Zwischen Kundenzufriedenheit und Kontrolle: Die Schattenseiten der Logistikoptimierung

stroke="currentColor" stroke-width="1.5" stroke-linejoin="round" stroke-linecap="round" /> 4 Kommentare

Wer sich regel­mä­ßig von „Amazon” belie­fern lässt, kennt und schätzt die Genauigkeit der Lieferzusagen. Mit weni­gen Ausnahmen kann ich sagen, dass die Belieferung erstaun­lich zuver­läs­sig inner­halb des zuge­sag­ten Zeitkorridors erfolgt. Für die, die beson­ders sen­si­bel auf Terminzusagen bzw. deren Nichteinhaltung schau­en, dürf­te die Sendungsnachverfolgung ein gern gese­he­nes Tool sein.

Der Kunde bekommt die Lieferphasen in zuver­läs­sig und stun­den­ge­nau­er Art und Weise ange­zeigt. Mich ver­setzt die Präzision manch­mal ins Staunen. Zuletzt hat­te ich die Sendungsnachverfolgung auf­ge­ru­fen. Der Fahrer war – so die Anzeige – nur noch 4 Haltepunkte von mei­nem Haus ent­fernt. Es konn­te sich also nur noch um Minuten han­deln. Und tat­säch­lich: Keine zehn Minuten spä­ter war das Päckchen im Briefkasten. 

Der Fahrer hat nicht geklin­gelt. Im Liefernachweis, den man eben­falls über die Sendungsverfolgung ein­se­hen kann, stand: „Die Sendung wur­de einem Hausbewohner über­ge­ben.” Das war nicht korrekt.

Schattenseiten der Optimierung

Ich schrei­be das nicht, um her­um­zu­nör­geln. Vielmehr bedau­re ich die Fahrer, wenn ich sie manch­mal noch spät­abends auf ihrer Tour sehe. Wirklich ver­nünf­tig wer­den die Leute ver­mut­lich trotz­dem nicht bezahlt. Das ist Ansichtssache. Außerdem küm­mern sich dar­um ja die Gewerkschaften. Wie erfolg­reich, ver­mag ich nicht zu beurteilen. 

Was mich etwas befrem­det, ist die knall­har­te Überwachung, der die Fahrer durch ihren Arbeitgeber aus­ge­setzt wer­den. Hier bekla­ge ich mich ab und zu über den aus mei­ner Sicht stren­gen Datenschutz in Deutschland (und Europa). Wieso lässt der Gesetzgeber (die Gewerkschaften) die­se ver­mut­lich ja als Kundenservice getarn­te Maßnahme eigent­lich durch­ge­hen? Sind die tech­ni­schen Möglichkeiten, die hier zum Einsatz gelan­gen, nicht sittenwidrig? 

GPS-​Überwachung: Recht oder Übergriff?

Ob die Leute, die sol­che Dinge zulas­sen, eben­falls einer sol­chen Überwachung aus­ge­setzt sind? Man soll­te mei­nen, die gute alte Stempeluhr oder die moder­nen Pendants dazu erfüll­ten Nachweispflichten sol­cher Art immer noch in zufrie­den­stel­len­der Weise.

Firmen dür­fen GPS-​Daten zur Sendungsverfolgung ver­ar­bei­ten, solan­ge dies recht­mä­ßig erfolgt, die Fahrer infor­miert wer­den und die Privatsphäre gewahrt bleibt. Die Weitergabe von Daten an Kunden darf nur anony­mi­siert oder in einer Weise erfol­gen, die die Fahrer nicht iden­ti­fi­zier­bar macht. Eine stän­di­ge, umfas­sen­de Überwachung könn­te recht­lich unzu­läs­sig sein und müss­te ange­passt wer­den, um datenschutz- und arbeits­recht­li­che Anforderungen zu erfüllen.

Quelle: E‑Recht24.de

Laut der Datenschutz-​Grundverordnung (DSGVO) dür­fen Arbeitgeber Daten über ihre Mitarbeiter nur sam­meln, wenn dies not­wen­dig ist, zum Beispiel zur Lohnabrechnung oder Arbeitszeitdokumentation. Im Falle Amazon ist dies sicher kei­ne Arbeitszeitdokumentation, son­dern eine lücken­lo­se Kontrolle der Arbeit des Fahrers. Ist das zulässig? 

Die Maßnahme der GPS-​Überwachung wird mit einem berech­tig­ten Interesse begrün­det. Sie dient der Optimierung der Lieferlogistik oder als Kundenservice für die Sendungsverfolgung. Ja, so ein­fach. Dabei ist die DSGVO doch ansons­ten so rigi­de. Die Verhältnismäßigkeit soll gewahrt blei­ben, sagen die Vorschriften. Es darf nicht übers Ziel hin­aus­ge­schos­sen wer­den bzw. die Privatsphäre der Fahrer nicht unnö­tig ein­ge­schränkt wer­den. Ja, dann ist ja alles klar. Hetzen wir sie also beru­higt wei­ter durch die Städte. 

Natürlich gilt die­se „Überwachung nur” wäh­rend der Arbeitszeit. Außerhalb wäre die Sache ja unan­stän­dig. Werden die GPS-​Signale wäh­rend der Pausen der Fahrer ins Datennirwana umge­lei­tet, oder wie habe ich mir das vor­zu­stel­len? Oder gibts in dem Job kei­ne Pausen?

Kundenservice oder Kontrollwahn?

Dass die Fahrer vom Unternehmen ins Bild gesetzt wer­den, ist ja wohl das Mindeste, was man in die­sem Kontext ver­lan­gen kann. Es gilt in sol­chen Fällen, die Mitbestimmung des Betriebsrates. War da nicht was? 

Um nicht miss­ver­stan­den zu wer­den: Ich fin­de den Kundendienst von Amazon ganz exzel­lent. Die Zuverlässigkeit ist gege­ben, ich habe kei­nen Grund zum Meckern. 

Vielleicht gab mir die Anwesenheit von Bezos bei der Inauguration Trumps den Impuls, mal wie­der etwas Negatives über die­sen Wettbewerbsgiganten des sta­tio­nä­ren Handels her­aus­zu­las­sen? Ja, so etwas muss es gewe­sen sein.


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4 Gedanken zu „Zwischen Kundenzufriedenheit und Kontrolle: Die Schattenseiten der Logistikoptimierung“

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