Vom seltsamen Gefühl einen Blog aufzugeben

Foto des Autors

von Horst Schulte

Lesezeit: 6 Min.

Ich frage mich, warum es mir so viel ausmacht, wenn ich aus Gründen meinen Blog aufgeben „muss“. Natürlich gibt es andere Optionen als die von mir gewählte. Wieder ein Blog mit allen Inhalten zu löschen ist quasi doch die Ultima ratio.

Vielleicht steckt Trotz hinter meiner Entscheidung oder doch nur die Sorge, bald wieder eine Rechnung im Briefkasten zu haben. Für ein Projekt, mit dem ich nie Geld verdienen wollte bzw. nicht habe.

Ich habe Wutzone gelöscht. Und? Wen interessiert es – mit Ausnahme von ein paar alten Blogger-Kolleginnen und -Kollegen? Na mich! Womit ich wieder bei dem Gefühl bin, das ich vor vielen Jahren schon mal hatte und das mich auch in diesem Fall wieder ergriffen hat.

Ich habe mich beeilt, ein „neues“ Projekt zu starten. Diesmal mache ich es „besser“. Nun, ich erwarte nicht, dass ich plötzlich mehr Leserinnen und Leser bekomme. Diese Zeiten sind längst vorbei, glaube ich. Vor 15 Jahren war es möglich, mit einer Urheberrechtsverletzung, dem Ärger und den Kosten im Web populär zu werden. Mancher hat das damals genutzt, andere haben es versucht; ihre Blogs existieren heute leider nicht mehr.

Mich bringen diese Fragen an den Ursprung aller Fragen für Blogger zurück. Weshalb bloggen wir überhaupt (noch)? Trotz all dieser Kanäle, auf denen Menschen ihre Weisheiten unter die Leute bringen und sich zoffen und vielfach brutal beschimpfen. Nun, da liegt ein Vorteil von Blogs. Ich kenne eine ganze Reihe, auf denen ein vernünftiger Umgangston gepflegt wird. Dort gibts in der Regel keine bösen oder gar unverschämten Kommentare.

Sowohl gegenüber dem Autor als den anderen Kommentatoren ist der Ton gemäßigt. Konstruktive Kritik ist üblich, schließlich teilen wir nicht alle die gleiche Sicht auf die vielen kontroversen Themen unserer Zeit. Das wäre dann ja so, wie bei den asozialen Netzwerken. Dort haben sich längst Blasen gebildet. „Man“ redet nicht mehr miteinander, sondern bleibt in der Peer-Group. Das ist sehr schade. Viele sagen das. Ändern wird sich daran nichts. Nicht, solange es X, Telegram oder TikTok gibt, um einige der schlimmsten Plattformen zu nennen.

Neben dieser für mich einleuchtenden Begründung wird es allerdings noch andere Dinge geben, die Blogger dabei halten. Es ist zwar schade, dass sehr viele Blogs mausetot sind. Das merke ich schon dadurch, weil ich mit Vorliebe die Blogrolls der von mir besuchten Blogs aufsuche. Wie oft ich da feststelle, dass sie entweder gar nicht mehr online oder die letzten Einträge einige Jahre alt sind. Ein trauriges Bild.

Was könnte überhaupt noch ein Grund dafür sein, einen Blog zu eröffnen oder dabei zu bleiben? Vielleicht gibt es mehr als die, die ich hier einmal spaßeshalber zusammengestellt habe:

  1. Leidenschaft und Interesse: Viele Blogger starten ihre Blogs aus Leidenschaft für ein bestimmtes Thema oder eine bestimmte Nische. Sie genießen es, ihr Wissen und ihre Erfahrungen zu teilen und sich mit Gleichgesinnten auszutauschen.
  2. Kreativer Ausdruck: Ein Blog kann als Plattform dienen, um sich kreativ auszudrücken, sei es durch das Schreiben, Fotografieren, Zeichnen oder andere Formen der Kunst.
  3. Einkommensmöglichkeiten: Einige Blogger nutzen ihre Blogs als Einnahmequelle, sei es durch Anzeigen, gesponserte Inhalte, Affiliate-Marketing oder den Verkauf eigener Produkte oder Dienstleistungen.
  4. Aufbau einer Marke oder eines Unternehmens: Für viele Blogger ist ihr Blog ein wichtiger Bestandteil ihres persönlichen oder beruflichen Brandings. Sie nutzen ihn, um ihre Expertise zu demonstrieren, ihr Publikum aufzubauen und potenzielle Kunden oder Klienten anzuziehen.
  5. Gemeinschaftsaufbau: Blogs können als Plattform dienen, um eine Gemeinschaft von Lesern und Followern aufzubauen und mit ihnen in Kontakt zu treten. Diese Interaktion kann für Blogger sehr befriedigend sein und sie motivieren, ihren Blog weiterzuführen.

Ehrlich! Auf mich passt keiner dieser Gründe wirklich richtig. Ursprünglich (so um 2004 herum) wollte ich das Bloggen einfach einmal ausprobieren. Warum ich so kleben geblieben bin, erschließt sich mir nicht wirklich. Ich weiß schließlich, wie gering die Reichweite meines Blogs ist. Dazu muss ich nur die Search-Konsole von Google öffnen und schon weiß ich: Na, das lohnt sich aber echt, die Zeit zu investieren 🙂

Ihr kennt meine Liebe zu Designänderungen an meinen WordPress-Themes. Natürlich kann ich es unter solchen Voraussetzungen nicht dem Zufall überlassen, dass schon deshalb unerwartete Performanceeinbußen eintreten. Also nutze ich dafür Page-Speed-Insight. Das mache ich schon seit Jahren. Früher habe ich andere Tools (Pingdom oder GTmetrix) genutzt. Nach der Einführung von PHP 7.x und anderen Performanceschüben von WordPress habe ich mich auf Page-Speed-Insight konzentriert. Es hat mich etwas frustriert, dass der Blog nicht genügend Userdaten generierte, um im ersten Teil des Tests (So sieht die Leistung auf der Nutzerseite aus) etwas anzuzeigen. Nur die Leistungsprobleme wurden diagnostiziert.

Erst vor ein paar Tagen war das plötzlich anders. Da waren genügend Daten vorhanden. Wer weiß schon, woran das nun wieder lag?

Sendungsbewusstsein, gerade auf dem Feld der Politik, könnte man in meinem Fall als Motivation unterstellen. Aber ehrlich. Ich sagte ja, dass ich um meine Reichweite weiß und das sich daran über die vielen Jahre nie etwas geändert hat. Das fällt also aus. Eine Plaudertasche könnte ich sein, der in Ermangelung sozialer Kontakte nach dem Renteneintritt mit der Außenwelt in Kontakt treten möchte. Wäre denkbar. Allerdings hat sich meine Blog-Frequenz in den vergangen ca. 8 Jahren nicht wirklich gravierend geändert. Eher schreibe ich heute weniger. Viel weniger jedenfalls als in den 2000-er Jahren.

Ich glaube, Bloggen ist für mich Therapie. Ich kann mit dieser verrückten und zum Teil beängstigenden Welt, denke ich, besser klarkommen, wenn ich mich hier im Blog mit dem Kram auseinandersetze. Dass dabei auch schon mal abgeschweift wird, hat schon mancher Leser festgestellt. Es ist oft eine Form von Brainstorming mit Freunden. Und doch bin ich manchmal überrascht, wenn andere Meinungen kundgetan werden. Aber wie sollte das in dieser komplizierten Welt anders sein?

Ich bin also nicht nur interessiert an politischen und gesellschaftlichen Fragen, sondern natürlich auch an der Meinung anderer Menschen. Dass diese sich heute oft erheblich von meiner unterscheiden, ist eine Erkenntnis der jüngsten Vergangenheit. Ich finde, das zeigt, dass wir unbedingt mehr Meinungsaustausch brauchen. Leider scheint aber das Gegenteil der Fall zu sein. Viele ziehen sich zurück und winken ab, wenn man ihnen mit Blogs oder den asozialen Medien kommt. Kürzlich gab es hierzu eine Studie, von der Sie vermutlich gehört haben.


Horst Schulte

Herausgeber, Blogger, Amateurfotograf

Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe auf dem Land.

hs010225 a

Artikelinformationen

Bereits 264 Mal gelesen2 heute
🌙 Der Glaube fängt da an, wo die Logik dünn wird.