Sprachlosigkeit ist nicht das Problem

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Wie kön­nen Men­schen ande­ren unter­stel­len, sie fän­den Ver­bre­chen nicht abscheu­lich und ver­stö­rend? Und war­um ist es wich­tig, woher ein Täter kommt? 

Wel­che Moti­va­ti­on haben Men­schen, Daten über Kri­mi­nal­fäl­le zu sam­meln und dazu Tech­ni­ken wie das Geotag­ging ein­zu­set­zen und die so auf­be­rei­te­ten Infor­ma­tio­nen einer mög­lichst brei­ten Öffent­lich­keit zur Ver­fü­gung zu stel­len? Und war­um macht die Tages­schau sowas nicht? Letz­te­re war eine rhe­to­ri­sche Frage.

Denn alle wis­sen, woher der Wind weht, wenn über die Face­book- und Twit­ter-Kanä­le ein neu­es Ver­bre­chen, began­gen von einem „so genann­ten“ Flücht­ling, zügig und breit gestreut wird. Selbst auf die „Gefahr“ hin, dass der Infor­ma­ti­ons­ge­halt gegen NULL geht. 

Es geht nie um Infor­ma­tio­nen, son­dern ganz über­wie­gend um klein­geis­ti­ge Des­in­for­ma­ti­on, die nichts­des­to­we­ni­ger in höchs­tem Maße sub­ver­si­ven Cha­rak­ter hat. 

Die­ser Ehr­geiz erfasst jene Leu­te bezeich­nen­der­wei­se nur dann, wenn es sich bei den mut­maß­li­chen Tätern um Flücht­lin­ge oder Aus­län­der han­delt. Wie­so ist es so rele­vant, wer Ver­bre­chen began­gen hat? 

Die Ant­wort ist leicht: weil das poli­ti­schen Pro­fit bringt. An die­ser „Tech­nik“ haben lan­ge vor der AfD ande­re rech­te Grup­pen und Blogs erfolg­reich gear­bei­tet. Rechts­extre­me Blogs wie PI-News haben irgend­wann Anfang des Jahr­tau­sends damit begon­nen, bei allen sich bie­ten­den „Gele­gen­hei­ten“ mit dem Fin­ger auf Frem­de zu zei­gen. Was gelo­gen oder erfun­den war, inter­es­sier­te die­je­ni­gen, die die­sen Leu­ten auf den Leim gin­gen, schon damals kaum. Es waren die Nach­rich­ten, die die­se Leu­te hören woll­ten. Fake News kamen damals in Mode. Nur tru­gen sie noch nicht die­sen heu­te popu­lä­ren Namen.

Landesgruppen – Tänzchen

Unter ande­rem der Vor­sit­zen­de der baye­ri­schen Lan­des­grup­pe, Dob­rindt, hat sich ges­tern im Bun­des­tag dar­über beklagt, dass nicht der Tod des 35jährigen Deut­schen in Chem­nitz im Mit­tel­punkt einer auf­ge­reg­ten Debat­ten gestan­den hät­te, son­dern die Aus­schrei­tun­gen, die der Empö­rung der Chem­nit­zer Bür­ge­rin­nen und Bür­ger gefolgt ist. Ich kann Dob­rindt nicht ernst neh­men. Sein State­ment klingt ein­fach zu sehr nach Reflex. Vie­le Kon­ser­va­ti­ve haben plötz­lich ein Pro­blem mit der Wort­wahl, die Pres­se­be­rich­te nach dem „Chem­nit­zer Trau­er­marsch“ von vie­len Medi­en eta­bliert haben. Angeb­lich gab es nichts von alle­dem. Und über­haupt. Der Mord an dem Deut­schen wäre unter­ge­gan­gen in einer Empö­rungs­kam­pa­gne. Längst hal­ten sich Ver­schwö­rungs­theo­rien, die beschrei­ben, dass die Über­grif­fe von Anti­fa-Akti­vis­ten aus­ge­gan­gen sein. Tenor: Seit wann grei­fen schwarz-ver­mumm­te Rechts­ra­di­ka­le jüdi­sche Restau­rants an? Mal nachdenken…

Doch! Ich weiß, dass es lin­ke Anti­se­mi­ten gibt. 

War­um Poli­ti­ker sol­che Spiel­chen spie­len muss ich nicht erklä­ren. Sie ver­ste­hen sowas als Chan­ce, sich in den Vor­der­grund zu spie­len und sich bei ihren Wäh­ler ins rech­te Licht zu rücken. 

Für Dorb­rindt hät­ten sich dafür weit­aus bes­se­re Chan­cen dafür gebo­ten. Statt­des­sen hat er den VW – Skan­dal auf die­se pro­vo­zie­rend läs­si­ge und fahr­läs­si­ge Art und Wei­se „gema­nagt“.

Streit über Worte

Der Begriff Will­kom­mens­kul­tur ist längst nega­tiv besetzt. Es gibt Abwand­lun­gen mit denen die­je­ni­gen, die sich ehren­amt­lich enga­giert haben, zu Voll­idio­ten und Volks­ver­rä­tern umfunk­tio­niert wur­den. Ja, es gibt inzwi­schen eini­ge Wör­ter, die in der poli­ti­schen Zuspit­zung nach 2015 bes­ser gar nicht mehr benutzt wer­den. Mir wur­de kürz­lich in einer Dis­kus­si­on vor­ge­wor­fen, ich sei ein Feind Deutsch­lands, weil ich die Flücht­lings­po­li­tik Mer­kels unter­stüt­zen wür­de. Zuge­ge­ben, ich mag das von Rech­ten miss­bräuch­lich ver­ein­nahm­te Wort Patrio­tis­mus nicht, aber ich lie­be mein Land!

Set­zen Sie sich in einer Dis­kus­si­on mal für Tole­ranz oder poli­ti­sche Kor­rekt­heit ein. Es schei­nen kei­ne zwei Mei­nun­gen mehr zu existieren.

Vie­le behaup­ten heu­te, sie hät­ten schon im Sep­tem­ber 2015, spä­tes­tens nach Sil­ves­ter 2015 gewusst, was auf Deutsch­land zukom­men und wie sehr die Migra­ti­ons­kri­se unse­re Gesell­schaft spal­ten wür­de. Die Ver­ant­wort­li­chen dafür muss­ten nicht lan­ge gesucht wer­den. Die Lüge, Mer­kel habe 2015 die Gren­zen geöff­net, hält sich. Die, die dar­auf bestehen, las­sen sich auch nicht davon abbrin­gen. Sie wis­sen, dass sie sich die Deu­tungs­ho­heit erkämpft haben. Sie füh­len sich schon als die siche­ren Sie­ger. Nur des­halb ist es mög­lich, dass ein Alex­an­der Gau­land und ande­re Scharf­ma­cher der neu­en Rech­ten Unge­heu­er­li­ches von sich geben. Aber ein biss­chen haben wir uns an die­sen Zir­kus ja auch schon gewöhnt. 

Das letz­te Umfra­ge­er­geb­nis auf Bun­des­ebe­ne stammt vom INSA – Insti­tut. Es sieht die AfD jetzt bei 17,5 %. Die SPD ist 0,5 % klei­ner. Das bedeu­tet, dass die AfD seit der letz­ten Bun­des­tags­wahl rund 5 % hin­zu­ge­won­nen hat.

5 %! ent­spre­chen ca. 2 Mil­lio­nen neu­en Wäh­lern. Deutsch­land wird radikal!

Bald nach Beginn der Migra­ti­ons­kri­se wur­den in Euro­pa wie­der Grenz­kon­trol­len ein­ge­führt. Sie sol­len es den Staa­ten wie­der ermög­li­chen, selbst dar­über zu ent­schei­den, wen sie ins Land las­sen. Begrün­det wird das auch damit, dass ein wirk­sa­mer Schutz der Außen­gren­zen bis­her nicht gewähr­leis­tet ist.

Schengenraum

Es hat­te 10 Jah­re bedau­ert bis Schen­gen nach den ers­ten Ver­trä­gen von 1985 end­lich im Jahr 1995 in Kraft tre­ten konn­te. Die getrof­fe­nen Ver­ein­ba­run­gen funk­tio­nie­ren nicht! Auch die Schuld für die­se Tat­sa­che, wird Ange­la Mer­kel zuge­wie­sen. Unbe­tei­ligt war Deutsch­land am euro­päi­schen Deba­kel sicher nicht. Wie kalt­schnäu­zig haben wir gemein­sam mit den ande­ren Euro­pä­ern weg­ge­hört, als Ita­li­en um Hil­fe bat?

Durch den Schen­gen-Raum exis­tie­ren die Gren­zen zwi­schen euro­päi­schen Staa­ten nur auf Land­kar­ten, da über 400 Mil­lio­nen Bür­gern aus 26 Mit­glieds­staa­ten die Frei­heit ein­ge­räumt wird, sich ohne Pass- und Grenz­kon­trol­len so wie in einem ein­zi­gen Staat frei sowohl inner- als auch außer­halb des Gebie­tes zu bewe­gen, da in allen Län­dern die all­ge­mei­nen Rech­te auf Rei­se- und Bewe­gungs­frei­heit Gül­tig­keit haben.


Die exter­nen Gren­zen des Schen­gen-Raums sind ins­ge­samt 50.000 Kilo­me­ter lang, 80 Pro­zent davon ver­lau­fen im Was­ser und 20 Pro­zent an Land.


Das Gebiet umfasst Hun­der­te von Flug- und See­hä­fen, zahl­rei­che Über­gangs­stel­len an den Lan­des­gren­zen, ein Are­al von 4.312.099 Mil­lio­nen Qua­drat­ki­lo­me­tern und eine Bevöl­ke­rungs­zahl von 419.392.429 Mil­lio­nen Ein­woh­nern.

Quel­le

Der deut­sche Innen­mi­nis­ter sag­te kürz­lich, die Migra­ti­on sei die Mut­ter aller Pro­ble­me. Sub­tra­hiert man alle poli­ti­schen Spitz­fin­dig­kei­ten kann ich an die­ser Aus­sa­ge gar nichts Anstö­ßi­ges fin­den. See­ho­fer kann auch mal recht haben. Man muss dazu kei­ne Umfra­gen wäl­zen und die Ran­kings der Fra­gen unse­rer Tage deu­ten. Die eta­blier­te Poli­tik hat schwe­re Feh­ler gemacht. Und das nicht nur in Deutschland.

Wich­ti­ger als die Feh­ler, die im Zusam­men­hang mit der Migra­ti­on gemacht wor­den sind, schla­gen aller­dings ande­re zu Buche. Ich glau­be, wir haben in den letz­ten Jahr­zehn­ten suk­zes­si­ve beträcht­li­che Tei­le eines Grund­ver­trau­ens in wich­ti­ge Insti­tu­tio­nen unse­rer Gesell­schaf­ten ver­lo­ren. Über den Ver­trau­ens­ver­lust habe ich an die­ser Stel­le schon häu­fig geschrie­ben. Der Staat hat sich aus vie­len Berei­chen zu stark zurück­ge­zo­gen und wenn die­ses „nur“ in Form von Per­so­nal­ab­bau geschah. Das Kre­do der FDP vom schlan­ken Staat hat sei­ne Spu­ren hinterlassen.

Die Mutter aller Probleme

Seit 2015 haben nach Schät­zun­gen ca. 1,5 Mil­lio­nen Men­schen in Deutsch­land Zuflucht gesucht. Die ursprüng­li­che Behaup­tung, dass über­wie­gend jun­ge Män­ner unter den Geflüch­te­ten waren, hat sich inzwi­schen rela­ti­viert. Die Wahr­neh­mung vie­ler Leu­te hält mit die­sen Erkennt­nis­sen aber nicht Schritt.

Das rührt wohl daher, dass Grup­pen von jun­gen dun­kel­häu­ti­gen Män­ner im Stra­ßen­bild auf­fal­len. Ehe­paa­re mit Kin­dern fal­len weni­ger auf als ins­be­son­de­re jun­ge Män­ner in Grup­pen, die zu allen Tages- und Nacht­zei­ten in Erschei­nung tre­ten. Nur ist das, wenn wir ehr­lich mit­ein­an­der sind, völ­lig unab­hän­gig von der Her­kunft die­ser Men­schen. Dass die jun­gen Män­ner, die als Flücht­lin­ge kamen, haupt­säch­lich unter sich blei­ben, weil sie noch kei­nen Anschluss, zum Bei­spiel kei­ne deut­schen Freun­de gefun­den haben, dürf­te eigent­lich nicht über­ra­schend sein.

Ich hal­te es für glaub­wür­dig und nach­voll­zieh­bar, wenn Sozio­lo­gen oder Kri­mi­no­lo­gen die gene­rell höhe­re Betei­li­gung von jun­gen Män­nern an Gewalt­de­lik­ten (unab­hän­gig von der Her­kunft!) beto­nen. Vie­le wei­sen sol­che Hin­wei­se empört zurück. Es passt nicht in ihr Welt­bild oder es ist ihnen schlicht egal, wel­che Grün­de es gibt. Schließ­lich ster­ben Menschen. 

Das geht sogar soweit, dass den Fach­leu­ten vor­ge­hal­ten wird, sie sei­en par­tei­isch in dem Sin­ne, dass sie die „Wahr­heit“ ver­schwei­gen woll­ten, um Regie­rung und „Sys­tem­me­di­en“ zu unter­stüt­zen. Auch hier zeigt sich der Vertrauensverlust.

Die Fal­le ist zugeschnappt! 

Gaulands Liste

Gau­land trug bei sei­ner gest­ri­gen Rede im Bun­des­tag eine Lis­te mit aktu­el­len Straf­ta­ten vor, die mut­maß­lich von Migran­ten began­gen wurden. 

War­um stel­len sich die Unter­stütz­ter die­ser rechts­ra­di­ka­len Par­tei nicht die Fra­ge, wel­cher nor­ma­le Men­schen eigent­lich auf die Idee kommt, akri­bisch fest­zu­hal­ten, wann und wo Migran­ten Straf­ta­ten bege­hen? Das tun Leu­te, deren Geschäfts­mo­dell nur funk­tio­niert, indem sie Gesell­schaf­ten spal­ten. Aber nein halt! Es geht um den Nach­weis, dass die Ver­bre­chen, die von so genann­ten Flücht­lin­gen zulas­ten von Deut­schen began­gen wer­den, kei­ne „Ein­zel­fäl­le“ sind, wie die „Sys­tem­me­di­en“ und „Alt-Par­tei­en“ stän­dig behaupten.

Faschismusvorwurf

Wer kann so von „Sor­gen“ um die Zukunft Deutsch­lands domi­niert sein, dass er zur Rea­li­sie­rung sei­ner Wün­sche faschis­to­ide Metho­den in Kauf nimmt? Oder weil er einer Sta­tis­tik glaubt, die ande­ren Erkennt­nis­sen grob wider­spricht und die dar­über hin­aus, mit der eige­nen Lebens­er­fah­rung über­haupt nichts zu tun haben?

Ja, es gibt Ver­ge­wal­ti­gun­gen und Mor­de, die von Geflüch­te­ten began­gen wur­den. Jede Straf­tat ist furcht­bar und muss geahn­det wer­den. Das ist der Kon­sens, den wir brau­chen. Mehr nicht.

Es ist unver­ant­wort­lich, dass der deut­sche Staat Flücht­lin­ge, die bekann­ter­ma­ßen vor­be­straft waren, nicht längst abge­scho­ben hat und sei­ne Bür­ge­rIn­nen den Gefah­ren aus­setzt, die von sol­chen Leu­ten ausgehen.

Ich höre nur sel­ten etwas dar­über, dass einer der zustän­di­gen Behör­den­mit­ar­bei­ter für solch schwe­ren Feh­ler ver­ant­wort­lich gemacht wor­den wäre. Man­che reden all­ge­mein von „Staats­ver­sa­gen “ und der­glei­chen. Das ist nicht ausreichend.

Keine (kaum) Konsequenzen

Im Fall des Ber­li­ner Atten­tä­ters Anis Amri wur­de ein Unter­su­chungs­aus­schuss im Bun­des­tags ein­ge­setzt, um das Aus­maß und die Grün­de für die fol­gen­schwe­ren Behör­den­feh­ler zu ermit­teln. Wel­che Kon­se­quen­zen wur­den gezo­gen? Ledig­lich der Ber­li­ner Poli­zei­prä­si­dent muss­te sei­nen Hut neh­men. Die Grün­de dafür lagen aller­dings im unrühm­li­chen Han­deln des LKA Ber­lin (Ver­tu­schungs­ver­su­che im Fall Amri). Die Ver­ant­wort­li­chen wur­den ansons­ten, soweit ich das ver­fol­gen konn­te, nicht belangt. 

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Schaut man sich die Fäl­le der jün­ge­ren Ver­gan­gen­heit an, stellt man fest, dass eini­ge der mut­maß­li­chen Täter wegen ein­schlä­gi­ger Delik­te vor­be­straft waren. Mer­kel hat das ges­tern in ihrer Rede eben­falls kri­tisch erwähnt. Für mich war Mer­kels State­ment von ges­tern wich­tig. Das wird die Rech­ten im Land auch nicht zufriedenstellen.

Datensammlungen der besonderen Art

Die Rech­ten kla­gen bei jedem von ihnen ein­ge­sam­mel­ten Ver­bre­chen eines mut­maß­li­chen Migran­ten Ange­la Mer­kel an. Sie sagen, es sei­en Mer­kels Tote. Man­che fas­sen die Vor­wür­fe wei­ter. Für die­se Leu­te sind alle Befür­wor­ter der libe­ra­len Flücht­lings­po­li­tik ver­ant­wort­lich. Vie­le tönen, sie wer­den alle Ver­ant­wort­li­chen nach der „Macht­er­grei­fung“ zur Ver­ant­wor­tung zie­hen. So stark ist das Selbst­be­wusst­sein der Rechts­ra­di­ka­len in Deutsch­lands schon gewachsen. 

Frem­den­feind­lich­keit wird mit Argu­men­ten begrün­det, die schlech­ter­dings kaum nicht zu wider­le­gen sind:


„Die­se Men­schen könn­ten noch leben, hät­te Mer­kel die Gren­zen nicht geöff­net“. 

Abge­se­hen von dem zwar rich­ti­gen aber den­noch müden Ein­wand, dass die Gren­zen seit 1995 nicht mehr geschlos­sen gewe­sen sind, was könn­te man dar­auf schon erwidern?

  • Wir sagen: unter den Hun­dert­tau­sen­den von Flücht­lin­gen befan­den sich schlech­te Men­schen. (wie hilf­los klingt das!)
  • Sie sagen: es sind kei­ne Flüchtlinge
  • Sie sagen: soge­nann­te Flüchtlinge
  • Sie sagen: es kamen „ali­men­tier­te Mes­ser­män­ner“ (Ali­ce Wei­del, AfD).

Men­schen aus Kriegs­ge­bie­ten und ande­ren Kul­tur­krei­sen kamen und haben wahr­schein­lich trau­ma­ti­sche Erfah­run­gen gemacht. Die­se Wun­den hei­len nicht schnell. Wen interessiert’s.

Ist es unpas­send – für man­chen sogar pro­vo­zie­rend -, trau­ma­ti­sche Erfah­run­gen oder die eth­ni­sche Her­kunft als (Aus­re­de, Ent­schul­di­gung) Erklä­run­gen für töd­li­che Gewalt­an­wen­dung anzu­füh­ren? Wel­che Situa­tio­nen auch immer zu dem töd­li­chen Streit geführt haben mag, wir wol­len davon nichts wis­sen: wären die­se Men­schen nicht hier, wür­den die Opfer noch leben.

Denn: Die kön­nen nicht ein­fach nach Deutsch­land kom­men (zu Mut­ter Mer­kel), unser Geld neh­men, unse­re Frau­en ver­ge­wal­ti­gen und unse­re Män­ner abstechen! 

So ein ein­fa­ches Welt­bild ist bequem, intel­lek­tu­ell ein biss­chen frag­wür­dig. Aber man kann sich so ein­rich­ten. Und immer mehr machen das auch.

Wie­so soll­ten wir uns in die­sem hoch­zi­vi­li­sier­ten Land damit abfin­den, dass Mit­bür­ger gera­de von den Men­schen getö­tet wer­den, denen wir Schutz vor Krieg und Ver­fol­gung bie­ten? Fra­gen Sie doch mal einen Flücht­ling, wie er damit klar kommt, dass einer „sei­ner Leu­te“, viel­leicht ja sogar ein Lands­mann, einen ande­ren Men­schen im Streit ersto­chen hat.

Beein­druckt bin ich von Berich­ten aus Chem­nitz aber auch aus ande­ren Städ­ten. Bür­ge­rIn­nen erzäh­len, dass sie zu bestimm­ten Zei­ten aus Angst nicht mehr in die (ihre) Stadt gehen. Der Sub­text ist deut­lich: es geht um die Angst vor ver­ge­wal­ti­gen­den, mes­ser­ste­chen­den „so genann­ten“ Flüchtlingen.

Die Idylle

Ach, wie idyl­lisch haben wir es hier in unse­rem Dorf. Auch hier gibt es Flücht­lin­ge und im Ver­gleich gar nicht mal so weni­ge. Sie woh­nen in eigens errich­te­ten Wohn­häu­sern, was auch hier nicht ganz wider­spruchs­los von­stat­ten ging. Vie­le der Flücht­lin­ge gehen zu Fuß oder fah­ren mit dem Rad. 

Es gibt Fami­li­en mit klei­nen Kin­dern, die mir auf­ge­fal­len sind. Sie machen gemein­sa­me Aus­flü­ge mit den Rädern. Die Kin­der fah­ren vor­aus, die Eltern fol­gen. Sie wir­ken ver­gnügt. Ich fra­ge mich, wie sie sich füh­len mögen – hier in die­sem frem­den Land und nach all dem, was sie viel­leicht in ihrer Hei­mat erlebt haben.

Das ist sen­ti­men­tal und vie­le mögen mei­ne Geschich­te sogar empört als Schön­ma­le­rei zurück­wei­sen: Schon wie­der so ein Gutmenschengeplapper. 

Bei all dem Zoff ver­ges­sen wir hof­fent­lich nie, dass es Men­schen sind, über die wir stän­dig spre­chen und strei­ten. Wie mögen sich Flücht­lin­ge in die­sen Zei­ten füh­len? Kön­nen sie sich über­haupt zurecht­fin­den in unse­rer angeb­lich nach christ­li­chen Wert­maß­stä­ben funk­tio­nie­ren­den „Leit­kul­tur“? Wie stark wirkt der Hass auf sie, der ihnen von vie­len Deut­schen offe­ner als zuvor auch gezeigt wird?

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Wir leben im 21. Jahr­hun­dert und sind uns, obwohl die Mensch­heit näher bei­ein­an­der ist als je zuvor in der Geschich­te, über den Begriff „Mul­ti­kul­ti“ total unei­nig, weil er durch ras­sis­ti­sche Ideo­lo­gen aus­ge­plün­dert und ent­wer­tet wur­de. Men­schen – egal, woher sie kom­men – haben mehr gemein­sam, als es rech­te Rat­ten­fän­ger behaup­ten. Zum Glück wis­sen das die meis­ten auch. Die Mensch­heit ist eins, unab­hän­gig von Geschlecht, Haut­far­be, Reli­gi­on, Her­kunft oder ande­ren Kategorien.

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Schlagworte: Demokratiefeinde Diskussionskultur Verschwörungstheorien

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4 Gedanken zu „Sprachlosigkeit ist nicht das Problem“

  1. In vie­lem sprichst du mir aus der See­le! Dass du aber See­ho­fers State­ment zustimmst, wun­dert mich ja schon. Migra­ti­on ist nicht „die Mut­ter aller Pro­ble­me“, bloß weil es den Rechts­ra­di­ka­len gelingt, mit den von dir zu recht kri­ti­sier­ten Metho­den das The­ma wei­ter im Fokus zu hal­ten. Migra­ti­on betrifft sehr viel mehr Men­schen als Flucht und Ver­trei­bung – aber nicht mal redu­ziert auf die Flücht­lin­ge hät­te See­ho­fer recht. Da könn­te man auch sagen: die Fal­le ist zuge­schnappt, denn wer das akzep­tiert, hat die Sicht der Rech­ten übernommen. 

    „Mut­ter aller Pro­ble­me“ ist für mich immer noch der ent­grenz­te Kapi­ta­lis­mus, der immer mehr an sei­nen Wider­sprü­chen krankt und immer mehr Men­schen in Armut oder zumin­dest Alters­ar­mut stürzt. Seit die neo­li­be­ra­le Agen­da ihre Sie­ges­zü­ge fei­ert, ist Indi­vi­dua­li­sie­rung, Ent­so­li­da­ri­sie­rung, Abbau des Sozi­al­staats, Durch­öko­no­mi­sie­rung sämt­li­cher Lebens­be­rei­che und Pre­ka­ri­sie­rung wach­sen­der Bevöl­ker­ung­an­tei­le an der Tagesordnung. 

    Erschre­ckend, wie tief das in die Psy­chen der Ein­zel­nen hin­ein gewach­sen ist! Sieht man an vie­len Kom­men­tar­spal­ten, wo State­ments wie „sel­ber schuld“, „Augen auf bei der Berufs­wahl“ und die Abwehr jeg­li­chen Bezugs auf Gemein­wohl, Gerech­tig­keit und Soli­da­ri­tät gang und gäbe sind. „Unterm Strich komm ich“, „Ich zuerst“ und ähn­li­che Wer­be­sprü­che in den Zeh­ner­jah­ren waren Aus­druck die­ses neu­en Geis­tes, der am Ende jede Men­ge Ver­lie­rer schafft. Und Ver­un­si­cher­te, Ver­ängs­tig­te, die bereit­wil­lig ein­fa­che Welt­bil­der und geeig­ne­te Sün­den­bö­cke annehmen.

  2. ClaudiaBerlin 131 14. September 2018 um 16:26

    Aber schau mal, nach neu­es­tem Polit­ba­ro­ma­ter bekä­me die CDU 30 (-1), die SPD (+2), die GRÜNEN (+2) und die AFD MINUS ZWEI Pro­zent. Ist das nicht ein Licht­blick? Das wären im Wahl­ernst­fall über eine Mil­li­on Men­schen, die sich anders beson­nen haben – doch sicher nicht, weil nie­mand mehr mit ihnen gespro­chen hat!
    Ich mache immer noch einen Unter­schied zwi­schen den Anfüh­rern, Auf­peit­schern, akti­ven Par­tei­mit­glie­dern und irgend­wel­chen Wäh­lern, die ihren Frust auf die­se Wei­se raus lassen…

  3. Ich habe gera­de die­se neu­en Wer­te vom Polit­ba­ro­me­ter gele­sen und bin ent­zückt. Das ist in der Tat ein Licht­blick. Das ist ein Anzei­chen dafür, dass sich die Leu­te von den Platt­hei­ten der Rech­ten nicht in dem Maße beein­dru­cken las­sen, wie ich es gefürch­tet habe. Aber eine Schwal­be macht noch kei­nen Som­mer. Hof­fent­lich wird es ein Trend.

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