Die Arbeitgeber sind wirklich undankbar. Gar nicht so, wie der letzte SPD-Kanzler, Gerhard Schröder, sich das nach seiner Agenda-Politik naiverweise wohl erhofft hatte. Wie sonst könnte man die Ignoranz erklären, die vom INSM auf Zuarbeit des IW an den Tag gelegt wird?
Die SPD wackelt. Ein Bild, das wir kennen. Aber vielleicht ist es diesmal etwas anders.
Bis 2030 soll nach dem Beschluss der rot/grünen Bundesregierung aus dem Jahre 2004 das Rentenniveau schrittweise auf bis zu 43 % gesenkt werden. In der gerade erst wieder abgeebbten Diskussion über die schon heute existierende Altersarmut wurde dieses Vorhaben erneut hart kritisiert. Vor allem deshalb, weil die Altersarmut nach einer nicht unumstrittenen Prognose weiterhin ansteigen wird.
SPD will mehr Gerechtigkeit
Nicht nur SPD – Chef Gabriel will die Änderung rückgängig machen. In der SPD und auch in der Union sehen viele die Notwendigkeit, die vorgesehenen Rentenkürzungen zurückzunehmen, die Gewerkschaften ohnehin. Die Diskussion darüber ist im Gange.
In der Gesellschaft werden solche Pläne naturgemäß kontrovers behandelt. Schließlich wurden die seinerzeitigen Beschlüsse aus guten Gründen gefasst. Ziel war es, die Kosten der Alterssicherung nicht den jungen Menschen aufzubürden, die im Berufsleben stehen.
Seit den Beschlüssen hat die Agenda 2010 ihre unselige Wirkung entfaltet. Der Billiglohnsektor Deutschlands hat sich zum größten in ganz Europa entwickelt – mit fatalen Folgen für aktuelle und künftige Renten. Die Riester-Rente hat sich als Flop erwiesen. Das ist der Status quo.
Für die Arbeitgeber brachen rosige Zeiten an. Wir reden vom schwindenden Mittelstand und von der sich immer weiter öffnenden Schere zwischen arm und reich. Rot-Grün legte den Grundstein für prekäre Lebenslagen, in denen sich heute viele Arbeitnehmer und Rentner befinden.
IW im Auftrag des INSM
In dieser Zeit legt das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) eine Studie vor, die eindringlich vor den Folgen etwaiger Rücknahmen der 2004 beschlossenen Senkung des Rentenniveaus warnt. Beide werden von den Arbeitgebern finanziert. Die Vorstellungen in Teilen der Politik und bei den Gewerkschaften sind unterschiedlich. Nach den IW-Berechnungen betragen die Mehrkosten für ein im Vergleich zu heute gleichbleibendes Rentenniveau 28 Milliarden Euro jährlich. Die Kosten für das von Gewerkschaften (Verdi) präferierte Niveau (50%) betragen laut IW jährlich 52 Milliarden Euro. Die durch den letzten Fall erforderlichen Rentenversicherungsbeiträge würden sich von heute 18,7 % auf 22% im Jahre 2024 und 25% im Jahre 2029 erhöhen. Auch wenn das heutige Rentenniveau gehalten werden solle, würde der Beitragssatz 2027 auf über 22% anwachsen.
Die Studie wurde von den Arbeitgebern bezahlt. Insofern überrascht es nicht, dass dieses Ergebnis ist wie es ist. Schließlich wollen die Arbeitgeber unbedingt höhere Kosten vermeiden. Und bisher ist es bei den Rentenversicherungsbeiträgen, anders als bei der gesetzlichen Krankenversicherung, so, dass die Beiträge jeweils hälftig vom Arbeitnehmer und vom Arbeitgeber zu entrichten sind. Mich würde es nicht wundern, wenn bald Vorstöße gemacht werden, die die sozialpolitisch bewährte Teilung der Kosten aufzuweichen. Mit anderen Worten: ein Teil etwaiger neuer Zuwächse bei den Beiträgen wird nur noch vom Arbeitnehmer zu zahlen sein. Erst dann wären die Arbeitgeber wohl zufrieden!
Arbeitgeber vs. Arbeitnehmer
Derweil geht das IW, wie wir das von Hüthers Institut nicht anders kennen, in die Vollen: [symple_highlight color=“blue“]Sie weisen die Warnungen vor einer sozialen Not der alten Menschen als überzogen zurück.[/symple_highlight] Angeblich sind „nur“ 3% der Rentner auf Grundsicherung angewiesen. Ein dramatischer Anstieg sei nicht zu erwarten.
WDR direkt
Zu viele Berichte, die den Arbeitgebern widersprechen
In vielen Berichten und in TV-Sendungen – auch in Talkshows – habe ich zahlreiche Auftritte von Rentnern verfolgt, die demnach von den verantwortlichen Redakteuren gesucht worden sein müssen, wie die buchstäbliche Nadel im Heuhaufen. Aber Leute, die 500 – 700 Euro Rente im Monat erhalten, sind doch nicht so selten.
GDV-Grafik: Die Zahl der Empfänger von Grundsicherung wächst stetigNicht nur bei Flüchtlingen fehlt unserem Staat offenbar der Überblick:
Grundsicherung können Menschen im Rentenalter bekommen, aber auch jüngere Erwachsene, deren Erwerbsfähigkeit dauerhaft gemindert ist. Der festgelegte Bedarf betrug im März 2015 durchschnittlich 758 Euro brutto pro Monat.
Netto waren es im Schnitt jedoch nur 460 Euro, weil das Einkommen zum Teil angerechnet und abgezogen wird. Insgesamt bezogen im ersten Quartal 2015 1,004 bis 1,009 Millionen Menschen diese staatliche Unterstützung. Ende 2014 waren es 1,002 Millionen – der höchste Stand seit Beginn der Statistik 2003.
Die exakten Zahlen für die ersten drei Monate des laufenden Jahres konnte die Behörde noch nicht nennen, da wegen eines Softwarefehlers bei einigen Meldestellen insgesamt nur rund 995.000 Empfänger angegeben worden waren. Das sind schätzungsweise 10.000 bis 15.000 zu wenig, wie die Statistiker errechneten. Bislang war die Grundsicherung jährlich von den statistischen Landesämtern erfasst worden, seit Jahresanfang wird sie vierteljährlich zentral vom Bundesamt erhoben.Quelle: Grundsicherung: Mehr Menschen auf Unterstützung angewiesen – SPIEGEL ONLINE | LINK
Ganz schlüssig finde ich manche Aussagen nicht, die in diesem Zusammenhang getroffen wurden. Einerseits wird das Thema seit Jahren mit einigem Alarmismus verfolgt, andererseits passen die (aktuellen) Zahlen und das in der Öffentlichkeit gezeichnete Bild nicht so richtig zusammen. Die oben gezeigte Grafik der stark gewachsenen Zahl von Empfängern der Grundsicherung ist allerdings ein Indikator für eine schlimme Entwicklung.
Tafeln kein Armutsindikator
Angesichts der Entwicklung der Tafeln, die für mich im Gegensatz zu Herrn Hüther sehr wohl ein Indikator für wachsende Armut ist aber auch vieler anderer Eindrücke im Alltag kann ich die Haltung der Arbeitgeber zu diesem drängenden Problem nur verachten. Anderseits ist eine gerechte Lösung für das sich ausweitende Rentenproblem natürlich eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wenn man überlegt, wie sich die Zukunft der Arbeit schon bald darstellen könnte, werden neue Lösungen gefunden werden müssen. Anderseits wird schon heute aus dem Steuertopf des Bundes die Rente mit dem gewaltigen Betrag von 80 Mrd. Euro jährlich finanziert.
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