
Vor rund fünfzehn Jahren begann eine Beziehung, die keiner braucht: Ich und meine rechte Schulter. Erst war’s nur ein Zwicken, so ein leises Murren nach dem Motto „Trage, beweg dich mal weniger.“ Voltaren schien das Mittel der Wahl, und zeitweilig war relative Ruhe. Bis sie wieder anfing zu maulen – hartnäckiger, beleidigter. Der Hausarzt, ein Mann mit osteopathischer Zusatzausbildung, legte mir die Hände auf und versprach Linderung. Eine Stunde später fühlte ich mich wie neugeboren. Für einige Stunden. Dann war die Schulter wieder da, mit all ihrer Dramatik. Osteopathie war nicht das probate Mittel.
Es folgte der Weg zum Orthopäden – eine Röntgenaufnahme, eine Diagnose, eine Serie Spritzen. Danach die lapidare Mitteilung: „Mehr geht nicht.“ Ein Satz, der klingt, als wäre man in einem medizinischen Abspann gelandet. Die Schmerzen blieben, und meine Nächte verwandelten sich in eine Art Dauerkino zwischen Zähneknirschen und Stoßgebeten. Schlafmangel kannte ich bis dahin nicht.
Und dann kam der Freitag, an dem ich mich selbst übertraf: Nach einer miserablen Woche stieß mir beim Schließen das Garagentor auf genau diese verfluchte Schulter. Der Schmerz? Ein Feuerwerk der Verzweiflung. Ich hätte brüllen können – und tat es wahrscheinlich auch, nur leiser. Jedenfalls schossen mir die Tränen in die Augen.
Der nächste Schritt: Stoßwellentherapie. Ein schöner Name, fast poetisch. Leider mit zweifelhaftem Ruf. Der Arzt erklärte die Chancen – meine Skepsis wuchs mit jedem Satz. Ich nahm weiter meine Voltaren und Pantoprazol-Kombination, mein Magen protestierte, und die Schulter grinste höhnisch.
Dann kam mein Geburtstag. Gäste, Kuchen, Ablenkung – bis zur Nacht. Schlaflos, schmerzgebeugt, saß ich im Sessel und wartete auf Linderung, auf irgendwas. Die Therapie war erst für Mitte Januar angesetzt, also hieß es: durchhalten. Doch am nächsten Tag geschah das Unwahrscheinliche. Die Schmerzen wurden weniger. Und noch weniger. Bis sie weg waren. Fast ganz von selbst. 🥹
Seitdem sind 15 Jahre vergangen. Ich trage wieder Wasserkästen in den Keller, einen pro Arm, weil man ja nicht ewig zimperlich bleiben will. Man kann sie einzeln tragen. Aber das dauert mir zu lang, schließich bin ich Rentner. Die haben bekanntlich wenig Zeit. Vergangene Woche habe ich’s wohl übertrieben – die Schulter mahnte kurz an alte Zeiten. Ein bisschen Voltaren drauf, und das war’s. Manchmal, so scheint es, erinnert uns der Körper daran, was wir schon überstanden haben – nicht um uns zu ärgern, sondern um uns daran zu erinnern, wie gut es sich ohne Schmerzen lebt.



Vielleicht ist unter den Videos was für dich dabei. VG
https://www.youtube.com/@Liebscher.Bracht/videos
Danke für den Link, Willi.
Eine Spontanheilung hatte ich nur mal bei meinem atopischen Ekzem, in beiden Händen.
Jetzt ist es wieder zurückgekehrt, links aber nur.
Ich denke, ich habe damit seit 30 Jahren zu tun.
Das sind alles leichte Dinge, ebenso wie die Nervenbeschwerden im rechten Fuß, seit nunmehr 40 Jahren.
@Gerhard: Viele Sachen sind einfach so schrecklich langwierig. Solange man nicht stark eingeschränkt ist, lässt sich das aushalten. Aber die Zipperlein nehmen leider zu. Manchmal von Jahr zu Jahr, manchmal aber auch von Tag zu Tag. Mist!
Hallo Horst, danke fürs Mitnehmen!
Hab kurz mitgefühlt – ganz ohne Tränen, aber mit Verständnis. Wenn die Gesundheit mal kurz Urlaub macht, merkt man schnell, was wirklich zählt. Umso schöner zu hören, dass es dir besser geht!
Bleib weiterhin im gemütlichen Gang unterwegs …
Zu Liebscher & Bracht sag ich jetzt lieber nichts. 😉
@Gerhard: Was für Nervenbeschwerden sind es denn?
@Oliver: Danke. Das liegt ja schon Jahre zurück. Mir fiel das ein, weil ich plötzlich wieder Schmerzen (leichte) gehabt habe. Jetzt ists schon wieder gut. Ich habe immer ein bisschen Schiss, wenn die Schulter sich bemerkbar macht. Leicht hat es ja früher auch mal angefangen. Du hast ja schon einiges durchgemacht. Da sind das wohl doch Kinkerlitzchen.
@Oliver:
Es ist Kribbeln, Zucken, unentwegt.
War vor 35 Jahren in der Schmerzambulanz, aber die sagten bald: Wieso kommen Sie überhaupt noch?!?!
Mit etwa 33 Jahren dachte ich eben, so etwas ist nicht normal. Heutzutage weiß ich es besser – jeder hat irgend etwas.
2009 hatte ich eine Schulter-Op, Diagnose: Steife Schulter, ich konnte den Arm kaum noch bewegen, schon gar nicht anheben, heftige Schmerzen und Einschränkungen.
Einige Jahre später hatte ich das fast noch mal, konnte ich mit Bewegung/Übungen zu Hause gut gegensteuern. Die Ärztin meinte nur, so was kommt oft im Alter) In der Regel wird so etwas heute nicht mehr operiert. (So gesehen, war die damalige OP eigentlich überflüssig 🙄)
Glückwunsch zur Heilung – und alle Achtung für das Tragen von 2 Kästen Wasser auf einmal!
Ich warte seit Monaten darauf, dass mein linker Oberarm (mit Folgen für die Schulter) sich bessert. Ein „Mausarm“, eine Art Sehnenscheidenentzündung am Trizeps – aber obwohl ich die Maus auf die andere Seite verlegt habe, wird und wird es nicht besser!
@SuMu: Der Orthopäde sagte mir damals auch, dass eine OP die Ultima Ratio sei und dadurch leider nicht sichergestellt wäre, dass die Beschwerden aufhören. Hätten die Schmerzen noch länger angehalten, wäre der Leidensdruck vielleicht groß genug geworden und ich hätte einer OP doch zugestimmt. Hoffentlich kommt sowas nicht wieder 🙂
@ClaudiaBerlin: Danke. Man sagt ja gern, dass Knochenschmerzen besonders schlimm wären. Jüngere Menschen haben zum Glück damit ja weniger zu tun. Es ist wohl so etwas wie eine Verschleißerscheinung, die sich so bemerkbar macht. Ich hatte übrigens auch einmal mit Sehnenscheidenentzündung zu tun. Das war die Zeit, in der ich sehr viel Schreibmaschine geschrieben habe. Das hat lange gedauert. Zum Glück kam das nie zurück.