Scheuers Maut und Spahns Masken: Verantwortung ohne Folgen?

Foto des Autors

von Horst Schulte

Lesezeit: 3 Min.

Dass die Berliner Staatsanwaltschaft nun gegen Andreas Scheuer ermittelt, hat mich nicht wirklich überrascht – eher die lange Verzögerung. Dass Berlin zuständig ist, liegt am Amtssitz der Bundesregierung. Das ist juristisch klar. Aber ich frage mich: Warum erst jetzt? Warum erst dann, wenn Scheuer längst politisch abgewickelt ist und kaum noch eine Rolle spielt?

Die Pkw-Maut war von Beginn an ein politisches Projekt mit Ansage – und sie endete in einem Desaster. Der Europäische Gerichtshof hat das Vorhaben kassiert, und am Ende bleibt ein gigantischer Schaden für die Steuerzahler. Hunderte Millionen Euro, weil Verträge voreilig unterschrieben wurden. Für mich ist das mehr als ein politisches Missgeschick. Es ist ein Lehrstück über Selbstüberschätzung, Sturheit und Verantwortungslosigkeit.

Wer zahlt den Preis?

Natürlich: Nicht Scheuer zahlt. Nicht die CSU. Es zahlt der Bürger. Das ist das eigentlich Bittere. In der Wirtschaft würden Manager für derart gravierende Fehlentscheidungen womöglich zur Rechenschaft gezogen. Politiker hingegen können sich auf ihre Immunität und auf die politische Schutzhaut verlassen. Persönliche Haftung? Fehlanzeige.

Das ist nicht neu. Denken wir an Jens Spahn in der Pandemie: Milliarden wurden für Masken und Schutzausrüstung ausgegeben, vieles davon endete in der Vernichtung oder in überteuerten Deals. Auch damals: politisch umstritten, moralisch fragwürdig – aber juristisch folgenlos.

Die Illusion der Ministerverantwortung

Wir alle hören das Wort „Ministerverantwortung“ oft. Doch was bedeutet es? Im Kern nicht mehr als: Man trägt politisch die Verantwortung, im schlimmsten Fall tritt man zurück. Finanziell und juristisch haftet man fast nie. Für mich ist das ein Problem. Denn es vermittelt den Eindruck: Minister können Millionen oder gar Milliarden in den Sand setzen, ohne dass sie dafür persönlich geradestehen müssen.

Sollten Minister haften?

Ich weiß, dass die Forderung nach persönlicher Haftung verführerisch klingt. Und manchmal denke ich auch: Ja, wieso eigentlich nicht? Doch wenn ich es weiterspinne, wird klar: Wer würde sich dann noch in die Politik wagen? Wenn jeder Beschluss das eigene Bankkonto bedroht, bleibt am Ende eine Kultur der Angst – und keine des Mutes.

Politik ist nicht Mathematik. Entscheidungen werden oft unter Unsicherheit getroffen, manchmal mit besten Absichten, aber falschem Ausgang. Dafür Politiker mit Privatvermögen haften zu lassen, wäre überzogen. Und doch: Ganz ohne Konsequenzen darf es nicht bleiben.

Konsequenzen jenseits des Gerichts

Was wir brauchen, ist eine Kultur der klaren Konsequenz. Ein Minister, der ein Projekt wie die Maut gegen alle Bedenken durchdrückt und Milliarden versenkt, darf nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Da reicht es nicht, sich aus der Politik zu verabschieden und irgendwo ein neues Mandat oder einen gut dotierten Aufsichtsratsposten zu übernehmen.

Echte Verantwortung hieße: Fehler eingestehen, Konsequenzen ziehen – und zwar nicht erst, wenn die Justiz Jahre später mit Ermittlungen beginnt. Ich habe den Eindruck, dass uns genau diese Kultur des Eingeständnisses fehlt. Stattdessen erleben wir ein Ausweichen, ein Schönreden, ein Weiterwurschteln.


Die Causa Scheuer ist kein Einzelfall, sondern ein Symptom. Sie zeigt, dass politische Verantwortung in Deutschland vor allem eine symbolische Größe ist. Für den Schaden kommt am Ende der Bürger auf. Und solange das so bleibt, werden Politiker immer wieder die Freiheit haben, Fehler zu machen, ohne persönlich die Folgen tragen zu müssen.

Ob das unserem Vertrauen in die Demokratie guttut? Daran habe ich meine Zweifel.


Causa Scheuer – Grüne prangern politische Attacken auf Justiz an – scharfe Vorwürfe gegen CSU – Deutschlandfunk


Horst Schulte

Herausgeber, Blogger, Amateurfotograf

Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe auf dem Land.

hs010225 a

Artikelinformationen

Bereits 769 Mal gelesen1 heute

4 Gedanken zu „Scheuers Maut und Spahns Masken: Verantwortung ohne Folgen?“

  1. Absolut ärgerlich und unnötig, zumal der Scheuer (anders als der Spahn), ja nicht im Zeitdruck war und auch keinen Virus vor der Nase hatte.

    Eine Haftung für Bundesminister wird vermutlich nicht kommen und wenn doch, wird es eine Versicherung geben, wie bei Geschäftsführern … die dann wieder der …. Na? … Steuerzahler bezahlt

  2. Die Herren David Dunning und Justin Kruger haben’s vorhergesehen …

    ——
    Meine Anmerkung dazu: Selber doof. Liebe Grüße Horst

Lass deinen Gedanken freien Lauf


Hier im Blog werden bei Abgabe von Kommentaren keine IP-Adressen gespeichert! Deine E-Mail-Adresse wird NIE veröffentlicht!


🧡 Danke, dass du hier warst.
💬 4