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China, Tesla und die E-Auto-Dominanz – VW und Co. unter Druck

Chinesische E-Auto-Hersteller überholen deutsche Marken, während Experten einen zähen Aufholprozess prognostizieren.

Gestern war der Autoexperte Professor Stefan Bratzel bei „Markus Lanz“ zu Gast. Unter den Top 10 der E-Auto-Hersteller in China finden wir VW nicht mehr. Nur Tesla spielt neben den Chinesen noch eine Rolle. In der guten alten Verbrennerzeit war das Unternehmen Primus. Inzwischen werden bereits über 50 % als E-Autos in China verkauft. Über die Jahre überwiesen die chinesischen Werke ca. 5-6 Mrd. EUR nach Wolfsburg. Jetzt zeichnet sich ab, dass nicht nur die Volumenhersteller wie VW angegriffen werden, sondern auch die Premium-Klasse.

Ein Beispiel machte mir als Autolaien die Lage brutal klar. Das Spitzenmodell von Porsche unter den E-Autos heißt „Taycan“ und kostet je nach Ausstattung zwischen 120 und 140 TEUR. Der chinesische Wettbewerber von Xiaomi (die gute Smartphones herstellen) heißt – weniger wohlklingend – schlicht SU7. Die technischen Daten, so der Autoexperte, sind fast identisch, in manchen Details sogar etwas besser als der Porsche. Dieses Fahrzeug der Chinesen wird dort für 39 TEUR verkauft. Der Xiaomi soll sogar bei der Reichweite noch etwas besser sein. 700 km Reichweite sind doch mal eine Ansage.

Innovation hat einen (neuen) Namen

Die Fortschritte im Bereich der Innovation chinesischer Hersteller habe man falsch beurteilt; außerdem wurde die Wertschöpfungskette nicht verstanden, führte Bratzel aus. 40 % der Gesamtkosten eines E-Autos macht die Batterie aus. Die Chinesen seien bei der Entwicklung von Batterien weit voraus. Bratzel stellte infrage, ob ein Verbrennerverbot wirklich eine gute Idee gewesen sei, es gebe jedoch aufgrund der Gesamtentwicklung keinen Weg zurück.

Das wiederum deckt sich zu 100 % mit dem, was der Ford-Aufsichtsratschef Deutschland, Gunnar Hermann, dazu in einem Interview ausführte. Verbrennerantriebe seien ein totes Pferd, auf dem man zwar noch eine Weile herumreiten könne, was aber nichts nützen würde, wenn es darum ginge, auf dem Automarkt erfolgreich zu sein. Noch existiert die Chance, dass wir das verlorene Terrain zurückholen. Allerdings, so Bratzel, werde dies Jahre in Anspruch nehmen und nur dann gelingen, wenn wir die Dinge (Batterieproduktion in Europa/Deutschland) auch wirklich „anpacken“.

Pessimismus oder Realismus

Das klingt nicht so pessimistisch wie teilweise das Gerede von Politikern, die das sogenannte Verbrenneraus, das sie – was auch sonst – vor allem den Grünen anlasten, das Ende der deutschen Autoindustrie bedeuten würde. Merz und die Union reden sich diesbezüglich noch einen Wolf und werden am Ende hoffentlich auch zu der Einsicht gelangen, dass E-Mobilität auch in Deutschland die Zukunft sein wird.

Die Tatsache, dass die Preisunterschiede im Volumenmarkt (allerdings nun auch im Premium-Sektor) so gravierend sind, muss auch denen zu denken geben, die noch Hoffnung auf eine deutsche Aufholjagd äußern. Unser Staat wird seine finanziellen Ressourcen, anders als die Chinesen, weiterhin im Sozialstaat einsetzen. VW steht vor einem Arbeitskampf. Da geht es aktuell aber nicht um Demos gegen Werkschließungen und beträchtlichen Personalabbau, sondern um Lohnerhöhungen für ca. 7 % für 130.000 Beschäftigten in den sechs westdeutschen Werken der Volkswagen AG. Was wohl passiert, wenn für mehr Lohn tatsächlich gestreikt wird und zeitgleich oder zeitlich etwas versetzt, die Gewissheit einkehrt, dass 2 Werke geschlossen und 20-30.000 Mitarbeiter entlassen werden? Ich mag mir das nicht vorstellen.

Arbeitskämpfe bei VW, danach Werksschießungen?

Andererseits kennen wir die Rituale. Warum sollte das – trotz der neuen Lage der wichtigsten Industriebranche unseres Landes – so viel anders laufen als sonst? So denken vermutlich viele und ganz bestimmt die Gewerkschafter. Ich würde mich angesichts der Situation, in der sich Deutschland jetzt befindet, etwas vorsichtiger verhalten. Mag sein, dass das auch an meinem Rentnerdasein liegt. VW Mitarbeiter sind, wie man weiß, ziemlich verwöhnt. Auch der Krankenstand ist dort höher als in anderen Wirtschaftszweigen. Sie verdienen im Vergleich sehr, sehr gut und wirken dennoch unzufrieden.

Die im Wettbewerb nach und nach entstehenden Überkapazitäten sind Realität geworden. Da hilft es wenig, wenn Lars Klingbeil der Öffentlichkeit verspricht, dass die SPD alles dafür tun werde, dass es keine Werksschließungen und Entlassungen bei VW geben wird. Was solche Aussagen wert sind, das haben wir – hoffe ich wenigstens – in den vergangenen Jahrzehnten auch gelernt. Ob ein Land das Scheitern lernen kann und nicht nur Einzelpersonen oder Firmenchefs? Ich habe Zweifel. Die nächsten Jahre werden bitter und ob am Horizont wirklich Licht sein wird oder nicht doch der Zug, der uns im Tunnel entgegenrast, werden wir abwarten müssen.

Wie lange geht es noch gut?

Können die Ossis überhaupt noch unzufriedener werden und wie viel Platz für wachsenden Frust bei uns Wessis wird das Land wohl verdauen können? Wir werden das vermutlich austesten, denn das politische Personal ist in meinen Augen längst noch nicht auf den Pfad der Realität eingeschwenkt. Bevor es also wieder aufwärtsgehen kann, muss es vermutlich noch einige Jahre schmerzlich nach unten gehen. Ob die Demokratie das aushält, wäre eine neue Fragestellung, mit der wir in den letzten Krisen nicht konfrontiert waren.

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