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Wir haben vermessene Vorstellungen von Solidarität

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Es ist wohl leider normal, lieber auf die Fehler von anderen zu verweisen als die eigenen zu sehen oder im Stillen wenigstens an ihnen zu arbeiten.

Immerhin tun viele in Deutschland heute so, als könnten unsere Bemühungen beim Klimawandel Vorbild für die Welt sein. „Am deutschen Westen soll die Welt genesen“. Dieses Faible ist schon seit den Zeiten des deutschen Kaisers bekannt.

Die Wälder am Amazonas brennen wie noch nie und auch auf Gran Canaria haben nach Medienberichten Menschen dafür gesorgt, dass ein furchtbarer Waldbrand die Natur zerstört. Bäume produzieren Sauerstoffs und geben diesen frei. Die Sauerstoffproduktion muss also von weniger Bäumen besorgt werden. Wälder speichern außerdem CO2. Dieser Fakt gräbt sich erst seit dem Klimawandel so richtig ein in unser kollektives Bewusstsein. Entsprechend böse reagieren wir, wenn andere dem Wald Schlechtes tun. Brandstifter gibts dennoch und meist stecken handfeste wirtschaftliche Interessen hinter den Feuern, die eigentlich Brandrodungen sind.

Wie es aussieht, wird der schlimme Brand in Gran Canaria bald gelöscht sein, im Amazonas-Gebiet sieht das leider anders aus. In Sibirien und Alaska brennen die Wälder in nicht gekannten Dimensionen.

Die gestiegenen Temperaturen sowie die große Trockenheit in weiten Gebieten fördern Brände. In Sibirien und Alaska werden die Brandursachen wohl dort zu suchen sein. Ich schreibe das, obwohl Jörg Kachelmann bestimmt ausflippen würde. Aber das macht er ja aus Prinzip, glaube ich. Wer auch immer verantwortlich ist, der Kreislauf scheint kaum mehr durchbrochen werden zu können. Zunahme von Bränden, weniger Wald, höhere CO2 Emissionen…

Brasilien

Der brasilanischen Regierung Bolsonaro werden schlimme Vorwürfe gemacht. Nur verfügt niemand über die Mittel, den Mann, der für die eskalierte Lage am Amazonas verantwortlich ist, von seiner „Politik“ abzubringen.

All dies geschieht in diesem Sommer und befeuert die vielen Meldungen über die Folgen des Klimawandels. Die Nachrichten machen Angst. Wir schauen hilflos auf die Natur und entwickeln eine Wut auf die aus unserer Sicht Schuldigen.

Bolsonaro wirkt in diesem Szenarium für viele wie ein Unmensch. Er gefährdet nicht nur die Zukunft seiner BürgerInnen, sondern setzt die Funktionsfähigkeit der „Lunge der Welt“ aufs Spiel. Bolsonaro schert sich nicht um die Ureinwohner seines Landes und schon gar nicht um die Milliarden von Tieren, die den Bränden akut und künftig zum Opfer fallen.

Dass Bolsonaro mit Drohungen aus Europa, sprich der Streichung von Fördergeldern aus Norwegen und Deutschland, nichts am Hut hat und sie locker abtropfen lässt, mussten wir zur Kenntnis nehmen. Dass er den Naturschutzorganisationen vorgeworfen hat, selbst für die Brände verantwortlich zu sein, um seine Politik zu attackieren, ist so krass wie lächerlich. Ein fieser Kerl. Von vielen Äußerungen seines Vorbildes Donald Trumpski kennen wir die negativen Gefühle schon, die wir auch dem Brasilianer entgegenbringen.

Abgesehen von den politischen Scharmützeln bewegen uns vielmehr die Folgen für unseren Planeten. Es macht nachdenklich, wie verantwortungslos manche Politiker und Publizisten mit der Brisanz des Klimawandels umgehen. Dass dieser wenigstens nicht mehr abgestritten wird, ist immerhin ein Fortschritt, einer, den wir der 16jährigen Schwedin Greta Thunberg verdanken. Dass sie von vielen gehasst wird, passt in unserer verrückte Zeit.

Es ist egal, ob es um Menschen- oder Klimarettung geht, für viele ist beides falsch. Die Protagonisten werden zu Hassobjekten.

Dabei bringt mich das Verhalten solcher Leute wie Bolsonaro oder Trumpski wieder zu dem Gedanken zurück, dass nur internationales Handeln es schaffen kann, die erforderliche Wirkung gegen den Klimawandel zu erzielen.

Deutschland

Davon möchten die Aktivisten in Deutschland nur gar nichts wissen. Sie glauben, dass Deutschland mit seinen ca. 80 Millionen Einwohnern und einer relativen Wirtschaftsmacht ein Vorbild für alle anderen Nationen sein sollte. Dass das bisher Erreichte dabei keineswegs beispielhaft ist, zeigen schon die dramatisch gestiegenen Energiekosten und die unbestreitbaren Probleme bei der Sicherung der Energieversorgung. Von Detailfragen, etwa dem Transport des Windstromes von Nord nach Süd, will ich gar nicht erst anfangen.

Dass weltweit neue Atomkraftwerke installiert werden stört uns nicht; diese Technik haben wir wohl ein für alle Mal abgeschrieben. Und das obwohl die Weiterentwicklung der Reaktortechnik nicht nur fast emissionsfreie und wohl auch eine stark risikoreduzierte Energieerzeugung verspricht. So fest ist die Ideologie der grünen Energiewende allemal, dass für solche eigentlich naheliegenden Überlegungen kein Platz mehr ist. Mich stört es, dass nicht einmal ein Gedanke daran verschwendet wird. Atomenergie wird wie ein Tabu behandelt.

China und Indien

Es ist wohl weitaus schwerwiegender, dass Länder wie China und Indien mit Millionen von Arbeitsplätzen in der Kohleindustrie allein schon aus diesem Grund den Wandel zu erneuerbaren Energien vollziehen können. Dort werden Kernkraftwerke und Kohlekraftwerke weiterhin benötigt, gebaut und betrieben.

Der Energiebedarf aller aufstrebenden Länder wird natürlich weiter wachsen. Deutsche Umweltaktivisten träumen trotzdem davon, den Regierungen dieser Länder durch unser „eigenes Vorbild“ elementare Entscheidungshilfen zu bieten. Wie naiv ist das eigentlich?

Die ersehnte Verbesserung der Lebensqualität von Menschen in so vielen Ländern der Erde ist umweltpolitisch vermutlich sehr kontraproduktiv. Während wir im Westen unseren Fleischkonsum und unsere Fernflüge aus eigener Einsicht vielleicht spürbar reduzieren, können wir nicht ernsthaft glauben, dass all die Millionen Menschen ihre Vorstellung von einer Wohlstandsentwicklung aufgeben, die wie selbstverständlich das Leben so vieler Generationen in unseren reichen Ländern prägten. Wir glauben doch nicht allen Ernstes glauben, dass wir Menschen in anderen Ländern ein gutes, komfortables Leben (Mein Haus, meine Yacht, mein Auto) ausreden können, nur weil es für den Planeten eng wird?! Denjenigen, der diese Überzeugungsarbeit leisten will, möchte ich kennenlernen.

Die Ausbeutung unseres Planeten wird ein (natürliches) Ende haben, weil wir das Bevölkerungswachstum nicht in den Griff kriegen.

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Artikelinformationen:

Gesellschaft

china, Egoismus, Klimawandel, Solidarität

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6 Gedanken zu „Wir haben vermessene Vorstellungen von Solidarität“

  1. Das mit der Zunahme der Bevölkerung als finaler Streich könnte nicht stimmen. Rosling sprach von max. 12 Milliarden.
    Aber was anderes ist vermutlich schwerwiegender: die fehlende Bereitschaft, endlich Maßnahmen zu ergreifen. Es gibt genug Leute, die noch schnell mega-touristenziele abklappern wollen. In saus und Braus ist die Devise.
    Es reicht einfach nicht.

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  2. Du meinst, trotz der Begeisterung, die in Deutschland gezeigt wird, sind die meisten gar nicht dazu bereit, ihr Verhalten zu ändern? Das unterschreibe ich blind. Es ist alle nur Gerede. Diese Wunschlisten fallen zusammen, sobald es daran geht, sich selbst etwas zurückzunehmen und effektive Maßnahmen im eigenen Umfeld umzusetzen. So sind wir.

    Andererseits: Ich bin in dieser Hinsicht keine Ausnahme. Eher tendiere ich auch etwas zum Fatalismus. Trotzdem ist mein Bewusstsein für die Problemstellung geschärft. Ich hoffe zwar, dass es nicht so schlimm kommt, wie manche (auch Wissenschaftler) es ausführen. Wir haben in unserer Familie den Fleischkonsum reduziert. Morgens gibts selten mal Wurst und wir essen manchmal tagelang kein Fleisch. Außerdem – aber das hat mit mit meinem Alter zu tun, fahre ich kaum noch Auto. Ich habe es in den letzten fast 3 Wochen nicht bewegt. Wir gehen entweder zu Fuß oder fahren Rad. Meine Frau benutzt ihr Auto allerdings täglich – nur für relativ kurze Strecken (innerhalb unseres Landkreises allerdings. Außerdem waren wir seit 5 Jahren nicht im Urlaub. Aber das hat nichts mit Einsicht zu tun. Da aber die Bevölkerung in D zurückgeht, könnte es ja sein, dass aufgrund der Zunahme von älteren Leuten auch die Reisetätigkeit zurückgeht. Darüber kenne ich keine Statistik. Ich weiß natürlich, dass die Zahlen der Reiseunternehmen keine Entpannungsmeldung hergeben. Allerdings hat Tui ordentlich Probleme. Aber die arbeiten ja weltweit.

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  3. In deiner Beschreibung zum derzeitigen Alltag, @Horst, finde ich mich komplett wieder. Und ich vermute, bei Gerhard geht es in die ähnliche Richtung.

    Wollte man das hochrechnen, da Deutschland immer älter wird, reduzieren sich schädliche Ausstoße aller Art „wie von selbst“. Damit tragen zumindest wir „Älteren“ unseren Beitrag schon bei. :))

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  4. „Davon möchten die Aktivisten in Deutschland nur gar nichts wissen. Sie glauben, dass Deutschland mit seinen ca. 80 Millionen Einwohnern und einer relativen Wirtschaftsmacht ein Vorbild für alle anderen Nationen sein sollte. “
    Das ist eine pauschalisierende Annahme, die du mal unterfüttern müsstest! Ich sehe ständig Forderungen nach globalem Handeln – und jetzt gerade geht die Forderung rund, das Freihandelsabk. mit Brasilien zu stoppen. Haben Irland und Frankreich grade angedroht – wo bleibt DE?
    Dass die Individuen das Klima durch vorbildliches Handeln alleine retten, ist sowieso ein Fantasma, politische Vorgaben und Regeln sind gefordert – in Deutschland und Europa. Was nicht bedeutet, dass man selbst nicht auch was tun kann, ich esse schon lange nurmehr selten Fleisch, Wurst nur noch vegetarisch (die werden immer besser – und sichte mal den Namenslink!).

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  5. @Claudia, du hast nichts über die Gründe gehört, weshalb Deutschland beispielsweise noch vor 2030 (in Abweichung zum Kohlekompromiss) aus der Kohle aussteigen soll, um unsere Emissionen von Co2 (2%!) zu reduzieren?

    Welchen Hintergrund könnten die Forderungen haben? Das Vorbild für die Welt sein zu wollen oder was sonst?

    In den Diskussionen mit Prof. Quaschning (Thilo Jung) oder Maja Göpel spielt diese Vorstellung ebenso eine Rolle wie in Diskussionsbeiträgen von FFF oder den Aktivisten hier in Garzweiler.

    Das heißt ja nicht, dass diejenigen, die Deutschland gern in der Vorreiterposition sähen, sich nicht darüber im Klaren wären, dass nur globale Lösungen, mindest jedoch auf europäischer Ebene, etwas bringen können. Der Eindruck dass wir in Deutschland mit unserem Beitrag für sich etwas bewirken könnte, halte ich für Unsinn und die Forderung ist politisch deshalb ja auch so umstritten.

    Wenn ich allein auf die Diskussionen um die Brände des Amazons-Regenwaldes beobachte (Brasilien wie Bolivien – wo ein Sozialist herrscht), zeigen sich die dramatischen Probleme und unterschiedlichen Sichtweisen. Diese Nationen stärken einerseits gegen die Interessen der Menschheit ihre Agrarwirtschaft. Dahinter steht unter anderem der zunehmende Fleischbedarf in China. Die Flächen werden brandgerodet, um den nach der Wohlstandsentwicklung in China dramatischen Fleischbedarf decken zu helfen. Woher nehmen wir in Deutschland die moralische Überlegenheit, den Chinesen eine Partizipation an Lebensqualität zu verweigern? Dort kann man sich nun auch Fleisch leisten, das wir seit Jahrzehnten ohne schlechtes Gewissen konsumieren. Wir haben es mit einem Problem zu tun, das in seinen Dimensionen überhaupt nicht nicht lösen ist. 7 Mrd. Menschen sind schon zu viel. Und wir wachsen weiter.

    „Deutschland hat eine unglaubliche Chance und eine unglaubliche Verantwortung dabei, damit aufzuhören, Kohle zu verbrennen. Würde Deutschland das tun, würde das ein deutliches Signal an die Welt senden, dass wir uns in einer Krise befinden und dass wir mit solchen Sachen aufhören müssen.“ Kritik an Deutschland: Greta Thunberg findet Kohleabkommen „absurd“ – WELT

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