Thema: Demokratiefeinde

14 Artikel

So wird Willy Brandts Bonmot “Wir wollen mehr Demokratie wagen” von Julian Reichelt missbraucht

Es ist zum Haare raufen, wie mittlerweile fast jeder rechts der Mitte daherkommt und jammert, seine Meinungsfreiheit sei bedroht! Da haben wir einen wie Julian Reichelt, der – um es mal vorsichtig auszudrücken – nicht gerade als das strahlende Vorbild journalistischer Tugend bekannt ist.

a dynamic illustration of a debate there s a man w njgv2pifQTulWMWO2XOcqw rZFzgrYSRzezFMN7Yy0H0A
a dynamic illustration of a debate there s a man w njgv2pifQTulWMWO2XOcqw rZFzgrYSRzezFMN7Yy0H0A

Nachdem er mit seinen Springer-internen-Eskapaden die Schlagzeilen dominiert hat, beschloss er via NIUS und seinen Jüngern, sich als Vorkämpfer für die freie Meinungsäußerung zu inszenieren und rief sogar das Bundesverfassungsgericht an, um dort „sein Recht“ einzufordern.

Und zu meinem Entsetzen bekam er auch noch recht! Man könnte über das alles lachen, wenn die massiven Aktivitäten von NIUS und all den anderen wie Pilze entstandenen rechten Medien nicht so abgründig und demokratiegefährdend wären.

Journalisten und ihre Verantwortung. Nicht von allen wird sie wahrgenommen.

Heißt die heutige Parole dieses Journalistendarstellers, dass wir in Deutschland die Restraketenvorräte der Bundeswehr mobilisieren und gegen einen, wie Reichelt sagt, der “islamistischen Mob” in Stellung bringen sollten? Würde dieser Claudio Casula diesen markanten Claim: “Mehr Netanjahu wagen” auch dann benutzt haben, wenn der israelische Ministerpräsident mit seiner todbringenden Offensive gegen Hamas und Hisbollah, in den letzten Wochen nicht so überaus erfolgreich gewesen wäre. Dieser Erfolg hat bekanntlich sehr viel mehr Zivilisten (u.a. Frauen und Kinder) als Terroristen das Leben gekostet.

Staatsraison um jeden Preis?

Dass wir in Deutschland, angeblich ja aus Gründen der “Staatsraison“, diesen Wahnsinn des Herrn Netanjahu unterstützen, kann ich persönlich immer weniger nachvollziehen. Deshalb stehe ich den Protesten von überwiegend jungen Palästinensern und linken Studentengruppen heute anders gegenüber als zu Beginn. Am Anfang war ich nur wütend darüber, dass die weltpolitischen Ereignisse sich auf Deutschland auswirken. Das zeigte lediglich, wie wenig ich verstanden hatte oder dass mich als 70-Jährigem diese damit verbundene “Unruhe” gegen die private Hutschnur ging. Wie können die Ausländer es wagen, auf unseren Straßen zu demonstrieren und auf diese Art und Weise auch dafür zu sorgen, dass die Migrationsfrage auch durch diese Ereignisse weiter eskaliert wurde. Vielleicht versteht das jemand?

Ich habe mich von dieser Haltung verabschiedet. Es leben viele Menschen in unserem Land, die von den Ereignissen im Nahen Osten persönlich sehr direkt betroffen sind oder so fühlen. Die Ungerechtigkeit, die die israelischen Maßnahmen für die Menschen in den Regionen mit sich gebracht haben, hat jedes Maß verloren. Ich finde auch nicht, dass wir Deutsche aufgrund unserer Vergangenheit schweigen oder einseitig Position beziehen sollten. Deutschland hat keinen Einfluss auf Israel. Wie sollte das anders sein, wenn selbst die Amerikaner Netanjahu nicht von seinen Racheaktionen abhalten konnten? Trotzdem sollten wir nicht schweigen – aus welchen Gründen auch immer!

Leben in Gaza und im Libanon

Andererseits hätten die Terroristen (Hamas und Hisbollah) genug Zeit gehabt, die Lage zu entspannen und damit aktiv zur Verbesserung der Lebensumstände ihrer Bevölkerung beitragen können. Die Hamas hätte die Geiseln freilassen müssen und die Hisbollah hätte nicht seit dem 8. Oktober 2023 Israel ständig mit Raketen beschießen müssen. Dass angeblich eine Wiederholung der Gräuel der Hamas durch die Hisbollah geplant gewesen sein soll, passt auch nicht zur vielleicht unterstellten Friedensliebe der Terrorfürsten in Gaza und dem Libanon.

Mehr Netanjahu wagen

Verteidiger der Meinungsfreiheit

Und jetzt stehen sie da – die selbst ernannten Verteidiger der Meinungsfreiheit – und blasen ins Horn, als gäbe es tatsächlich einen Angriff auf diese Freiheit. Es gibt diesen Angriff nicht. Die Leute lassen sich bereitwillig instrumentalisieren, ja sogar gegen die Demokratie in Stellung bringen. Dabei dürfen all die Organe der Recht(s)schaffenheit schon immer und weiterhin ihre kruden Theorien und Verschwörungen in die Welt hinausposaunen, ohne dass sie jemand daran hindern würde. Und das tun sie ja auch: ob in Talkshows, auf Twitter oder in ihren Blogs. Es gibt den ÖRR, der in der Tat manche krasse Abweichler vom Mainstream nicht mehr berücksichtigt.

Kisslers Weisheiten
Kisslers Weisheiten / Dr. Kissler ist jetzt auch ein Sprachrohr von NIUS. Mal sehen, wielange das Geld des geneigten Impressario noch reicht. Man hört da einiges.

Skeptisch und kritisch sein

Das sehe ich persönlich kritisch, weil sie und ihre Anhänger diese Tatsache verwerten. Man sieht manche Leute kaum noch. Aber es gibt ja all diese Kanäle, die ihnen weiterhin offenstehen. Deshalb halte ich es für lächerlich, wenn behauptet wird, abseitige Meinungen würden unterdrückt, während sie im Land auf vielen Kanälen zu hören sind! Gut, ich pflege mir diesen Mist nicht anzuschauen, ich bevorzuge immer noch den ÖRR und lasse mich dafür anmachen. Auch von denen, die außer wachsendem Frust null Nutzen aus dem Konsum von Springer-Produkten oder weiter rechts gelagerten Medienprodukten ziehen dürfen. Hauptsache, man ist nach dem Konsum noch frustrierter und in seiner festgefahrenen Meinung bestärkt.

Es gibt mittlerweile viele Journalisten und Influencer, die einander darin überbieten, die Bundesregierung zu kritisieren. Diese Art von außerparlamentarischer “Opposition” dürfte es in diesem Ausmaß nie gegeben haben. Bei YouTube oder anderswo unterhalten sie ihre eigenen Kanäle, die sie zum Teil mit durchaus beachtlichem technischen Aufwand betreiben.

Düstere Bilder einer verlorenen Gesellschaft

Sie malen düstere Bilder von einer Gesellschaft, die angeblich in der Meinungsdiktatur erstickt. Aber halt, Moment mal – sie selbst sind der lebende Beweis dafür, dass das Gegenteil der Fall ist! Jeder von ihnen kann seine Tiraden ungehindert verbreiten, erntet Applaus von seinen Anhängern, und wenn jemand widerspricht? Dann heißt es sofort: „Meinungsfreiheit in Gefahr! Zensur! Cancel Culture!“

Insgesamt finden solche Techniken allerdings schon statt. Ob man diese unter “Cancel Culture” zusammenfassen sollte. Mir fällt das Beispiel ein, als der Ex-AfD-Chef nach seinem Austritt aus der AfD wieder unterrichten wollte. Es gab massiven Widerstand, der – ich weiß es gar nicht – möglicherweise inzwischen aufgegeben wurde. Linke Gruppen unter den Studenten wollten von Prof. Lucke nicht mehr unterrichtet werden. Dieser und andere Fälle scheinen zu belegen, dass dieser Begriff nicht grundlos in die öffentliche Diskussion gelangt ist.

Cancel Culture von links und rechts

Nehmen wir allerdings die ganze „Cancel Culture“-Debatte, ist das Thema komplexer und würde besser differenziert behandelt. Als plakative Parole ist sie nicht geeignet. Nicht von rechts und nicht von links. Diese wird ja so dargestellt, als ob jeder, der mal etwas Kontroverses sagt, sofort mundtot gemacht würde. In Wahrheit geht es doch darum, dass die Menschen – endlich! – anfangen, Verantwortung für das zu übernehmen, was sie sagen. Wenn jemand öffentlich menschenverachtenden Unsinn verbreitet und dafür Kritik erntet, dann ist das keine Einschränkung der Meinungsfreiheit, sondern schlicht die Konsequenz, die auf ein Fehlverhalten erfolgen kann! Aber das verstehen solche Herrschaften nicht. Sie übersehen dabei geflissentlich, dass es sich bei solchen Kategorien um ein gesamtgesellschaftliches “Instrument” zu handeln scheint.

WIR wollen alles sagen dürfen, aber ja keine Kritik kassieren.

Ein weiteres Beispiel: Alice Weidel von der AfD beklagte kürzlich, dass „das System“ die AfD mundtot machen wolle, weil sie angeblich keine Interviews in den Öffentlich-Rechtlichen bekäme. Doch gleichzeitig tummeln sich AfD-Politiker regelmäßig in Talkshows, verbreiten ihre Thesen und geben Interviews, die von Millionen gesehen werden. Wo genau ist denn da die angebliche Unterdrückung?

Es ist absurd, wie leicht manche Leute zu beeinflussen sind. Diese laute Minderheit aus Influencern, Journalisten und Verschwörungstheoretikern hat es geschafft, ihre Anhänger zu überzeugen, dass sie in einer Diktatur leben, obwohl sie in Wahrheit in einer der freiesten Gesellschaften der Welt leben. Sie dürfen alles sagen – aber wehe, man widerspricht ihnen, dann kreischen sie sofort: „Zensur!“ Aber Meinungsfreiheit bedeutet nun mal nicht, dass man keine Konsequenzen tragen muss, wenn man Unsinn verzapft.

Fassen wir zusammen: Diese sogenannte „eingeschränkte Meinungsfreiheit“ ist in Wahrheit nichts anderes als das Gejammer von Leuten, die nicht damit klarkommen, dass sie für ihre Meinungen kritisiert werden. Sie wollen alles sagen dürfen – aber niemand darf etwas gegen sie sagen. Das ist doch eine echte Farce.

Und dann lese ich das:

Demonstranten Palästina
Demonstranten Palästina

Auf solche Ereignisse wie dieses (sie sind zahlreich) weiß niemand eine gute Antwort. Remigrationsforderungen sind leicht gestellt. Aber wie sollen diese umgesetzt werden?

Kein Raum, kein Stich für Gegner der Demokratie

Bestimmt bist auch du weit entfernt davon, der Gruppe um Prinz Reuß allzu viel Bedeutung beizumessen. Ich kann und möchte mir nicht vorstellen, dass Gegner der Demokratie sich aus Reichsbürgern-, Anti-Corona-Spinnern und Mitgliedern irgendeiner Gruppe von Gegnern der Demokratie etwas rekrutierten ließe, das der demokratischen Konstitution unseres Landes ernsthaft Schaden zufügen könnte.

Allerdings habe ich auch nicht daran geglaubt, dass Putin einen Krieg gegen die Ukraine beginnen würde …

Bekloppte Rechte als Reichsbürger

Da mögen sich ein paar Ex-Elite-Soldaten mit u.a. mit einer Ex-Abgeordneten der AfD unter seiner Hoheit des Prinzen “Weiß schon nicht mehr wie der hieß” zusammengetan haben, die als Richterin an einem Landgericht ihr Unwesen treiben durfte.

Vielleicht haben diese Leute ja Ahnung von militärischem Zeugs und von den tragenden Funktionen großer Verwaltungsapparate; trotzdem, ich glaube nicht daran, dass unsere staatlichen Instanzen, mögen sie generell auch nicht im besten Zustand sein, sich von solchen Flitzpiepen ausgehebelt werden könnten.

Militante und gewaltbereite Gegner der Demokratie

Was andererseits aber nicht heißt, dass solche Gruppen nicht gefährlich wären und einigen Schaden anrichten könnten. Solche spinnerten Gruppen halten ihre abstrusen Verschwörungstheorien zusammen. Zusammengehalten werden diese Gruppen wohl in erster Linie durch einzelne Bürgerinnen und Bürger, die eine gefährliche Militanz und Gewaltbereitschaft entwickelt haben. Das geht durch das Internet leider ziemlich leicht.

Sollte Leute kommen im Laufe ihres weiteren Lebens vermutlich nicht zu neuen Erkenntnissen und bleiben insofern eine Gefahr für die Gesellschaft. Und zwar eine viel schlimmere, als Migranten oder Flüchtlinge, über die solche rechtsextremen Gruppen ständig meckern und schimpfen.

Die ständige Mäkelei ist nicht hilfreich

Unserer Gesellschaft scheint sich leider in eine Richtung zu entwickeln, die generell Anlass zur Sorge gibt. Ich sehe die ständige Mäkelei, die aus meiner Sicht von unseren Medien mitverursacht und geschürt wird, das Gestöhne von Überlastung und fehlender Wertschätzung als gefährliches Zeichen für unsere Zukunft. Ich erinnere mich, wie es losging. Damals war ich noch jung. Plötzlich war überall davon die Rede, wie stressig es im Job war. Später ersetzte man den Stress durch Begriffe wie Burn-out.

Jetzt ist die Krankenquote hoch wie nie und man hört von vielen Leuten, die erst mitten im Berufsleben stehen, sie hätten keinen Bock mehr. Nun, einerseits verstehe ich das. Ich habe mich auch nicht deshalb schon mit 63 Jahren in die Rente verzogen, weil mir die Arbeit noch Spaß gemacht hätte.

Andererseits waren die Zeiten einfach bessere. Einerseits bekam man auch damals nichts geschenkt, aber irgendwie lief es und wirklichen Grund zur Klage hatten die Wenigsten. Geändert hat sich das meines Erachtens erst im Laufe der 2000-er Jahre.

Faire Löhne für gute Arbeit

Die Schröder – Ära hat das Land sehr negativ verändert. Einerseits gab es die, die durch Glück oder Zufall gut zurechtgekommen sind, andererseits wuchs der Niedriglohnsektor durch die Agenda-Politik stark. Die Agenda half angeblich beim Abbau der Arbeitslosigkeit. Viele Menschen wurden aus halbwegs anständig bezahlten Jobs in den Niedriglohnsektor hineingefördert. Die Tarifbindungen, der Einfluss der Gewerkschaften ging stark zurück – auch durch eigene Fehler.

Bei vielen Menschen, im Osten mehr als hier im Westen, wuchs der Frust und interessiert hat das kaum jemand. Denn: Deutschland ging es gut. So sprach die CDU/CSU und ließ an diesem Tatbestand keinerlei Zweifel aufkommen.

Rücksichtsloser Egoismus (Hauptsache, wir können feiern)

Vergegenwärtigt man sich das Benehmen vieler Menschen, so ist es leider wohl kein Wunder, wenn auf verbale Ausfälle immer häufiger auch körperliche Angriffe folgen. Ich habe den Eindruck, dass es immer mehr Leute gibt, die vor nichts mehr Respekt haben.

Ob das die gleichen sind, die sich darüber beklagen, was im Land alles nicht mehr so richtig gut läuft? Denke ich an die sogenannten Karnevalsfeiern, die zum Sessionsbeginn in Köln abgelaufen sind, sind auch diese ein Beleg für ein vollkommen verantwortungsloses, egoistisches und respektloses Benehmen von immer mehr Leuten.

Aus Sicherheitsgründen waren Teile der “Feiernden” auf Grünflächen der Stadt umgelenkt worden. Die Instandsetzungsarbeiten nach diesen unerhörten Exzessen sind, glaube ich, immer noch nicht beendet. Sogar der Boden musste zum Teil ausgetauscht werden. Die Flächen waren weitgehend abgesperrt worden, weil dort so viel zerbrochenes Glas (war Glas nicht verboten worden? Seht euch die Fotos im verlinkten Beitrag an) lag, dass insbesondere für Hunde und andere Tiere Verletzungsgefahr bestand.

Hilfe der USA gegen Demokratiefeinde?

Welche Entwicklungen der enorm aufgebaute Frust vieler Menschen zeitigt, sehen wir nicht nur an militanten Aktionen von rechts. Auch linke Gruppen spielen verrückt, sie wenden sich gegen Staat und Institutionen. Auch dies führt dazu, dass die Polarisierung im Land weiter voranschreitet. Zum Glück sind wir noch weit von den Zuständen in den USA entfernt. Dass uns die US-Regierung Hilfe gegen die Reichsbürger-Terroristen anbietet, geht hoffentlich auf Übertreibungen zurück. Oder wissen die Amis vielleicht mehr über den geplanten Reichsbürgerputsch?

Viele Menschen sind unzufrieden mit der Lage Deutschlands. Ob es um die Flüchtlingssituation, um Corona, um die Energiepreise, die Inflation an sich oder – nicht zuletzt – um den Klimawandel geht, existenzielle Sorgen, Unverständnis und Ärger gibts genug.

Dass Bürgerinnen und Bürger sich in zunehmender Weise radikalisieren und ihrem Ärger Luft machen, ist schon kein neues Phänomen mehr. Dass die Leute Ärzte, Rettungssanitäter oder Feuerwehrleute bei der Ausübung ihres Dienstes behindern und sich für jedes Argument komplett unzugänglich zeigen, muss besorgt machen.

Wir lesen, dass Feuerwehr, DLRG und andere Organisationen Nachwuchssorgen haben, könnte mit solchem Benehmen der Leute zu tun haben. Wer will für andere die Bresche springen und sich dafür von irgendwelchen dahergelaufenen Vollpfosten beschimpfen, nötigen oder sogar schlagen lassen?

Angestaubtes Ehrenamt? Warum gibt es Nachwuchssorgen?

Offenbar verändert sich die Lage nicht zum Guten. Immer wieder lesen wir Berichte von Angriffen auf BürgermeisterInnen und Rathauspersonal. Vor kurzem habe ich im TV einen Film gesehen, in dem einige Szenen unseres Heimatstädtchens Bedburg zu sehen waren. Eigentlich eine schöne Sache. Ich freue mich jedenfalls, wenn – was selten genug ist – mal was über Kaster, Alt-Kaster oder eben meine Geburtsstadt Bedburg im Fernsehen gezeigt wird.

Der Inhalt des Films (Anna Schudt spielt die Hauptrolle) zeigt eine Situation, die wir in unserem Ort zum Glück so nicht kennen. Natürlich gibt es auch hier Leute, die der AfD nahestehen und die ihre Vorbehalte gegen Flüchtlinge lautstark äußern. Sie wurden aber bisher prompt eingehegt von einer Bevölkerung, die sich solche Auswüchse wie im Film nicht bieten lässt. Darauf bin ich ein wenig stolz.

Hier klicken, um den Inhalt von YouTube anzuzeigen.
Erfahre mehr in der Datenschutzerklärung von YouTube.

Keine Toleranz, obwohl viele das Wort immer noch oft gebrauchen

Meine Frau und ich waren seinerzeit zufällig durch die Dreharbeiten geschlendert. Der Marktplatz von Bedburg war abgeriegelt, sodass wir eine Weile stehen bleiben mussten und den wenig spektakulären Dreharbeiten bei tristem Regenwetter zusehen konnten. Anna Schudt habe ich erkannt, einige andere Darsteller im Film ebenfalls. Wir fanden den Film hervorragend, andererseits aber auch bedrückend. Es gibt leider so viele Beispiele, in denen Amtsträger von Bürgerinnen und Bürgern massiv angegangen werden, dass ein solcher Film aus unserer Sicht überfällig war.

Persönlich glaube ich, wir könnten in Deutschland besser dastehen. Ungünstigerweise haben wir uns aber darauf eingelassen, zuerst moralisch zu argumentieren und in engen Bahnen miteinander zu streiten. Viele schimpfen auf die Regierung und sind, gerade, was die Ampel betrifft, viel kritischer, als sie es je unter konservativer Regierung waren. Dass die CDU/CSU inzwischen rund 10 % Punkte über den Umfragewerten der SPD liegt, finde ich gruselig. Dabei ist es in meinen Augen so offensichtlich, welches leere Stroh die Union unter Merz drischt und welche opportunistische Linie hier verfolgt wird.

Noch ekliger als Trump ist nur noch die AfD, gefolgt von den Quertreibern

Ich war damit zufrieden, dass die US-Wahlen mich ein bisschen von “Corona” abgelenkt haben. Das ist jetzt schon wieder zwei Wochen her. “Corona” hat uns mit dem zweiten Lockdown, auch wenn er als LIGHT bezeichnet wird, voll im Griff. Und es bringt bei nicht wenigen das Schlechteste zum Vorschein.

Das haben wir gestern, dem großen Tag der AfD, in Berlin miterleben müssen. Diese elende Alt-Männer-Partei hat rechtsradikale Elemente in den Bundestag eingeladen geschleust, einzig zu dem Zweck, unserer Demokratie zu schaden. Dass es in unserem Land Menschen gibt, die diesen Nazi-Umtrieben zuschauen, diesen applaudieren oder sie sogar aktiv unterstützen, ist unerträglich. Jetzt brauchten wir Lichterketten.? Von Flensburg bis Garmisch. Gegen diese Idiotenbande. Nur, die Vernünftigen haben so viel Verantwortungsgefühl, dass sie wissen, dass das im Moment nicht geht.

Heute tun diese Feiglinge der AfD bzw. ihre Protagonisten so, als seien ihnen die Schleusungen (war die AfD nicht genau die Partei, die Schleuser so gern kriminalisieren?) rechtsradikaler Demokratieverächter versehentlich passiert.

Die Partei verhält sich nicht so viel anders, als es die Nazis vor der Machtergreifung auf den Straßen der Weimarer Republik praktiziert haben. Nur die braunen Uniformen fehlen diesen Leuten noch. Gut, dafür füllten sie – unverantwortlich, wie sie sind – ihre Reihen mit ihren Kindern. Man könnte glauben, sie hätten von vornherein ihre Kinder als Schutzschilde gegen die Polizeiwasserwerfer benutzen wollen. Den Pressemeldungen von heute haben sie da einen Punkt gemacht, denn einige Medienberichte kritisierten den Einsatz, obwohl die Polizei über ihre Kanäle deutlich gemacht hat, welche Qualität, die hier zum Einsatz gekommenen Wassersäulen hatten. Die Bar – Werte, die bei den Stuttgart21 – Protesten eingesetzt wurden, waren jedenfalls von anderer Qualität! Hier war es eher Wasserstaub, der die Demonstranten traf.

  1. Parlamentarier werden angegriffen
  2. Die Demokratie wird herabgewürdigt
  3. Diese Faschistenpartei macht sich lustig über demokratische Prozesse und
  4. setzen sich über demokratische Spielregeln fortlaufend hinweg.
  5. sie hintertreiben durch ihre Kollaboration mit denen, die ich eher als Quertreiber und sicher nicht als Querdenker betrachte, Maßnahmen, die von einer großen Mehrheit unserer BürgerInnen im Land als nötig und richtig betrachtet werden.
  6. Quertreiber wiederum lassen sich von Verschwörungstheoretikern und rechtsextremen Demokratiefeinden missbrauchen, sie bilden eine Phalanx gegen unsere Demokratie und die gewählten Politiker unseres Landes.

Einen Eindruck konnte man sich durch das kurze Zwiegespräch zwischen einer von der AfD in den Bundestag geschleusten Rechtsradikalen und unserem Wirtschaftsminister Altmaier gewinnen. Hoffentlich kriegt die AfD-Fraktion für diese Ungeheuerlichkeit eine Quittung vorgelegt, die ihnen richtig wehtut.

Die AfD will jetzt gegen eine Maskenpflicht für ihre Delegierten klagen. Diese Partei klagt ja ohnehin gegen alles. Immer, wenn sie mal einen Erfolg zu verbuchen hat, macht sie daraus ein Volksfest. Sie nehmen das nicht als Beleg für einen funktionierenden Rechtsstaat, sondern freuen sich im Gegenteil darüber, diesem Rechtsstaat einen Tritt in den Magen verpasst zu haben. So gaben sich die Nazis, so macht es – jedenfalls aus meiner Sicht – auch die AfD.

Wie die Verquickungen zwischen den Quertreibern und dieser destruktiven Partei im Detail aussehen, kann ich nur vermuten. Alles, was aus der Partei an Äußerungen kommt, zeigt wie krass diese widerlichen Opportunisten es darauf anlegen, den Leute nach dem Mund zu reden, die gegen die ja tatsächlich existierenden Einschränkungen unserer Grundrechte protestieren.

Dass bei den “Protesten” der Covidioten in Berlin auch der Ex-AfDler Kalbitz und ein AfD-Bundestagsabgeordneter mit massivem Körpereinsatz mit von der Partie waren, zeigt die ganze Verkommenheit solcher Leute.

Bei alledem glauben die Quertreiber vermutlich, dass sie einen gerechten Kampf für ihre Rechte führen.

Wie dumm muss man sein, um so drauf zu sein?

Ja, ich weiß, für die Quertreiber sind es die anderen, die dumm sind und die einfach noch nicht verstanden haben, wer da unsere Interessen als Demokraten hintertreibt.

In den Nachrichten steckte eine dieser Querköpfe ihren aufgeregten Kopf in die Kamera und erklärte uns unbedarften, unwissenden Schafen, dass wir endlich aufwachen müssen. Das Lieblingsnarrativ dieser Covidioten. Aber sicher nicht, um uns diesen leeren Lehren zu öffnen mit denen diese unverantwortlichen, weil unsolidarischen Menschen durch die Gegend reisen.

Es ist tragisch.

Eine Studie soll ergeben haben, dass mehr als ein Drittel (angeblich 38%) der Deutschen für die Verschwörungstheorie empfänglich ist, dass Corona eine Erfindung sei, mit deren Hilfe einige wenige profitieren sollten. Ich kanns nicht glauben.

Das der Pisa-Effekt so aussehen könnte – nee, das hätte ich nie gedacht!

Ein Punkt für die Feinde der Demokratie

Manche glauben, die Wahl von Thomas Kemmerich, FDP, zum thüringischen Ministerpräsidenten sei ein normaler demokratischer Vorgang gewesen. Deshalb machen sie ihrer Empörung Luft und attackieren die etablierten Parteien und die Medien, die ebenfalls das abgeschmackte Spiel der AfD kritisiert haben.

Dabei ist nur zu offensichtlich, welches Spiel die AfD in Erfurt gespielt hat und welches Ziel sie damit verfolgt hat. Gauland und seine Freunde sagten: wir werden sie jagen! Sie will unsere Demokratie zerstören. Wer Programmatik und Reden der Funktionäre verfolgt, kennt das Ziel: die AfD will unsere Demokratie durch einen Staat ersetzen, den die große Mehrheit garantiert nicht will! Nun wollten auch die letzten wach geworden sein, die diesen Leuten aus Ärger und Frust über was auch immer ihre Stimme gaben.

Die AfD hatte vor allen Dingen vor, den politischen Betrieb zu stören und die anderen Parteien, ja die Demokratie an sich, in dieser Art und Weise vorzuführen. Leider war dieser Versuch erfolgreich, was auch darauf zurückzuführen ist, dass die Führungspersönlichkeiten unserer Parteien wenig Format bewiesen haben.

Die AfD beklagt sich darüber, dass die Menschen es sich nicht gefallen lassen würden, Wählerstimmen auf diese Art und Weise zu “vernichten” (Curio).

Unabhängig davon, dass ich die Absichten und Aussagen dieser Hetzer schrecklich finde, ist es leider wahr, dass die von so vielen ausdrücklich gewünschte Ausgrenzung der AfD für unsere Demokratie ganz bestimmt schädlich ist. Meinen Standpunkt dazu habe ich hier schon erklärt. Wir können nicht bis zu 25% der WählerInnen, die dieser Partei ihre Stimme gegeben haben, einfach ignorieren. Das führt schließlich nur dazu, die bekannten Narrative der AfD zu bedienen.

Und es wird immer schlimmer!

Wie soll man diesen Leuten beikommen? Viele Politiker und Privatpersonen bezeichnen die AfD als faschistisch. Die Tatsache, dass ein Mann wie der thüringische Fraktionsvorsitzende Björn Höcke sozusagen gerichtsfest als Faschist bezeichnet werden kann, wird dazu genutzt, der ganzen Partei dieses Etikett aufzudrücken. Ich höre mir oft Reden von AfD-Abgeordneten an, die im Bundestag gehalten werden. Wer also Zweifel daran hat, womit wir es zu tun haben, sollte das auch tun. Ich empfehle Herrn Curio, Frau Weidel. Im Grund ist es egal, suchen Sie sich ein paar Reden heraus und tun Sie es sich an, diesen Leuten zuzuhören. Danach wissen Sie, mit wem wir es zu tun haben.

Die AfD hält sich nicht an parlamentarische Spielregeln. Das ist nichts Neues. Aber die Chuzpe, mit der das Personal im Fall der Ministerpräsidentenwahl vorgegangen ist, war besonders infam.

AfD-Funktionäre bezeichnen ihre Partei seit einiger Zeit gern als bürgerlich, was erwartbar zu heftigen Widersprüchen führte. Die AfD wollte einen bürgerlichen Kandidaten bei der Wahl des thüringischen Ministerpräsidenten unterstützen. Dies ist nachvollziehbar. Niemand kann von solchen Leuten erwarten, dass sie das linke Lager (Linkspartei, SPD und Grüne) unterstützen. Allerdings wäre es unter normalen Umständen, also ohne AfD, so gewesen, dass eine Partei, die den bürgerlichen Alternativkandidaten unterstützen will, ihren eigenen zurückzieht.

Oder gibt es in der Geschichte der Republik ein Beispiel dafür, dass mit einem derart üblen Trick eine Ministerpräsidentenwahl entwertet wurde? Mir ist keins bekannt.

Zusammenfassend halte ich fest, dass es der AfD nicht um die Unterstützung dabei ging, einen “bürgerlichen” Kandidaten zu wählen, sondern (wie immer!) darum, die parlamentarische Demokratie zu beschädigen und die anderen Parteien vorzuführen. Beides ist gelungen.

Wer zum AfD-Coup applaudiert, kann nur ein Feind der Demokratie sein.

Was sagen wir denen, die einen anderen Staat wollen?

Diejenigen, die nach Chemnitz und Köthen weiter AfD wählen, vor allem die neuen Sympathisanten der Partei sind sich über ihre Beweggründe im Klaren. Natürlich gehe ich davon aus, dass sie sich der Tragweite ihres Votums voll bewusst sind.

Es gibt demzufolge auch rein gar nichts zu beschwichtigen oder zu erklären. Diese Leute tun, was sie tun (wollen). Ihnen geht es nicht um einen Denkzettel, sie wollen einen anderen Staat!

Die Takt- und Ideengeber in den sozialen Medien und bei den zahlreichen rechtspopulistischen Blogs, werden medial unterstützt von konservativen Journalisten, die ihre Unzufriedenheit mit Merkels Politikstil geschickt auf den “Dissidentenkanal” umleiten.

Zusammenarbeit

Wie erträgt die Redaktion von Welt Online eigentlich diese einseitigen und oft auch demokratiefeindlichen Kommentare?  Mein Eindruck ist: die Moderatoren löschen dort eher abweichende Positionen als die mit demokratiekritischen Positionen. 

Wer eine Partei unterstützt, die die Demokratie so offen infrage stellt oder sie in konzertierten Aktionen mit anderen extremen Gruppierungen denunziert, ist für mich niemals ein frustrierter oder besorgter Bürger.

Diese Leute teilen eine unheimliche Präferenz, die ganz offen formuliert wird. Es geht um das mediale und politische Establishment und um dessen “Ausschaltung”. Manche formulieren es viel klarer als Gauland es in seinem zu recht stark kritisierten Interview gemacht hat. Beim Sommerinterview hat sich Gauland voll blamiert und kaum eine Frage beantwortet. In dem Interview mit der FAZ war er in Form. FAZ-Herausgeber Berthold Kohler kommentierte Gaulands Aussagen mit dem Satz: “Früher nannte man das Säuberung

Im Teaser des Kohler – Kommentars hieß es:

Die politischen Phantasien des AfD-Vorsitzenden Gauland reichen weit über den Sturz der Kanzlerin hinaus. Die Verleumdung des freiheitlichsten und demokratischsten Systems, das es je auf deutschem Boden gab, darf man den Brandstiftern im Biedermann-Sakko nicht durchgehen lassen.

FAZ

Kampf mit Worten

Demokraten kämpfen mit Worten. Die AfD macht das auch. Nur sind diese Worte dazu angetan, die Gesellschaft zu spalten. Die Worte der AfD-Führer haben genau das schon erreicht. Die Leute im Osten sind den Hetzern so krass auf den Leim gegangen, dass die AfD seit ein paar Tagen die Tabelle anführt. Vor der CDU und vor den Linken.

Der Ruf: “WIR SIND DAS VOLK” war lange positiv besetzt. Seit die Rechtsextremen ihn okkupatorisch missbrauchen, klingt er abstoßend und fremd. 

Die Geschichte kann sich wohl doch wiederholen. Das Gezeter im Bundestag erinnert immer mehr Leute an die Scharmützel, die vor der Machtergreifung durch die Nazis im Reichstag stattfanden und die schon damals den Leuten kräftig auf die Nerven gingen.

Im Moment gibt es zwei Strategien: Die einen bagatellisieren das Phänomen und erklären die AfD zu einer reinen Protestbewegung. Dabei wird die ideologische Komponente heruntergespielt und argumentiert, es gehe nur um politische Frustration. Die anderen versuchen, die AfD quasi einzugemeinden durch die Gründung eines Heimatministeriums etwa oder die Übernahme von Themen und Grundpositionen der AfD.

Tagesanzeiger, CH – Interview mit  Max Czollek 

Konjunktur

Keiner (außer den Rechtsextremen) möchte sich vorstellen, was in Deutschland passieren wird, wenn die wirtschaftliche Lage sich verschlechtert. Wir wissen, dass jedes konjunkturelle Hoch, dauert es auch noch so lang, Teil eines normalen Zyklus ist. Der Abschwung kommt irgendwann. Nur werden wir bis dahin die AfD nicht los werden. Das ist inzwischen ziemlich sicher.

Die GroKo wirkt saft- und kraftlos. Vor allem ist die Kommunikation mit der Bevölkerung absolut ungenügend. Das sollte, so die Versprechen direkt nach den Wahlen, anders werden. Ich merke davon leider nichts.

Was ich jedoch feststelle, ist, dass sich die Politik der Bundesregierung und auch die der Länder leider auf vieles von dem eingelassen hat, was nur als Reaktion auf die AfD zu begreifen ist.

Ich vermute, dass dies ein wichtiger Grund für den enormen Effekt der AfD auf die Programmatik der etablierten Volksparteien ist. Innenminister Horst Seehofer zum Beispiel scheint derzeit die Grenze zwischen einer demokratischen, liberalen Gesellschaft und einer rassistischen, exklusiven Form nicht mehr so recht ziehen zu können. Und damit ist er auch ausserhalb der AfD nicht allein.

Tagesanzeiger, CH – Interview mit  Max Czollek 

Demokratie ist ein mühsamer, nie enden wollender Prozess. Das ist eine Binsenweisheit, die aber nicht oft genug ausgesprochen werden kann. Die Art und Weise, in der wir die Demokratie gegen ihre Feinde verteidigen, wirkt naturgemäß oft hilf- manchmal sogar kraftlos. Wir sind alle Menschen. Wir unterliegen Zweifeln und Ängsten. Natürlich nutzen wir Demokraten diese Schwächen in Diskussionen aus. Auch gegen- und untereinander. Im Streit um den richtigen Weg sollen auch Emotionen eine Rolle spielen. Einerseits beklagen wir uns, wenn Bundestagsdebatten heute so langweilig sind. Wenn Martin Schulz (SPD) die AfD bzw. Herrn Gauland angiftet, wird er von ansonsten nicht gerade zimperlich agierenden Journalisten (z.B. Steingart) quasi als Flegel dargestellt, der nach seinem Karriereknick noch mal auf sich aufmerksam machen wollte. Das sitzt und kommt bei der AfD mit Sicherheit prima an!

Zündeln durch Intellektuelle

Wenn sich Journalisten so beliebig verhalten wie zum Beispiel Herr Steingart oder Herr Weimer aber für die drängenden Probleme auf politischer Ebene keine überzeugenden Lösungen gefunden werden, dürfen wir uns auch nicht darüber wundern, wenn es für die Demokratie eng wird. Wir brauchen uns nur in Europa umzuschauen. Ungarn und Polen sind auf dem Weg, ihre jungen Demokratien gegen Autokratien auszuwechseln.

Wir haben keine Vorstellung davon, wie mühsam es würde, die Demokratie, die wir über siebzig Jahre lang als so selbstverständlich erlebt haben, einem autokratischen Regime wieder zu entreißen.

Wir Deutschen sind kein Volk von Demonstranten (auch wenn es phasenweise anders wirkt). Aber wir wissen was wir wollen!

Unser historisches Bewusstsein muss uns jetzt und in Zukunft davor schützen, antidemokratischen Kräften Raum zu geben. Weder aus Bequemlichkeit, weder aus Frust und schon gar nicht, weil wir vor irgendwas Angst haben. 

Wer Hambach als Kontrapunkt gegen Chemnitz missbraucht

Wer sagt, dass Linksextremismus weniger verurteilenswert wäre als Rechtsextremismus? Ich wüsste nicht, dass das mal jemand behauptet hätte und doch gehört es zum Ritual, wenn gerade mal wieder rechte Umtriebe kritisiert werden. Nach Chemnitz und Köthen ist es besonders krass.

Es muss ein unvermeidlicher Reflex sein, den bestimmte Journalisten und Politiker an den Tag legen. Sie glauben offensichtlich, sich mit solchen Binsenweisheiten bei ihrer konservativen Klientel ins “rechte” Licht setzen zu können.

Trotz der intensiven Debatten nach dem G20 Gipfel, während derer das IMHO geklärt wurde, versuchen viele die Debatte am Leben zu halten, um damit vom aufkommenden Rechtsextremismus abzulenken. Eigentlich ist das unglaublich.

Solche Kritik, wie Reitz sie hier formuliert, halte ich für unbegründet. Und zwar nicht allein deshalb, weil sie zuerst einmal wie eine Retourekutsche rechtskonservativer Journalisten (und Politiker!) gegen die Permanent – Kritik des so genannten Mainstreams an den Exzessen der Rechten in Chemnitz  und Koethen wirkt.

Das Lager der Unterstützer des Braunkohletagebaus ist in meiner Heimatregion besonders stark. Das hat weniger mit politischen Glaubensfragen, als mit existenziellen Fragen zu tun. Man sieht die Entwicklung mit großer Sorge, weil man ahnt, dass die Zusagen und politischen Vereinbarungen von begrenzter Haltbarkeit sind. Nach Fukushima war schließlich schon mal plötzlich alles ganz anders.

Viele Argumente zur Kohlezukunft liegen auf dem Tisch. Die jeweilige Gegenseite will sie nicht hören, geschweige denn akzeptieren und sich überzeugen lassen. 

Mich erinnert die Härte der Auseinandersetzung an den Streit um die liberale Flüchtlingspolitik der Kanzlerin. 

Wollen wir keine Kompromisse mehr? Können wir uns nicht aufeinander zubewegen?

Manche Politiker und Medienvertreter machen aus dem Streit um den richtigen Weg in der Energiepolitik eine Links / Rechts – Konfrontation.

Die AfD mischt sich ein und für Rechtsblogs wie Tichys Einblick oder Die Achse des Guten (keine Verlinkung!) ist die Entwicklung ein gefundenes Fressen. 

Jetzt ist die “die Antifa” im Hambacher Forst am Start. Wahrscheinlich weiß das aber nur der Geheimdienst ganz genau. Aber wir lernen in diesen Tagen: Auch die wissen wenig bis nichts, beteiligen sich aber nichtsdestotrotz rege an der öffentlichen Diskussion. 

Es fehlen Figuren mit Integrationskraft.

Armin Laschet (ab Min. 44, Thema Hambach) zieht sich auf getroffene Vereinbarungen und auf Rechtsgrundlagen zurück, die von der rot-grünen Vorgängerregierung geschaffen wurden. Er hat seine Argumente genannt. Die des Politikers. Kann die Bürgerin, kann der Bürger mehr verlangen? 

Die Leute, die in Hambach demonstrieren, werden über einen Kamm geschert.

Diese Art von Verallgemeinerungen erinnert an andere Situationen mit denen wir uns im Land immer stärker herumschlagen.

In der WDR – Arena – Sendung sagte der Vorsitzende der Gewerkschaft von Kriminalbeamten, Fiedler, er vermutet, dass unter denen, die sich in Hambach engagieren, viele von denen sind, die bei G20 in Hamburg ihr Unwesen getrieben haben. Angesichts der gewaltsamen Ausschreitungen, die es dort gab, mag das eine berechtigte Sorge sein.

Wenn aber nicht einmal unsere Sicherheitsbehörden in der Lage sind, die Gefährdungen richtig einzuschätzen! Herr Fiedler scheint sich jedenfalls außerstande zu fühlen. Er äußerst öffentlich seine Sorgen und stichelt die Gegner der Aktivisten damit an. Glaubt jemand, das passiert zufällig?

Was ist mit dem Verfassungsschutz, dessen Präsident jetzt doch entlassen werden soll? Er sah gute Gründe für die Annahme, dass die Bevölkerung durch unsere Medien von dem Tötungsdelikt in Chemnitz abgelenkt werden sollten. Der Subtext ist: Diese links-grün-versifften Mainstream-Medien pushen Fake News zu Lasten der besorgten Bürger.

Mich erinnert das Thema an andere Diskussionen, bei denen wir so etwas wie Differenzierungen auch nicht mehr hinkriegen (Stichwort: Flüchtlinge, Besorgte Bürger).

Sprachlosigkeit ist nicht das Problem

Wie können Menschen anderen unterstellen, sie fänden Verbrechen nicht abscheulich und verstörend? Und warum ist es wichtig, woher ein Täter kommt?

Welche Motivation haben Menschen, Daten über Kriminalfälle zu sammeln und dazu Techniken wie das Geotagging einzusetzen und die so aufbereiteten Informationen einer möglichst breiten Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen? Und warum macht die Tagesschau sowas nicht? Letztere war eine rhetorische Frage.

Denn alle wissen, woher der Wind weht, wenn über die Facebook- und Twitter-Kanäle ein neues Verbrechen, begangen von einem “so genannten” Flüchtling, zügig und breit gestreut wird. Selbst auf die “Gefahr” hin, dass der Informationsgehalt gegen NULL geht.

Es geht nie um Informationen, sondern ganz überwiegend um kleingeistige Desinformation, die nichtsdestoweniger in höchstem Maße subversiven Charakter hat. 

Dieser Ehrgeiz erfasst jene Leute bezeichnenderweise nur dann, wenn es sich bei den mutmaßlichen Tätern um Flüchtlinge oder Ausländer handelt. Wieso ist es so relevant, wer Verbrechen begangen hat?

Die Antwort ist leicht: weil das politischen Profit bringt. An dieser “Technik” haben lange vor der AfD andere rechte Gruppen und Blogs erfolgreich gearbeitet. Rechtsextreme Blogs wie PI-News haben irgendwann Anfang des Jahrtausends damit begonnen, bei allen sich bietenden “Gelegenheiten” mit dem Finger auf Fremde zu zeigen. Was gelogen oder erfunden war, interessierte diejenigen, die diesen Leuten auf den Leim gingen, schon damals kaum. Es waren die Nachrichten, die diese Leute hören wollten. Fake News kamen damals in Mode. Nur trugen sie noch nicht diesen heute populären Namen.

Landesgruppen – Tänzchen

Unter anderem der Vorsitzende der bayerischen Landesgruppe, Dobrindt, hat sich gestern im Bundestag darüber beklagt, dass nicht der Tod des 35jährigen Deutschen in Chemnitz im Mittelpunkt einer aufgeregten Debatten gestanden hätte, sondern die Ausschreitungen, die der Empörung der Chemnitzer Bürgerinnen und Bürger gefolgt ist. Ich kann Dobrindt nicht ernst nehmen. Sein Statement klingt einfach zu sehr nach Reflex. Viele Konservative haben plötzlich ein Problem mit der Wortwahl, die Presseberichte nach dem “Chemnitzer Trauermarsch” von vielen Medien etabliert haben. Angeblich gab es nichts von alledem. Und überhaupt. Der Mord an dem Deutschen wäre untergegangen in einer Empörungskampagne. Längst halten sich Verschwörungstheorien, die beschreiben, dass die Übergriffe von Antifa-Aktivisten ausgegangen sein. Tenor: Seit wann greifen schwarz-vermummte Rechtsradikale jüdische Restaurants an? Mal nachdenken…

Doch! Ich weiß, dass es linke Antisemiten gibt. 

Warum Politiker solche Spielchen spielen muss ich nicht erklären. Sie verstehen sowas als Chance, sich in den Vordergrund zu spielen und sich bei ihren Wähler ins rechte Licht zu rücken.

Für Dorbrindt hätten sich dafür weitaus bessere Chancen dafür geboten. Stattdessen hat er den VW – Skandal auf diese provozierend lässige und fahrlässige Art und Weise “gemanagt”.

Streit über Worte

Der Begriff Willkommenskultur ist längst negativ besetzt. Es gibt Abwandlungen mit denen diejenigen, die sich ehrenamtlich engagiert haben, zu Vollidioten und Volksverrätern umfunktioniert wurden. Ja, es gibt inzwischen einige Wörter, die in der politischen Zuspitzung nach 2015 besser gar nicht mehr benutzt werden. Mir wurde kürzlich in einer Diskussion vorgeworfen, ich sei ein Feind Deutschlands, weil ich die Flüchtlingspolitik Merkels unterstützen würde. Zugegeben, ich mag das von Rechten missbräuchlich vereinnahmte Wort Patriotismus nicht, aber ich liebe mein Land!

Setzen Sie sich in einer Diskussion mal für Toleranz oder politische Korrektheit ein. Es scheinen keine zwei Meinungen mehr zu existieren.

Viele behaupten heute, sie hätten schon im September 2015, spätestens nach Silvester 2015 gewusst, was auf Deutschland zukommen und wie sehr die Migrationskrise unsere Gesellschaft spalten würde. Die Verantwortlichen dafür mussten nicht lange gesucht werden. Die Lüge, Merkel habe 2015 die Grenzen geöffnet, hält sich. Die, die darauf bestehen, lassen sich auch nicht davon abbringen. Sie wissen, dass sie sich die Deutungshoheit erkämpft haben. Sie fühlen sich schon als die sicheren Sieger. Nur deshalb ist es möglich, dass ein Alexander Gauland und andere Scharfmacher der neuen Rechten Ungeheuerliches von sich geben. Aber ein bisschen haben wir uns an diesen Zirkus ja auch schon gewöhnt. 

Das letzte Umfrageergebnis auf Bundesebene stammt vom INSA – Institut. Es sieht die AfD jetzt bei 17,5 %. Die SPD ist 0,5 % kleiner. Das bedeutet, dass die AfD seit der letzten Bundestagswahl rund 5 % hinzugewonnen hat.

5 %! entsprechen ca. 2 Millionen neuen Wählern. Deutschland wird radikal!

Bald nach Beginn der Migrationskrise wurden in Europa wieder Grenzkontrollen eingeführt. Sie sollen es den Staaten wieder ermöglichen, selbst darüber zu entscheiden, wen sie ins Land lassen. Begründet wird das auch damit, dass ein wirksamer Schutz der Außengrenzen bisher nicht gewährleistet ist.

Schengenraum

Es hatte 10 Jahre bedauert bis Schengen nach den ersten Verträgen von 1985 endlich im Jahr 1995 in Kraft treten konnte. Die getroffenen Vereinbarungen funktionieren nicht! Auch die Schuld für diese Tatsache, wird Angela Merkel zugewiesen. Unbeteiligt war Deutschland am europäischen Debakel sicher nicht. Wie kaltschnäuzig haben wir gemeinsam mit den anderen Europäern weggehört, als Italien um Hilfe bat?

Durch den Schengen-Raum existieren die Grenzen zwischen europäischen Staaten nur auf Landkarten, da über 400 Millionen Bürgern aus 26 Mitgliedsstaaten die Freiheit eingeräumt wird, sich ohne Pass- und Grenzkontrollen so wie in einem einzigen Staat frei sowohl inner- als auch außerhalb des Gebietes zu bewegen, da in allen Ländern die allgemeinen Rechte auf Reise- und Bewegungsfreiheit Gültigkeit haben.


Die externen Grenzen des Schengen-Raums sind insgesamt 50.000 Kilometer lang, 80 Prozent davon verlaufen im Wasser und 20 Prozent an Land.


Das Gebiet umfasst Hunderte von Flug- und Seehäfen, zahlreiche Übergangsstellen an den Landesgrenzen, ein Areal von 4.312.099 Millionen Quadratkilometern und eine Bevölkerungszahl von 419.392.429 Millionen Einwohnern.

Quelle

Der deutsche Innenminister sagte kürzlich, die Migration sei die Mutter aller Probleme. Subtrahiert man alle politischen Spitzfindigkeiten kann ich an dieser Aussage gar nichts Anstößiges finden. Seehofer kann auch mal recht haben. Man muss dazu keine Umfragen wälzen und die Rankings der Fragen unserer Tage deuten. Die etablierte Politik hat schwere Fehler gemacht. Und das nicht nur in Deutschland.

Wichtiger als die Fehler, die im Zusammenhang mit der Migration gemacht worden sind, schlagen allerdings andere zu Buche. Ich glaube, wir haben in den letzten Jahrzehnten sukzessive beträchtliche Teile eines Grundvertrauens in wichtige Institutionen unserer Gesellschaften verloren. Über den Vertrauensverlust habe ich an dieser Stelle schon häufig geschrieben. Der Staat hat sich aus vielen Bereichen zu stark zurückgezogen und wenn dieses “nur” in Form von Personalabbau geschah. Das Kredo der FDP vom schlanken Staat hat seine Spuren hinterlassen.

Die Mutter aller Probleme

Seit 2015 haben nach Schätzungen ca. 1,5 Millionen Menschen in Deutschland Zuflucht gesucht. Die ursprüngliche Behauptung, dass überwiegend junge Männer unter den Geflüchteten waren, hat sich inzwischen relativiert. Die Wahrnehmung vieler Leute hält mit diesen Erkenntnissen aber nicht Schritt.

Das rührt wohl daher, dass Gruppen von jungen dunkelhäutigen Männer im Straßenbild auffallen. Ehepaare mit Kindern fallen weniger auf als insbesondere junge Männer in Gruppen, die zu allen Tages- und Nachtzeiten in Erscheinung treten. Nur ist das, wenn wir ehrlich miteinander sind, völlig unabhängig von der Herkunft dieser Menschen. Dass die jungen Männer, die als Flüchtlinge kamen, hauptsächlich unter sich bleiben, weil sie noch keinen Anschluss, zum Beispiel keine deutschen Freunde gefunden haben, dürfte eigentlich nicht überraschend sein.

Ich halte es für glaubwürdig und nachvollziehbar, wenn Soziologen oder Kriminologen die generell höhere Beteiligung von jungen Männern an Gewaltdelikten (unabhängig von der Herkunft!) betonen. Viele weisen solche Hinweise empört zurück. Es passt nicht in ihr Weltbild oder es ist ihnen schlicht egal, welche Gründe es gibt. Schließlich sterben Menschen. 

Das geht sogar soweit, dass den Fachleuten vorgehalten wird, sie seien parteiisch in dem Sinne, dass sie die “Wahrheit” verschweigen wollten, um Regierung und “Systemmedien” zu unterstützen. Auch hier zeigt sich der Vertrauensverlust.

Die Falle ist zugeschnappt!

Gaulands Liste

Gauland trug bei seiner gestrigen Rede im Bundestag eine Liste mit aktuellen Straftaten vor, die mutmaßlich von Migranten begangen wurden.

Warum stellen sich die Unterstützter dieser rechtsradikalen Partei nicht die Frage, welcher normale Menschen eigentlich auf die Idee kommt, akribisch festzuhalten, wann und wo Migranten Straftaten begehen? Das tun Leute, deren Geschäftsmodell nur funktioniert, indem sie Gesellschaften spalten. Aber nein halt! Es geht um den Nachweis, dass die Verbrechen, die von so genannten Flüchtlingen zulasten von Deutschen begangen werden, keine “Einzelfälle” sind, wie die “Systemmedien” und “Alt-Parteien” ständig behaupten.

Faschismusvorwurf

Wer kann so von “Sorgen” um die Zukunft Deutschlands dominiert sein, dass er zur Realisierung seiner Wünsche faschistoide Methoden in Kauf nimmt? Oder weil er einer Statistik glaubt, die anderen Erkenntnissen grob widerspricht und die darüber hinaus, mit der eigenen Lebenserfahrung überhaupt nichts zu tun haben?

Ja, es gibt Vergewaltigungen und Morde, die von Geflüchteten begangen wurden. Jede Straftat ist furchtbar und muss geahndet werden. Das ist der Konsens, den wir brauchen. Mehr nicht.

Es ist unverantwortlich, dass der deutsche Staat Flüchtlinge, die bekanntermaßen vorbestraft waren, nicht längst abgeschoben hat und seine BürgerInnen den Gefahren aussetzt, die von solchen Leuten ausgehen.

Ich höre nur selten etwas darüber, dass einer der zuständigen Behördenmitarbeiter für solch schweren Fehler verantwortlich gemacht worden wäre. Manche reden allgemein von “Staatsversagen ” und dergleichen. Das ist nicht ausreichend.

Keine (kaum) Konsequenzen

Im Fall des Berliner Attentäters Anis Amri wurde ein Untersuchungsausschuss im Bundestags eingesetzt, um das Ausmaß und die Gründe für die folgenschweren Behördenfehler zu ermitteln. Welche Konsequenzen wurden gezogen? Lediglich der Berliner Polizeipräsident musste seinen Hut nehmen. Die Gründe dafür lagen allerdings im unrühmlichen Handeln des LKA Berlin (Vertuschungsversuche im Fall Amri). Die Verantwortlichen wurden ansonsten, soweit ich das verfolgen konnte, nicht belangt. 

Hier klicken, um den Inhalt von YouTube anzuzeigen.
Erfahre mehr in der Datenschutzerklärung von YouTube.

Schaut man sich die Fälle der jüngeren Vergangenheit an, stellt man fest, dass einige der mutmaßlichen Täter wegen einschlägiger Delikte vorbestraft waren. Merkel hat das gestern in ihrer Rede ebenfalls kritisch erwähnt. Für mich war Merkels Statement von gestern wichtig. Das wird die Rechten im Land auch nicht zufriedenstellen.

Datensammlungen der besonderen Art

Die Rechten klagen bei jedem von ihnen eingesammelten Verbrechen eines mutmaßlichen Migranten Angela Merkel an. Sie sagen, es seien Merkels Tote. Manche fassen die Vorwürfe weiter. Für diese Leute sind alle Befürworter der liberalen Flüchtlingspolitik verantwortlich. Viele tönen, sie werden alle Verantwortlichen nach der “Machtergreifung” zur Verantwortung ziehen. So stark ist das Selbstbewusstsein der Rechtsradikalen in Deutschlands schon gewachsen. 

Fremdenfeindlichkeit wird mit Argumenten begründet, die schlechterdings kaum nicht zu widerlegen sind:


“Diese Menschen könnten noch leben, hätte Merkel die Grenzen nicht geöffnet”. 

Abgesehen von dem zwar richtigen aber dennoch müden Einwand, dass die Grenzen seit 1995 nicht mehr geschlossen gewesen sind, was könnte man darauf schon erwidern?

  • Wir sagen: unter den Hunderttausenden von Flüchtlingen befanden sich schlechte Menschen. (wie hilflos klingt das!)
  • Sie sagen: es sind keine Flüchtlinge
  • Sie sagen: sogenannte Flüchtlinge
  • Sie sagen: es kamen “alimentierte Messermänner” (Alice Weidel, AfD).

Menschen aus Kriegsgebieten und anderen Kulturkreisen kamen und haben wahrscheinlich traumatische Erfahrungen gemacht. Diese Wunden heilen nicht schnell. Wen interessiert’s.

Ist es unpassend – für manchen sogar provozierend -, traumatische Erfahrungen oder die ethnische Herkunft als (Ausrede, Entschuldigung) Erklärungen für tödliche Gewaltanwendung anzuführen? Welche Situationen auch immer zu dem tödlichen Streit geführt haben mag, wir wollen davon nichts wissen: wären diese Menschen nicht hier, würden die Opfer noch leben.

Denn: Die können nicht einfach nach Deutschland kommen (zu Mutter Merkel), unser Geld nehmen, unsere Frauen vergewaltigen und unsere Männer abstechen! 

So ein einfaches Weltbild ist bequem, intellektuell ein bisschen fragwürdig. Aber man kann sich so einrichten. Und immer mehr machen das auch.

Wieso sollten wir uns in diesem hochzivilisierten Land damit abfinden, dass Mitbürger gerade von den Menschen getötet werden, denen wir Schutz vor Krieg und Verfolgung bieten? Fragen Sie doch mal einen Flüchtling, wie er damit klar kommt, dass einer “seiner Leute”, vielleicht ja sogar ein Landsmann, einen anderen Menschen im Streit erstochen hat.

Beeindruckt bin ich von Berichten aus Chemnitz aber auch aus anderen Städten. BürgerInnen erzählen, dass sie zu bestimmten Zeiten aus Angst nicht mehr in die (ihre) Stadt gehen. Der Subtext ist deutlich: es geht um die Angst vor vergewaltigenden, messerstechenden “so genannten” Flüchtlingen.

Die Idylle

Ach, wie idyllisch haben wir es hier in unserem Dorf. Auch hier gibt es Flüchtlinge und im Vergleich gar nicht mal so wenige. Sie wohnen in eigens errichteten Wohnhäusern, was auch hier nicht ganz widerspruchslos vonstatten ging. Viele der Flüchtlinge gehen zu Fuß oder fahren mit dem Rad.

Es gibt Familien mit kleinen Kindern, die mir aufgefallen sind. Sie machen gemeinsame Ausflüge mit den Rädern. Die Kinder fahren voraus, die Eltern folgen. Sie wirken vergnügt. Ich frage mich, wie sie sich fühlen mögen – hier in diesem fremden Land und nach all dem, was sie vielleicht in ihrer Heimat erlebt haben.

Das ist sentimental und viele mögen meine Geschichte sogar empört als Schönmalerei zurückweisen: Schon wieder so ein Gutmenschengeplapper. 

Bei all dem Zoff  vergessen wir hoffentlich nie, dass es Menschen sind, über die wir ständig sprechen und streiten. Wie mögen sich Flüchtlinge in diesen Zeiten fühlen? Können sie sich überhaupt zurechtfinden in unserer angeblich nach christlichen Wertmaßstäben funktionierenden “Leitkultur”? Wie stark wirkt der Hass auf sie, der ihnen von vielen Deutschen offener als zuvor auch gezeigt wird?

Hier klicken, um den Inhalt von Facebook anzuzeigen.
Erfahre mehr in der Datenschutzerklärung von Facebook.

Wir leben im 21. Jahrhundert und sind uns, obwohl die Menschheit näher beieinander ist als je zuvor in der Geschichte, über den Begriff “Multikulti” total uneinig, weil er durch rassistische Ideologen ausgeplündert und entwertet wurde. Menschen – egal, woher sie kommen – haben mehr gemeinsam, als es rechte Rattenfänger behaupten. Zum Glück wissen das die meisten auch. Die Menschheit ist eins, unabhängig von Geschlecht, Hautfarbe, Religion, Herkunft oder anderen Kategorien.

Was sind Umfragen noch wert?

Ich freue mich, dass die Rechtsextremen in Schweden doch nicht gewonnen haben und auch nicht zweitstärkste Partei geworden sind – nicht annähernd!

Gabor Steingart sieht den Negativtrend der Sozialdemokraten bestätigt und gibt seinem heutigen MorningBriefing den Titel: “Abschied von der Sozialdemokratie”

Er führt darin die Länder auf, in denen die Sozialdemokraten schwere Niederlagen erlitten haben. Fälschlicherweise, sag ich ganz naseweis, auch Großbritannien. 

Dabei – immerhin! – ist Jeremy Corbyn bei den letzten Wahlen den Tories gefährlich nahegekommen. Bei den Unterhauswahlen gab es 40% für die Sozialdemokraten, ein Plus von 9,5% gegenüber der letzten Wahl. Die Tories hatten lediglich 2,4% mehr Stimmenanteile bekommen. Also, lieber Herr Steingart, Großbritannien bitte aus der Liste der Negativbeispiele streichen. Wie Corbyn das hinbekommen hat, scheinen die deutschen Sozialdemokraten leider nicht wissen zu wollen.

Der ehemalige Sozialist Emmanuel Macron ist der Beweis, dass es ein politisches Leben nach dem Tod gibt.

Steingart schrieb diesen schönen Satz in seinem heutigen MorningBriefing

Die spanischen Sozialisten regieren übrigens trotz Podemos, wenn auch ohne Wahlen (Misstrauensvotum gegen Rajoy) und das mindestens noch ein paar Monate. Vielleicht auch länger, die Umfragewerte sind seit dem Votum ganz ok.

Totgesagte leben länger! Sagt man doch so.

Die schwedischen Sozialdemokraten haben es geschafft. Sie sind mit einem Vorsprung von mehr als 10% gegenüber den rechtsextremen Schwedendemokraten aus den gestrigen Wahlen hervorgegangen. Zugegeben, strahlende Sieger sehen anders aus. Aber man ist ja schon mit kleinen Erfolgen zufrieden.

Nach einer am Samstag vom Schwedischen Radio veröffentlichten Erhebung (3. bis 5.9.) kommt der sozialdemokratische Block auf gut 40 Prozent der Stimmen, das konservative Lager liegt demnach einen Punkt dahinter. Die Schwedendemokraten rangieren bei 17,6 Prozent, damit wären sie die zweitstärkste Kraft nach den Sozialdemokraten. Löfven warnte bei einem Auftritt im Zentrum Stockholms vor „dunklen Kräften, die mobil machten“.

RP Online am Wochenende

Mich macht das froh. Weniger, weil ich den Sozialdemokraten die Stange halten möchte, als vielmehr deshalb, weil die Sozialdemokraten gemeinsam mit den Konservativen in Schweden vor den “anderen” liegen. Die Regierungsbildung wird sich, wie man liest, schwierig gestalten. Das schlechteste Wahlergebnis seit 100 Jahren haben die Sozialdemokraten eingefahren. Whow. Aber die Rechten bleiben nur drittstärkste Kraft im Reichstag. Gegenüber 2014 haben die Sozialdemokraten 3% verloren, die Rechten gewannen hingegen 5% hinzu. Daran erkennt man leider, was auch in Schweden los ist. 

Ich habe mit Freude gesehen, dass neue Umfragen (vom 8. September) zeigen, dass der Zuwachs der AfD vorerst gestoppt ist. Nach Emnid kommt die AfD nun auf 15, bei Forsa auf 14%. 

Mich hat interessiert, wie sich die Prozentveränderungen in potenziellen Wählerstimmen ausdrücken. Dabei habe ich die Ergebnisse der Bundestagswahl vom September 2017 zugrundegelegt. Hier eine Tabelle, die ich dazu erstellt habe:

Die INSA – Umfrage vom 3.9. sah die AfD bei 17%. Das wäre gegenüber der Bundestagswahl von vor einem Jahr ein Zuwachs von über zwei Millionen Stimmen gewesen. Lege ich aber das Forsa – Ergebnis von vorgestern zugrunde, beträgt die Steigerung ggü. der Bundestagswahl nur 1,4 %, was etwa 653.000 Wählern entsprechen würde. Nun, damit komme ich persönlich besser klar. :-/

Nach den Bildern von Köthen (Sachsen-Anhalt) und dieser ekelhaften Veranstaltung rechter Hetzer, an der wiederum viele “normale” Bürgerinnen und Bürger teilgenommen haben, beruhigt es mich nur mäßig, dass sich die Umfragewerte der Rechtsextremen in Deutschland wieder nach unten bewegen.

Klar, ein Trend ist das nicht und die Umfragen entsprechen, wie wir auch in Schweden wieder gesehen haben, nicht mehr unbedingt dem, was wir in puncto Genauigkeit von früheren Umfragen gewöhnt waren.

Bloß nicht die Sachsen kritisierten. Sonst wird die AfD noch Volkspartei

Manchen geht es wieder zu weit. Es sei unfair und sowieso irgendwie “unverhältnismäßig”, wenn solche Dinge, wie sie jetzt in Dresden passiert sind, so konsequent kritisch oder pointiert kommentiert würden. Die Linken hätten halt nicht widerstehen können. 

Scheinbar finden manche, die Linke, inkl. Antifa, wähnten sich nach Längerem endlich mal wieder am Drücker und überzögen deshalb die armen Sachsen mit breitgefächerten Nazi-Vorwürfen.

Ob es die verderbte Sprache gegen Merkel und andere Repräsentanten unseres Staates ist, die in Sachsen wie nirgendwo anders in dieser Radikalität “praktiziert” wird und an die wir uns schon viel zu sehr gewöhnt haben oder ob es um die aufgeflogenen und längst vermuteten Beziehungen zwischen Pegida und der örtlichen Polizeien geht.

In Sachsen erlauben sich Bürger bei antidemokratische Bewegungen mitzumachen und die Staatsregierung macht nix. Dafür werden andere (politische Gegner) für ihre Kritik heftigst getadelt. 

Wir kennen das ja fast nicht anders. Immer schön auf die Tränendrüse drücken und ansonsten alles so weiterlaufen lassen… Wird schon gut gehen!

Bei “Welt – Online” schreibt Hauptstadt-Oberaufklärer Robin Alexander (ja, genau der, der uns via Bestseller die Wahrheit über Angela Merkels angebliche humanitäre Großtat mitgeteilt hat. Demnach war es nämlich in Wahrheit die Angst vor irgendwelchen Bildern , die die Kanzlerin daran gehindert hatte, unsere Grenzen vor den Geflüchteten zu “schützen”), dass überbordende Reaktionen der Öffentlichkeit (nur der linken natürlich) dazu führen könnten, dass die AfD in Sachsen Volkspartei wird. Komisch, ich dachte, dass wäre längst ausgemacht!

Ich hab’s satt, mir diese Hassreden von Pegisten in Dresden und Umgebung anhören zu müssen und mich dann damit besänftigen zu lassen, dass jene Schwachmaten doch nicht alle Sachsen repräsentieren würden. Natürlich tun sie das nicht!

Aber die Sachsen und vor allem ihre Politiker! machen zu wenig, um diese Hirntoten an ihren Aktivitäten zu hindern.

Abgesehen davon: Welches Bundesland hat denn die höchste Zustimmung für die AfD?

Welche Schlussfolgerung soll ein Demokrat aus der Entwicklung ziehen? Ruhig bleiben und abwarten, was passiert, ob’s etwa schlimmer wird?

Nee! Irgendwann ist Schluss mit diesem rechten Schranzenzauber. Diese Demokratiefeinde sollen den ganzen Ärger zu spüren kriegen, den sie bei der Mehrheit unseres Volkes auslösen.

Die sind nicht das Volk!

Pegida und ihre Anhänger und Helfershelfer hängen mit dem Kopf echt tief drin in ihrer selbstgewählten Packstation! Und das wird man ja wohl noch sagen dürfen!

Die AfD ist ein Ventil für die Frustrierten

AfD-Wähler mag ich ungefähr so gern wie die Partei selbst. Ich muss nicht so tun, als hätte ich Verständnis für eine Politik, die meinen Überzeugungen zuwiderläuft.

Also auch nicht denjenigen gegenüber, die die Parolen – oft ohne jeden Anstand – nachplappern und mit ihren unwillkommenen Kommentaren verzieren.

Wer zur AfD und ihren Ideen schweigt und wer überhaupt der Diskussion zwischen Menschen mit abweichenden Standpunkten aus dem Weg geht, setzt sich dem Vorwurf aus, elitär und abgehoben zu sein. Mir wäre lieber, wir würden streiten bis der Arzt kommt, als uns stattdessen in philosophischen Exkursen zu verlustieren.

Es ist schön, ein klares Feindbild zu haben. Ärgerlich ist, dass sich die Vorbehalte inzwischen beidseitig so verfestigt haben, dass ein aufeinander zubewegen kaum mehr möglich ist. Die Medien sprechen von einer polarisierten Gesellschaft. Und die existiert bekanntlich nicht nur in Deutschland. Sie zeigt sich als weltweites Phänomen, das durch das Internet (meine Meinung) ausgelöst und weiter befeuert wird.

Richtig gruselig ist, dass sich die Union von der AfD den Takt in ihrer Flüchtlingspolitik vorgeben lässt! Nicht erst seit Seesöders unsäglichem Masterplan. Ich halte die Dinge, die in den letzten beiden Wochen abgelaufen sind für unerträglich und inakzeptabel. Ich werde nicht mehr wählen gehen!

Die Regierung Angela Merkel steht vor großen Herausforderungen. Ich übernehme bewusst diesen verniedlichenden Terminus “Herausforderungen”, denn ich bin eher dafür, die Dinge beim Namen zu nennen. Es sind Probleme, vor denen wir stehen. Gewaltige Probleme.

Merkel macht, so die öffentliche Wahrnehmung, wenig Anstalten, diese abzuräumen. Nach dieser irre langen Zeit der Regierungsbildung und dem mit der SPD ausgehandelten Koalitionsvertrag hätte ich mehr erwartet und vor allem anderes Tempo, in dem die Pläne umgesetzt werden. Statt dessen seehofert da einer herum, der normale Regierungsarbeit nahezu unmöglich macht.

Nach den Wahlen war doch das Wort vom es darf “kein weiter so…” geben in aller Politiker-Munde. Schon vergessen?!

Ich halte es gegenwärtig für wahrscheinlich, dass Merkel nicht mehr lange im Amt bleibt. Insofern bleibe ich meiner kleinen, hier schon vorgetragenen Theorie treu, dass das blödsinnige Vorgehen der CSU von Beginn an Merkels Rücktritt zum Ziel hatte.

Nicht nur die AfD arbeitet an Merkels Demontage, in der Union ist der Frust förmlich fühlbar.

Es wäre in normalen Zeiten ein Vorgang, der die Republik nicht erbeben ließe. Rücktritte hat es schon gegeben. Die Entscheidung Merkels, sich 2017 erneut zur Wiederwahl zu stellen, war nicht ihr klügster Schachzug. Die Union hätte mit einem anderen Kanzlerin die AfD der Chance beraubt, diese Bundesregierung “vor sich herzutreiben”. Schließlich hat die Partei den Pegida-Slogan #Merkelmussweg erst groß gemacht.

So eröffnete sich Alice Weidel und Alexander Gauland die Chance, die Jagd zu eröffnen. Die Wortwahl treffen solche Leute natürlich bewusst. Aber es trifft die Lage der GroKo nach Seesöders Pokerrunde einhundertprozentig!

Die AfD offenbar zwar einmal mehr, was sie von unserem demokratischen System hält. Die Proteste der Öffentlichkeit gegen diese Form der Demagogie sind mir zu leise!

Vor dem Hintergrund der aktuellen Regierungskrise wird es der AfD leicht fallen, ihre Punkte direkt im Bundestag und außerparlamentarisch zu adressieren. Sie brauchen nicht viele. Die Folgen der Flüchtlingskrise reichen diesen Hetzern für ihre Zwecke vollkommen aus. Dass die Partei (Meuthen beim Parteitag in Augsburg) die gesetzliche Rente abschaffen will, haben die meisten Mitstreiter der Partei überhört. Vielleicht ist es ihnen auch egal, weil sie die Partei als Fundamentalopposition benutzen und sie ihnen darüber hinaus NULL bedeutet.

Alles, was in den letzten Wochen passiert ist, finde ich sehr deprimierend. Ich halte es für gefährlich, weil es Gift für unser jahrzehntelang gelebtes und geschäftes liberales Gesellschaftssystem.

Warum bedeutet es vielen Menschen nicht mehr viel? Als Erklärung hören wir vom Frust der Vielen und von Politik(er)verdrossenheit. Das ist nichts wirklich Neues. Aber die Intensität mit der die Ablehnung vorgetragen wird, ist es.

Es ist leicht, die vielen Baustellen aufzuzählen, die es im Land gibt und an denen wir nicht vorankommen. Die Sorgen sind deshalb also nachvollziehbar. Der Staat hat in den letzten Jahren keine Handlungsfähigkeit gezeigt. So ist jedenfalls die Wahrnehmung vieler Menschen. Meine auch.

Wir würden nicht in dieser Schärfe über minimale symbolpolitische Richtungswechsel in der Flüchtlingspolitik streiten, wenn unsere Gesetze und Regeln angewandt worden wären. Erst die Defizite bei der Umsetzung vieler Selbstverständlichkeiten hat die Debatte in dieser Art und Weise ausufern lassen.

Ich bezweifle, dass dieser Staat seine Handlungsfähigkeit damit unter Beweis stellen wird, dass er an 3 Grenzübergängen (90 gibt es allein in Bayern!) Kontrollen durchführt und nach momentanem Niveau zirka 5 Menschen am Tag herausfischen könnte, die in einem Transit- (wahlweise auch Express-) Zentrum in das Land “zurückgeführt” würden, in dem sie zuerst ihren Asylantrag gestellt hatten. Dass dies in 48 Stunden maximal passieren muss, wie es das Grundgesetz vorschreibt, kennzeichnet nach all dem Streit die Vereinbarung als lächerlich – fiktionales Polit – Theater. Das als Symbolpolitik zu beschreiben, ist aus meiner Sicht viel zu seriös.

Die Krone setzen dem Ganzen die CSU – Leute auf, die davon reden, dass man in Bayern die Schleierfahnung einsetze, um die Menschen, die die 3 Grenzkontrollen umgehen konnten, zu stellen. In Berlin, Bremen und NRW gibt es, Stand heute, übrigens keine Schleierfahndung. Sie ist umstritten, sie wird im Allgemeinen ja gegen Verbrecher eingesetzt. Jetzt eben auch gegen Flüchtlinge!

Die EU-Kommission steht der Schleierfahndung ablehnend gegenüber, weil sie darin verdeckte Grenzkontrollen vermutet. Die deutschen Innenminister haben diese EU-Kritik zurückgewiesen. Anfang 2006 hat der Europäische Rat nun den vom Europäischen Parlament geschaffenen Rahmenbedingungen zur Einführung von verdachtsunabhängigen Personenkontrollen in einem Bereich von 30 Kilometern entlang der Schengenbinnengrenzen zugestimmt.

Das Bayerische Landeskriminalamt unterstreicht die Bedeutung der Schleierfahndung als „unverzichtbares Instrument im Kampf gegen Drogenschmuggler und andere Straftäter.“ Ab Juli 2015 verstärkt der Freistaat Bayern die Schleierfahndung um 500 Polizisten. Laut Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sei das eine Konsequenz aus der großen Zahl der Aufgriffe bei den Grenzkontrollen während des G7-Gipfels auf Schloss Elmau.[5] Herrmann sieht die Methode der Schleierfahndung als Erfolgsmodell. Link: Schleierfahndung – Wikipedia

Schäubles Ansage an die AfD sollte zur Hauptsendezeit im TV gezeigt werden!

Es ist nicht allein der AfD-Bundestagsabgeordnete Seitz (http://bit.ly/2JHxjHS), der dem Parlament und den seit Jahrzehnten geltenden Regeln unserer Demokratie gegenüber seine Missachtung ausgedrückt hat.

AfD-Abgeordnete sprechen nicht nur zur Tagesordnung, sie kommen immer wieder auf ein Thema zurück, von dem sie wissen, das es bei ihrer Klientel ankommt. Es funktioniert bei AfD-Leuten wie ein Knopf. Da springen sie wie Kai aus der Kiste und schütten ihren Sermon zur Flüchtlingspolitik in die sozialen Netzwerke. Inhaltlich bewegen sich die Aussagen zwischen dürftig, falsch und gelogen. Es funktioniert.

Mit den Folgen der innerhalb der AfD-Fraktion selbstverständlich abgesprochenen Provokation dieser so genannten Schweigeminute , muss nicht nur Frau Roth umgehen. Aber Frau Roth (Grüne) ist eine der Hassfiguren in der deutschen Politik, nicht nur für AfD-Fans. Das wissen sich die Hetzaktivisten der AfD zunutze zu machen.

Alle, denen etwas an einer demokratischen, offenen Gesellschaft liegt, müssen nach diesem Eklat, von dessen Folgen Bundestagsvizepräsidentin Roth, besonders hart getroffen ist, ihr Verhältnis zur AfD neu klären. Können Sie sich vorstellen, wie würde unsere Gesellschaft aussehen würde, wenn die AfD im Land das Sagen hätte? Ich will mir das gar nicht vorstellen. Diese Partei muss verschwinden!

Alle wissen, dass allein die umstrittene Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Merkel, der Nährboden für rechtsextreme, nationalistische Positionen ist. Gauland sagte einmal sinngemäß, dass die Flüchtlingskrise ein Glück für seine Partei sei.

Kann es sein, dass eine jahrzehntelang bewährte demokratische Ordnung durch ein stark polarisierendes Thema zerstört wird?

Die Kommentare, die ich von AfD-Anhängern zur Rede Schäubles gelesen habe, lassen keinen Zweifel. Mit Menschen, die ein derart geschlossenes Weltbild haben, ist kein demokratischer Staat zu machen. Es ist manchmal fast witzig, wenn sich AfD-Anhänger darüber beklagen, dass die Antworten zu ihren Kommentare respektlos, zuweilen sogar verachtend ausfallen. Mir fällt dazu das Sprichwort: “Wie man in den Wald hinein ruft, so schallt es heraus” ein.

Die Ein-Themen-Partei AfD und ihre Anhänger hängen der Vergangenheit nach. Dafür habe ich durchaus verständnis, weil ich auch gern von früher ™ rede. Ich weiß aber aber, dass es Politik vor allem darum gehen muss, Zukunft zu gestalten und dabei die Lehren der Vergangenheit nicht außer Acht zu lassen.

Die Sorge um die Wahrung von nationalen Werten und Errungenschaften ist es nicht, was die AfD und ihre Anhänger umtreiben. Es ist die Angst vor der Zukunft und groteskerweise versuchen sie, diese zu verhindern. Sie haben die Zeichen der Zeit nicht erkannt.

Die Schwarz-Weiß-Malerei der AfD bietet den Gegenentwurf zu einer freien, offenen Gesellschaft an. Als ob der Nationalstaat im 21. Jahrhundert nach all unseren historischen Erfahrungen, ein zukunftsweisendes Konstrukt sein würde. In einer sich immer schneller verändernden Welt, in der AfD-Anhänger sich offenbar so gar nicht zurechtfinden, hat diese Vorstellung schon etwas Komisches. Von Klugheit zeugt das nicht gerade. Und das, wo es doch in der AfD-Fraktion, wie ihre Fans gern betonen, doch so viele Akademiker gibt.

Eine mögliche Schlussfolgerung aus diesem Widerspruch könnte sein, dass es nicht um die Interessen des “deutschen Volkes” geht, sondern um die sehr persönlichen Interessen einer Partei (mit erfolgversprechender monothematischer Programmatik) und ihrer Führungsriege.

Es gibt ja so vieles, über das wir uns beklagen. Manchmal hat es den Anschein, als suchten manche den lieben langen Tag danach, neues Material für ihre Klagen über die Welt zu finden und dieses – häufig als Selbstzweck – in den sozialen Netzwerken mit Hass und Häme gespickt zu verbreiten. Nur ist all das Wasser auf die Mühle von antidemokratischen Bestrebungen.

Niedrige Renten, unverschuldete Arbeitslosigkeit, Hartz IV, zu hohe Moscheebauten, verhüllte Frauengesichter, Burkas, andere Religionen, zu wenig Polizei, zu wenig Lehrer, schlechte Bildungschancen, zu lange Wartezeiten für ärztliche Untersuchungen und jetzt verstärkt Vergewaltigungen und Morde an Frauen durch “Flüchtlinge”. Das ist Sprengstoff, der viele Menschen beschäftigt. Die Frage ist, wie wir alle damit umgehen und welche Antworten wir uns vorstellen. Sind es die Antworten, die die AfD gibt oder geben wir uns ein bisschen mehr Mühe mit der Beantwortung dieser Fragen?

Unser Staat muss sich neu ordnen und den Rechten damit den Wind ein Stück weit aus den Segeln nehmen. Seine Institutionen machen leider seit Jahren einen zunehmend desolaten Eindruck. Die Regierungen, auch die der Länder, haben viel Arbeit vor sich. Wenn sie ihren Job gut machen, wird die AfD ein Fliegenschiss in der Geschichte der Bundesrepublik bleiben.

Schäubles klare Worte an die AfD im Bundestag:

✅ Beitrag gemerkt! Favoriten anzeigen
0