Gott sei Dank kenne ich die meisten Springer-Kolumnisten nicht. Heute aber hat es mich beim Surfen trotzdem erwischt: Gunnar Schupelius. Zuvor war schon Herr Bojanowski aus der Welt-Wissenschaftsredaktion dran – leider. Bis dahin hatte ich einen friedlichen Tag, an dem ich mich nur um die technische Pflege meines Blogs gekümmert hatte.
Doch kaum lese ich ihre Zeilen, schnellt der Blutdruck hoch. Schupelius und Bojanowski stolpern durch die deutsche Haushaltsmisere, als hätten sie die Welt nicht mehr verstanden. Und hey, jeder weiß, dass sie viele, viele Abnehmer für ihre krummen Ansagen und Vergleiche finden.
Gut, sie schreiben ja für Springer. Da darf man sich die Realität passend hinbiegen, Wahres mit Erdachtem oder Übertriebenem mischen und die eigene Verwirrung genüsslich in Kolumnen verwandeln – ob aus der Redaktionsstube oder vom heimischen Sofa.
Eines hilft sicher: Mit einem ordentlichen Springer-Gehalt schimpft es sich bekanntlich umso leichter.
Wie Zahlen zu Knüppeln werden
Knapp 12 Milliarden Euro: so hoch ist Deutschlands Beitrag zur internationalen Klimafinanzierung im Jahr 2024. Eine stolze Summe, die im Kontext der Haushaltsmisere sofort wirkt wie ein rotes Tuch. Rund 6,1 Milliarden stammen direkt aus dem Bundeshaushalt, der Rest wird über Kredite der KfW und private Investitionen mobilisiert.
Faktisch erfüllt Deutschland damit internationale Verpflichtungen – im Rahmen des Pariser Klimaabkommens. Politisch aber wird die Zahl hierzulande zu einer Waffe.
Die Springer-Presse – ob in Bild, Welt oder Online-Kommentarspalten – nutzt die 12-Milliarden-Zahl, um Ressentiments zu schüren. Aus einer nüchternen Verpflichtung wird dort ein „Milliarden-Geschenk ans Ausland“, flankiert von Empörung über angebliche deutsche Selbstverzwergung.
Besonders grotesk wird es, wenn vermeintliche Fachleute wie Bojanowski, die 8.000 Mitarbeiter der KfW zu „Klimaaktivisten“ erklären. Damit werden Angestellte einer staatlichen Förderbank in eine Schublade gesteckt, die mit deren Realität nichts zu tun hat. Banker, Ingenieure, Juristen werden rhetorisch zu Straßenprotestlern degradiert – ein Zerrbild, das nur der Stimmungsmache dient.
Zuarbeit für Demokratiefeinde
Diese Art von Berichterstattung bleibt nicht folgenlos. Wer täglich liest, Deutschland „verbrate“ Milliarden im Ausland, während „die eigenen Leute“ leer ausgehen, übernimmt einmal dieses Narrativ. Es ist ein kurzer Weg von dort zu den Parolen der AfD oder anderer Demokratieverächter, die genau mit solchen Ressentiments arbeiten.
Die Springer-Presse weiß, welche Stimmungen sie bedient. Und doch betreibt sie weiter eine publizistische Eskalation, die inhaltlich oft nur aus verkürzten Schlagworten besteht. Damit macht sie sich – ob gewollt oder nicht – zur Zulieferin für die Propagandamaschinen der Demokratiefeinde in unserem Land.
Verantwortung und Realität
Dabei ist die Klimafinanzierung keine Großzügigkeit, sondern eine völkerrechtlich eingegangene Verpflichtung. Deutschland hat sich gemeinsam mit anderen Industriestaaten verpflichtet, ärmere Länder beim Klimaschutz und bei der Anpassung an den Klimawandel zu unterstützen. Projekte in Afrika, Asien oder Lateinamerika sichern Trinkwasser, verhindern Dürren und stärken erneuerbare Energien.
Wer diese Investitionen streicht, spart kurzfristig – zahlt aber langfristig drauf. Klimafolgen (u. a. Migration) kennen keine Grenzen, auch nicht für Deutschland.
Ich finde, die 12 Milliarden Euro sind weniger das Problem. Vielmehr ist es die Art, wie diese Posten im öffentlichen Diskurs instrumentalisiert werden. Was mit Fahrradwegen in Peru ja so toll geklappt hat, wird gern kopiert. Was anderes erwarten die Leser von Springer-Medien vermutlich auch nicht! Sie liefern die simplen Schlagzeilen, die auch Demokratiefeinde begierig aufgreifen. Statt differenziert zu debattieren, werden Ängste geschürt und Ressentiments verstärkt.
In Zeiten, in denen die Demokratie ohnehin unter Druck steht, ist das nicht kritischer Journalismus – es ist Brandbeschleunigung.
Kritik an Springer/Mediendynamik „Die Axel-Springer-Medien WELT und BILD sind Kampagnenmedien, die regelmäßig auf Desinformation zurückgreifen … um bestimmten politischen Parteien wie den Grünen bewusst zu schaden.“ Quelle: Volksverpetzer, Analyse auf Basis von Döpfner-Leaks „Der Politikwissenschaftler Dieter Plehwe sieht die Die Welt und Bild-Zeitung als Träger von Narrativen zur Verhinderung von Klimaschutz.“ Quelle: Wikipedia-Artikel zu Bild (Referenz auf Plehwe)
Zur Höhe der deutschen Klimafinanzierung 2024 „Der deutsche Beitrag zur internationalen 100-Milliarden-Zusage liegt nach den nun vorliegenden Zahlen 2024 bei 11,8 Milliarden Euro.“ Quelle: BMZ / Pressemitteilung „Internationale Klimafinanzierung 2024“
Aufteilung zwischen Haushaltsmitteln und mobilisierten Mitteln „Bei dieser Berechnung werden mobilisierte und private Mittel mitgezählt, die durch öffentliche Mittel gehebelt wurden.“ Quelle: BMZ „Von den deutschen Klima-Hilfszahlungen … stammten 6,1 Milliarden Euro aus Haushaltsmitteln.“ Quelle: Welt (Analyseartikel)
Rundung auf „knapp 12 Milliarden“ „Deutschland hat 2024 knapp 12 Mrd. Euro zum internationalen Klimafinanzierungsziel von 100 Mrd. US-Dollar beigetragen.“ Quelle: SolarServer
Und wo wir gerade bei den Medien sind:
Wenn ein Gast Markus Lanz vorhält – was gelegentlich passiert –, dass auch Journalisten selbst die Stimmung im Land vergiften, dann kommt nie Einsicht. Stattdessen springen ihm die übrigen Medienvertreter bei, die bei Lanz immer einen Platz im Tribunal finden. Selbstkritik? Fehlanzeige.
Gestern musste Frau Dröge von den Grünen durch sein Ritual. Lanz las vom Spickzettel und gab den Oberlehrer, als hätte er die Machtprüfung erfunden. Peinlich war das nicht wegen Dröge – sie ließ sich auf das seltsame Spiel nicht ein –, sondern wegen Lanz. Sein penetrantes „Nachfragen“ war so aufdringlich, dass einem fast der Atem stockte.
Ich bin kein Freund der Grünen. Aber diese Art Herabwürdigung, die danach auch noch viral gehen darf, ist schlicht typisch Lanz. Höchste Zeit, dass dieser Mann endlich durch etwas Neues, Frisches ersetzt wird.
Irgendwann wird man merken, dass das Rumschieben von Geld und Zahlen dem Klima nichts bringt. Dann ist es bloß zu spät.
Macht aber nix. Die Richtigen haben dabei eine Menge verdient und die Generation, die gerade dran ist, hat halt selber Schuld.
@juri nello: Ausbaden werden es vermutlich andere, unsere Nachkommen. Nur eine kleine Ahnung davon, was dieses Ausbaden einschießen wird, haben wir schon heute. Davor halten viele jedoch die Augen geschlossen.
Leider geht es den Reichen oder Entscheidern immer nur um Geld zu vermehren. Das wird auch mit der Untergang der Menschheit sein.
@SuMu: Dem Kapitalismus war vorherbestimmt, diese Welt zu ruinieren. Und damit der Mensch selbst. Egoismus und Gier schlagen das bisschen Verstand, das wir haben.
@SuMu: Das ist leider kein Merkmal von Oben oder Unten. Gehe mal zur Tafel oder zur Heilsarmee und höre zu. Das Hauptproblem ist aber, dass die Zielgruppe der Mittelschicht nun mal die ist, wo man aufgrund der Masse am meiten verdienen kann und hier würden Einschnitte sofort auf den Markt einwirken.
Es ist auch jedem bekannt, dass man in Köln kein SUV braucht, um durch den Verkehr zu kommen. Das Parken alleine. Man sitzt aber so schön hoch und wenn der Trabbi vor einem bremst, hat der halt Pech gehabt.