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Ich mag die Spannungsbögen des Alfred Hitchcock bis heute

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Gestern haben wir uns bei ARTE Hitchcocks Film-Biografie von 2012 angesehen. Es ist ein exzellent besetzter und gut gemachter Spielfilm, der die Eigenarten „des Meisters“ mit Licht und Schatten offenlegte.

Helen Mirren durfte als feministische Leitfigur nicht fehlen. Während des Films fragte ich mich, was diesem Mann wohl widerfahren wäre, hätte es MeToo damals bereits gegeben. Die Filmbiografie ist 5 Jahre vor MeToo entstanden.

Sie spielte Hitchcocks Ehefrau Alma Reville. Ich glaube, mir hat an dieser ein wenig ins Schräge gleitende Charakterisierung Hitchcocks gefallen, wie er von seiner Frau (völlig zu Recht) angezählt wurde und aus dieser Ansprache etwas gelernt zu haben schien.

Ich war überrascht, dass Männer dort noch als lernfähig präsentiert wurden. Heute würde das bestenfalls ausgespart, wenn nicht sogar das Gegenteil behauptet. Schließlich gelten Männer (zumal alte, weiße) vielen Aktivisten als unbelehrbar. Und die haben heute das Sagen.

Ich wusste nicht, dass Hitchcock mit seiner Frau die Finanzierung eines seiner größten Werke (Psycho) gestemmt hat. Er glaubte sich innerhalb der US-Filmindustrie auf absteigendem Ast. Zudem stört ihn, dass die Studios immer stärker dazu neigten, den Filmemachern hineinzureden.

Das schien sich in den Diskussionen mit den Paramount Studios und auch der Zensurbehörde Hollywoods zu bestätigen. Der Erfolg dieses wegweisenden Films stellte sich erst ein, nachdem Hitchcock gemeinsam mit seiner Frau Psycho noch einmal ganz neu geschnitten hatten.

Psycho sollte in nur drei Kinos vorgeführt werden. Deshalb ließ sich das Ehepaar Hitchcock einiges einfallen. Von Marketing hatten sie offenbar auch eine Menge Ahnung. Jedenfalls wurde die Mühe und der hohe Einsatz des Paares belohnt.

Psycho gilt als einer, wenn nicht der beste und erfolgreichste Hitchcock. Die Kosten für diesen Klassiker des Genres beliefen sich damals auf ca. 800.000 Dollar. Das Ehepaar Hitchcock engagierte sich mit ihrem gesamten Vermögen – einschließlich ihres tollen Hauses. Einer der Gründe dafür, dass der Film 1960 in schwarz/weiß gedreht wurde, war das schmale Budget.

Ich erinnere mich an den Kampf, den ich mit meinen Eltern geführt habe. Ich war so 12 oder 13, glaube ich. Irgendwann durfte ich Psycho (an einem späten Samstagabend) sehen und mich gruselte so sehr, dass ich viel Zeit unter dem Wohnzimmertisch verbrachte.

Das Kopfkino der Zuschauer hatte bei Hitchcock eine größere Bedeutung, als den Mord an einem Menschen in größer Detailtiefe darzustellen. Das wurde im Film hervorragend durch eine Szene im Kino gezeigt. Er beobachtete (wohl eine seiner liebsten Beschäftigungen) die Zuschauer von außerhalb und choreografierte gleichsam die entsetzten Schreiintervalle des Publikums. Er hatte Spaß am Entsetzen des Publikums.

Er erzeugte Spannung vom Feinsten! Es ist kein Vergleich zu heutigen Horrorfilmen oder Thrillern. Ausnahmen bestätigen die Regel. Mir fällt aus dem Stegreif nur ein weiterer Regisseur ein, der einen vergleichbaren Spannungsbogen eröffnen konnte. Der heißt John Carpenter.

Ich liebe die Szenen, in denen große Spannung aufgebaut wird – übrigens im Falle Hitchcocks auch durch Musik und/oder Geräusche – und die an ihrem Höhepunkt zerfällt, um die Zuschauer, wenn sie sich schon wieder entspannt hatte, aufs Hinterhältigste zu erschrecken. Das konnte Hitchcock einfach perfekt.


Weil ich auf den Supermond warten wollte (es war lange bewölkt) habe ich mich schließlich noch den Kinoflop „Moonfall“ von Roland Emmerich angesehen. Der Film kostete 140 Millionen Dollar und war an der Kinokasse ein großer Flop und ein langweiliger Mist im Vergleich zu Hitchcocks Meisterwerk. Auch heute noch würde ich ihn wagen, diesen Vergleich.

Ich würde sogar sagen, dass das für zu vieles gilt, das heute die Studios in Hollywood verlässt. Aber ich will jetzt nicht über das Marvel Universum vom Leder ziehen.

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Quelle Featured-Image: HorstSchulte.com

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2 Gedanken zu „Ich mag die Spannungsbögen des Alfred Hitchcock bis heute“

  1. Ich hab den Film auch gesehen. Hitchcock war einer der ganz großen Regisseure, der steht für mich in einer Reihe mit Tarantino, den Coen Brüdern, Coppola etc. Die Kunst des Filmemachens ist vielen leider verloren gegangen. Viele Filme, auch hochgelobte, sind meiner Meinung nach bessere Videospiele. Ausnahmen gibt es aber dennoch. Aber – ich mag auch die Comic-Verfilmung des Marvel Universums, wenn auch nur einige Filme davon.

    Ich denke aber auch, dass es Filmemacher heute schwerer haben. Neben Fernsehen und Kino sind da ja noch die zahlreichen Streaminganbieter, die in kürzester Abfolge neue Serien oder Filme anbieten. Als junger Regisseur bin ich praktisch gezwungen, Quantität vor Qualität zu setzen, zumindest wenn ich Geld verdienen muss.

    Übrigens war die Darstellung durch die beiden Hauptakteure Helen Mirren und Anthony Hopkins genial besetzt.

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  2. Es wird am Alter liegen, dass ich zum Vergleich mit „früher“ ™ neige. Die Filmindustrie gebiert, vielleicht auch wegen Netflix etc., Produktionen, die einfach nur mies sind. Manchmal ist es wirklich eine Zumutung, was uns vorgesetzt wird. Ich persönlich rechne diese elenden Heldenfilme unbedingt dazu. Auch, wenn sie nichts mit Netflix zu tun haben. Was ich zuletzt richtig gut fand, waren die Serien 1923 und die in diesem Rahmen präsentierten.

    Ich fand interessant, wie sehr ein solcher Star wie Hitchcock unter Druck gesetzt wurde. Der Paramont – Chef wollte ja partout von Psycho gar nichts wissen, ganz zu schweigen von diesem Hirni, der der Zensur-Behörde vorstand.

    Mirren und Hopkins waren großartig. Hopkins wirklich die Idealbesetzung für Hitch. 🙂 Aber Scarlett Johannson und Jessica Biel fand ich auch toll. Schön und toll.

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