Richtig sympathisch ist mir der Begriff „investigativ“ nie gewesen. Ebenso wenig mag ich die so genannten Plagiatsjäger. Wenn also investigative Journalisten so genannte Plagiatsjäger jagen, könnte ich mich zufrieden zurücklehnen.
Das Redaktionsnetzwerk RND geht nicht so weit wie t-online. Dort nämlich brachte die investigative Recherche pikante Einzelheiten ans Licht der Sonne, die einiges in Frage stellen müsste.
Kleine Anekdote nebenbei: In zwei verschiedenen Medien fand ich Umfragen über die angeblichen Plagiate Baerbocks. In einem Online-Angebot fand eine große Mehrheit die Kritik an Baerbock berechtigt, im anderen war es genau umgekehrt. Natürlich kann es sein, dass solche Aussagen aufgrund nicht hinreichend repräsentativer Beteiligung wertlos waren. Aber es zeigt vielleicht doch ein wenig, wie polarisierend das Thema wirkt.
Die von Weber, der als Plagiatsjäger schon einige „Blattschüsse“ vorzuweisen hat, angekündigte genauere Untersuchung des Buches sorgt für Furore. Das Vorgehen und die öffentlichen Hinweise zu den Hintergründen erinnern an bisher nur aus den USA bekannten Methoden. Es sind in meinen Augen weitere Axthiebe gegen die Stabilität unserer Demokratie. Es muss ein klares Ziel sein, auch die Hinterleute solcher Aktionen aufzudecken. So was darf sich nicht nur auf die Beschaffung und Betrachtung möglichst skandalträchtiger „Geschichten“ beschränken.
Vielleicht ist es naheliegend, hinter solchen „Recherchen“ bezahlte und widerliche Machenschaften der Feinde der Grünen Partei zu vermuten. T-Online beschreibt ein Szenarium, das man sich noch weniger vorstellen möchte, als mehr oder minder schon gewöhnliche politische Scharmützel in Wahlkampfzeiten.
Obwohl Weber selbst ausdrücklich erklärt hat, dass seine Jagd nicht bezahlt wird, der Verdacht steht auch aufgrund der T-Online-Recherche ziemlich konkret im Raum. Dass es möglich wäre, dass diese Aktionen nicht bloß gegen die Grüne Partei gerichtet sind, sondern sehr konkret gegen Annalena Baerbock, verschlägt mir den Atem.
Es gehe dem Anrufer zufolge nicht gegen die Grünen an sich, aber um ihr Spitzenpersonal: Baerbock müsse schnell weg, damit die Partei doch noch den Co-Vorsitzenden Robert Habeck ins Rennen schicke. Es sei „eine Riesenchance für Baerbock, wenn sie jetzt geht“, sei als Satz gefallen. „Das sollte wohl ausdrücken, dass sie noch mehr gegen sie auf Lager haben“, sagt Heidingsfelder. Mit dem Anrufer stehe er noch in Kontakt. „Wir sind seither weiter im Austausch, er hat mich am Mittwoch nochmal angeschrieben: ‚Mach doch bei uns mit.'“
Hintermänner suchten Plagiatsjäger für Kampagne gegen Annalena Baerbock
Ich bin kein Fan oder gar Wähler der Grünen. Aber wenn irgendwelche Gruppen mit gewissen Partikularinteressen zu Mitteln der Verleumdung greifen, sind wir nicht mehr weit von solchen Machenschaften entfernt, die wir bisher höchstens jenseits des Atlantiks vermutet hätten.
Das führt mich zu meiner grundsätzlichen Kritik und meinen Bedenken gegenüber solchen ach so geschätzten investigativen Recherchen wegen der auf der Hand liegenden impliziten Gefahren für jede Demokratie. Plagiatsjäger empfinde ich als überbewertet. Sie überführen zwar gewissermaßen BetrügerInnen, die Ergebnisse haben den Nachteil, dass sie sich leicht instrumentalisieren lassen und ein mehr als schlechtes Licht auf jenen Teil des wissenschaftlichen Betriebes werfen, der Doktorarbeiten begleitet und beurteilt. Daran sollten wir fundamental arbeiten. Dann hätten wir vor den Wichtigtuern, Plagiatsjäger genannt, endlich Ruhe.
Außerdem muss es zu denken geben, dass die Ergebnisse so mancher investigativer Recherche (ich denke u.a. an Panorama, Monitor etc.) häufig den Rechten in die Hände zu spielen scheinen. Es gibt keine politischen Magazine (nicht im TV und nicht bei anderen Medien), die nicht linken Perspektiven den Vorzug gäben. Da wünschte man sich fast das ZDF-Magazin zu Zeiten dieses „schrecklichen“ Gerhard Löwenthal zurück. Monokultur ist aus meiner Sicht schädlich für die Demokratie. Es ist keine übertriebene Behauptung böser Rechter, sondern meines Erachtens entspricht es der Wahrheit. Das heißt allerdings nicht, dass ich die angebliche Reduzierung politischer Magazine in der ARD (neue Programmdirektion) unterstütze. Nur der Mix muss anders werden.
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