„Nicht vergessen“. Erinnern und anders machen

HS230625

Horst Schulte

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a somber and poignant visual depiction of memories 7hzw 2WxQLSlqmCgNWt5Ww D2Y55pEHSU6WVRMTqUKkIw
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Sel­ten kamen sich nach mei­ner Erin­ne­rung Ver­gan­gen­heit und Gegen­wart emo­tio­nal so in die Que­re wie in die­sen Wochen. Der Bedbur­ger Mat­thi­as Sand­mann zeigt uns Bedbur­gern und den Men­schen der nähe­ren Umge­bung in sei­nem Film, wie es damals auch hier war. 

Die Erkennt­nis von per­sön­li­cher Ver­stri­ckung der eige­nen Fami­li­en, der Freun­de und Nach­barn in die Nazi-Bar­ba­rei bedrückt auch Jahr­zehn­te nach ihrem Ende im Jahr 1945. Das tut weh. Der Wahn­sinn gras­sier­te auf allen Ebe­nen bis hin­ein in die Fami­lie, Ver­ei­ne, Freun­des- und Kollegenkreise.

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Die Zeit­zeu­gen ster­ben aus. Es ist nicht nur des­halb unser aller Auf­ga­be, die per­sön­li­chen Erleb­nis­se und Erin­ne­run­gen die­ser Zeit­zeu­gen und die his­to­ri­schen Wahr­hei­ten über die­ses Mensch­heits­ver­bre­chen wach­zu­hal­ten. Die tech­ni­schen Mit­tel dafür exis­tie­ren und zum Glück gibt es Men­schen, die, wie Mat­thi­as Sand­mann, die­se Auf­ga­be zu ihrem Pro­jekt machen. Dafür bin ich dankbar.

Wich­tig ist unse­re Bereit­schaft, uns die Wir­kungs­wei­se men­schen­feind­li­cher Ideo­lo­gien und Sicht­wei­sen bewusst zu machen. Feind­bil­der sind ein­fach zu kre­ieren, weil Men­schen lei­der dafür anfäl­lig sind. Das ist heu­te immer noch so. Daher, glau­be ich, dass die per­sön­li­che Aus­ein­an­der­set­zung mit die­sen The­men eben­so wich­tig ist wie alles, was wir dazu anschau­en, lesen und hören könnten. 

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Der 40-minü­ti­ge Doku­men­tar­film „Nicht Ver­ges­sen“ des Bedbur­ger Foto­gra­fen und Fil­me­ma­chers Mat­thi­as Sand­mann zeigt die Geschich­te der Jüdin­nen und Juden in Bedburg zur Zeit des Natio­nal­so­zia­lis­mus. Er beleuch­tet Schick­sa­le jüdi­scher Fami­li­en, lässt Zeit­zeu­gen, Nach­fah­ren und Exper­tin­nen und Exper­ten, wie auch Kin­der und Jugend­li­che aus Bedburg zu Wort kommen.

Quel­le: stadt bedburg

Der Film bil­det natür­lich die Eska­la­ti­on des Wahn­sinns noch nicht ab, der durch die grau­en­haf­ten, unmensch­li­chen Mas­sa­ker der Hamas-Ter­ro­ris­ten an über 1.400 Zivi­lis­ten in Isra­el ent­stan­den ist. 

Dass jüdi­sche Men­schen hier bei uns in Deutsch­land (lei­der auch schon vor dem 7. Okto­ber) wie­der um ihre Unver­sehrt­heit und die ihrer Ange­hö­ri­gen und Freun­de ban­gen müs­sen, ist inak­zep­ta­bel. Viel­leicht ist die Scham, die die­se schreck­li­che Erkennt­nis bei vie­len von uns aus­ge­löst haben wird, ein Grund dafür, wes­halb von unse­ren jüdi­schen Mit­bür­gern Soli­da­ri­tät und Anteil­nah­me bis­her ver­misst wurde?

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Und trotz­dem soll­ten wir in der ver­ständ­li­chen und berech­ti­gen Empö­rung über die Vor­gän­ge auf unse­ren Stra­ßen und die Äuße­run­gen man­cher radi­ka­len Mus­li­me nicht über­se­hen, wie leicht die Men­schen zum Bösen ver­führ­bar sind. Wir dür­fen nicht denen fol­gern, denen Ver­all­ge­mei­ne­run­gen und pau­scha­le Vor­wür­fe in die Hän­de spie­len. Ich glau­be, das zählt eben­falls zum Ver­mächt­nis von Frau Friedländer.

Vie­le las­sen sich von üblen Rat­ten­fän­gern (heu­te nen­nen wir sie Popu­lis­ten) erstaun­lich bereit­wil­lig mani­pu­lie­ren. Die Mensch­lich­keit kann scheib­chen­wei­se ver­lo­ren gehen. 

Unse­re mensch­li­che Fähig­keit zur Dif­fe­ren­zie­rung soll­te viel stär­ker her­vor­tre­ten. Die Infor­ma­tio­nen und das Wis­sen sind da. Eige­nes Nach­den­ken kön­nen durch exzes­si­ven Medi­en­kon­sum nicht erset­zen. Fake News – Quel­len lau­ern an jeder Ecke.

Wir wis­sen, wie unter­schied­lich Men­schen sind. Man­che fin­den Plu­ra­li­tät und Diver­si­tät gut, ande­re nicht – obwohl wir mit Begrif­fen wie Tole­ranz und Soli­da­ri­tät sozia­li­siert wurden. 

Das Ver­bin­den­de soll­te im Vor­der­grund ste­hen. Die wun­der­ba­re Mar­got Fried­län­der hat es auf ihre berüh­ren­de und klar­sich­ti­ge Wei­se gesagt: „Es gibt kein christ­li­ches, mus­li­mi­sches oder jüdi­sches Blut. Es gibt nur mensch­li­ches Blut“. 

Nie­mand wird wider­spre­chen! Und doch nei­gen wir dazu, uns emo­tio­na­le Aus­brü­che und eine über­trie­ben-mora­li­sche Ent­rüs­tung gegen gan­ze Grup­pen von Men­schen zu erlau­ben. Wir has­sen schnell, die Grund­la­ge für neu­es Unheil ist so leicht gelegt.

Ina Regen hat ges­tern, zum Geden­ken an den 9.11.1938, die­sen Titel her­aus­ge­bracht. Ich habe ihn unten ver­linkt. Wer kei­nen Spo­ti­fy-Account hat, kann hier das You­Tube-Video anhören. 

Aus dem heu­ti­gen News­let­ter von Ina Regen:

Das Lied, das ich dafür gemein­sam mit Ale­xa Voss & Lukas Mario Mai­er geschrie­ben habe, heißt „Eli­sa­beth tanzt“ und erzählt unter ande­rem die ergrei­fen­de Geschich­te der Holo­caust-Über­le­ben­den Eli­sa­beth Schei­der­bau­er, einem jüdi­schen Mäd­chen, das wäh­rend der dunk­len NS-Zeit ins KZ The­re­si­en­stadt ver­schleppt wurde.

Auf die Fra­ge, woher sie die Kraft nahm, jeden Tag aufs neue Hoff­nung in die­ser Fins­ter­nis zu schöp­fen, ant­wor­te­te sie:

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Knapp 300 Menschen kamen zur Premiere des Films „Nicht Vergessen“ über jüdisches Leben in Bedburg:Ein starkes Zeichen gegen das Vergessen

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

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7 Gedanken zu „„Nicht vergessen“. Erinnern und anders machen“

  1. Wei­se Wor­te die Han­nah Monin am Ende die­ser sehr bewe­gen­den Doku­men­ta­ti­on ihren Zuhö­rern mit auf den wei­te­ren Weg gibt.

    Und wenn ich den klei­nen Schü­lern zuhö­re, mitt­ler­wei­le die 3. Nach­kriegs­ge­nera­ti­on, dann den­ke ich, dass vie­les auf einem guten und rich­ti­gen Weg ist. 

    Ich habe seit guten 20 Jah­ren (vor­her habe ich mich nie mit der Geschich­te beschäf­tigt) den Deut­schen ihren Wil­len, ihre Bereit­schaft und han­deln zur Auf­ar­bei­tung der Geschich­te immer hoch ange­rech­net,- den ich in den Nach­bar­län­dern, sowohl euro­pä­isch als auch welt­weit, nicht ansatz­wei­se erken­nen kann. Und ich fin­de es ganz furcht­bar, was welt­weit die Völ­ker für Grau­en ange­rich­tet haben und es tot­schwei­gen, als wäre es nie geschehen.

    Und ich bin mir auch nicht sicher, ob es stimmt, dass wir alle erst immer dar­auf schau­en sol­len, was uns ver­bin­det. Wir brau­chen auch eine Brü­cke für das, was uns trennt,- sonst blei­ben wir getrennt.

  2. Juri Nello 470 11. November 2023 um 16:00

    Vie­len Dank für die loka­len Bezü­ge hier. Man lernt doch nie aus.

    Aller­dings fin­de ich die Head­line vom Post unglück­lich gewählt. Dar­un­ter hät­te sich frü­her mal ein Arti­kel der NPD ver­bor­gen. Es sind ja genau die­se Euphe­mis­men, die als Maxi­men dabei dien­ten (Arbeit macht frei, Jedem das Sei­ne, etc.).

  3. Den Film „Nicht ver­ges­sen“ habe ich mir ges­tern ange­se­hen. Immer wie­der schreck­lich zu sehen, wie das men­schen­ver­ach­ten­de Nazi-Tum mit all sei­nen Ver­bre­chen sich bis in Klein­städ­te und Dör­fer aus­brei­ten konn­te! (Aber auch schön zu sehen, wie­viel Gedenk­kul­tur in Bedburg gepflegt wird!).

    Kohl sprach von der „Gna­de der spä­ten Geburt“ und traf damit einen Punkt: Wir wis­sen alle nicht, inwie­weit wir mit­ge­macht hät­ten – und es ist nicht anzu­neh­men, dass wir mehr­heit­lich Wider­stands­hel­den gewor­den wären. 

    Dar­an muss ich gele­gent­lich den­ken, wenn jemand ver­laut­bart, die Paläs­ti­nen­ser in Gaza hät­ten doch die Pflicht, die Hamas in die Wüs­te zu schi­cken. Was für eine For­de­rung ange­sichts die­ser Ter­ror­ban­de, die sich einen Dreck um die eige­ne Bevöl­ke­rung schert! Und spe­zi­ell mit unse­rer His­to­rie ist das eine sehr ver­mes­se­ne Erwartung…
    (Das soll jetzt kei­nes­falls unse­re Vor­fah­ren ent­las­ten, die groß­teils mit­schul­dig wur­den, indem sie – auch ohne per­sön­lich bedroht zu sein – die wider­li­che Nazi-Poli­tik mit­tru­gen und hin­ter­her behaup­te­ten, sie hät­ten „nichts gewusst“).

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