Grünes Wachstum hat Einfluss auf den Prozess des Klimawandels. Der Prozess wird aber dennoch weitergehen, wenn das Wachstum nicht gestoppt wird.

Wenn Klimaaktivisten manchmal weinen, kann ich das gut verstehen. Man erzählt uns wahnsinnig viel über die Klimakrise. Die Menge von Informationen könnte dazu geführt haben, dass sich eine Art Gegenbewegung aus der Gesellschaft gebildet hat. VERZICHT wäre in meinen Augen eines der Worte, die wir uns hinter den Spiegel stecken sollten. Ohne diesen bewegen wir wahrscheinlich zu wenig, um die befürchteten Folgen zu vermeiden.

Wer tatsächlich meint, es gebe „grünes Wachstum“ bzw. dieses sei ein Erfolg versprechender Ansatz, die Zukunft der Erde zu beeinflussen, irrt sich vermutlich. Vielleicht schaut ihr euch diesen Monitor-Beitrag von gestern Abend einmal an. Ich räume ein, dass ein ziemlich linker Journalist, der Georg Restle vermutlich ist, sich möglicherweise etwas zu leicht mit „seiner“ Forderung tut, das Wachstum gerade mal abzustellen. Das klingt selbst für meine Ohren sehr nach kapitalistischem Denken.

Link: Wahlkampfthema Klimapolitik: Das Versprechen vom grünen Wachstum – Monitor – Das Erste

Eine Aussage des Soziologen und Klimafolgenforschers Harald Welzer habe ich für meine Überschrift dieses Artikels verwendet.

Diese Aussage bringt es IMHO auf den Punkt. Abgesehen davon, dass wir in diesem Land, in dem sich so vieles (nicht nur während des Wahlkampfes) um das Klima dreht, bei gewissen wichtigen Entwicklungen viel zu wenig erreicht haben.

Wir decken bisher gerade einmal 19,3 % unseres Gesamtenergiebedarfs durch erneuerbare Energien. Und das nach all den Anstrengungen, die hierzu bereits unternommen wurden. Aussagen von Grünen klangen immer sehr viel optimistischer. Wenn wir in dem Tempo jedoch weitermachen sollten, brauchen wir noch 75 Jahre, um unseren Gesamtenergiebedarf aus erneuerbaren Quellen decken zu können. Das ist ein ernüchterndes Resultat, jedenfalls wenn die Aussage in der „Monitor“-Sendung stimmt.

Ich weiß nicht, ob das allein den vom Gesetzgeber (Bund und Land) verfügten Mindestabstandsregeln geschuldet ist oder ob nicht auch ganz andere Dinge mit hineinspielen. Unter anderem die Verhinderung der Stromtrassen durch Bürgerinnen und Bürger unseres Landes.

Dass wir als Industrieland es in den vergangenen Jahrzehnten erfolgreich verstanden haben, arbeitsteilige Strukturen zu schaffen und deshalb (als angenehmen Nebeneffekt) heute auf China zeigen, wenn es um besonders klimaschädliche Produktionsprozesse und hohe CO₂ Emissionen geht, ist unfair und wird allein schon deshalb bei den internationalen Verhandlungen unwirksam sein.

Gehen wir davon aus, dass Verzicht wohl nach jedem kapitalistischen Dogma zu schwindenden Vermögenswerten führt, wissen wir, wie das in unserem Land ablaufen wird. Konservative oder FDP-Leute bekommen einen Herzkasper, wenn sie allein nur an die Möglichkeit denken, dass Wachstum ausgeschlossen ist und stattdessen auf absehbare Zeit ausschließlich das Gegenteil erforderlich wäre, um dem Klimawandel wirksam zu begegnen. Unter solchen Voraussetzungen können wir uns jede weitere Diskussion sparen. Jedenfalls, wenn die Einstellung in unserer Bevölkerung so bleibt (Mehrheit).

Wenn wir in Deutschland entscheiden würden, zugunsten des Klimas auf Wirtschaftswachstum zu verzichten, müssten wir das selbstverständlich auch von allen anderen Ländern fordern.

Damit wären wir erneut bei einer Frage, die schon heute alle Diskussionen überlagert. Was nützt es, wenn Deutschland Verzicht übt, wenn in anderen Ländern die sich ergebenden Lücken sofort schließen würden? Denn es steht doch außer Frage, dass die Menschen dort, insbesondere in den ärmeren, jede Gelegenheit nutzen werden, ihren Lebensstandard zu erhöhen. Wer wollte ihnen das verdenken? Wir, die wir Jahrzehnte vergleichsweise in Saus und Braus gelebt haben?

Wie schlimm muss der Klimawandel zuschlagen, bevor wir erkennen und mit unseren Handlungen auch diesen Erkenntnissen folgen? Nach Ansicht der Leute im Monitor-Beitrag wird nur der Verzicht und damit logischerweise verbundene Wohlstandsverluste, aber kein „grünes Wachstum“ die Lösung für diese voraussichtlich immer nur schlimmer werdende Weltkrise bringen.


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Horst Schulte

Herausgeber, Blogger, Amateurfotograf

Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

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1 Gedanke zu „Grünes Wachstum hat Einfluss auf den Prozess des Klimawandels. Der Prozess wird aber dennoch weitergehen, wenn das Wachstum nicht gestoppt wird.“

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