Zwischen Kundenzufriedenheit und Kontrolle: Die Schattenseiten der Logistikoptimierung

Ama­zon punk­tet mit prä­zi­sen Lie­fer­zei­ten, doch GPS-Über­wa­chung wirft Fra­gen zur Pri­vat­sphä­re der Fah­rer auf. Daten­schutz und Arbeits­recht im Fokus.

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Wer sich regel­mä­ßig von „Ama­zon“ belie­fern lässt, kennt und schätzt die Genau­ig­keit der Lie­fer­zu­sa­gen. Mit weni­gen Aus­nah­men kann ich sagen, dass die Belie­fe­rung erstaun­lich zuver­läs­sig inner­halb des zuge­sag­ten Zeit­kor­ri­dors erfolgt. Für die, die beson­ders sen­si­bel auf Ter­min­zu­sa­gen bzw. deren Nicht­ein­hal­tung schau­en, dürf­te die Sen­dungs­nach­ver­fol­gung ein gern gese­he­nes Tool sein.

Der Kun­de bekommt die Lie­fer­pha­sen in zuver­läs­sig und stun­den­ge­nau­er Art und Wei­se ange­zeigt. Mich ver­setzt die Prä­zi­si­on manch­mal ins Stau­nen. Zuletzt hat­te ich die Sen­dungs­nach­ver­fol­gung auf­ge­ru­fen. Der Fah­rer war – so die Anzei­ge – nur noch 4 Hal­te­punk­te von mei­nem Haus ent­fernt. Es konn­te sich also nur noch um Minu­ten han­deln. Und tat­säch­lich: Kei­ne zehn Minu­ten spä­ter war das Päck­chen im Briefkasten. 

Der Fah­rer hat nicht geklin­gelt. Im Lie­fer­nach­weis, den man eben­falls über die Sen­dungs­ver­fol­gung ein­se­hen kann, stand: „Die Sen­dung wur­de einem Haus­be­woh­ner über­ge­ben.“ Das war nicht korrekt.

Schattenseiten der Optimierung

Ich schrei­be das nicht, um her­um­zu­nör­geln. Viel­mehr bedau­re ich die Fah­rer, wenn ich sie manch­mal noch spät­abends auf ihrer Tour sehe. Wirk­lich ver­nünf­tig wer­den die Leu­te ver­mut­lich trotz­dem nicht bezahlt. Das ist Ansichts­sa­che. Außer­dem küm­mern sich dar­um ja die Gewerk­schaf­ten. Wie erfolg­reich, ver­mag ich nicht zu beurteilen. 

Was mich etwas befrem­det, ist die knall­har­te Über­wa­chung, der die Fah­rer durch ihren Arbeit­ge­ber aus­ge­setzt wer­den. Hier bekla­ge ich mich ab und zu über den aus mei­ner Sicht stren­gen Daten­schutz in Deutsch­land (und Euro­pa). Wie­so lässt der Gesetz­ge­ber (die Gewerk­schaf­ten) die­se ver­mut­lich ja als Kun­den­ser­vice getarn­te Maß­nah­me eigent­lich durch­ge­hen? Sind die tech­ni­schen Mög­lich­kei­ten, die hier zum Ein­satz gelan­gen, nicht sittenwidrig? 

GPS-Überwachung: Recht oder Übergriff?

Ob die Leu­te, die sol­che Din­ge zulas­sen, eben­falls einer sol­chen Über­wa­chung aus­ge­setzt sind? Man soll­te mei­nen, die gute alte Stem­pel­uhr oder die moder­nen Pen­dants dazu erfüll­ten Nach­weis­pflich­ten sol­cher Art immer noch in zufrie­den­stel­len­der Weise.

Fir­men dür­fen GPS-Daten zur Sen­dungs­ver­fol­gung ver­ar­bei­ten, solan­ge dies recht­mä­ßig erfolgt, die Fah­rer infor­miert wer­den und die Pri­vat­sphä­re gewahrt bleibt. Die Wei­ter­ga­be von Daten an Kun­den darf nur anony­mi­siert oder in einer Wei­se erfol­gen, die die Fah­rer nicht iden­ti­fi­zier­bar macht. Eine stän­di­ge, umfas­sen­de Über­wa­chung könn­te recht­lich unzu­läs­sig sein und müss­te ange­passt wer­den, um daten­schutz- und arbeits­recht­li­che Anfor­de­run­gen zu erfüllen.

Quel­le: E‑Recht24.de

Laut der Daten­schutz-Grund­ver­ord­nung (DSGVO) dür­fen Arbeit­ge­ber Daten über ihre Mit­ar­bei­ter nur sam­meln, wenn dies not­wen­dig ist, zum Bei­spiel zur Lohn­ab­rech­nung oder Arbeits­zeit­do­ku­men­ta­ti­on. Im Fal­le Ama­zon ist dies sicher kei­ne Arbeits­zeit­do­ku­men­ta­ti­on, son­dern eine lücken­lo­se Kon­trol­le der Arbeit des Fah­rers. Ist das zulässig? 

Die Maß­nah­me der GPS-Über­wa­chung wird mit einem berech­tig­ten Inter­es­se begrün­det. Sie dient der Opti­mie­rung der Lie­fer­lo­gis­tik oder als Kun­den­ser­vice für die Sen­dungs­ver­fol­gung. Ja, so ein­fach. Dabei ist die DSGVO doch ansons­ten so rigi­de. Die Ver­hält­nis­mä­ßig­keit soll gewahrt blei­ben, sagen die Vor­schrif­ten. Es darf nicht übers Ziel hin­aus­ge­schos­sen wer­den bzw. die Pri­vat­sphä­re der Fah­rer nicht unnö­tig ein­ge­schränkt wer­den. Ja, dann ist ja alles klar. Het­zen wir sie also beru­higt wei­ter durch die Städte. 

Natür­lich gilt die­se „Über­wa­chung nur“ wäh­rend der Arbeits­zeit. Außer­halb wäre die Sache ja unan­stän­dig. Wer­den die GPS-Signa­le wäh­rend der Pau­sen der Fah­rer ins Daten­nir­wa­na umge­lei­tet, oder wie habe ich mir das vor­zu­stel­len? Oder gibts in dem Job kei­ne Pausen?

Kundenservice oder Kontrollwahn?

Dass die Fah­rer vom Unter­neh­men ins Bild gesetzt wer­den, ist ja wohl das Min­des­te, was man in die­sem Kon­text ver­lan­gen kann. Es gilt in sol­chen Fäl­len, die Mit­be­stim­mung des Betriebs­ra­tes. War da nicht was? 

Um nicht miss­ver­stan­den zu wer­den: Ich fin­de den Kun­den­dienst von Ama­zon ganz exzel­lent. Die Zuver­läs­sig­keit ist gege­ben, ich habe kei­nen Grund zum Meckern. 

Viel­leicht gab mir die Anwe­sen­heit von Bezos bei der Inau­gu­ra­ti­on Trumps den Impuls, mal wie­der etwas Nega­ti­ves über die­sen Wett­be­werbs­gi­gan­ten des sta­tio­nä­ren Han­dels her­aus­zu­las­sen? Ja, so etwas muss es gewe­sen sein.

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Schlagworte: Datenschutz Trump

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4 Gedanken zu „Zwischen Kundenzufriedenheit und Kontrolle: Die Schattenseiten der Logistikoptimierung“

  1. _Su 27. Januar 2025 um 18:46

    Bei ande­ren Paket­diens­ten gibt es das auch.

  2. _Su 27. Januar 2025 um 19:11

    So wie es aus­sieht, hilft da nur ein ande­rer Job.
    Es ist lei­der vie­les im Argen 🥺

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