Die Impfgegner haben in den asozialen Medien Oberwasser. Die Spaziergänge werden immer zahlreicher, die Anzahl der Teilnehmer steigt gefühlt täglich. WELT berichtet heute, es gebe in den USA einen Ärzte-Exodus. Und zwar deshalb, weil das klinische Personal dort zu einem hohen Anteil gegen Vakzine sind. Die Ärzte verlassen aus Protest gegen die Zwangsimpfung ihre Wirkungsstätten.
Die Schlussfolgerungen liegen auf der Hand: Wenn Fachleute mehrheitlich gegen die Vakzine sind, wird das wohl gute (medizinische?) Gründe haben. Die Quote der Verweigerer ist laut WELT höher als in der restlichen Bevölkerung.
Man muss gar nicht mehr über die Gründe wissen und/oder zu den querdenkenden Impfgegnern zählen, um aus dieser Nachricht ordentlich Nektar zu saugen. Anscheinend (der Artikel versinkt mal wieder hinter der Bezahlschranke) hebt die USA die Impfpflicht für Krankenhauspersonal aufgrund dieser fatalen Entwicklung auf.
Gestern kam raus, dass in Bayern und Hamburg mit Zahlen operiert wurde, die auf einer zweifelhaften Methode basieren. Auf Nachfrage führte Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher aus, dass von den in KW 49 Neuinfizierten in seiner Stadt ca. 90 % ungeimpft gewesen sind. Die tatsächlichen Zahlen sahen jedoch anders aus:
63,2 % Impfstatus unbekannt
22,5 % Geimpfte
14,3 % Ungeimpfte
Dass solch eine dumme Vorgehensweise Wasser auf die Mühlen der Querdenker, Impfgegner und Staatsfeinde ist, überrascht nicht. Wie kann man das Vertrauen der Menschen so leichtfertig zerstören? Wahrscheinlich erhielt Tschentscher das Zahlenmaterial aus seiner Gesundheitsbehörde. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ihm das „Verfahren“, das hier zur Anwendung gekommen ist, gekannt hat.
Es braucht nicht viel Fantasie, um die Wirkung auf Impfgegner und Corona-Schwurbler vorauszuahnen. Im Internet überschlagen sich die Rücktrittsforderungen, übrigens auch gegen den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder, dessen Behörde wohl eine ähnliche „Logik“ angewandt hatte.
Ich erinnere mich, dass bei der Zuordnung von politisch motivierten Straftaten auf das Milieu der Täter ähnlich unorthodox vorgegangen wurde. Die Zahl von rechts motivierte Straftaten war deshalb höher als bei links- oder islamistisch motivierten Straftaten, weil alle Fälle, die nicht eindeutig zuzuordnen waren, zur rechts motivierten Straftat wurden. Ob diese unsaubere Erfassungsmethode insgesamt oder ausschließlich bei antisemitisch motivierten Straftaten verwendet wurde, kann ich heute nicht mehr sagen. Mir ist die Diskussion über diese Statistik-Geschichte aus dem Jahr 2018 noch in schlechter Erinnerung. Deshalb fiel sie mir in diesem Zusammenhang auch gleich wieder ein. Und vermutlich nicht nur mir.