menschen aus Kriegsgebieten und ande­ren Kulturkreisen kamen und haben wahr­schein­lich trau­ma­ti­sche Erfahrungen gemacht. Diese Wunden hei­len nicht schnell. Wen interessiert’s.

Ist es unpas­send – für man­chen sogar pro­vo­zie­rend -, trau­ma­ti­sche Erfahrungen oder die eth­ni­sche Herkunft als (Ausrede, Entschuldigung) Erklärungen für töd­li­che Gewaltanwendung anzu­füh­ren? Welche Situationen auch immer zu dem töd­li­chen Streit geführt haben mag, wir wol­len davon nichts wis­sen: wären die­se Menschen nicht hier, wür­den die Opfer noch leben.

Denn: Die kön­nen nicht ein­fach nach Deutschland kom­men (zu Mutter Merkel), unser Geld neh­men, unse­re Frauen ver­ge­wal­ti­gen und unse­re Männer abstechen! 

So ein ein­fa­ches Weltbild ist bequem, intel­lek­tu­ell ein biss­chen frag­wür­dig. Aber man kann sich so ein­rich­ten. Und immer mehr machen das auch.

Wieso soll­ten wir uns in die­sem hoch­zi­vi­li­sier­ten Land damit abfin­den, dass Mitbürger gera­de von den Menschen getö­tet wer­den, denen wir Schutz vor Krieg und Verfolgung bie­ten? Fragen Sie doch mal einen Flüchtling, wie er damit klar kommt, dass einer „sei­ner Leute”, viel­leicht ja sogar ein Landsmann, einen ande­ren Menschen im Streit ersto­chen hat.

Beeindruckt bin ich von Berichten aus Chemnitz aber auch aus ande­ren Städten. BürgerInnen erzäh­len, dass sie zu bestimm­ten Zeiten aus Angst nicht mehr in die (ihre) Stadt gehen. Der Subtext ist deut­lich: es geht um die Angst vor ver­ge­wal­ti­gen­den, mes­ser­ste­chen­den „so genann­ten” Flüchtlingen.

Die Idylle

Ach, wie idyl­lisch haben wir es hier in unse­rem Dorf. Auch hier gibt es Flüchtlinge und im Vergleich gar nicht mal so weni­ge. Sie woh­nen in eigens errich­te­ten Wohnhäusern, was auch hier nicht ganz wider­spruchs­los von­stat­ten ging. Viele der Flüchtlinge gehen zu Fuß oder fah­ren mit dem Rad. 

Es gibt Familien mit klei­nen Kindern, die mir auf­ge­fal­len sind. Sie machen gemein­sa­me Ausflüge mit den Rädern. Die Kinder fah­ren vor­aus, die Eltern fol­gen. Sie wir­ken ver­gnügt. Ich fra­ge mich, wie sie sich füh­len mögen – hier in die­sem frem­den Land und nach all dem, was sie viel­leicht in ihrer Heimat erlebt haben.

Das ist sen­ti­men­tal und vie­le mögen mei­ne Geschichte sogar empört als Schönmalerei zurück­wei­sen: Schon wie­der so ein Gutmenschengeplapper. 

Bei all dem Zoff ver­ges­sen wir hof­fent­lich nie, dass es Menschen sind, über die wir stän­dig spre­chen und strei­ten. Wie mögen sich Flüchtlinge in die­sen Zeiten füh­len? Können sie sich über­haupt zurecht­fin­den in unse­rer angeb­lich nach christ­li­chen Wertmaßstäben funk­tio­nie­ren­den „Leitkultur”? Wie stark wirkt der Hass auf sie, der ihnen von vie­len Deutschen offe­ner als zuvor auch gezeigt wird?

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Wir leben im 21. Jahrhundert und sind uns, obwohl die Menschheit näher bei­ein­an­der ist als je zuvor in der Geschichte, über den Begriff „Multikulti” total unei­nig, weil er durch ras­sis­ti­sche Ideologen aus­ge­plün­dert und ent­wer­tet wur­de. Menschen – egal, woher sie kom­men – haben mehr gemein­sam, als es rech­te Rattenfänger behaup­ten. Zum Glück wis­sen das die meis­ten auch. Die Menschheit ist eins, unab­hän­gig von Geschlecht, Hautfarbe, Religion, Herkunft oder ande­ren Kategorien.


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4 Gedanken zu „Sprachlosigkeit ist nicht das Problem“

  1. In vie­lem sprichst du mir aus der Seele! Dass du aber Seehofers Statement zustimmst, wun­dert mich ja schon. Migration ist nicht „die Mutter aller Probleme”, bloß weil es den Rechtsradikalen gelingt, mit den von dir zu recht kri­ti­sier­ten Methoden das Thema wei­ter im Fokus zu hal­ten. Migration betrifft sehr viel mehr Menschen als Flucht und Vertreibung – aber nicht mal redu­ziert auf die Flüchtlinge hät­te Seehofer recht. Da könn­te man auch sagen: die Falle ist zuge­schnappt, denn wer das akzep­tiert, hat die Sicht der Rechten übernommen. 

    „Mutter aller Probleme” ist für mich immer noch der ent­grenz­te Kapitalismus, der immer mehr an sei­nen Widersprüchen krankt und immer mehr Menschen in Armut oder zumin­dest Altersarmut stürzt. Seit die neo­li­be­ra­le Agenda ihre Siegeszüge fei­ert, ist Individualisierung, Entsolidarisierung, Abbau des Sozialstaats, Durchökonomisierung sämt­li­cher Lebensbereiche und Prekarisierung wach­sen­der Bevölkerunganteile an der Tagesordnung. 

    Erschreckend, wie tief das in die Psychen der Einzelnen hin­ein gewach­sen ist! Sieht man an vie­len Kommentarspalten, wo Statements wie „sel­ber schuld”, „Augen auf bei der Berufswahl” und die Abwehr jeg­li­chen Bezugs auf Gemeinwohl, Gerechtigkeit und Solidarität gang und gäbe sind. „Unterm Strich komm ich”, „Ich zuerst” und ähn­li­che Werbesprüche in den Zehnerjahren waren Ausdruck die­ses neu­en Geistes, der am Ende jede Menge Verlierer schafft. Und Verunsicherte, Verängstigte, die bereit­wil­lig ein­fa­che Weltbilder und geeig­ne­te Sündenböcke annehmen.

  2. Aber schau mal, nach neu­es­tem Politbaromater bekä­me die CDU 30 (-1), die SPD (+2), die GRÜNEN (+2) und die AFD MINUS ZWEI Prozent. Ist das nicht ein Lichtblick? Das wären im Wahlernstfall über eine Million Menschen, die sich anders beson­nen haben – doch sicher nicht, weil nie­mand mehr mit ihnen gespro­chen hat!
    Ich mache immer noch einen Unterschied zwi­schen den Anführern, Aufpeitschern, akti­ven Parteimitgliedern und irgend­wel­chen Wählern, die ihren Frust auf die­se Weise raus lassen…

  3. Ich habe gera­de die­se neu­en Werte vom Politbarometer gele­sen und bin ent­zückt. Das ist in der Tat ein Lichtblick. Das ist ein Anzeichen dafür, dass sich die Leute von den Plattheiten der Rechten nicht in dem Maße beein­dru­cken las­sen, wie ich es gefürch­tet habe. Aber eine Schwalbe macht noch kei­nen Sommer. Hoffentlich wird es ein Trend.

🧭 Wer anderen hilft, findet oft selbst den Weg.

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