Schusswaffen sollten komplett verboten werden

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Mei­ne Aus­sa­ge, dass Schuss­waf­fen kom­plett ver­bo­ten wer­den sol­len, wird auch in Deutsch­land nicht ohne Wider­spruch sein. Schüt­zen­ver­ei­ne und Sport­schüt­zen wer­den sich weh­ren. Reichs­bür­ger sowie­so. Wenn Pri­vat­leu­te ohne Waf­fen (Schuss­waf­fen, Mes­ser etc.) aus­kä­men, es wür­de – jeden­falls aus mei­ner Sicht – nie­man­dem etwas fehlen. 

In den USA gibt es mehr Schuss­waf­fen als Ein­woh­ner. 2017 waren es über 120 Waf­fen auf 100 Ein­woh­ner. Lei­der gibt es sie nicht nur beim Mili­tär oder wer­den sicher ver­wahrt, jeder Depp kann dort Schuss­waf­fen erwer­ben (und benut­zen). Im Jemen herrscht bekannt­lich ein schlim­mer Krieg. Das Land liegt in die­sem Ran­king auf Platz zwei. Dort kom­men knapp 53 Waf­fen auf 100 Ein­woh­ner. Wie zuvor erwähnt, im Jemen herrscht Krieg!

Ich hat­te kürz­lich wie­der eine hef­ti­ge Dis­kus­si­on über das The­ma. Mit völ­li­gem Unver­ständ­nis sehe ich Fotos von Erwach­se­nen, die klei­ne Kin­der an Schuss­waf­fen her­an­füh­ren bzw. trainieren. 

In Deutsch­land wer­den je 100.000 Ein­woh­ner 0,19 mit einer Schuss­waf­fe getö­tet, in den USA sind es 3,5. Wie die Sta­tis­tik aus­weist, steigt die Zahl der Todes­fäl­le und Ver­letz­ten in den USA durch Schuss­waf­fen seit Jahren.

Die Mehr­heit der US-Ame­ri­ka­ner besit­zen kei­ne Waf­fen. 42 % jedoch ver­fü­gen über eine oder sogar meh­re­re Waf­fen in ihrem Haus­halt. Die Sta­tis­tik zeigt, dass die USA mit gro­ßem Abstand die Nati­on sind, in der es die meis­ten Schuss­waf­fen gibt. Seit den 1970-er Jah­ren ging die Zahl der Waf­fen­be­sit­zer zurück. In den 2000-er Jah­ren lag sie auf einem Tief­punkt. Von 2010 bis 2015 sind die Zah­len wie­der deut­lich gestiegen. 

Obwohl vie­le Ame­ri­ka­ner heu­te für stren­ge­re Waf­fen­ge­set­ze sind, käme dort ver­mut­lich kei­ner auf die Idee, das in Deutsch­land seit 1777 gel­ten­de Gewalt­mo­no­pol des Staa­tes einzuführen. 

Als das Mei­nungs­for­schungs­in­sti­tut Gal­lup die Bür­ger im Okto­ber 2018 befrag­te, ob sie schär­fe­re Waf­fen­ge­set­ze befür­wor­te­ten, ant­wor­te­ten deut­li­che 61 Pro­zent mit Ja.

USA: Wahl­kampf um Waf­fen­ge­set­ze – Poli­tik – SZ​.de

Das Selbst­ver­ständ­nis der US-Ame­ri­ka­ner weicht also in die­sem Punkt fun­da­men­tal von unse­rem ab. Wenn ich es rich­tig ver­stan­den habe, hat sich in Euro­pa mit der Auf­klä­rung die Gewal­ten­tei­lung durch­ge­setzt, die ein Vor­den­ker die­ser Zeit, Mon­tes­quieu, defi­niert hat­te und die das Gewalt­mo­no­pol des Staa­tes (Poli­zei) einschloss. 

Aller­dings erweist sich der Geno­zid­be­griff wenig geeig­net, um die spe­zi­fi­schen Gewalt­for­men in sied­ler­ko­lo­nia­len Kon­tex­ten zu erfas­sen. Denn die Geno­zid­kon­ven­ti­on der Uno von 1948 ent­stand als unmit­tel­ba­re Reak­ti­on auf die Mas­sen­ver­bre­chen des Gross­deut­schen Rei­ches im Zwei­ten Weltkrieg.

Ver­üb­ten die USA einen Geno­zid an den Indianern?

Das klingt nicht nur wie eine Aus­re­de. Die immer bemüh­te Beto­nung der Unver­gleich­bar­keit der Nazi-Gräu­el­ta­ten ist zu bequem. 

Ich dach­te, dass besag­tes US-Selbst­ver­ständ­nis mit dem Wil­den Wes­ten zu tun hät­te. In einer älte­ren Kolum­ne des schon lan­ge in Deutsch­land leben­den US-Buch­au­tors und Sati­ri­kers Eric T. Han­sen las ich, dass vor über 250 Jah­ren in Euro­pa nur der Adel Waf­fen tra­gen durfte. 

In den USA war nicht der Mas­sen­mord an den India­nern mit über­le­ge­nen Waf­fen der Aus­gangs­punkt für die heu­ti­ge moder­ne Aus­stat­tung der Haus­hal­te mit Waf­fen. Laut Han­sen wehr­ten sich die bewaff­ne­ten Ame­ri­ka­ner gegen die besitz­ergrei­fen­den Euro­pä­er. Wir Euro­pä­er sind dem­nach mit unse­rer Kolo­ni­al­po­li­tik an der bis heu­te dort als ganz nor­mal emp­fun­de­nen Stan­dard­be­waff­nung des gemei­nen Amis schuld. Das sol­che Zusam­men­hän­ge nicht jedem ein­leuch­ten, dürf­te sicher sein.

In der Ver­gan­gen­heit haben zumeist die Repu­bli­ka­ner pro­fi­tiert, wenn es in Wahl­kämp­fen um Waf­fen ging. Sie haben es geschafft, jene Wäh­ler an sich zu bin­den, für die das im Zwei­ten Zusatz­ar­ti­kel der US-Ver­fas­sung fest­ge­schrie­be­ne Recht auf Waf­fen­be­sitz so wich­tig ist, dass sie allein an die­ser Fra­ge ihre Wahl­ent­schei­dung fest­ma­chen. Die Angst, dass ihnen etwas weg­ge­nom­men wer­den könn­te, war für die Waf­fen­freun­de bei Wah­len extrem moti­vie­rend. Den Repu­bli­ka­nern hat das immer wie­der Sie­ge eingebracht.

USA: Wahl­kampf um Waf­fen­ge­set­ze – Poli­tik – SZ​.de

Wenn ich sehe, wie die Spal­tung der Gesell­schaft in den USA vor­an­ge­schrit­ten ist, möch­te ich nicht über­se­hen, wel­che Gefah­ren die Bewaff­nung vor allem der Leu­te aus dem Trump-Lager für die nahe Zukunft offen­bart. Ich ver­traue kei­nem Ame­ri­ka­ner, der selbst nach die­sen schlim­men vier Jah­ren sei­ner Prä­si­dent­schaft, nicht genug hat­te. Und das sind über 70 Millionen. 

Wenn es zutrifft, dass es der eher kon­ser­va­ti­ve Teil der US-Ame­ri­ka­ner ist, der bis an die Zäh­ne bewaff­net ist, ist dies beun­ru­hi­gend. Mei­ne Gedan­ken sind spe­ku­la­tiv. Im Wahl­kampf 2020 war es aller­dings so, dass die Demo­kra­ten, anders als die Repu­bli­ka­ner, mehr­heit­lich für schär­fe­re Waf­fen­ge­set­ze waren. Am Ende tre­ten bewaff­ne­te gegen unbe­waff­ne­te Ame­ri­ka­ner an. Einen Vor­ge­schmack auf das, was dies bedeu­ten könn­te, haben wir beim Über­fall der Trump-Leu­te auf das Capi­tol bekommen. 

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Schlagworte: Demokratie USA Waffen Wahlkampf

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12 Gedanken zu „Schusswaffen sollten komplett verboten werden“

  1. Beim Gedan­ken­spiel „Käme eine Fee und du hät­test einen Wunsch frei“ war es für mich immer mal der Wunsch, sämt­li­che Distanz­waf­fen zu ver­un­mög­li­chen. Egal wie, das wäre das Pro­blem der Fee.

  2. Gerhard 246 27. Juli 2021 um 16:51

    Gera­de den letz­ten Satz kann ich unterstreichen.

  3. Gerhard 246 27. Juli 2021 um 16:53

    Ich hat­te mir den damals aus­ge­druckt und auch einer eng­li­schen Nach­ba­rin gegeben.
    Da steckt viel drin in die­sem Text.

  4. Gerhard 246 27. Juli 2021 um 22:53

    Das glei­che bei der Kirche.
    Schi­cken die einen Miss­bräuch­ler ein­fach nach Strau­bing – ohne zu warnen.
    Und wun­dern sich jetzt, dass die Bür­ger aufbegehren.
    Offen­bar mer­ken sie ERST JETZT, dass das ncht ganz o.k. war (aber nur durch den Pro­test jetzt offenbar).

  5. Das Alter des Arti­kels bedeu­tet evtl. auch, dass der Inhalt, soweit er um die­sen Satz kreist 

    „Ame­ri­cans are fasci­na­ted by mur­ders and mur­de­rers but not by the fami­lies of the peo­p­le who are killed“

    nicht mehr aktu­ell ist. Ich sage das, weil ich mal lan­ge Zeit „zum Ein­schla­fen“ die nächt­li­chen „Medi­cal Detec­ti­ves“ geschaut bzw. gehört habe: Ein­zel­ne Mord­fäl­le und ihre Auf­klä­rung mit­tels foren­si­scher Methoden.

    Was mich dabei eher gelang­weilt hat, waren die aus­führ­li­chen Dar­stel­lun­gen der Opfer-Fami­li­en. In jeder Fol­ge haben sich jeweils Ver­wand­te und Bekann­te über das Opfer geäu­ßert, des­sen Leben und Cha­rak­ter gewür­digt und und und. (auch in ande­ren, ähn­li­chen ame­rik. Seri­en ist das so). 

    Ich fin­de es sehr nach­voll­zieh­bar, sich bei Ver­bre­chen weit mehr für die Täter zu inter­es­sie­ren als für die Opfer. Schließ­lich sind es die Täter, die „abwei­chen­des Ver­hal­ten“ zei­gen, nicht die Opfer. Inso­fern inter­es­sie­ren die Grün­de /​Moti­ve /​die Vita der Täter – wobei ich in ame­ri­ka­ni­schen Seri­en in die­ser Hin­sicht eher Des­in­ter­es­se fest­stel­le. Meist klingt es so, als gäbe es schlicht und ein­fach „böse Men­schen“ bzw. „Mons­ter“ – wie die so gewor­den sind, kommt nahe­zu nie vor. Das fin­det man viel eher in euro­päi­schen Serien.

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