Wenn die Expertin von Erpressung spricht: Navidis brisante Medwedew-Passage

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von Horst Schulte

Lesezeit: 5 Min.

Sandra Navidi kennt die Wall Street, Washington und die globalen Eliten besser als die meisten von uns ihren eigenen Vorgarten. Die deutsche Juristin und Autorin lebt seit vielen Jahren in New York, berät mit ihrer Firma BeyondGlobal Finanzakteure und hat mit „Die DNA der USA“ gerade ein Buch vorgelegt, das für den Deutschen Wirtschaftsbuchpreis nominiert wurde.

Donald Trump hat die globalen Spannungen erneut angeheizt, indem er den BRICS-Staaten „Rachezölle“ auferlegte und sie als „sterbende Volkswirtschaften“ bezeichnete, was eine abschreckende Reaktion von Dmitri Medwedew auslöste, der in einem bissigen Telegram-Beitrag auf das russische Nuklearsystem „Dead Hand“ verwies. Nur wenige Stunden später tauchten US-Atom-U-Boote in drei Ozeanen auf und demonstrierten damit eindrucksvoll ihre Stärke. Die Lage wurde jedoch surreal, als ein gefälschtes Zitat Medwedews über Trump und Erpressung über Telegram und Randmedien verbreitet wurde und damit Gerüchte aus der Epstein-Ära wieder ins Rampenlicht rückte. Obwohl widerlegt, löste die virale Desinformation eine Hysterie aus – und warf die Frage auf: War dies eine Demonstration nuklearer Stärke?

Quelle / 3 Monate alt!

Kurz: Sie ist keine Zufallsstimme, sondern jemand, dem man zuhört – gerade wenn es um Trump, Macht und Netzwerke geht.

Trump Epstein
Trump Epstein

In einem Interview, in dem es um die politischen und wirtschaftlichen Folgen der Epstein-Akten ging, fiel eine Passage, die mich seitdem nicht loslässt. Im Roh-Transkript klingt ihr Vortrag dieser Stelle etwas unverständlich. Bereinigt und verständlich lautet der Sinn dieser Passage:

„Medwedew hat öffentlich in sozialen Medien gesagt:
‚Donald Trump, bilde dir nicht ein, dass dir geholfen ist, wenn du die Epstein-Files unter Verschluss hältst. Wir selbst haben auch genug kompromittierendes Material über dich.‘ Aus Israel vernimmt man Ähnliches.“

Damit macht Navidi eigentlich etwas Unerhörtes: Sie stellt den ehemaligen russischen Präsidenten Dmitri Medwedew als jemanden dar, der Trump öffentlich mit kompromittierendem Material droht – und zwar explizit im Kontext der Epstein-Akten.

Nicht verifiziert – und trotzdem politisch brisant

Und jetzt kommt der unangenehme Teil: Diese angebliche Medwedew-Äußerung ist nach heutigem Stand überhaupt nicht belegt. Das zugeschriebene Zitat („Trump sollte nicht glauben, dass das Videoarchiv seiner vergangenen Unmoralitäten nur in den Händen des Mossad ist“) geistert vor allem durch Social-Media-Posts, Screenshots und alternative Portale, wird aber von keiner seriösen Primärquelle – etwa offiziellen russischen Kanälen oder großen Nachrichtenagenturen – zweifelsfrei dokumentiert.

In diesem Sommer gab es einen sehr realen Schlagabtausch:

  • Medwedew fantasierte einmal mehr über Krieg und das alte sowjetische „Dead Hand“-System, also einen automatisierten nuklearen Gegenschlag.

Das ist breit von seriösen Medien (AP, Washington Post, Time etc.) dokumentiert. Aber: In diesen Berichten taucht kein Verweis auf eine Erpressungsdrohung mit Videoarchiven/kompromittierendem Material auf.

Mit anderen Worten: Es kann sein, dass Medwedew sinngemäß so formuliert hat – es kann genauso gut ein typisches Internet-Mem, eine Überhöhung oder sogar eine Fehl- oder Falschzuschreibung sein. Seriöserweise muss man sagen: Aber wie gesagt: Die Navidi zitierte Medwedew-Aussage ist, wie gesagt, derzeit nicht verifiziert. Mich erinnert diese Aussage (das Video wurde seit gestern ca. 112 Tausendmal aufgerufen) an die verheerende Debatte, die nach der Ermordung des US-Aktivisten und Trump-Spezies Kirk, aufgrund falscher Beschreibungen des ZDF-Journalisten Elmar Theveßen für wochenlangen Stress sorgte.

Warum schreibe ich trotzdem darüber?

Weil genau hier der Punkt erreicht ist, an dem eine Aussage selbst dann politisch relevant wird, wenn ihre faktische Grundlage unsicher ist:

  • Wenn eine prominente Juristin und Autorin, die in deutschen Medien als USA- und Finanzexpertin auftritt,
  • in einem öffentlich verbreiteten Interview Medwedew eine derart drastische Drohung gegenüber Trump zuschreibt,
  • und das ausdrücklich im Schatten der Epstein-Affäre,

dann ist das kein belangloser Versprecher, sondern ein politischer Marker. Er erzählt etwas über die Lage, in der wir uns befinden: über das Ausmaß der Skandalisierung, die Verrohung der Sprache, das Verschwimmen von Fakten, Spekulationen und Geheimdienst-Folklore.

Man kann diese Passage aus dem Interview nicht einfach wegwischen, so nach dem Motto: „Transkriptfehler, weitergehen, hier gibt es nichts zu sehen.“ Im Gegenteil: Aus meiner Sicht gehört sie genau deshalb in die Öffentlichkeit – allerdings mit einem klaren Warnschild:

Navidi behauptet, Medwedew habe Trump mit kompromittierendem Material gedroht. Ob Medwedew das wirklich gesagt hat, ist nicht belegt.
Dass eine Expertin dieses Kalibers es trotzdem so formuliert, ist selbst ein politischer Vorgang.

Wir leben in einer Zeit, in der Narrative oft wichtiger werden als das Protokoll, in der Screenshots als Quellen herhalten müssen und Telegram-Kanäle ganze Weltbilder tragen. Gerade dann ist es Aufgabe von Öffentlichkeit – auch von Blogs –, die heiklen Stellen sichtbar zu machen und die Unsicherheiten laut dazuzusagen.

Es wäre mir zu wenig, diese Navidi-Aussage aus Vorsicht einfach totzuschweigen.
Ich halte sie für so gravierend, dass sie diskutiert werden muss – nicht als gesicherte Tatsache, sondern als Symptom dafür, wie tief die Trump-, Epstein- und Russland-Geschichte inzwischen ineinander verhakt sind. Ehrlich! Wie oft haben wir für uns schon formuliert, dass wir glauben, Putin habe Trump in der Hand? Bestätigt sich die Drohung Medwedews, so würde dieser Verdacht kein Verdacht mehr bleiben, sondern die Gewissheit, die den Irrsinn, dem die USA und die Welt ausgesetzt sind, noch absurder sein lässt.

Zwischen den Zeilen schwingt eine unbequeme Frage mit: Wenn selbst Menschen wie Sandra Navidi beginnen, in dieser Tonlage über zusätzliches, „kompromittierendes Material“ zu sprechen – wie weit sind wir dann eigentlich schon im Graubereich zwischen Aufklärung und Verschwörungsdenken angekommen?


Horst Schulte

Herausgeber, Blogger, Amateurfotograf

Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe auf dem Land.

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