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74 Jahre danach

Wir sind nicht hilflos.

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Ich habe mit Juden, Muslimen, Christen und Menschen anderer oder ohne Religion zusammengearbeitet oder bin mit ihnen befreundet. Währenddessen erfuhr ich – oft nur zufällig -, welcher Religion die Kolleginnen oder Kollegen angehörten.

Hautfarbe oder Herkunft eines Menschen sollen keine Rolle spielen, genauso wenig die Zugehörigkeit zu einer oder keiner Religion. Ich fühle, dass ich von diesem Ideal mal mehr und mal weniger weit entfernt zu sein scheine. Je näher ich mit Menschen in Kontakt bin, desto weniger stellen sich solche Fragen. Ich denke, da sind sich die meisten einig.

Wenn ich aber jemanden nicht kenne und ihn vielleicht auch gar nicht kennenlernen möchte, weil er mir fremd scheint, fremder als irgendein anderer Mensch, den ich möglicherweise zu kennen glaube, fängt die eigentliche Herausforderung erst an.


Deutschland ist ein Einwanderungsland mit einem großen Anteil von Menschen, die nicht hier geboren sind.

Wie wir mit ihnen zusammenleben und kommunizieren, ist neben anderen Faktoren auch eine Frage der Erziehung und wird schließlich eine der persönlichen Einstellung. Statisch ist daran allerdings überhaupt nichts. Unsere Einstellung kann sich ändern. Das hat Deutschland nach 2015 erfahren.

Gespräche mit Zeitzeugen, einschließlich denen mit meinen Eltern, bestärkten mich immer wieder aufs Neue in der Überzeugung, dass das Grauen der NS-Zeit nachwirkt und im Land absolute Einigkeit darüber herrscht, alles dafür tun, dass sich nichts davon, was im 3. Reich stattgefunden hat, wiederholen darf.

Viele öffentliche Debatten, Aufsätze, Filme, Theaterstücke, Bücher und – wenngleich zu wenig – auch der Schulunterricht trugen dazu bei. Ganz sicher ist dieses Deutschland ein Land, das seine Lektion gelernt hat. Ich will lieber sagen, gewisse Lektionen. Der Autor des verlinkten englischsprachigen Artikels ist übrigens Deutscher.

Wie stark uns Deutsche diese nationalsozialistische Geschichte geprägt hat, ist schwer zu sagen – vor allem, wenn es um die jüngeren Generationen geht. Die Erinnerungen, auch die überlieferten, verblassen. Die Zahl der Zeitzeugen wird immer kleiner.

Unsere Möglichkeiten, fremde Länder und Kulturen kennenzulernen, sind riesig. Die Globalisierung, sagt mancher, habe dazu geführt, dass die Menschen näher zusammenrücken. Und doch existieren Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus. Und doch gibt es diesen Egoismus, der sich so äußert, dass wir Menschen zu Außenseitern machen. Wir lehnen sie ab, weil sie nicht dazugehören oder weil sie uns etwas von dem wegnehmen könnten, für das wir „hart gearbeitet“ haben. Vorurteile wirken auch dann in uns, wenn wir überzeugt davon sind, selbst keine zu haben. Aber wir können uns gegen unsere eigenen Vorurteile wehren. Zum Beispiel durch Informationen, von denen wir (wenn wir es wollen) nur wenige Klicks entfernt sind.

Viele Deutsche sind Christen und die, die ihrer Religion den Rücken gekehrt haben, wurden trotzdem von der christlichen Kultur geprägt. Es gelten humanistische Überzeugungen, die im Grundgesetz unseres Landes aber auch in den Herzen seiner Menschen verankert sind.

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Es ist 74 Jahre her. Der Faschismus mit all seiner Menschenfeindlichkeit konnte nur durch die gewaltsame Intervention anderer Nationen gestoppt werden.

Trotz allem: Die Stimmen derer, die einen „Schlussstrich“ ziehen wollen, sind noch immer hörbar und sie werden wieder lauter.

Halle kann überall sein. Wir wissen das. Sicherheit gibt es nicht. Aber wir können uns gegen die wehren, die Hass und manchmal auch Gewalt propagieren. Das müssen wir nur tun!

VOR
Artikelinformationen:

Gesellschaft

Antisemitismus

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2 Gedanken zu „74 Jahre danach“

  1. Danke, Claudia. Ich hatte den Link schon gesehen. Pingbacks gehen hier im Blog nicht mehr durch, weil ich die entsprechenden Funktionen aus Sicherheitsgründen komplett abgestellt habe. Danke für dein Verständnis.

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