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Webmasterfriday: Von der Gedanken- zur Meinungsfreiheit

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Die Meinungsfreiheit ist etwas ganz Selbstverständliches für uns. Das geht soweit, dass wir uns manchmal gar nicht mehr bewusst machen, dass sie ein Fundament für unsere offene pluralistische Gesellschaft darstellt.

Ist die freie Meinungsäußerung die logische Konsequenz der Meinungsfreiheit oder ist in dieser Frage ein mögliches Missverständnis angelegt?

Ich finde, die Wirkung von Massenmedien in den letzten Jahrzehnten insbesondere in den westlichen Demokratien und die enormen Veränderungen durch das Internet machen eine Differenzierung dieser beiden Begriffen sinnvoll und auch notwendig. Jeder Mensch ist verantwortlich für das was er sagt und tut. Wenn er durch seine Meinungsäußerung andere Menschen beleidigt (objektiv oder subjektiv) sollte er sich wenigstens dessen bewusst sein. Aber interessiert uns das heute überhaupt noch? So, wie wir auf das Recht zur „freien Meinungsäußerung“ pochen, sollte das zumindest doch der Fall sein.

Meinungsfreiheit und die „freie Meinungsäußerung“

Ich halte den Begriff „freie Meinungsäußerung“ für unpräzise. Ich glaube, Meinungsfreiheit ist unteilbar, die freie Meinungsäußerung stößt jedoch da an ihre Grenzen, wo sie die persönliche Integrität anderer Menschen verletzt. Aber das geschieht permanent. Auch die Explosion der vielen Comedy-Formate zeugt davon. Bedauerlicherweise hat das Kabarett diese Tendenz teilweise ebenfalls übernommen.

Wir schätzen die Menschen, die frisch und offen ihre Meinung sagen – vorausgesetzt, sie meinen dasselbe wie wir.Mark Twain

Die Gründe dafür, dass wir so sehr zum Rechthaben (jeder hat das Recht auf meine Meinung!) neigen, sind vermutlich vielfältig. Sie reichen von der Frustration über die eigene Lage, über blanken Voyeurismus, billige Schadenfreunde bis hin zum Versuch durch die Herabsetzung von Institutionen und Menschen, deren Überzeugungen einem nicht passen, zu diffamieren.

Rücksichtslose Feldzüge

Ich verfolge beispielsweise die Diskussionen über die sogenannte „Lügenpresse“ und schwanke zwischen Sorge und Abscheu hin und her. Das ist weder Kritik noch Meinungsäußerung, eher ist es ein „Vernichtungsfeldzug“. Übrigens durchaus auch im Selbstverständnis der Akteure. Die wollen nicht nur spielen.

Foto von geralt / Pixabay.com

Menschen werden ohne Not verletzt. Dieser Gedanken geht mir sogar durch den Kopf, wenn ich die von mir so geliebte „Heute Show“ im ZDF sehe.

Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Wenn unterschiedliche Meinungen aufeinanderprallen, muss das nicht friedlich ablaufen. Nicht jeder hat ein so ungesundes Harmoniebedürfnis wie ich.

Man soll, man darf sich streiten, denn das gehört zum Leben dazu. Aber wir sollten wissen, dass es Grenzen gibt und diese auch respektieren.

Streitkultur

Der Begriff Streitkultur fällt mir an dieser Stelle ein. Diese Form des Umgangs mit anderen Menschen lernt man gewöhnlich bereits als Kind durch die Diskussionen in der Familie, im Kindergarten und in der Schule, so dass es normalerweise nicht zu den Defiziten und Auswüchsen kommen dürfte, die wir heute – vor allem im Internet – mit wachsendem Unbehagen beobachten müssen.

Unter Bloggern

Ich blogge schon seit vielen Jahren und ganz bestimmt habe ich an der einen oder anderen Stelle ebenfalls übertrieben.

Was ich allerdings in manchen anderen Blogs heutzutage lesen muss, ist ungleich schlimmer. Zum Beispiel werden ganz enorm beleidigende Begriffe für Menschen verwendet, etwa nur, weil sie eine andere politische Richtung vertreten. Und damit meine ich nicht einmal seit Jahren inflationär eingesetzte Beleidigungen wie „Gutmensch“.

Bei grün-linksversifftem Gutmenschen klappt mir schon eher die Kinnlade allerdings herunter. Oder wenn Journalisten als „Maulhuren“ diffamiert werden und NS-Begriffe wie „Lügenpresse“ in den dort üblichen Protest-Jargon Aufnahme finden.

Ich muss es mir allerdings auch gefallen lassen, dass ich es an der von mir geforderten Differenzierung ebenfalls manchmal fehlen lasse. Ich gebe zu, für mich sind alle Pegida-Teilnehmer Nazis. Ich könnte mich damit entschuldigen, dass Menschen, die sich von den Initiatoren der Veranstaltungen so vereinnahmen lassen, es nicht anders verdient hätten.

Richtig oder falsch?

Es ist darüber schon so viel Richtiges und Falsches geschrieben worden. Die Standpunkte stehen fest, und eine Bewegung der Positionen ist nirgends auszumachen. [alert type=“success“ close=“false“ heading=““]Das sollte in einer Demokratie nicht passieren.[/alert] Aber nun ist es passiert, und auch das hat etwas mit dem Thema des dieswöchigen Webmasterfriday zu tun („Wie frei ist die Meinungsäußerung?“).

Ich habe im Gegensatz zu vielen anderen Zweifel daran, dass es sich beim Nachdruck der Charlie-Hebdo-Karikaturen in vielen Zeitungen um Solidarität oder das Einstehen für Presse- und Meinungsfreiheit handelte. Auf mich wirken diese Aktionen mehr wie die Mutproben von pubertierenden Jugendlichen.

Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst.Voltaire

weitere Beiträge zum Thema:

  1. Freie Meinungsäußerung im Internet und anderswo
  2. Webmasterfriday: Die Sache mit der Meinungsfreiheit | Jaellekatz
  3. Recht auf freie Meinungsäußerung › Saphiras World
  4. Webmaster Friday – Blogger und die Meinungsfreiheit
  5. Wie frei ist die Meinungsäußerung? – Blogstories
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Quelle Featured-Image: HorstSchulte.com

Letztes Update:

3 Gedanken zu „Webmasterfriday: Von der Gedanken- zur Meinungsfreiheit“

  1. @Hans: Hi Hans, die Klappe soll um Gottes willen keiner halten. Es ist auch gut, sich von Zeit zu Zeit richtig zu streiten. Ich hoffe, ich habe im Beitrag deutlich gemacht, vor welcher Form der Meinungsäußerung es mir graut.

    Viele Grüße
    Horst

    AntwortenAntworten
  2. Hallo Horst,
    was wäre es doch schön, wenn es friedlich ginge, sich zu streiten, auch bei unterschiedlichen Meinungen. Auch ein friedlicher Streit kann ein guter Streit sein, der für beide Seiten insofern gut ausgeht, dass sich niemand als Verlierer fühlen muss. Ich bin froh, in einem Land zu leben, in dem ich meine Meinung (weitestgehend) sagen darf. Ich müsste es vielleicht noch öfter tun. Manchmal denk ich dann aber, wem ist geholfen, aber andererseits, wem ist geholfen, wenn man die Klappe hält?
    Schönes Wochenende und HG Hans

    AntwortenAntworten

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