Auch das Grund­ge­setz kann geän­dert wer­den. Vor­aus­ge­setzt … die poli­ti­schen Mehr­hei­ten sind ent­spre­chend. Die Dis­kus­si­on um Fried­rich Merz” Plä­ne zur Aberken­nung der Staats­bür­ger­schaft und die deut­sche Migra­ti­ons­po­li­tik spie­gelt eine Gesell­schaft zwi­schen Idea­lis­mus und For­de­run­gen nach mehr Här­te wider.

Wenn der kom­men­de Kanz­ler im Wahl­kampf davon redet, dass straf­fäl­lig gewor­de­nen Deut­schen, die eine zwei­te Staats­bür­ger­schaft besit­zen, die­se aberkannt wer­den sol­le, zucken vie­le zusam­men. Das war nicht anders zu erwar­ten. Aber die Pola­ri­sie­rung wird sich ver­stär­ken, wenn Poli­tik sich wei­ter­hin nicht um den gesell­schaft­li­chen Frie­den schert, son­dern ideo­lo­gi­schen Über­zeu­gun­gen den glei­chen Raum gibt wie bis­her. Prag­ma­tis­mus muss ein­keh­ren. Han­deln muss die Labe­rei erset­zen. In ande­ren euro­päi­schen Län­dern hat man das begriffen.

Grundgesetz ändern?

Das Zucken inner­halb unse­rer Gesell­schaft geht viel­leicht weni­ger dar­auf zurück, dass wir uns an unser Grund­ge­setz erin­nern. Es ist von Men­schen gemacht und es kann von Men­schen auch geän­dert wer­den. Das pas­siert übri­gens auch häu­fi­ger, als vie­le glau­ben. Sich aufs Grund­ge­setz zu bezie­hen, ist in man­chen Krei­sen unse­rer Gesell­schaft offen­bar zum belieb­ten Vehi­kel gewor­den. Die­ser Ein­druck drängt sich mir auf. Und zwar nicht nur bei die­sem Thema.

Wir waren mög­li­cher­wei­se zu lan­ge sicher, dass bestimm­te Äuße­run­gen, wenn es um Aus­länder (nicht nur die mit deut­schem Pass) geht, zu ver­mei­den sind. Man könn­te ja Men­schen ver­let­zen, die es nicht «ver­dient» haben. Ich wäre aus heu­ti­ger Sicht geneigt, hin­zu­fü­gen: um jeden Preis.

Wir haben uns mit den soge­nann­ten Zei­ten ver­än­dert, der Umgang im Land ist oft rup­pig bis rück­sichts­los. Das lässt sich mit Anzei­gen gegen die beson­ders rup­pi­gen Exem­pla­re unter uns Bür­gern nicht ändern oder gar rück­gän­gig machen. Wir wer­den unse­ren Umgang damit erler­nen müs­sen. Oder wie hat Frau Weis­band es so tref­fend for­mu­liert?

Nun kann man dar­über strei­ten, von wem die­ser Unfrie­den im Wesent­li­chen aus­geht. Ges­tern las ich, dass die Zahl rech­ter Gewalt­ta­ten ver­gan­ge­nes Jahr auf Rekord­ni­veau waren. Dass die­se Gewalt­ta­ten sich über­wie­gend auf Pro­pa­gan­da-Delik­te (dum­mes, rech­tes Zeugs) bezog, ging viel­leicht unter.

Rechte Gewalt

Zu den bis­her regis­trier­ten Straf­ta­ten zäh­len nach RND-Anga­ben 1.136 Gewalt­de­lik­te, nach 1.270 im gesam­ten Jahr 2023. Den größ­ten Anteil mach­ten mit 21.311 dem­nach aber auch 2024 soge­nann­te Pro­pa­gan­da-Delik­te aus und Volks­ver­het­zun­gen mit 5.097 Fäl­len. Zudem sei­en 1.942 Sach­be­schä­di­gun­gen ver­zeich­net worden.

Quel­le

Wir ken­nen die Reak­ti­on auf derarti­ge Aus­sa­gen. The same pro­ce­du­re as ever. Die Kri­tik lässt nie lan­ge auf sich warten.

Was wir zuletzt wieder an Sil­ves­ter auf vie­len Stra­ßen (nicht nur in Groß­städ­ten wie Ber­lin oder Köln) erlebt oder mit­an­se­hen muss­ten (auch in unse­rer Kreis­stadt Berg­heim wur­den Autos abge­fa­ckelt – die Kli­en­tel war iden­tisch [jun­ge Män­ner mit ara­bi­schem Aus­se­hen]), wol­len vie­le Men­schen nicht län­ger hin­neh­men. Es gibt aus Grün­den der poli­ti­schen Kor­rekt­heit (& Pres­se-Kodex) ein­mal mehr kaum gesi­cher­te Zah­len über die Kli­en­tel, die für die­se gefähr­li­chen Ein­grif­fe ver­ant­wort­lich zu machen ist, aber die Aus­sa­gen von unab­hän­gi­gen Beob­ach­tern (WDR Jour­na­lis­ten) machen vor allem Aus­länder (jun­ge Män­ner mit ara­bi­schem Aus­se­hen) ver­ant­wort­lich. Die Rede war von 95 %.

Randalierer ausländischer Herkunft

Wer mir die­sen hohen Anteil von Ran­da­lie­ren nicht «abkauft», der könn­te sich die zahl­rei­chen Vide­os auch die­ser letz­ten Sil­ves­ter­nacht zu Gemü­te füh­ren. Mir ist natür­lich klar, dass ins­be­son­de­re bei sol­chen Dis­kus­sio­nen der Streit dar­über, von wem Gewalt aus­geht, unver­meid­lich ist. Es kann halt nicht sein, was nicht sein darf. Im Zwei­fel wird die Ver­ant­wor­tung für die Eska­la­ti­on der Poli­zei zuge­wie­sen. So ticken vie­le Men­schen im Land, also nicht nur Grüne.

Ob Merz” Ansa­ge je Rea­li­tät wird, ist offen. Schließ­lich schaf­fen wir es bis­her nicht ein­mal, die Men­schen abzu­schie­ben, die kei­nen deut­schen Pass besit­zen und die poli­zei­lich mehr­fach auf­fäl­lig wer­den und für unse­re Bür­ger zur Gefahr gewor­den sind. Wie gefähr­lich das sein kann, zei­gen schlim­me Bei­spie­le unse­rer jün­ge­ren Ver­gan­gen­heit. Das ist das Ver­sa­gen des Staa­tes, der für sich das Gewalt­mo­no­pol reklamiert. 

Stimmt die AfD dafür?

Merz ist sich im Kla­ren dar­über, dass sei­ne Plä­ne Grund­ge­setz­än­de­run­gen bedin­gen. Bei die­sem spe­zi­el­len The­ma dürf­te die AfD wohl der Koali­ti­on der Wil­li­gen hin­zu­ge­rech­net wer­den. Ob die Uni­on das noch nicht über­blickt? Der Blick in die Alpen­re­pu­blik Öster­reich hilft, um sich Klar­heit zu verschaffen.

Die Sperr­mi­no­ri­tät soll­te die Balan­ce zwi­schen Mehr­heits­ent­schei­dun­gen und dem Schutz von Min­der­hei­ten­in­ter­es­sen sichern und die Macht der Mehr­heit begren­zen. Das Ziel: Die Ver­fas­sung soll­te sta­bi­ler und bes­ser geschützt werden.

Quel­le

Bei der Ände­rung der «Schul­den­brem­se», die die Uni­on gleich nach den Bun­des­tags­wah­len in Angriff neh­men wird (ich unter­stel­le das, bzw. bin davon fest über­zeugt!) wird die AfD mit einer mög­li­chen Sperr­mi­no­ri­tät im Bun­des­tag eine schwe­re Bür­de. Wel­che Art von «Kom­pro­mis­sen» dann nötig wäre, kann man sich denken.

Im Bun­des­tag ist eine Sperr­mi­no­ri­tät bei 33 Pro­zent der Abge­ord­ne­ten­stim­men erreicht. BSW und AfD müss­ten jedoch nicht auf die­sen Wert kom­men, gibt der Main­zer Poli­tik­wis­sen­schaft­ler Kai Arzhei­mer zu beden­ken. „Bei ver­gan­ge­nen Wah­len gin­gen erheb­li­che Stim­men­an­tei­le an klei­ne­re Par­tei­en, die unter der Fünf­pro­zent­hür­de blie­ben“, sag­te Arzhei­mer dem Han­dels­blatt.

Dies könn­te dies­mal sogar die FDP tref­fen, die dann womög­lich nicht den Sprung über die Fünf­pro­zent­hür­de schafft. Das­sel­be droht auch der Lin­ken. „Ein gemein­sa­mer Stim­men­an­teil von AfD und BSW von etwa 30 Pro­zent oder knapp dar­un­ter könn­te des­halb aus­rei­chend sein, um eine Sperr­mi­no­ri­tät von einem Drit­tel der Sit­ze im Par­la­ment zu erzie­len“, erklär­te Arzhei­mer. Denk­bar sei natür­lich auch, dass das BSW selbst unter der Fünf­pro­zent­hür­de bleibt. Dann wäre eine Blo­cka­de­macht der AfD eher unwahrscheinlich.

Quel­le

SPD, Grü­ne und FDP wer­den einem sol­chen Ansin­nen wohl eher die kal­te Schul­ter zei­gen. Das bestä­tigt nur mei­ne schlech­te Mei­nung über «die Ampel». Ich erken­ne im Ver­hal­ten, dass die Par­tei­en (alle!) nicht das Wohl des Lan­des, son­dern ihr eige­nes im Fokus haben. Die Par­tei­en haben sich die­sen Staat unter den Nagel geris­sen. Gilt das noch als Verschwörungstheorie?

Ich glau­be, es ist viel zu tun und alle Par­tei­en soll­ten sich ein­mal dar­auf besin­nen, wozu sie laut Grund­ge­setz ver­pflich­tet sind. Scha­den vom Land und sei­ner Bevöl­ke­rung abzu­wen­den soll­te sich irgend­wo dar­in fin­den las­sen. Man hört, dass es Eides­for­meln gibt, die so etwas Ähn­li­ches enthalten:

„Ich schwö­re, daß ich mei­ne Kraft dem Woh­le des deut­schen Vol­kes wid­men, sei­nen Nut­zen meh­ren, Scha­den von ihm wen­den, das Grund­ge­setz und die Geset­ze des Bun­des wah­ren und ver­tei­di­gen, mei­ne Pflich­ten gewis­sen­haft erfül­len und Gerech­tig­keit gegen jeder­mann üben wer­de.

Grund­ge­setz § 56

Ich den­ke oft dar­über nach, was die Men­schen mit ande­rer Her­kunft bei sol­chen Dis­kus­sio­nen emp­fin­den wer­den, die seit Jahr und Tag hier leben und mit derarti­gen Vor­be­hal­ten kon­fron­tiert wer­den, die natür­lich auch von sol­chen Mei­nungs­äu­ße­run­gen wie der mei­nen aus­ge­hen und die wir ja nicht nur in Wahl­kampf­zei­ten führen. 

Gene­rell wird die Debat­te um eine här­te­re Migra­ti­ons­po­li­tik die­se Men­schen nicht erfreu­en, weil zu vie­les nach Ver­all­ge­mei­ne­rung und per­ma­nen­ten Schuld­zu­wei­sun­gen klingt. Ande­rerseits weiß ich, dass vie­le Migran­ten über­haupt nicht ver­ste­hen, wie inef­fi­zi­ent und an vie­len Stel­len nach­sich­tig deut­sche Behör­den und Gerich­te (wohl aus den fal­schen Grün­den) mit aus­län­di­schen Straf­tä­tern umge­hen. Auch sie wol­len in Frie­den leben.

Die falschen Gründe

Viel­leicht sind es aber auch gar kei­ne «fal­schen Grün­de», die heu­te unse­re Gesell­schaft spal­ten, son­dern es liegt ein Men­schen­bild zugrun­de, das den einen hei­lig ist, von dem wie­der­um die ande­ren glau­ben, dass eine Lais­sez-fai­re-Ein­stel­lung den gesell­schaft­li­chen Kon­flik­ten im Land schon lan­ge nicht mehr gerecht wird. 

Idea­lis­mus ist eine tol­le Sache. Aber er hat auch sei­ne Grenzen. 

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Kategorie: Politik

Schlagworte: FriedrichMerz Grundgesetz Migrationspolitik Schuldenbremse Wahlkampf

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2 Gedanken zu „Grundgesetz vs. Realität: Ein Blick auf Merz’ Staatsbürgerschaftspläne“

  1. Ein gelun­ge­ner Rund­um­schlag, Herr Schul­te, Bravo!

    Zu ihrem Fazit paßt ein Zitat:
    «Die offe­ne Gesell­schaft und ihre Feinde».
    Nach Pop­per muss der libe­ra­le Staat viel­mehr für sich das Recht in Anspruch neh­men kön­nen, into­le­ran­te Phi­lo­so­phien mit Gewalt zu unter­drü­cken. Für den Fall näm­lich, dass die Into­le­ran­ten nicht bereit sind, die Spiel­re­geln ratio­na­len Argu­men­tie­rens einzuhalten. 

    Was für „Phi­lo­so­phien” gilt darf zwei­fels­frei auf TATEN über­tra­gen wer­den. Wenn­gleich ich bestimmt nicht die Poli­tik der CDU/​CSU mit­tra­gen will, so ist doch in die­sem Fall *Akti­on* ange­sagt wo Ideo­lo­gie bis­her den Blick verstellte.

    Zudem:
    Wer neben der deut­schen eine ande­re Staats­an­ge­hö­rig­keit bei­be­hält läßt an sei­ner Hal­tung gegen­über den Grund­sät­zen der Ver­fas­sung Zwei­fel zu – sol­che *Teil-Bür­ger* sind ver­zicht­bar weil „im Fall der Fäl­le” wahr­schein­lich nicht auf sie zu rech­nen ist.

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