Sorry, your browser does not support inline SVG. Horst Schulte

5 Minuten

Schiefe Bilder zum Migrationspakt

Wenn der Chocolatier in der Fernsehwerbung jede Praline einzeln bestaunt und sie erst nach persönlicher Verabschiedung für den Verkauf freigibt, hat das im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit auf mich eine ähnliche Wirkung wie die Tiraden, die heute der AfD-Bundestagsabgeordnete Dr. Furie zum UN Migrationspakt vom Stapel ließ. Ich bin leider sicher, dass viele dem Chocolatier ebenso glauben wie Dr. Furie.


Die Debatte, die wohl nie geführt worden wäre, hätte die AfD sie nicht auf die Agenda geknallt, war nötig.

Angesichts der Aufruhr, die der UN-Migrationspakt entfacht hat, sollte die geplante Unterzeichnung am 10./11. Dezember in Marrakesch verschoben werden. Dabei muss mit bedacht werden, dass es für die existierenden Meinungsverschiedenheiten noch längst keinen Schleifstein gibt. Die Debatte war – Entschuldigung – nicht sehr ergiebig.

Die Rechten führen alles in die Debatte ein, was irgendwie gegen Migration und Flüchtlinge anliegt. Das ging vom Missbrauch der Sozialhilfe über Messermänner bis hin zur Gruppenverwaltigung. Dr. Furio übersetzte einen Ausschnitt aus dem vielen zu einseitig und zu positiv formulierten Pakt, der die Innovationsleistungen der Migranten besonders herausstellte. Das saß, jedenfalls rhetorisch. 

Die AfD als Speerspitze gegen den Pakt findet immer mehr Unterstützer und Fürsprecher, die sich mit dem 32-seitigen UN-Migrationspakt detailliert auseinandergesetzt haben und die substanzielle Bedenken zum Ausdruck brachten.

Der Text von Stefan Aust bei der „Welt“ steht nicht allein auf Habenseite der Kritiker. Heute hat Sarrazin einen längeren Text zum Migrationspakt veröffentlicht, der es ebenfalls in sich hat. Sarrazin führt ein aus seiner Sicht bestehendes Defizit in die Debatte ein, das bisher – glaube ich – so noch nicht thematisiert wurde. Er fragt, weshalb im UN-Migrationspakt nur beiläufig von den Gründen für die gestiegene Migration die Rede sei. Der wichtigste Grund wird – so Sarrazin – im Pakt überhaupt nicht erwähnt. 

Völlig ausgeklammert – und das ist eines der größten Defizite des Migrationspaktes – wird die wichtigste Ursache des Auswanderungsdrucks, nämlich die seit Jahrzehnten anhaltende Bevölkerungsexplosion in den meisten Auswanderungsländern in Afrika und dem Nahen und Mittleren Osten. 

Thilo Sarrazin, Achgut.com

Vielstimmige Ablehnung

Egal, wem man zuhört. Der AfD, Prof. Herdegen, Benedict Neff (NZZ), Stefan Aust (Welt) oder Thilo Sarrazin – es stellen sich Fragen, die nicht einfach abgeräumt werden können.

Positive Stimmen zum UN-Migrationspakt gibt es auch. Wie dieses Interview mit dem stellvertretenden UNO-Flüchtlingshochkommissar, Volker Türk. Aber welche aufgelegten Fragen werden dort wirklich beantwortet? Ich meine so beantwortet, dass keine Zweifel übrig bleiben oder die bestehenden wenigstens deutlich verkleinert würden?

Mir bleibt ein großes Unbehagen. Und ich mache es mir nicht leicht.

Keine überzeugenden Argumente – nur Unsicherheit

Bei mir sorgte der Gesamteindruck der heutigen Bundestagsdebatte eher für noch mehr Frust und Skepsis gegenüber dem Migrationspakt. Vor allem aber gegenüber unserer Regierung. Sie hat es (wieder einmal) versäumt, in einer früheren Phase der Verhandlungen Öffentlichkeitsarbeit zu leisten.

Dabei mag Außenminister Maas durchaus recht haben, wenn er die mangelnde Aufarbeitung durch einen einzelnen AfD-Bundestagsabgeordneten, den das Auswärtige Amt angeblich früh einbezogen hatte, bemängelte. Die AfD setzt halt ihre Prioritäten und es ist auch bei ganz anderen Themen so gelaufen, dass die AfD den „richtigen Moment“ im Parlament für ihre hinterfotzigen Vorträge abwarten konnte. Das kann man der Partei nicht einmal vorwerfen.

Kampf um die eine Wahrheit, die es auch in diesem Fall
vielleicht gar nicht gibt.

Der Regierung muss ich angesichts der Brisanz des Paktes den gleichen Vorwurf machen, den auch die AfD und ihre Anhänger genüsslich erheben.

Die Information einer ohnehin in dieser Frage kritisch eingestellten Öffentlichkeit wurde unterlassen, vielleicht sogar bewusst hintertrieben. Diesen Eindruck konnten weder die Regierungsparteien noch die Medien widerlegen. Denn auch die Medien haben das Thema verschlagen. Da nützen offensichtlich auch investigative Recherche – Netzwerke einen Dreck.

Wahrscheinlich ist, dass die Regierung (wieder einmal) davon ausgegangen ist, dass man schlafende Hunde besser nicht wecken sollte. Und überhaupt – was soll man auch den Bundestag mit solchen „Kleinigkeiten“ behelligen? Ich behaupte, dass diese Taktik durch die Erfahrungen der letzen Jahre so etwas von gescheitert ist. Nun ist sie auf der Tagesordnung. Diejenigen haben sie dorthin geknallt, weil sie es sehr wohl verstehen, die damit entstehenden Eindrücke für sich und gegen die Demokratie einzusetzen. Die dünne Argumentationslinie der Abgeordneten belegte das leider.

Stümperhafte Öffentlichkeitsarbeit

Unsere Regierung scheint nicht zu begreifen, was sie unserem Land mit dieser stümperhaften Öffentlichkeitsarbeit erneut angetan hat.

Dass das Parlament sich heute mehrheitlich für den UN-Migrationspakt ausgesprochen hat, will ich mal der inneren Einsicht der Mehrheit zuschreiben. Sicher bin ich nicht. Wahrscheinlicher ist, dass die Angst vor der AfD einmal mehr zu dieser Beschlusslage geführt hat. Allein dieser Verdacht ist für mich das Schlimmste am heutigen Tag.

Mich beschäftigen weniger die Entscheidungen in den USA, Australien, Ungarn, Österreich oder Italien. Aber das sind nicht alle Länder, in denen es diesbezüglich rumort. Nur wir Deutsche spielen wieder die folgsamen Lämmer.

Der Bundestag tut das, obwohl gemäß Umfragen eine negative Stimmung in der Bevölkerung gegen den Pakt vorherrscht.

Und wieder wird lustig weiter an dem Bild gearbeitet, dass schon bisher so „erfolgreich“ auf- und abgehängt wurde: wer den Nutzen dieses UN-Migrationspaktes nicht sehen kann, der ist entweder zu dumm oder er hat ideologische Scheuklappen auf.

Menschenfeinden die Bühne bereiten

Mich stellt das ebenso wenig zufrieden, wie die Tiraden des Dr. Furio von der AfD.  Der hat heute im Bundestag wieder nichts anderes gemacht, als seine KollegInnen es bei vielen Debatten zuvor immer wieder vorgeführt haben.

Immer alle Vorurteile, schlechten Beispiele und Angstszenarien ausbreiten, um möglichst viele (Idioten) davon zu überzeugen, dass unser Land komplett im Arsch ist. Und das gelingt immer noch. Obwohl die Umfragewerte der AfD seit Wochen ziemlich stagnieren. Immerhin.

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