Meine Kalkschulter und ich – eine schmerzhaft lehrreiche Beziehung

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von Horst Schulte

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geheilte schulter
geheilte schulter

Vor rund fünfzehn Jahren begann eine Beziehung, die keiner braucht: Ich und meine rechte Schulter. Erst war’s nur ein Zwicken, so ein leises Murren nach dem Motto „Trage, beweg dich mal weniger.“ Voltaren schien das Mittel der Wahl, und zeitweilig war relative Ruhe. Bis sie wieder anfing zu maulen – hartnäckiger, beleidigter. Der Hausarzt, ein Mann mit osteopathischer Zusatzausbildung, legte mir die Hände auf und versprach Linderung. Eine Stunde später fühlte ich mich wie neugeboren. Für einige Stunden. Dann war die Schulter wieder da, mit all ihrer Dramatik. Osteopathie war nicht das probate Mittel.

Es folgte der Weg zum Orthopäden – eine Röntgenaufnahme, eine Diagnose, eine Serie Spritzen. Danach die lapidare Mitteilung: „Mehr geht nicht.“ Ein Satz, der klingt, als wäre man in einem medizinischen Abspann gelandet. Die Schmerzen blieben, und meine Nächte verwandelten sich in eine Art Dauerkino zwischen Zähneknirschen und Stoßgebeten. Schlafmangel kannte ich bis dahin nicht.

Und dann kam der Freitag, an dem ich mich selbst übertraf: Nach einer miserablen Woche stieß mir beim Schließen das Garagentor auf genau diese verfluchte Schulter. Der Schmerz? Ein Feuerwerk der Verzweiflung. Ich hätte brüllen können – und tat es wahrscheinlich auch, nur leiser. Jedenfalls schossen mir die Tränen in die Augen.

Der nächste Schritt: Stoßwellentherapie. Ein schöner Name, fast poetisch. Leider mit zweifelhaftem Ruf. Der Arzt erklärte die Chancen – meine Skepsis wuchs mit jedem Satz. Ich nahm weiter meine Voltaren und Pantoprazol-Kombination, mein Magen protestierte, und die Schulter grinste höhnisch.

Dann kam mein Geburtstag. Gäste, Kuchen, Ablenkung – bis zur Nacht. Schlaflos, schmerzgebeugt, saß ich im Sessel und wartete auf Linderung, auf irgendwas. Die Therapie war erst für Mitte Januar angesetzt, also hieß es: durchhalten. Doch am nächsten Tag geschah das Unwahrscheinliche. Die Schmerzen wurden weniger. Und noch weniger. Bis sie weg waren. Fast ganz von selbst. 🥹

Seitdem sind 15 Jahre vergangen. Ich trage wieder Wasserkästen in den Keller, einen pro Arm, weil man ja nicht ewig zimperlich bleiben will. Man kann sie einzeln tragen. Aber das dauert mir zu lang, schließich bin ich Rentner. Die haben bekanntlich wenig Zeit. Vergangene Woche habe ich’s wohl übertrieben – die Schulter mahnte kurz an alte Zeiten. Ein bisschen Voltaren drauf, und das war’s. Manchmal, so scheint es, erinnert uns der Körper daran, was wir schon überstanden haben – nicht um uns zu ärgern, sondern um uns daran zu erinnern, wie gut es sich ohne Schmerzen lebt.


Horst Schulte

Herausgeber, Blogger, Amateurfotograf

Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe auf dem Land.

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Artikelinformationen

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12 Gedanken zu „Meine Kalkschulter und ich – eine schmerzhaft lehrreiche Beziehung“

  1. Eine Spontanheilung hatte ich nur mal bei meinem atopischen Ekzem, in beiden Händen.
    Jetzt ist es wieder zurückgekehrt, links aber nur.
    Ich denke, ich habe damit seit 30 Jahren zu tun.
    Das sind alles leichte Dinge, ebenso wie die Nervenbeschwerden im rechten Fuß, seit nunmehr 40 Jahren.

  2. Hallo Horst, danke fürs Mitnehmen!
    Hab kurz mitgefühlt – ganz ohne Tränen, aber mit Verständnis. Wenn die Gesundheit mal kurz Urlaub macht, merkt man schnell, was wirklich zählt. Umso schöner zu hören, dass es dir besser geht!
    Bleib weiterhin im gemütlichen Gang unterwegs …
    Zu Liebscher & Bracht sag ich jetzt lieber nichts. 😉

  3. @Oliver:
    Es ist Kribbeln, Zucken, unentwegt.
    War vor 35 Jahren in der Schmerzambulanz, aber die sagten bald: Wieso kommen Sie überhaupt noch?!?!
    Mit etwa 33 Jahren dachte ich eben, so etwas ist nicht normal. Heutzutage weiß ich es besser – jeder hat irgend etwas.

  4. 2009 hatte ich eine Schulter-Op, Diagnose: Steife Schulter, ich konnte den Arm kaum noch bewegen, schon gar nicht anheben, heftige Schmerzen und Einschränkungen.

    Einige Jahre später hatte ich das fast noch mal, konnte ich mit Bewegung/Übungen zu Hause gut gegensteuern. Die Ärztin meinte nur, so was kommt oft im Alter) In der Regel wird so etwas heute nicht mehr operiert. (So gesehen, war die damalige OP eigentlich überflüssig 🙄)

  5. Glückwunsch zur Heilung – und alle Achtung für das Tragen von 2 Kästen Wasser auf einmal!

    Ich warte seit Monaten darauf, dass mein linker Oberarm (mit Folgen für die Schulter) sich bessert. Ein „Mausarm“, eine Art Sehnenscheidenentzündung am Trizeps – aber obwohl ich die Maus auf die andere Seite verlegt habe, wird und wird es nicht besser!

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