Google Fonts oder lieber das System Font Stack nutzen?

Über den letzten WPLetter habe ich einen interessanten Beitrag zur Verwendung von Google – Fonts gefunden.

Dieses Intro des Artikels machte mich neugierig:

Im nachfolgenden Beitrag möchte ich einmal kurz beschrieben ein paar Gründe nennen, warum man keine Google Fonts nutzen sollte, egal ob bei der Erstellung eines eigenen Themes/Plugins oder auch auf eigenen oder fremden Websites.
Quelle: Warum ein Theme keine Google Fonts verwenden sollte | LINK

Dass Google-Fonts nicht immer die beste Wahl sind, habe ich schon häufiger gelesen. Die Performance von Typekit-Fonts ist übrigens im Vergleich auch nicht so toll.

Google nimmt immer wieder Schriften aus dem Angebot (Droid Sans und Droid Serif) heraus oder benennt sie kurzerhand einfach um (EK Mukta in Mukta), habe ich selbst schon unangenehm erfahren. Vielleicht ist die im Beitrag angesprochene Lösung, Fonts selbst zu hosten, keine schlechte Alternative. Ich habe selbst auch schon gekaufte Fonts gehostet, also keine von Google. Die angesprochene Lösung für Google Fonts soll in einem weiteren Artikel etwas genauer beschrieben werden. Darauf bin ich gespannt.

Das System Font Stack ist in meinem Favoriten – Theme (Total von Themeforest.net) mittlerweile in die Font-Auswahl integriert. Mir gefällt aber nicht, dass die Optik einer Website durch die verschiedenen vom System abhängigen Fonts variieren. Und die System-Fonts “Arial, Verdana oder Georgia” gefallen halt auch nicht jedem.

Andererseits frage ich mich oft, ob die Nutzer einer Website oder eines Blogs überhaupt auf die dort verwendeten Fonts achten? Ich tendiere eher dazu, dass die wenigsten dafür ein Auge “übrig” haben. Manchmal wurden die Fontgrößen selbst bei Websites mit großen Weiteneinstellungen unglaublich klein ausgewählt. Die Font-Farben sind häufig soll extrem hell, dass ich (wenn ich nicht gerade ein Retina-Display oder ein Smartphone-Display mit sehr hoher Auflösung benutze), Mühe habe, am Text dran zu bleiben. Dabei sagen doch die Webdesigner überwiegend, man solle auf gute Kontraste und hinreichend große Fonts achten. Komisch, dass dies oft kaum beachtet wird. Sehen Fonts in besonders kleinen Größen denn irgendwie attraktiver aus? Es scheint so.

Die No-Billag-Initiative ist auch in der Schweiz ein Kampf gegen den “Mainstreamjournalismus”

Ich habe mich gefragt, ob die SVP, die die Speerspitze der schweizerischen No-Billag-Initiative stellt, eigentlich ähnliche Motive für ihren Kampf gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk hat wie die AfD und eine Menge von Menschen, die keine politischen Motive antreiben.

Vordergründig wird mit wirtschaftlichen und wettbewerbstechnischen Argumenten operiert. In einem Beitrag der SVP habe ich aber auch diesen Satz entdeckt:

Viele davon betreiben einen politisch gefärbten Mainstream-Journalismus und/oder bringen Inhalte, die mit Service public schlicht nichts zu tun haben.
Quelle: SVP Schweiz – Ein Ja, um die SRG zur Vernunft zu bringen | LINK

Das tönt ähnlich wie die AfD-Sprüche, die im Kampf gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu hören sind.

Die Schweizer bezahlen viel mehr Geld als wir (ca. doppelt soviel wir wir in Deutschland) für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Und die Argumente den den Millarden verschwingenden Moloch kann ich zum Teil nachvollziehen. Effizienz geht anders und Bürger*Innen sollten nur für die Angebote zur Kasse gebeten, die sich auch genutzt haben.

Es geht aber nicht nur darum, dass die Gebühren vielleicht zu hoch sind und deren “Eintreibung” zwangsweise geschieht. Die Verantwortlichen haben selbst erkannt, dass es angesichts der Veränderungen der Medienlandschaft Handlungsbedarf gibt. Andererseits tendieren inbesondere derart große und mächtige Institutionen nicht dazu, einmal errungene Ressourcen einfach aufzugeben.

Die Parallelen in Deutschland und der Schweiz sind evident. Wie sieht das in Österreich aus? Auch dort sind die Rechtspopulisten auf dem Vormarsch und die FPÖ macht aus ihrer Abneigung gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk keinen Hehl. In anderen europäischen Ländern gibt es ähnliche Entwicklungen.

Die Rechtspopulisten stellen sich an die Seite der Bürger*Innen die vielleicht ohne politische Motivation gegen die Sender opponieren. Weil die Rechten gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sind und sie sich zur Speerspitze seiner Gegner stilisieren, muss die Kritik natürlich nicht falsch sein. Wer ist mit dem, was die öffentlich-rechtlichen Sender heutzutage an Programmen anbieten, schon einverstanden?

Die “No-Billig” – Initiative (SVP) verfolgt natürlich ureigenste politische Interessen. Sie agiert, wie AfD und FPÖ nicht im Interesse der Zuschauer*Innen, sondern in ihrem eigenen. Auch die SVP suggeriert Motive, die unzutreffend sind.

Es ist sehr offensichtlich, dass alle drei rechtspopulistischen Parteien die “Systemmedien” aus dem Weg räumen wollen. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk steht dabei an der Topposition und die Motivlage ist durchsichtig wie nur irgendwas.

Die “allgemeine” Abneigung gegen den Gebührenzwang in weiten Teilen der deutschen Bevölkerung kommt den Rechten in ihrer ersten Schlacht im Kampf gegen die Systemmedien zu pass.

Roger Köppel wettert was das Zeug hält gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk

Einer der vehementesten Fürsprecher der No-Billag – Initiative ist Roger Köppel, der als Chefredakteur und Herausgeber der schweizerischen Weltwoche auch in seiner Eigenschaft als schweizerischer SVP – Bundesrat kein bisschen zurückhaltend oder neutral operiert.

Seine Statements in diversen Auftritten bei “Daily Weltwoche” sind so klar von politisch motivierter Kritik geprägt, dass man die klare Zielrichtung dabei gar nicht übersehen kann. Er macht dankenswerterweise total deutlich, wie sehr ihm die politischen Ansichten der SRG-Programmverantwortlichen ein Dorn im Auge sind.

Dass er in seinem vor allen Dingen ideologisch motivierten Kampf die sonst (von Rechts außen) als höchstes Gebot anempfohlene journalistischer Neutralität rechts liegen lässt, spielt im Kampf für die gerechte “rechts-nationale Sache” keine Rolle!

Abweichende Meinungen sind für Köppel schwer zu ertragen. Dabei weisen er und seine Brüder und Schwestern im Geiste diese üble Eigenschaft immer der politischen Gegenseite zu.

Wir sollten mehr darüber nachdenken, was es “kosten” wird, wenn es die Rechtspopulisten mit ihrer Agitationsmacht schaffen würden, die öffentlich-rechtlichen Sender abzuschaffen. Es geht nämlich um mehr als um ein schlechtes Samstagabend-Programm in öffentlich-rechtlichen Sendern, das wir beim Bier zerreißen und uns sogleich vehement über die hohen Zwangsgebühren aufregen.

 

  1. No-Billag-Initiant Olivier Kessler (31) erhält Drohungen – Blick | Quelle
  2. «No Billag»: Wer ist der Mann, der die Radio- und TV-Gebühren abschaffen will? – Schweiz – az Aargauer Zeitung | Quelle

Bereit für den nächsten Schritt!?

Mir geht es wahrscheinlich nicht anders als vielen, die die Koalitionsgespräche zwischen Union und SPD begleiten. Ich bin unzufrieden und ja, ich will auch endlich Ruhe an der Kompromissfront. Ist mein Wunsch wieder einmal “typisch deutsch” oder ist er nach dem Gezeter einfach nur menschlich?

Um etwas Positives über die bisherigen Ergebnisse zu lesen, muss man im Internet schon echt tief graben. Heute (2.2.) könnte vielleicht Positiv sein. Da gibt es einige Vereinbarungen, die sich für mich interessant und positiv anhören. Die sozialen Netzwerke ausgenommen. Die Prügeln grundsätzlich wirklich auf alles, was sich bewegt. Das ist mein Eindruck, und er verstärkt sich immer weiter.

Ansonsten aber sind nicht nur die meisten professionellen Kommentatoren unzufrieden, die Kommentare in den sozialen Netzwerken enthalten viel Negatives. Die Leute machen aus ihren Herzen keine Mördergrube. Die Ablehnung ist so überwältigend, dass ich mich frage, was Politiker sich denken mögen, wenn sie ähnlich viel Zeit mit dem Lesen dieses Wahnsinns verbringen würden wie ich.

In der momentanen Gemengelage ist es kein Wunder, wenn sogar an den Koalitionsgesprächen persönlich beteiligte Personen, sich wie vorgestern Abend bei “MAISCHBERGER“, die Blöße geben, völlig unnötig die Bühne für die AfD bereiten. Denn die Rechtspopulisten sind waren doch bisher die alleinigen Profiteure des Politdramas, von dem wir widerwillig seit Monaten Zeugen sind. Andererseits sehen die Umfragen, die ich gelesen habe, die AfD immer noch bei 12%. Von der SPD will ich lieber nicht anfangen, die zuletzt nur noch 18% erreichte, in Baden-Württemberg – nicht gerade einem SPD – Kernland – liegt die Partei in Umfragen bei 12% (AfD-Niveau).

Bemerkenswert, wie Stegner (SPD) und Herrmann (CSU) bei MAISCHBERGER versucht haben, das Thema Flüchtlinge herunterzuspielen, um jedoch zeitgleich dafür zu sorgen, dass Hauptangriffspunkte en mass für die AfD entstanden und sie auf diese Weise, den Abend dominierte. Ohne auch nur irgendwas dafür tun zu müssen. Gauland lag entspannt im Sessel und schaute dem Treiben, innerlich wohl eher belustigt, zu.

Trotz aller demoskopischen Werkzeuge, die der heutigen Politik zur Verfügung stehen, bringen es Union und SPD nicht fertig, die Punkte in den Mittelpunkt der Gespräche zu stellen, die die meisten Bürger*Innen wichtig finden. Woran liegt das nur?

Was erwarten Union und SPD, wenn sie diese Performance (das Ergebnis der heutigen Verhandlungen muss ich mir noch genauer anschauen!) abliefern? Gut, dass sie vielleicht (wenn die SPD Parteimitglieder zustimmen) noch mal 4 Jahre in Amt und Würden haben, mag dem einen oder anderen noch ein paar zusätzliche Euros für die spätere Pension bescheren. Aber diese niederen Beweggründe, die mancher den Beteiligten unterstellen (“sich noch schnell die Taschen vollstopfen”) teile ich überhaupt nicht. Aber ich verstehe andererseits nicht, weshalb die Parteien sich so verhalten wie sie es immer noch tun. Vor allem natürlich nicht die SPD!

Neben den Differenzen über die Priorisierung der im Vordergrund stehenden politischen Themen fällt eines unangenehm auf: Die Konnotation des Wortes “Kompromiss”, der einfach zum Wesen jeder normalen Demokratie gehört, dreht sich immer mehr ins Negative.

Es ist wie bei der Entwertung des Begriffes “Toleranz”. Die fortdauernde Kritik an der politischen Korrektheit insbesondere durch Publizisten wie zum Beispiel Henryk M. Broder oder Roland Tichy zeigen Wirkung.

Ich bin mir im Klaren darüber, dass viele das richtig finden, ich tue mich äußerst schwer damit. Ich sehe nicht, dass die Zurücknahme der PC zu einer verbesserten Diskussions- und Streitkultur führen. Aber vielleicht ist der Prozess ja auch noch zu frisch, als das man ihn jetzt bereits abschließend beurteilen sollte. Wahr ist, dass immer mehr Menschen ihre Zurückhaltung (PC) aufgeben und nur noch schimpfen. Klar, dass die Kritiker des Begriffs das nicht gemeint hatten. Oder?

Daran, in klaren Worten für den eigenen Standpunkt zu kämpfen, sehe ich nichts Falsches. Und ich glaube, dass Toleranz aber auch Ausdruck von Ignoranz sein könnte, von mangelndem Interesse an Menschen oder ihrem Leben. Wenn ich mir den momentanen Stand der gescheiterten? Integration anschaue, bin ich stets der Aussage konfrontiert, dass die Migranten an diesem Tatbestand Schuld hätten.

Abgesehen davon, dass die pauschale Aussage millionenfach widerlegt ist, wo sehe ich meinen (persönlichen) Beitrag, dass Migration gelingen kann? Ich bin doch auch so tolerant und lass die Leute machen. Ansonsten halt ich mich raus, ignoriere die Probleme. Es sind ja die der Migranten, nicht meine.

Dass sich die Koalitionäre der Union und der SPD beim Familiennachzug diesen faulen Kompromiss getroffen haben, führe ich darauf zurück, dass Union und SPD genau wissen, wie kritisch die Mehrheit der Bevölkerung das Thema sieht. (Update) Angeblich gibts Umfragen, wonach ca. 80% der Deutschen die Unterstützung von Geflüchteten gutheißen. Ich kann nicht glauben, dass dies wirklich zutrifft. Aber ich bin auch geschädigt und manipuliert durch meine Eindrücke in den Sozialen Netzwerken!

Ich teile den Standpunkt der Grünen und der Linken. Der Kompromiss ist wie Dietmar Bartsch, Linke, gestern im Bundestag sagte, er sei ein “Trauerspiel zu Lasten der Menschlichkeit”.

Aus Anlass des Holocaust-Gedenktages gab es einige TV-Sendungen und die obligatorische Veranstaltung im Deutschen Bundestag. Die diesjährige wunderbare Rede von Anita Lasker-Wallfisch enthielt ein ausdrückliches Lob für Deutschland, als die Grenzen 2015 für Flüchtlinge geöffnet und nicht, wie damals, geschlossen wurden.

Nur – leider – was ist inzwischen denn daraus geworden? Lesen Sie die Zusammenfassung der Gesetzesänderungen, die “Pro Asyl” aufgeschrieben hat.

Ich empfinde es als sehr bitter, dass sich die Stimmung in Deutschland so gegen Geflüchtete gedreht hat. Ich übersehe nicht, welche großen Probleme mit der Aufnahme von Hunderttausenden von Menschen ins Land entstanden sind.

Die neue GroKo wird, wenn es nur nach den jeweiligen Parteiführungen geht, wohl doch kommen. In diesem Fall habe ich die SPD einmal mehr überschätzt. Ich hätte Stein und Bein geschworen, dass die Verhandlungen nicht zu Ende geführt werden. Inzwischen wirkt es anders auf mich.

Nun kann ich nur noch auf die Einsicht der Parteimitglieder setzen. Zum Glück (für die Gegner der GroKo) wird die umstrittene Abstimmung erfolgen, weil es der Parteiführung nicht gut bekäme, hinter die erst vor wenigen Jahren praktizierte Einbeziehung der Basis zurückzugehen. Daran, ob dieses Instrument grundsätzlich positiv zu bewerten ist, habe ich meine Zweifel. Wie vielfach argumentiert wurde, kann die SPD-Parteibasis (zuletzt 450 k Mitglieder) die Regierungsbildung nach abgeschlossenen Koalitionsverhandlungen noch zu Fall bringen und das ist aus verschiedenen Gründen nicht ohne.

Trotz allem: Ich setze meine Hoffnung nun auf die SPD – Mitgliedschaft. Die Verhandler machen mir nämlich nicht (mehr) den Eindruck, als wollen sie den zunächst so widerwillig eingeschlagenen Pfad zur nächsten GroKo noch verlassen. Das verstehe wer will!

Antisemitismus bei Migranten darf nicht als Ausrede für eigene Fehler herhalten

Als ich vor kurzem (nicht in diesem Blog) zum Thema Antisemitismus gebloggt habe, ist wieder das passiert, was ich schon aus der Vergangenheit kannte. Vielleicht war der Text missverständlich, oder von meinem Bewusstsein hat – wie auch immer das funktioniert – Antisemitismus Besitz ergriffen. Dass Menschen auch dann nicht davor gefeit sind, wenn sie ihn (öffentlich) von Herzen ablehnen, soll schon vorgekommen sein.

Wie kann das sein?

Meine persönlichen Lebenserfahrungen sind doch gänzlich andere als die der Menschen, die aus dem arabischen Raum zu uns gekommen sind und die, wie es heißt, mit ihrem kulturell geprägten Antisemitismus für eine starke Zunahme antisemitischer Übergriffe auf Juden und jüdische Einrichtungen gesorgt haben sollen.

Mehr Munition für die AfD

Ist es Zufall, dass die AfD einerseits permanent Ressentiments gegen Geflüchtete schürt und in ihren Reihen krasse antisemitische Ausfälle zu beobachten sind? Ausfälle, die parteiintern zwar manchmal kritisiert werden, die jedoch nie zu disziplinarischen Maßnahmen führen. Björn (Bernd) Höcke ist mit seinen unsäglichen Aussagen kein Einzelfall. Es gibt Mitglieder dieser Partei, die ihre antisemitischen Parolen viel deutlicher “vorgetragen” haben.

Wie gesagt, ich bin auch schon mehrmals als Antisemit bezeichnet worden, weil ich mich für Palästinenser und gegen israelische Politik positioniert habe oder einfach auch nur, weil ich für Xavier Naidoo Position bezogen habe.

Ich halte meine Vergehen selbst naturgemäß für harmlos. Aber andere sehen das ganz anders. Für meinen Teil habe ich den Kopf eingezogen und den Mund gehalten. Außerdem bin ich aus der einen oder anderen Facebook – Gruppe ausgetreten, weil es mir zu “aufregend” wurde. Für mich ist die Tatsache, mit Antisemiten der AfD in einen Topf geworfen zu werden, schwere Kost.  Zumal ich gegen solche Gesinnungen nach Kräften ankämpfe (und zwar nicht nur am Bildschirm!).

Die Statistik kenne ich, nach der in Deutschland 15 bis 20% der Bevölkerung eine antisemitische Einstellung haben soll. Das ist seit langen Jahren ein Wert, der sich scheinbar kaum verändert hat.

Bis jetzt.

Inzwischen ist die AfD mit knapp 13% im Deutschen Bundestag vertreten, und wir hören von denen, die Andersdenkenden nur zu gern Beschwichtungsabsichten vorhalten, dass dieses Faktum unserer Demokratie gut tun würde. Das Hauptargument ist, dass diese von der AfD vertretenen politischen Positionen jetzt auch im Parlament repräsentiert wären.

Ehrlich: Für mich hätte die AfD ruhig eine außerparlamentarische Opposition bleiben können.

In Österreich gibt es mit der FPÖ schon lange am rechten Rand eine Partei. Sie war vor Jahren einmal an der Regierung beteiligt und ist es seit den letzten Wahl in deutlicherem Umfang.

Ich höre häufig, dass dies auf die Großen Koalitionen zurückzuführen gewesen sei, die es im Nachbarland in Serie gegeben hat. Ich glaube zwar, dass diese Theorie nicht grundsätzlich falsch ist. Die Tatsache, dass wir in ganz Europa und auch in Übersee (USA) einen wachsenden Nationalismus beobachten, deutet eher darauf als mögliche Ursache hin.

In der Schweiz konnte die rechtsnationale SVP erst Ende der 1990er im Parlament eine größere Repräsentanz erlangen. Heute ist sie die größte Partei bei den Nationalratswahlen (ca. 29%). Der Boom der SVP dürfte verschiedene Ursachen haben. Sie ist nicht nur nationalistisch und fremdenfeindlich orientiert, sondern nimmt auch eine sehr kritische Position zur EU ein. Dies wiederum dürfte nicht nur die ausgeprägte Vorliebe für wirtschaftliche Unabhängigkeit sein. Die EU-kritische Haltung der SVP ist für meine Begriffe weniger durch wirtschaftliche Grundüberzeugungen als vom vorherrschenden Nationalismus geprägt.


Wachsender Antisemitismus in Deutschland

Ich wieder wieder mal ein wenig vom Thema abgekommen. ?

Es sollte hier um den wieder wachsenden Antisemitismus in Deutschland gehen.

Die Auftritte zweier Zeitzeuginnen gestern Abend bei Anne Will und einige Tage davor bei der Bundesdelegiertenkonferenz der Grünen rütteln auf.

Ja, sie müssen uns aufhorchen lassen – nicht nur wegen des in der Anne-Will – Sendung angesprochenen Hinweises auf Parallelen zu 1933/34.

Gerade bei “Anne Will” wurde deutlich, wie sehr antisemitische Übergriffe zugenommen haben.  Dass diese Tatsache der Aufnahme der hohen Zahl von Geflüchteten aus muslimisch geprägten Ländern geschuldet ist, liegt auf der Hand.

AfD-Futter

Dass die AfD mit diesem Faktum hausieren geht, ist zwar einerseits ein ziemlich mieser Witz. Aber andererseits ist es keine Überraschung! Während sich viele im Land damit abmühen, den Geflüchteten die deutsche Sprache und ihnen kulturell Eigenarten der deutschen Mitteleuropäer beizubringen, haben die Rechten es recht einfach. Wenn sie mit Antisemitismusvorwürfen konfrontiert werden, verweisen sie auf die schlimmen Erfahrungen, von denen jüdische Bürger heutzutage berichten können. Siehe da, das funktioniert auch. Nicht die AfD und ihre Abteilung für modernen Antisemitismus kriegen den Fokus der Öffentlichkeit, sondern die Problematiken, die mit der Migrationsarbeit einher gehen.

Wie hilflos sind angesichts dieses Zustandes die Versuche unserer Politiker, wenigstens halbwegs überzeugende Lösungen zu präsentieren?

Glauben wir allen Ernstes, dass der Antisemitismus, den wir Deutschen in über 70 Jahren seit dem Ende Hitlers immer noch nicht abgearbeitet, geschweige denn bewältigt haben, durch Besichtigungstouren in KZ-Gedenkstätten (ob freiwillig oder nicht) an Geflüchtete und x andere sicher nur gut gemeinte Maßnahmen sich in Luft auflösen könnte?

Zu schnell und zu viel

Wir reden über Hunderttausende von Menschen mit ebenso vielen persönlichen Geschichten, mit gesellschaftlichen und kulturellen Prägungen, die vollkommen andere sind als unsere eigenen. Wir verstehen sie nicht nur nicht, weil sie eine andere Sprache sprechen. Und bis sich das ein wenig geändert hat, vergehen Jahre, wahrscheinlich Jahrzehnte.

Es ist nicht möglich, all diese Menschen innerhalb kurzer Zeit “umzuerziehen”. Es wäre töricht, wenn Politiker diesen Eindruck erwecken würden. Und wir können angesichts solcher Erkenntnisse nicht darauf warten, dass sich alles von selbst löst und die Rechten wieder auf unter 5% bei den Wahlen zurückgefallen sind.

Ich weiß, dass eine Menge Leute nach Kräften an der Lösung für diese Probleme arbeiten. Auf mich wirken die Projekte von denen ich gehört und gelesen habe einerseits sinnvoll und manche Maßnahmen wirklich überzeugend, andererseits aber auch wie Nussschalen auf einem Weltmeer.

Einmal mehr ist der Staat gefragt. Jener Staat, den die von uns gewählten Politiker repräsentieren. Aber die murmeln sich in Berlin immer noch eine neue Regierung zurecht. Wenn das daneben geht – wovon ich immer noch ausgehe – werden wir auf konkrete Maßnahmen weiter warten.  Aber eigentlich haben wir dafür keine Zeit.

Liebe SPD: Die hier aufgeworfene Frage befindet sich nicht unter den drei nachzuverhandelnden Punkten. Klar, das ist nur eine Facette der Herausforderungen, die die massenhafte Migration von Menschen mit sich gebracht hat. Wie soll es einen Rückhalt für den Familiennachzug von subsidiär Geschützen in der Bevölkerung geben, wenn wir im Zusammenleben der verschiedenen Religionen diese dramatischen Entwicklungen konstatieren müssen?

Ich glaube nicht, dass Martin Schulz ins Kabinett will

Eine eher kurze Meldung im SPIEGEL machte gestern Nachmittag die Runde und sorgt für ordentlich Gesprächsstoff am Wochenende.

Aus gut unterrichteten Kreisen der SPD soll die Information stammen, dass Martin Schulz (SPD) auf ein Ministeramt bestehe.

Mit Empörung beschreibt man die öffentlichen Reaktionen auf die unbestätigte Meldung nicht einmal halbwegs zutreffend. Ich kann nicht glauben, dass etwas daran ist. Wahrscheinlich handelt es sich um eine gezielte “Indiskretion” oder schlicht um Fake News? Noch weiß das niemand genau.

Aber die Reaktionen in Richtung Martin Schulz und der SPD ließen nicht auf sich warten.

Einerseits frage ich mich, woher Martin Schulz nach den letzten Monaten immer noch die Kraft nimmt, sein Amt nicht einfach hinzuwerfen und sich nicht als Privatier seines angeblich großen Vermögens zu erfreuen. Denn – so haben wir vor allem in rechten Foren der Republik gelernt – der Mann ist während seiner Zeit im EU-Apparat zum Millionär geworden. Das war nur einer von vielen Vorwürfen, die gegen den SPD-Kandidaten gleich nach seiner Nominierung zum Kanzlerkandidat erhoben wurden.

Ist Martin Schulz so machtgeil oder so verrückt, dass er den Rest seines ramponiertes öffentlichen Ansehens (bis nach Hause in Würselen) ruinieren will?

Hat ihm keiner seiner hochbezahlten Berater, die er vermutlich immer noch haben dürfte, gesagt, wie allein die Vorstellung im Land ankommt, dass er, der Umfaller, der fast allein den Untergang der SPD herbeiführt, jetzt noch ins Merkel-Kabinett eintreten will? Jener Mann also, der am 24.9.2017 in die Kameras sagte, dass die Zusammenarbeit der Merkels Union beendet sei. Scheinbar haben seine Kritiker vergessen, wie die chronologische Abfolge der Ereignisse in den letzten Monaten war und weshalb Schulz und die Partei überhaupt am Verhandlungstisch Platz genommen haben!

Um es klar zu sagen: Martin Schulz ist nicht so borniert und blöd, dass er seine Person in dieser Weise in den Mittelpunkt stellen würde. Vielleicht nochmal den langen Feldenkirchen-Artikel im SPIEGEL nachschlagen!

Wird Martin Schulz mich Lügen strafen, in dem er, gleichsam als Trostpflaster für all die Niederschläge und Demütigungen, auf ein Ministeramt an Merkels Seite besteht?

Wir sagen unseren Politikern gern nach, dass sie den Kontakt zum “einfachen Volk” verloren hätten und sie nur noch ihre persönlichen Vorstellungen umzusetzen versuchten. Das mag mitunter berechtigt sein.

Nach alledem, was Martin Schulz in den letzten Monaten erlebt hat (Gutes war kaum dabei!), soll er sehenden Auges die im Ansatz bereits sichtbare völlig maßlose und brutale Kritik der durch die Medien aufgepeitschten Öffentlichkeit auf sich ziehen?

Wenn sich diese “Fake News” als Wahrheit entpuppt, wäre ich echt platt. Ein Eintritt ins Kabinett würde nicht nur Martin Schulz’ Rest an Ansehen zerstören, er hätte zudem eine weitere Negativ-Wirkung auf die Partei.

Meint jemand, es bestehe für Martin Schulz und die Partei im Augenblick Bedarf an mehr Katastrophen? Die Medien offenbar schon.

Die SPD ist, wenn man den medialen Kassandras wie zum Beispiel Augstein oder Fleischhauer (beides SPIEGEL-Kolumnisten) glaubt, sowieso am Ende und dabei, ihre Rolle als Volkspartei vollends zu verspielen. Offenbar glaubt man, dass die SPD sich partout mit 4 weiteren Jahren GroKo in Sicherheit bringen könnte.

Da muss ich glatt mal nachfragen: Glaubt das wirklich jemand?

Auch das noch: Koalitionsverhandlungen

Gestern beim SPD-Sonderparteitag, dem ich bei Phoenix stundenlang folgte, habe ich in den Reden nur ein paar Passagen gehört, die mir wirklich gefallen haben. Die beste Rede war für mich die vom Jungstar der SPD, dem Jusovorsitzenden, Kevin Kühnert.

Sein Vortrag war, wie inzwischen schon gewöhnt, konsistent, selbstsicher und im Ton kämpferisch aber fair im Ton. Er ist halt auch nur 3 Jahre jünger als jener österreichische Politiker, der inzwischen zum Kanzler “aufgestiegen” ist. Natürlich ist es schwierig, Sebastian Kurz mit Kevin Kühnert zu vergleichen. Kurz ist die Hoffnung des rechts-nationalen Lagers und die deutschen rechts-nationalen verehren Kurz über alle Maßen. So war die Kritik an Sandra Maischberger absehbar, die Kurz in ihrer Sendung zugegebenermaßen nicht gerade respektvoll behandelt hat. Manchen Zuschauern war dieser Umgang mit dem Regierungschef eines befreundeten Nachbarlandes geradezu peinlich.

Auch andere Juso-Mitglieder lieferten m.E. teilweise gute Redebeiträge. Ja, mich stimmt das froh, weil es zeigt, dass die SPD lebt – allen Unkenrufen zum Trotz. Die Jüngeren sollten mehr Verantwortung übernehmen und die Älteren sollten das nicht nur zulassen, sondern aktiv fördern.

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Die Rede von Martin Schulz war dagegen die große Enttäuschung des Tages. Mir war nicht erst zum Ende seiner einstündigen Rede klar, dass er gestern eine seiner vielleicht schlechtesten Reden überhaupt gehalten hat. Es sprang kein Funke über. Im Gegensatz zu anderen hat mich auch der Teil über “Europa” nicht überzeugt, obwohl oder vielleicht weil er das Thema nach vorn gesetzt und mit sichtbar mehr Begeisterung vorgetragen hatte. Aber ist das wirklich ein Thema, das uns Bürger so bewegt? Ich glaube, es geht um andere Sachen.

Aus den Redebeiträgen hatte ich den Eindruck gewonnen, dass der Antrag des Parteivorstandes abgelehnt würde. Da war sie wieder, meine selektive Wahrnehmung. Aber ein deutliches Votum für den Antrag stellt die Mehrheit 56% der Delegiertenstimmen nicht dar. Wie soll die Parteiführung mit einer quasi in einer so entscheidenden Frage zerrissenen Partei erfolgreich Politik gestalten?

Die SPD war in dieser Beziehung schon immer besonders. Erinnern wir uns nur an die Querelen, mit denen selbst ein so angesehener Bundeskanzler wie Helmut Schmidt zu kämpfen hatte. Und er war nicht der einzige, dem es so oder ähnlich ergangen ist. Die Partei streitet gern. Auch mich hat die gestrige Debatte positiv beeindruckt, wie es viele Beobachter gestern ebenfalls erwähnten. Für die Debattenkultur im Land hat die SPD gestern einen sehr positiven Beitrag geleistet.

Wenn ich mir danach die Kommentare zu den üblichen Kurzberichten von ARD und ZDF durchgelesen habe, wurde ich schnell wieder auf den Boden unserer Debattenkultur in unseren “sozialen” Netzwerken zurückgeholt.

Auch wenn das überheblich ist und bei vielen nicht gut ankommen dürfte: Ich finde, man muss nicht zu allem, was einem nicht passt, irgendeine Gemeinheit abgeben. Zumal, dann, wenn man offensichtlich von dem Thema, von dem gerade die Rede ist, keine Ahnung hat. Und wer jetzt findet, dass ich ja mit gutem Beispiel hätte vorangehen können, der soll mir bitte bei FB oder Twitter mal einen Kommentar schicken, der sich wenigstens halbwegs fair mit den Protagonisten auseinandersetzt! Einfach nur etwas in die Kommentarspalte hinzu”rotzen” (Sorry) ist etwas wenig, meine Damen und Herren.

Steigen wir wieder in die Niederungen sozialdemokratischer Verwirrungen hinab und fragen, ob und wie die SPD-Parteiführung in den beginnenden Koalitionsverhandlungen die drei versprochenen Punkte durchsetzen wird.

Dazu müssen wir zunächst auf die Union schauen. Ich hatte gestern Abend den Eindruck, dass das Aufatmen in den Reihen der Union nach dem Beschluss des Sonderparteitages der SPD lauter war als das des SPD-Vorstandes. Für Merkels Kanzlerschaft hätte es eine Verschärfung der Krise bedeutet, wäre der Tag mit einem negativen Ergebnis des SPD-Sonderparteitages geendet. Ihr zweiter Versuch, eine Regierung zu bilden, wäre gescheitert.

Diese Situation wird landauf, landab von Journalisten hervorgehoben. Dabei wissen alle, dass nach dem Wahlergebnis vom 24.9.2017 und dem Ausstieg der SPD aus der GroKo am selben Abend die Voraussetzungen für eine Regierungsbildung nun einmal außerordentlich schwierig sein würden. Solche voreiligen Schlussfolgerungen verbunden mit der Neigung zum Quotenschielen liegen vielen Journalisten sehr. So ist es auch zu erklären, warum arrivierte Pressevertreter Martin Schulz immer und immer wieder danach fragen, wie er seiner Partei vermitteln wolle, warum er seine Meinung zur GroKo geändert habe. Augenscheinlich waren diese Journalisten in einem längeren Urlaub und es gab am Urlaubsort nicht mal “BILD”.

Aber auch in der Öffentlichkeit kursieren zu der hingelegten Volte Meinungen, die ich, gelinde gesagt, seltsam finde:

So hat sich der Parteivorstand selbst in diese Situation gebracht, auch wenn sie gestern versucht haben, die Schuld natürlich wieder auf andere Parteien zu schieben.
Quelle: Weiter wurschteln – zum SPD-Parteitag #spdbpt18 › Digital Diary – Claudia Klinger | LINK

Der Parteivorstand hat, das ist wahr, die Entscheidung getroffen, nicht wieder in eine GroKo einzusteigen. Dieses eindeutige Statement wurde von Martin Schulz selbst zu dem Zeitpunkt wiederholt, als die Jamaika-Sondierungen gescheitert waren. Während die Öffentlichkeit nach meiner Wahrnehmung die ersten Absage voll akzeptiert hat, geriet Schulz gleich nach dem Scheitern von Jamaika und der vielleicht voreiligen Wiederholung seiner Absage an eine erneute GroKo unter Druck.

Es folgten die Gespräche bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und das “Einlenken” der Parteispitze der SPD. Was an diesem Prozess “unwürdig” sein soll, muss man mir genauer erklären. Wie kommen Menschen überhaupt dazu, die SPD in diesem Zusammenhang als “Umfallerpartei” zu diffamieren?

Bei Facebook ist die Meinung verbreitet, dass die SPD-Führung nur deshalb für Sondierungsgespräche und nun für Koalitionsgespräche war, weil sich die einzelnen Personen entsprechende Ministerämter sichern wollten. Wäre es in diesem Fall nicht einfacher gewesen, die Absage an eine neue GroKo gar nicht erst zu geben? Solche Logikbrüche sind bei Facebook inflationär.

Wahrscheinlich ist, dass der Druck auf die Parteiführung in der SPD nach diesem Sonderparteitag noch einmal stark gestiegen ist. Es wird so kommen, dass die drei dem Parteitag zugesagten Punkte in den Koalitionsverhandlungen so geregelt werden, dass die Parteien ohne Gesichtsverlust herauskommen und die SPD sagen kann, sie habe ihr Versprechen eingelöst. Ginge es nur nach der CDU, die, wie ich gestern bei “Anne Will” gelernt habe, in dieser Regierung angeblich nur eine Scharnierfunktion (ohne Haltung) darstellt, so die Geschichte dazu, hätte die SPD es leicht. Die bayerischen Säbelzahntiger werden vor ihren Landtagswahlen was dagegen haben, dass die SPD an ihrem Profil kratzt.

Es wird schwierig, die Koalitionsverhandlungen können scheitern und was die 440k SPD-Mitglieder nach einem wider Erwarten doch erfolgreichen Ende der Koalitionsverhandlungen dazu meinen werden, ist völlig offen. Das Abstimmungsergebnis in Bonn verstehe ich als Indiz dafür, dass die SPD-Mitgliederschaft noch kritischer über die nächste GroKo denkt als dies schon bei den Delegierten der Fall gewesen ist.

Es stehen uns weitere spannende Wochen, wahrscheinlich eher Monate, ins deutsche Haus.

So sehr ich gehofft hatte, dass der Sonderparteitag gegen den Antrag des Vorstandes stimmen würde, so unsicher bin ich mir, ob diese Haltung staatspolitisch zu verantworten ist. Deutschland bleibt weiter ohne Regierung, und es gibt Witze darüber, wie positiv diese Tatsache bisher zu bewerten ist.

Aber um die staatspolitische Verantwortung für die Bildung einer stabilen Regierung geht es natürlich auch. Ich unterstelle, dass diese Vorstellung in allen Parteizentralen eine Bedeutung hat. Auf der anderen Seite bin ich enttäuscht darüber, dass der Mut, eine Minderheitsregierung zu bilden, nach all den Wochen mit dieser Menge an Unwägbarkeiten, nicht wenigstens etwas zugenommen hat.

Der SPD wird vorgeworfen, sie habe sich ihrer staatspoltischen Verantwortung entziehen wollen. Zum Hauptargument der SPD-Führung wurde nach und nach, dass die Partei die Oppositionsführerschaft einnehmen wolle, statt diese der AfD zu überlassen.

Ehrlicherweise hätte es aber heißen müssen, dass die Partei eine dringend Runderneuerung (programmatisch und personell) benötigt und dass dieser Prozess, wie Kevin Kühnert gestern dankenswerterweise auch erwähnte, über mehrere Jahre (2-3) andauern würde. Das wäre einen ernsthaften Versuch wert gewesen. In einer Regierung lassen sich diese Absichten meiner Meinung nach eher nicht umsetzen.

Ich nehme es der SPD nicht übel, dass sie nach dem Wahlergebnis an die eigene Erneuerung und nicht im ersten Schritt ans Land gedacht hat. Eine erneute GroKo birgt für unsere Demokratie offensichtliche Risiken, die nur mit anderen Lösungen / Koalitionen zu vermeiden sind.

Jamaika-Sondierungen: Die Grünen waren zu freundlich | Quelle

Die Politik ist nicht dafür verantwortlich, dass der Einzelhandel stirbt

Wer hat die Fehler gemacht, deren Auswirkungen wir im Gefühlsschwang zwischen Wehmut und Verärgerung mal weniger, mal stärker wahrnehmen, wenn wir durch unsere Städte gehen?

Wir neigen schon sehr dazu, anderen die Schuld zu geben und uns auf diese Weise unserer Verantwortung zu entledigen. Politiker sind diejenigen, auf die wir bei solchen Fragen immer zuerst zeigen. Dass wir durch unser Verhalten als Bürger, Käufer oder als Nutzer jedoch selbst entscheidenden Einfluss haben, möchten viele nicht hören.

Wir können daran ja doch nichts ändern!

Als besonders deprimierend empfinde ich geschlossene Geschäfte, die ich noch in ihrer Blütezeit erlebt habe und deren Schaufenster nun mit Papier verklebt sind. Es ist egal, ob es sich um Mode-, Lederwaren-, Einrichtungsgeschäfte, um Friseursalons oder Kaffees handelt, mancherorts bestimmen solche Bilder immer stärker die Straßen.

Leere Läden, volle Straßen

Meine Frau und ich fahren gern, wenn es unsere knappe Zeit erlaubt, für ein Stündchen ins benachbarte Grevenbroich. Ein schönes Städtchen mit Fußgängerzone und einem, wie wir finden, sympathischen Flair.

Wir parken für gewöhnlich im Parkhaus der Coens Galerie. Das ist bequem und man ist auch gleich mittendrin im Städtchen.

In der Galerie sieht man bereits viele geschlossene Ladenlokale. Meine Frau, die ihr ganzes Arbeitsleben im Einzelhandel tätig war, trifft der Anblick geschlossener Geschäft vermutlich schon deshalb mehr als mich. Sie weiß auch immer ganz genau, welche Geschäfte wieder geschlossen haben.

Draußen in der schönen Fußgängerzone des Städtchens sieht es leider nicht viel besser aus. Auch dort sind etliche Geschäfte geschlossen oder (schnell) durch andere ersetzt worden, die nicht so richtig passen wollen. Manchmal scheint es fast so etwas, wie einen “fliegenden Wechsel” zu geben. Kurze Zeit nach der Schließung eines Ladens macht schon ein neuer auf. Wir sprechen darüber und sind uns einig, dass mancher Wechsel nach einer Notlösung ausschaut. Wer weiß, wie lange sich das Neue halten kann? Ob es überhaupt thematisch passt, spielt schön längst keine Rolle mehr.

Dort, wo zuvor noch ein alteingesessenes Unternehmen seit langen Jahren, wenn nicht seit Jahrzehnten, seine Kunden zufriedengestellt hatte, ist plötzlich der Backshop irgendeines großen Bäckerei-Filialisten zu finden.

Natürlich sind diese Veränderungen verschiedenen Ursachen geschuldet. Auch Fehler der Unternehmer wie schlechte Beratung, schlechter Service oder ein nicht zeitgemäßes Sortiment werden dabei eine Rolle spielen. Wir neigen vielleicht dazu, all dies, was wir aus unseren teils negativen Erfahrungen kennen, als Begründung für das Verschwinden des Einzelhandels anzuführen und bestimmt ist das mitunter zutreffend. Wie oft habe ich schon doofe Sprüche über die Qualität von Einzelhandelspersonal gehört und mir meinen Teil dazu gedacht. Das wurde gern vermischt mit dem gern genommenen Vorurteil der “Servicewüste Deutschland”.

Glaubt wirklich irgendeiner, dass die Online-Services, die endlosen Warteschleifen, die Unternehmen frecherweise als Kundenservice bezeichnen oder die Online-Beratungen gewisser Branchen die persönliche Begegnung mit Menschen vor Ort adäquat ersetzen würden? Dann sind wir ja voll auf dem richtigen Dampfer!

Verhaltensänderung? Nein Danke!

Die Umfrage oben zeigt immerhin die klare Tendenz, dass viele sich darüber im Klaren sind, dass das eigene Kaufverhalten einen entscheidenden Beitrag leistet. Wir kaufen immer häufiger bei Amazon oder anderen Anbietern im Internet. Der Boom des Onlinehandels nimmt für den stationären Einzelhandel lebensbedrohliche Formen an. H&M befindet sich in schweren Turbulenzen, weil das Onlinegeschäft zu sehr vernachlässigt wurde. Und diese Firma hat weltweit 4000 Geschäfte! Bei C&A sieht es auf viel kleinerem Niveau genauso aus. Jetzt stehen die Chinesen vor einem möglichen Engagement bei diesem deutschen Unternehmen.

Das hier ist eine der vielen Facetten des digitalen Wandels, über den wir zwar einerseits viel reden, über dessen Auswirkungen für unser aller Leben wir uns aber nicht im Klaren sein können. Wir ahnen vielleicht, was auf uns zukommen könnte, mancher wird sich vielleicht sogar regelrecht ausgeliefert und hilflos fühlen.

Ich erinnere mich an eine im Dezember 2015 stattgefundene rührend hilflos anmutende Aktion des deutschen Einzelhandels. Damals wurden viele Schaufenster mit Laken verhangen, um auf das Problem aufmerksam zu machen. Es hieß seinerzeit, dass 50.000 Einzelhandelsgeschäfte in den Innenstädten von der Schließung bedroht seien. Wie diese Zahl wohl jetzt ist?

Viele werden sich darüber im Klaren sein, dass der Einzelhandel, wie wir ihn kennen, verloren ist.

Die großen Onlinehändler haben inzwischen damit begonnen, auch Lebensmittel in ihre Sortimente zu integrieren. Alle Argumente gegen den Onlinehandel verhallen angesichts der Vorteile, die die bequeme Einkaufsmöglichkeit dem Verbraucher bietet.

Dafür, dass die Umwelt allein dadurch zusätzlich belastet wird, dass durch die Unmengen von Kleinstsendungen die Straßen verstopfen und hierdurch Luft und Umwelt verpestet werden, interessiert offenbar nicht wirklich. Hauptsache, am nächsten Tag hat man das Paket zu Hause. Dass Amazon und nach und nach auch andere Anbieter Drohnen zur Paketanlieferung benutzen werden, klingt futuristisch und macht die Zustellung des beispielsweise bestellten 1-Meter-Kabels noch einen Tick flotter. Dass in den Lagerhallen von Amazon nicht der Einzelhandels- sondern der billigere Logistik – Tarif gilt, interessiert selbst die Gewerkschaften bald nicht mehr, weil die Menschen nämlich (aus Kostengründen) schon bald zu 100% durch Roboter ersetzt werden.

Was will der Kunde noch mehr? Darüber, dass die MitarbeiterInnen der heute boomenden Paketdienste die nächsten sein werden, die deshalb ihre Jobs verlieren, macht man sich jetzt noch keine Sorgen. Außerdem werden diese Menschen ja auch schlecht bezahlt… Das ist böse. Aber ich schätze schon, dass manche so denken könnten.

Wahrnehmung und Konsequenz

Wie auf unzählige andere Fehlentwicklungen nehmen wir auch auf diese keinen Einfluss. “Wir können ja doch nichts daran ändern” werden wir denken und sagen und vergessen dabei, dass all dies Dinge nur deshalb geschehen, weil wir sie unkritisch und schicksalsergeben hinnehmen. Warum? Weil wir selbst von diesen Veränderungen vielleicht noch nicht betroffen sind.

Eins ist wohl sicher: Wenn wir die negativen Auswirkungen all dessen auf unser eigenes Leben bemerken und uns lautstark darüber beklagen – vielleicht auch darüber, dass wir nichts gemacht haben – ist es zu spät.

Geht doch: Trumps Steuerreform bringt auf einen Schlag 38 Milliarden nach Hause

Laut EU sollte Apple letztes Jahr 13 Mrd. Euro Steuern an Irland zahlen. Apple war dagegen und – was komisch genug war – auch Irland sperrte sich dagegen, die Steuermilliarden anzunehmen. Tim Cook, Chef von Apple, nannte diese Forderung der EU damals “politischen Scheiß”. Das Geld ist jetzt irgendwo festverzinslich geparkt, bis die Rechtsstreitigkeiten geklärt sind.

Die “großartige” Steuerreform Trumps zeitigt indes beträchtliche Erfolge. Nicht nur die Börse in den USA reagiert – was hätte man von denen auch anders erwarten sollen? Tim Cook will Apple Milliarden in die USA zurückbringen und wird demnach 38 Milliarden Dollar an Steuern zahlen. Zusätzlich sollen dort 20.000 neue Stellen geschaffen werden. Ein neuer Firmencampus ist geplant. Wenn das Donald Trump bei seinen Kritikern nicht hilft, was denn sonst? Apple bunkert zurzeit ca. 250 Mrd. Dollar Vermögen im Ausland. Zum Vergleich: Unser Bundeshaushalt beträgt 2018 337,5 Mrd. Euro! Wenn Cooks Konzern dieses Geld irgendwann in die USA zurückbringt, wäre dies ein Signal für andere, es ihm gleichzutun. Trump würde gewinnen und seine “Rechnung” hinsichtlich seiner Steuerreform vermutlich aufgehen lassen.

Ich sag euch was: Mein iPhone habe ich inzwischen bereits durch ein Samsung-Gerät ersetzt. Wenn das iPad 4, das MacBook Pro und AppleTV den Geist aufgeben, werde ich die Produkte dieser Firma nie mehr kaufen!

Was typisch für Kapitalisten ist, werte ich als üble Kollaboration mit dem Feind. Donald Trump gilt den Schweizern und Briten bereits jetzt als Vorbild. Sie werden die Steuerdumping-Spirale bewegen und andere werden folgen. Wir alle tragen für diese Entwicklung Verantwortung. Ob es nun apple, Amazon, Microsoft oder die anderen unverzichtbaren Marken sind, wir kaufen ihnen weiter ihre Produkte ab, obwohl wir wissen, dass sie hier keine Steuern bezahlen.

Trump zeigt, wie man Kapitalistenhuren ködert.

Da bleibt nur die Hoffnung, dass seine Rechnung nicht aufgehen wird und die Bilanz seines unerhörten Steuersenkungsprogramms am Ende nicht noch die Früchte zeigt, die er sich davon versprochen hat.

Hysterisch und unfair

Ist es nicht schlimm, wie Politiker und Journalisten uns “verarschen”? Ebenso bitter ist es aber, wie viele von uns “Verarschten” voll drauf anspringen. Es scheint egal zu sein, was uns Politiker sagen oder zu erklären versuchen. Wir wissen es besser. Was die schon wollen?!

Die “sozialen” Netzwerke quillen vor Expertise über. Früher ™ kannten wir glücklicherweise nur alle 4 Jahre (bei der Fußball-WM) Millionen von Fußballbundestrainern. Heute haben (“Dank” des Internets) alle Ahnung von allem und von Politik sowieso.

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Die SPD wird als “Umfallerpartei” verteufelt, die in Zukunft froh sein sollte, wenn sie bei Wahlen noch 10% erreichen würde. Presse und ihre (ach so aufgeklärten und quellenkritischen) Abnicker tun so, als seien Sondierungsgespräche und Koalitionsverhandlungen ein und dasselbe. Dazwischen darf man auf keinen Fall irgendwas sagen, weil das nämlich das in Wochenfrist geschnürte Paket auseinanderfliegen ließe. Hallo!?

Das Papier über die Sondierung über das sich alle aufregen, umfasst 28 Seiten. Der Koalitionsvertrag von 2013 zwischen SPD und Union ist 134 Seiten lang. Den substanziellen Unterschied haben die Experten im Internet, die nur noch im Sinn haben, die SPD zur Minna zu machen, großzügig übersehen. Es würde auch nicht ins “Konzept” passen.

Weder die neoliberale FDP wird zerpflückt, noch die Union mit ihren “Spitzenkräften” wird kritisiert für ihr Handeln.

Nein, die SPD soll dran glauben. Die Öffentlichkeit hat sich dermaßen auf die SPD eingeschossen, dass ich mich nur noch wundern kann. Einen Fingerzeig darauf, wie die Meinung im Internet mit den Ambitionen der politischen Nutznießer zusammengehen, gibt die absolut unfaire Art und Weise, in der die Herren Kubicki (FDP) und Weimer (European) bei “Hart aber fair” mit Malu Dreyer (SPD) angegangen sind. Die Herren haben sich benommen wie die Rotzlöffel. Das sind die Segnungen einer Polarisierung, die mehr als die SPD zerstören wird.

Warum ist es in Baden-Württemberg so schön und in Thüringen nicht?

Der Beitrag von Report, Mainz “Kollegen zweiter Klasse” hat mir eine Frage frisch ins Bewusstsein zurückgebracht, die für mich als Rentner nicht mehr so relevant ist.

Für die aktuell berufstätigen Menschen dürfte der Frust über wachsende Ungleichheit bei der Bezahlung für gleiche und vergleichbare Arbeit immer weiter steigen. Die Tragweite dieser konkrete Situation wirkt sich zudem auf die spätere Rentenhöhe aus. Das wird spätestens dann realisiert, wenn sie sich beginnen, für die Renteninfos zu interessieren.

Aber warum haben sich die Löhne und Gehälter in Deutschland so unterschiedlich entwickelt, dass im “Report”-Beitrag von “Kollegen zweiter Klasse” berichtet wird?

Mir ist klar, dass das Ansehen der Gewerkschaften seit Jahrzehnten gelitten hat. 2009 wurde “Betriebsratsverseucht” zum Unwort des Jahres. Die Zahl der gewerkschaftlich organisierten Arbeitgeber hat sich zwar in Teilen wieder etwas erholt aber den großen Rückhalt genießen die Gewerkschaften in der Bevölkerung nach meinem Eindruck nicht mehr. Dafür mag es gute Gründe und auch persönliche Erfahrungen geben. Ich kann das nicht beurteilen, weil mein persönliches gewerkschaftliches “Engagement” schon zu Beginn der 1970er Jahre endete.

Ich war während meiner Ausbildung in eine Gewerkschaft eingetreten, weil mein Ausbildungsbetrieb aus dem Manteltarifvertrag ausgetreten war und die Gewerkschaft wenigstens einen Haustarifvertrag verhandeln wollte. Das gestaltete sich damals sehr schwierig. Es wurde seitens der Gewerkschaft großer Druck auf den Betrieb aufgebaut, der letztlich im Sinne der Gewerkschaft auch erfolgreich war. Die andere Seite war jedoch, dass es dem Unternehmen wirtschaftlich bereits sehr schlecht ging (es musste Ende der 1970er Jahre Konkurs anmelden). Obwohl ich es nicht genau weiß, aber ich nehme an, dass der wesentliche Grund für die Kündigung des Manteltarifvertrages bereits damals in den wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Unternehmens zu suchen war.

Die heutige Situation der Unternehmen wird mit der damaligen nicht mehr vergleichbar sein. Innerhalb weniger Monate hat die Gewerkschaft es geschafft, einen hohen Anteil der Belegschaft als Mitglieder zu gewinnen. Die Menschen waren sich vermutlich im Klaren darüber, dass ohne starke Interessenvertretung durch die Gewerkschaft ihre Chancen gegen Null gehen. Unabhängig davon war der starke Betriebsrat ein wichtiger Faktor – auch für den Erfolg der Gewerkschaft.

Der Ton in den Betriebsversammlungen war aggressiv und laut. Die Positionen der Arbeitnehmer wurden gehört und führten zum Teil zu Ergebnissen mit denen damals “alle” leben konnten. Obwohl mich diese Auseinandersetzung beeindruckt und für die Gewerkschaft vereinnahmt hat, hinderten mich die positiven Erfahrung nicht daran, meine Mitgliedschaft 1977 zu beenden. Damals habe ich das Unternehmen verlassen und war in einer anderen Branche tätig. Seitdem habe ich mich nicht wieder gewerkschaftlich organisiert. Ich habe viele Jahre in einem kleinen Unternehmen ohne Betriebsrat und gewerkschaftliche Bindung gearbeitet. Eine Gewerkschaft habe ich dort nie vermisst. Das war ein Verdienst meines damaligen wunderbaren Chefs.

Nur frage ich mich angesichts der Schilderungen und Erfahrungen anderer Menschen, ob Arbeitnehmer nicht besser beraten wären, wenn sie sich wieder gewerkschaftlich organisieren würden? Allerdings nehme ich wahr, wie unterschiedlich Gewerkschaften und Betriebsräte heutzutage gesehen werden. Die Sicht auf diese Interessenvertretung ist oft gleichgültig oder sogar ablehnend. Wahrscheinlich sind die ritualisierten Abläufe dafür mitverantwortlich, die in den letzten Jahrzehnten dazu geführt haben, dass sich viele abgewandt haben.

Ich möchte es in dieser kleinen Formel zusammenfassen: Forderung, Gegenangebot, Warnstreik, Streik, Einigung. Dann gibt es die Proteste gegen Werksschließungen oder Standortaufgaben, die von Gewerkschaftsseite überaus laut kritisiert wurden, die aber schließlich trotzdem erfolgt sind. Der Frust der engagierten MitarbeiterInnen, natürlich auch wenn diese gewerkschaftlich organisiert waren, war deutlich leiser als die unmittelbare Reaktion irgendwelcher Funktionäre, gleich nach der Bekanntgabe durch die Vorstände oder Firmenchefs.

Das wurde von vielen Menschen als unehrlich und am Ende auch als sinnlos angesehen. Wahrscheinlich selbst dann, wenn durchaus Teilerfolge für die betroffenen Belegschaften erzielt wurden.

Diese Abläufe erinnern mich stark an politische Debatten, die allzu häufig in ähnlich ritualisierter Form ablaufen. Regierung vs. Opposition oder koalitionsinterne Streitigkeiten, die zu gern (warum eigentlich?) fast prinzipiell öffentlich ausgetragen werden. Wenn eine Oppositionspartei einen Antrag stellt, sollten sich andere (ideologieübergreifend) doch anschließen können, wenn das Ziel es wert wäre und die Positionen nahe beieinanderliegen. Aber nein. Obwohl FDP und AfD in gewissen Fragen ähnliche Anträge in den Bundestag eingebracht haben, eine Zusammenarbeit wird grundsätzlich verweigert, weil es sich um die AfD handelt. Ich finde diese “standardisierte” Haltung der Parteien furchtbar. Außerdem ist es undemokratisch und am Ende auch unglaubwürdig. Ich gehe noch weiter: Wenn die so genannten etablierten Parteien denken, die AfD damit auf Abstand halten zu können, werden sie vielleicht eines Schlechteren belehrt. Solche Verhaltensmuster, durchsichtig wie sie nun einmal sind, werden von erwachsenen und politisch interessierten BürgerInnen nicht goutiert. Es fördert die Demokratieverdrossenheit und – unnötigerweise – die AfD.


Im Beitrag von “Report” werden Beispiele angeführt, die vermutlich nicht alle Aspekte behandeln, die zu diesen großen Gehaltsunterschieden führen. Die Bedingungen in Thüringen sind höchstwahrscheinlich ein wenig anders als in Baden-Württemberg. Die Wettbewerbsbedingungen und andere Parameter der hier verglichenen Betriebe, also auch der Einkommen ihrer Mitarbeiter, sind schwer vergleichbar.

Dass ein Mann in Baden-Württemberg mit ca. 3.200 Euro (brutto) für vergleichbare Arbeit in einem 3 – Schichtsystem das Doppelte verdient wie die Frau in Thüringen, 1.600 Euro (brutto), ist so einfach nicht zu erklären. Ich halte das schlicht für skandalös.

Die unterschiedlichen Bedingungen, die sich natürlich auch auf die Rentenansprüche beider auswirken, sind so gravierend, dass unsere Gesellschaft darüber nicht hinweggehen sollte. Es gibt Gesprächs- und Handlungsbedarf – zumal für immer mehr Menschen die Gefahr besteht, auf die Verliererstraße zu geraten! Der Baden-Württemberger erhält neben seiner gesetzlichen Rente durch seine privilegierte Position in einem gewerkschaftlich organisierten Unternehmen eine zusätzliche Betriebsrente von ≈ 1.200 Euro. D.h., er erhält ca. 3.500 Euro Rente, während die Thüringerin am Ende ihres Arbeitslebens nur ca. 1.100 Euro Rente erhalten wird.

Für die Vertretung von Arbeitnehmerinteressen sind traditionell die Gewerkschaften zuständig. Aber so, wie unsere Gesellschaft dazu neigt, das Vertrauen in alle Institutionen zu verlieren, sind auch die Gewerkschaften von einem großen Vertrauensverlust betroffen. Wie ich schon geschrieben habe, haben die ritualisierten Abläufe bei Verhandlungen zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften vermutlich dazu beigetragen. Ich habe nicht die Fantasie, wie die Interessen der Arbeitnehmer in einer zunehmend globalisierten Welt erfolgversprechend ohne Gewerkschaften vertreten werden sollten. Ich erinnere mich an eine Phase der so genannten New Economy, in der sich Mitarbeiter einer großen IT-Firma in Berlin sehr überheblich über Gewerkschaften und Betriebsräte geäußert haben. Man wolle und könne dies individuell “aushandeln” und für sich besser regeln, als irgendwelche Betriebsräte. Die Firma ist längst Vergangenheit bzw. in anderen Händen. Heute gibt es dort – soweit ich weiß einen Betriebsrat. Immerhin.

Ich bin für starke Gewerkschaften. Auf die Politik können wir uns nicht verlassen, wenn es darum geht, flächendeckende Tarifverträge durchzusetzen. Auch die SPD hat das ihre dazu beigetragen, die Position der Arbeitnehmer gegenüber denjenigen, die Geld und Macht haben, zu schwächen. Hartz IV und die Folgen der Agenda 2010 haben den abhängig Beschäftigten schwer zugesetzt. Und zwar nicht nur dann, wenn sie unmittelbar von den asozialen Reformen Schröders betroffen wurden. Das ist nicht das Land, in dem wir gut und gerne leben, Frau Merkel!

Bleibt mir nur weg mit euren Krankheiten

Es ist ja wahr. Bestimmte Sorgen, bestimmter Menschen gäbe es nicht, wenn Deutschland nicht diese riesige Zahl von Flüchtlingen aufgenommen hätte. So sehr gewisse Haltungen bei mir auch zu Aversionen führen, gegen manche Aussagen von Rechten ist schwer zu argumentieren.

Nur, bitte – es sind rechte, oft genug brutal-rassistische Sprüche, die in den sozialen Netzwerken und in zweiter Linie in rechten Hetzblogs zum Ausdruck gebracht werden.

Immer wieder haben Personen, die der AfD nahestehen, in den letzten Jahren von der Möglichkeit schwadroniert, dass mit den Flüchtlingen Krankheiten in Europa “eingeschleppt” würden. Wie die Formulierungen dieses Sachverhalts ausgesehen haben, muss ich nicht genauer beschreiben. Wir kennen diese unsägliche Sprache solcher Rechtsradikalen leider gut. Es wäre schön, wenn das NetzDG speziell diese Hetzer erwischen würde.

Was ist in dieser Hinsicht eigentlich mit Blogs? Dort werden zum Teil nämlich Äußerungen gemacht, die nach dem Maas’schen Gesetz wohl zu ahnden wären. Diejenigen, die solchen Mist verzapfen, sehen das naturgemäß ganz anders, nämlich als ihr gutes Recht, ihre Meinung frei und offen zu sagen.

Willkommene Zeugen aus dem “anderen” Lager

Heute hat Alexander Walasch im bei Rechten sehr beliebten Blog “Tichys Einblick” einen Artikel veröffentlicht, in dem er sich auf die “Ermittlungsergebnisse” eines in diesen Kreisen sicher hochwillkommenen Zeugen bezog.

Es geht im Artikel um die von mir angesprochene Einschleppung von Krankheitserregern durch Flüchtlinge nach Deutschland! Konkret um multiresistente Tuberkulose-Erreger.

Da ist jeder Zeuge willkommen. Dabei ist die Tatsache an sich durch die Berichte der letzten Tage nicht mehr zu bestreiten. Wie diese schlimme Sache allerdings von Rechten wiederum instrumentalisiert wird, ist abscheulich.

Von Wallasch werden genüsslich die Zusammenhänge “herausgearbeitet”, die die Rechten für ihren Hass besonders gebrauchen: “Ein Roy Bergwasser, Autor bei „eigentümlich frei“ und dort als Kenner der Juristerei vorgestellt, muss den Doktor leider enttäuschen, es gäbe keine Möglichkeit, die Regierung dafür in Haftung zu nehmen. Dr. Kholgh Amoz fragt nach: „Auch wenn jemand diese „Entwicklung“ beschleunigt, wenn nicht sogar massiv gefördert hat? Shit!“ Und dann fährt er schwerste Geschütze auf: „Es geht doch darum, dass die Schreibtischtäter sich erstmal in die Hose machen. Erstmals merken, dass Juristen sich nicht scheuen wie in den Staaten sich auch mal zu trauen und was die Richter entscheiden ist letztlich maßgebend und wie heißt es so schön? Im Sturm und vor Gericht… oder so. Verliere werden in allen Fällen die Schreibtischbestien sein, die Schreibtischmörder, die Schreibtischvergewaltiger. Gewinner Ihr, WIR! (…) Der Staat hat aber in seiner Grenzsicherung und die damit verbundenen Sicherung zur Seuchenvermeidung unmittelbar sabotiert, da die geltenden Gesetze außer Kraft gesetzt.“

Ja, so mag man das sehen, wenn man so rechts ist wie die Autoren solcher Websites.

Verantwortung abschieben – aber ordentlich hetzen

Da die Ermittlungen der Wissenschaftler an der Uni Zürich ergaben, dass die Menschen, die diese besonders gefährlichen Erreger eingeschleppt haben, aus einem der bekanntermaßen schlimmsten Flüchtlingslager Libyens stammen, schreibe ich zumindest einen Teil der Verantwortung dafür jenen rechten Hetzern in Europa zu, die mit ihrem nationalen Egoismus dafür gesorgt haben, dass diese Menschen in solchen Lagern dahinsiechen und so die Krankheiten, die sie jetzt “beklagen” ausbrechen.

Die Daten weisen darauf hin, dass sich der Tuberkuloseerreger in einem libyschen Flüchtlingscamp bei Bani Waleed unter Migranten verbreitete. Das überfüllte Lager rund 180 Kilometer südöstlich von Tripolis ist berüchtigt für seine unhygienischen und menschenunwürdigen Verhältnisse. Etliche der diagnostizierten Tuberkulose-Patienten passierten das Camp auf ihrem Weg Richtung Norden.
Quelle: UZH – Media – Neuer resistenter Tuberkulose-Erreger entdeckt | LINK

Quelle: UZH – Media – Neuer resistenter Tuberkulose-Erreger entdeckt | LINK

Die deutsche Politik ist für die Entwicklung verantwortlich. Aber die Rechten haben den Meinungsumschwung in Deutschland herbeigeführt, der dafür gesorgt hat, dass die Zahl der Menschen den libyschen Lagern immer weiter anwuchs. Dass sich ausgerechnet die Rechten nun daran machen, diese von ihnen zumindest mitverschuldeten Zustände der Regierung zuzuschreiben, ist typisch und überhaupt nicht überraschend.

Dass sich Tichys Einblick einmal mehr als Stichwortgeber geriert, ist der besonders elende Teil an dieser Geschichte. Von solchen Zusammenhängen wird dort nichts zu lesen sein. Die Welt der Wallaschs und Tichys ist so straight, für Eigenverantwortung ist kein Platz.

Tichys Einblick und das NetzDG

Nerven tun immer die anderen.

Mein Kommentar wurde übrigens mal wieder gelöscht. Ich hatte vorsorglich diesen Screenshot gemacht:

“Die Merkel-Zombies” kriegen im Lauf des Tages jede Menge positive Bewertungen, mein Einwand wurde, wie gesagt, kurzerhand gelöscht.

Das ist vor allem deshalb auch irgendwie schon wieder witzig, weil Tichys Einblick doch so gern die Speerspitze gegen das Maas’sche NetzDG spielt.

Wenn andere ihre Meinung sagen, ist die halt immer etwas schwer zu ertragen. Vielleicht habe ich ja auch nur gegen die Netiquette verstoßen oder wurde mal wieder des “Whataboutism” schuldig gesprochen.

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