Die Arbeitgeber wünschen sich die Praxisgebühr zurück. Natürlich nennen sie das Kind anders – klingt ja freundlicher, wenn man die Menschen erneut zur Kasse bittet. Angeblich geht es darum, die Kosten im Gesundheitssystem einzudämmen. Dass diese kleine Zusatzsteuer schon einmal gescheitert ist, scheint vergessen. Der Gedanke dahinter ist simpel: Wir Deutschen rennen zu oft zum Arzt. Statistiken untermauern diese Behauptung, doch sie sind genauso trügerisch wie bequem.
Statt ehrlich über strukturelle Probleme zu reden – auch darüber, wie sich Migration und Gesundheitsversorgung gegenseitig beeinflussen –, schweigt man lieber. Leichter ist es, an jene zu gehen, die schon brav bezahlen: die gesetzlich Versicherten, die keine Lobby haben.
Und während also am einen Ende der Gesellschaft über ein paar Euro pro Arztbesuch gestritten wird, geht im Kleinen unsere Kultur verloren. Bedburg, meine Stadt, hatte lange ihre Musikmeile. Ein Fest, das Menschen zusammenbrachte. Selbst Corona überstand das Format, doch jetzt ist Schluss. Die Kosten für Sicherheit nach terroristischen Bedrohungen sind schlicht zu hoch. Ein Stück gelebtes Miteinander bricht weg – nicht, weil die Menschen keine Lust hätten, sondern weil Absperrgitter und Einsatzpläne das Budget auffressen.
Das alles wäre schon traurig genug, doch die Nachrichten hören nicht auf. Der WDR vermeldet stolz einen neuen Rekord an Kfz-Neuzulassungen. Es klingt fast nach einer Erfolgsmeldung: Wachstum, Konsum, Mobilität. Klar, auch der schlechte Zustand des ÖPNV wird erwähnt – man kennt die Floskel. Aber die eine Frage, die in diesen Tagen drängender ist als alle anderen, bleibt ausgespart: Was bedeutet das für unser Klima?
Die Autos rollen, die Emissionen steigen, und die Klimakatastrophe wird zur Randnotiz. Wer interessiert sich schon noch dafür? Man könnte meinen, es interessiere wirklich niemanden mehr.



Doch, die Klimakatastrophe interessiert schon noch, doch gefühlt glaubt ein jeder: Man hat keine Handhabe mehr dagegen. Der einzelne kann sparen und auch durch Beispiel etwas in seinem direkten Umfeld bewirken, doch die großen Zahnräder der Klimakatastrophe greifen ungerührt und stärker denn je durch.
Das Sparen fing ja schon vor vielen Jahren an, als eine Aussenseitersendung von Harry Lachner im SRW2 gestrichen wurde. Das war eben definitiv kein Mainstream.
Zum Viel-Arzt-gehen: Meine Frau nutzt das, um ihre Gesundheit im Auge zu behalten. Ich befürworte das! In anderem Fall ginge es ihr bestimmt schlechter und schlechter. Sie sucht noch andere Ärzte auf, die sie per Rechnung bezahlt.
Was „Zahngeschichten“ angeht: Ich bekam jetzt schon das 3. Angebot, meinen Beitrag NOCHMAL zu erhöhen. Selbiges auch von meiner Bank.
Das Festivals wegen Sicherheitsbedenken und der daraus resultierenden Kosten nicht mehr stattfinden können, ist echt traurig. Leider ist das bei euch kein Einzelfall. Als Mitorganisator eines drei Tage Events hier bei uns in den neunziger Jahren, weiß ich wie sich behördliche Aufnahmen addieren, bis so ein Festival einfach finanziell nicht mehr tragbar ist.
Wir haben in den Neunzigern drei Tage lang ein Festival aufgezogen (wir hatten sogar eimal Alvin Lee da), über das man heute noch spricht. Nur: Eine Genehmigung mit gemütlichen Holzbuden würde man heute allein aufgrund des Brandschutzes nicht mehr hinbekommen. Und ja, auch Ende der Neunziger waren dann im Laufe der Zeit die Sicherheitsauflagen so hoch geworden, dass wir uns das hätten schlichtweg nicht mehr leisten können. So hat sich nach uns auch niemand mehr daran getraut, Schade.
@Gerhard: Es gibt aber schon viele (ich sehe das sogar im Alltag), die alle Maßnahmen als übertrieben betrachten und sich von den in jüngster Vergangenheit angeblich übertriebenen Ansagen abgestoßen oder zum „Widerstand“ provoziert fühlen. Ich verstehe das zwar nicht. Aber das löst ähnliche Reaktionen bei manchen aus (AfD-Wähler ohnehin!), die wir vom Gendern und anderen Themen her kennen.
Die Gesundheitskosten sind zu hoch. Wir arbeiten in diesem System ineffizient. Das sagen zwar alle, aber sie kriegen diesen Laden nicht in den Griff. Es wird nur alles teuer und schlechter. Bei uns ist das Krankenhaus dicht und im Nachbarort hat man die Notfallambulanz auch gleich stillgelegt. Es sind lange Fahrzeiten erforderlich, um ein Krankenhaus zu erreichen.
@Peter Lohren: Es ist schade, dass das alles nicht mehr zu funktionieren scheint und stattdessen unter Finanzierungsbehalt steht. Aufgrund schwerwiegender Versäumnisse der Politik. Und das gilt ja leider überall in diesem Land wie auch in vielen anderen Ländern. Ich erinnere mich an Woodstock und die Leichtigkeit, in der ein Festival dieser Größenordnung (ohne besondere Zwischenfälle) abgelaufen ist. Es gab auch damals Ausnahmen und bedauerlicherweise sogar Tote. Aber im Großen und Ganzen waren die Dinge einfach zu regeln. Ganz anders als in dieser Zeit.
An Symptomen ‚rumdoktern, das köennense, „unsere oberen“. Aber richtig was Gescheites zuwege bringen, das ist ihnen zu anstrengend. Und zu kompliziert.
Ich muss zum Arzt. Halswirbelknacken! Vom vielen Kopfschütteln!
@Rainer Bielefeld: Ja, das Kopfschütteln beherrschen wir perfekt. Das kommt, wenn man gut trainiert (wird). 🙂