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Ein fröhliches „Fuck You“ nach Washington

Die Wiederwahl Donald Trumps lässt in Deutschland und Europa Emotionen hochkochen, während dort politische Propaganda und wirtschaftliche Ängste die Debatte dominieren.

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Möglicherweise bin ich schlecht oder einseitig informiert. Jedenfalls fühlt sich das im Moment so an. Die Propaganda der deutschen Politik und ihrer bereitwilligen Helfer in Journalistenkreisen lässt einem ja fast keine andere Wahl, als Trump nicht nur als Präsidenten, sondern auch als Menschen rundweg abzulehnen. Einen persönlichen Bezug zur Person gibt es nicht. Ein latenter Antiamerikanismus soll im Lande vorherrschen, bei mir zweifellos auch. Wie soll man heutzutage noch neutral oder halbwegs objektiv bleiben?

Ein fröhliches „Fuck You“ schallt an diesem Mittwochmorgen dem neuen und alten US-Präsidenten aus Deutschland entgegen. Man möchte nicht in der Haut derjenigen Politiker oder Journalisten stecken, die jetzt auf „professioneller Ebene“ mit ihm klarkommen sollen.

Der orangene Mann wird in Deutschland nicht von einer Sympathiewelle ins Amt getragen. In Europa sind wohl die meisten auch eher abgetörnt vom Wahlergebnis. Was wir von ihm gehört und gesehen haben, irritiert die meisten Leute. Die AfD-Fritzen jubeln. Allen voran Alice Weidel, die ihr Glück kaum fassen kann. Ihr scheint sicher: Auch Deutschland befindet sich nicht nur in einem faschistischen Sog, er lässt sich durchaus vergrößern und beschleunigen.

Ich kann immer noch kein Englisch. Die Übersetzungen, die mir KI oder gute Übersetzer liefern, vertraue ich allemal mehr als Trump-Sympathisanten. Und das, obwohl die mir immer wieder klarzumachen versuchen, dass auch die gelogen wären. Leute, es gibt genug Quellen, die man zurate ziehen kann. Es überzeugt niemanden, die krassen Lügen zu glauben, nur um dem Wunschkandidaten Trump den Rücken freizuhalten. Aufseiten der Trump-Gegner sind alte Gewissheiten in Rauch aufgegangen. Checks and Balances scheinen jetzt – wo es darauf ankäme – nicht mehr wirklich zu funktionieren. Ein Blick zum Supreme Court, dazu die ebenfalls neuen Mehrheiten der Republikaner in den Kongresskammern, belegen das.

Es steht zu befürchten, dass Trump einen großen Teil seiner Versprechungen an die US-Amerikaner wahr machen wird. Das klingt erst einmal abwegig. Es wäre doch eine tolle Sache, wenn Politiker sich an ihre Versprechungen hielten. Es klingt für deutsche Ohren unglaublich. Wenn Trump also davon redet, im großen Stil abschieben zu wollen, ist das zum Beispiel nichts, was wir nicht auch schon gehört hätten. Übrigens sind 62 % der Abschiebeversuche in Deutschland in diesem Jahr gescheitert. Die Effizienzsteigerung im Vergleich zum Vorjahr ist, wenn man die Brisanz solcher Versprechen berücksichtigt, einfach katastrophal. „Ampel“-Standard eben.

Das Thema Migration ist auch für die US-Amerikaner wichtig. Wie Trump über die Menschen redet, klingt für viele befremdlich. Ich war überzeugt, dass Trumps Sprache, seine Lügen und sein mieser Charakter normale Menschen abtörnen würden. Falsch gedacht!

Trumps Wähler empfinden seine Tiraden gegen Menschen nicht als Zumutung, sondern scheinen seine Sprache gut zu finden – auch die Millionen Hispanics, die selbst einen Migrationshintergrund besitzen. Denen war offenbar wichtiger, dass keine Frau in dieses Amt kommt. Dieses Machismo-Gehabe offenbarten leider auch viele Afroamerikaner.

Dabei stand das Thema Migration nach Umfragen erst an 3. Position. Das wichtigste Thema ist die Wirtschaft. Auch da bringt die Unterstützung der Republikaner ein Störgefühl, wenn sie ihre Lage betrachten. Oder müsste man eher davon sprechen, dass sie Zukunftsängste haben, weil vieles nicht mehr so läuft, wie es früher einmal war? Nun, wir kennen das in Deutschland nur zu gut, nicht wahr?

Ein zentraler Faktor für Trumps Wahlerfolg war die wirtschaftliche Lage. Viele Wähler waren besorgt über die steigenden Lebenshaltungskosten, insbesondere die Inflation und hohe Mieten. Trotz der Verbesserung einiger wirtschaftlicher Indikatoren unter der Biden-Harris-Regierung trauten viele Amerikaner Trump mehr Kompetenz in der Wirtschaftspolitik zu. Er versprach, die Wirtschaft wiederzubeleben und die finanziellen Sorgen der Menschen zu lindern, was bei vielen Wählern Anklang fand. Es scheint so, dass Trump besonders in den Swing States durch diese Botschaften punkten konnte.

Auch bei diesem wichtigsten Thema spielen offenbar Emotionen (Angst vor der Zukunft) eine größere Rolle als die Fakten. Schließlich hat die Biden-Administration mit ihrem Inflation Reduction Act derart große Finanzmittel in die US-Wirtschaft investiert (891 Mrd. $), dass auch sie dem trumpschen „Make America Great again“ inhaltlich voll entsprochen haben. Hunderte von Milliarden wurden davon allein in Energie- und Klimaschutzmaßnahmen investiert. Die Aussagen Trumps zu diesem Thema sind grotesk widersprüchlich. Er will solche Projekte zurückfahren und dafür verstärkt wieder in Öl- und Gasförderung investieren.

Dem von Trump gesetzten Motto: „America First“ können viele Menschen, auch in unserem Land, grundsätzlich viel abgewinnen. Es ist naheliegend, dass angesichts der Spaltung der Gesellschaften ökonomische Sachverhalte und ihre sozialen Auswirkungen die Leute bewegen. Denken wir an die Milliarden, die wir zur Verteidigung der Ukraine ausgeben, einschließlich der Unterstützung aller Flüchtlinge und Asylsuchenden. Selbst die früher als so selbstverständlich geltende Entwicklungshilfe wird heute unter Bezug auf rechte, demokratiefeindliche Narrative hinterfragt (Stichwort: Fahrradwege in Peru).

Hintergrundinformationen dazu sind unnötig (/ironie)! Man lehnt solche Leistungen rundweg ab und verweist auf den armen Rentner, der zur Sicherung seiner Existenz Flaschen sammeln geht. Die Kritik mag in Einzelfällen schon begründet sein, allerdings fehlt bei vielen Kritikern ein Mindestmaß an Vorinformationen. Bei X erkennt man die umstrittensten Themen auch daran, dass die sich daraus ergebenden Threads mit abscheulichen, allerdings grundsätzlich sehr kurzen Hassnachrichten gefüllt sind. Mehr als einen Satz bekommen die meisten nicht zusammen. Armselig und doch gefährlich. Die selbstreferenzielle Hassbrut brütet vor sich hin.

Tendenziell sind wir in Deutschland voll auf Linie. Die USA geben den Takt vor. Was dort geschieht, passiert ein paar Jahre später auch bei uns. An vielen Stellen konnte man sich darauf jedenfalls stets verlassen.

Populistischen Botschaften sind alle Demokratien der Welt ausgesetzt. Putin und Konsorten haben es leicht, damit umzugehen. Politische Widersacher werden buchstäblich aus dem Weg geräumt, eliminiert. Der Kampf um gute Argumente hat auch in den Demokratien bereits an Akzeptanz eingebüßt. Emotionen schlagen Argumente. Was das für die Zukunft bedeutet, weiß noch niemand. Eine gewisse Vorstellung, was daraus werden könnte, haben wir allerdings schon. Und das schürt auch die Angst – auf allen Seiten.

In den USA wurde ein verurteilter Straftäter und fragwürdigem Charakter mit überwältigenden Ergebnissen zum Präsidenten gewählt. Das klingt verrückt und unheimlich. Der Mann kann uns in Europa noch viel „Freude“ bereiten. Wir hätten gut daran getan, uns auf diese Möglichkeit vorzubereiten. Leider ist das nicht geschehen. Die europäische Politik hat wieder einmal versagt, die deutsche ohnehin.

Bei uns wurde Spahn übel dafür kritisiert, dass er den Parteitag der Republikaner in den USA besucht hat. Dass unsere Politiker jetzt zwangsläufig mit dem Kerl reden müssen, dürfte für Nachtschweiß und Unbehagen sorgen. Das will ich nicht in den Nachrichten sehen.

Unsere Regierungsmitglieder und natürlich auch unsere Opposition sollten nicht weiter moralisieren und über andere herziehen, sondern besser ihre Hausaufgaben machen und mit allen reden, mit denen es etwas zu reden gibt. So, Frau Baerbock. Auf den Januar muss nicht gewartet werden. Setzen Sie sich schon mal in Ihren Flieger und reden Sie mit Trump. Aber vielleicht löst sich diese Regierung ja in diesen Tagen auf. Dann bleibt uns dieses Dilemma wenigstens erspart.

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Horst Schulte
Herausgeber, Blogger, Autor und Hobby-Fotograf
Seit 2004 blogge ich über Politik und Gesellschaft – also seit die meisten noch SMS statt Tweets geschrieben haben. Mit 70 Jahren lebe ich immer noch im schönen Bedburg, direkt vor den Toren Kölns, und schreibe über alles, was die Welt bewegt (oder mich zumindest vom Sofa aufstehen lässt).

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Artikelinformationen:

Politik

Deutschland, Politik, Trump

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