Wie gehe ich mit der AfD um?

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Der Deutschland – Korrespondent Markus Ackeret, NZZ, hat einen sehr klu­gen Artikel über den Umgang der eta­blier­ten Politik und unse­rer Medien mit der AfD geschrie­ben, den ich Ihnen gern zur Lektüre wei­ter­emp­feh­len möchte.  Gleichzeitig ver­su­che ich hier zu begrün­den, wes­halb ich die emp­foh­le­ne Gelassenheit im Umgang mit die­ser Partei nicht an den Tag legen werde. Was sich…

Der Deutschland – Korrespondent Markus Ackeret, NZZ, hat einen sehr klu­gen Artikel über den Umgang der eta­blier­ten Politik und unse­rer Medien mit der AfD geschrie­ben, den ich Ihnen gern zur Lektüre wei­ter­emp­feh­len möchte. 

Gleichzeitig ver­su­che ich hier zu begrün­den, wes­halb ich die emp­foh­le­ne Gelassenheit im Umgang mit die­ser Partei nicht an den Tag legen werde.

Was sich in Internetforen an gei­fern­der Empörung über Banken und Griechen, über Amerikaner und ihre angeb­li­chen Lakaien in Berlin seit gerau­mer Zeit ver­brei­tet, hat eine poli­ti­sche Stimme gefun­den.Quelle: Umgang mit der AfD: Zumutung für Deutschland – NZZ Meinung | LINK

Das Internet ist schuld

Ich ten­die­re ein wenig dazu, das Internet für vie­le Erscheinungen unse­rer Zeit ver­ant­wort­lich zu machen. Das Internet ist schuld dar­an, wie poli­ti­sche Auseinandersetzungen heu­te geführt wer­den. Egal, wie wich­tig die Themen sind, Diskussionen wer­den viel­fach abge­bro­chen, weil die eine oder die ande­re Seite es nicht mehr erträgt.

Ich bin über­zeugt davon, dass sich die­se Unart online ent­wi­ckelt und mit­hil­fe von Pegida und AfD nun off­line Bahn gebro­chen hat. Es ist aus mei­ner Sicht weni­ger so, dass das Internet kri­ti­sche Bürgerinnen und Bürger her­vor­ge­bracht hat, die sich zum Beispiel von den eta­blier­ten Medien nichts mehr erzäh­len las­sen. Vielmehr haben die sich zum Teil auch selbst als alter­na­ti­ve Medien ver­stan­de­ne Sektierer in man­chen Kreisen die Deutungshoheit über alle mög­li­chen Bereiche erlangt. Gefördert wur­de die Entwicklung durch die Möglichkeit der Abschottung – Filterblasen.

Deutscher Patriotismus und die AfD

Vielleicht geht es vie­len Leuten tat­säch­lich um den ver­lo­ren geglaub­ten deut­schen Patriotismus. Deutschland lie­be ich, aber den­noch wür­de ich mich nicht als Patrioten bezeich­nen. Ich kann mir vor­stel­len, dass Merkels Neuausrichtung der CDU in Richtung Mitte vie­le Wähler ver­prellt haben könn­te. Keine Ahnung, was AfD Wählern und Sympathisanten in unse­rem Land alles fehlt. Dafür weiß ich aller­dings sehr genau, was ihnen hier zu viel gewor­den ist. Flüchtlinge ste­hen an ers­ter Stelle, und gleich an zwei­ter ste­hen die deut­schen Muslime, Millionen von Menschen.

Dass unse­re Politiker und die Medien die damit ver­bun­de­nen Probleme igno­riert oder klein­ge­re­det haben, macht den Ärger die­ser Menschen in der Hauptsache aus. Alle ande­ren Punkte sind «Beiwerk», nicht von die­ser Bedeutung. Davon bin ich per­sön­lich jeden­falls über­zeugt. Was sagt der Lateiner? «Quod Erat Demonstrandum». Sei’s drum, die nächs­ten Wahlen kom­men bestimmt. Ob bis dahin die Schutzwälle gegen die Flüchtlinge hal­ten wer­den? Zynisch, nicht wahr? Ja, ist es. Aber genau­so läuft das Spiel nach Merkels Bruch mit ihren ethisch-mora­li­schen Vorstellungen.

Vertrauensverlust

Aus der Demokratie ent­wi­ckelt sich, wenn Freiheit im Übermaß bewil­ligt wird, die Tyrannei.

Dazu kommt, dass es einen gro­ßen Vertrauensverlust gege­ben hat. Er hat sich eher lang­sam ent­wi­ckelt. Gibt es noch Personen oder Institutionen, denen wir ver­trau­en? In der Politik und bei den Medien schon ein­mal nicht. An den letz­ten Landtagswahlen haben wir etwas erlebt, was mich Lügen stra­fen könn­te. Zwei Personen setz­ten sich mit erstaun­li­chen Wahlergebnissen durch. Authentizität und Integrität waren die Schlagworte, die als Begründung dafür genannt wur­den. Olaf Scholz ist in die­ser Hinsicht sicher eben­falls eine Ausnahme.

Wie steht es mit unse­ren Krankenhäusern, Gerichten, Banken, mit unse­ren Ärzten, Juristen, Polizisten oder Richtern. Ich habe das Gefühl, dass sie alle in der öffent­li­chen Meinung nicht beson­ders gut daste­hen. Über die alle wird schlecht gere­det. Und wir spre­chen schlecht über uns. Wir reden von Spaltung der Gesellschaft. Aber eigent­lich nicht erst seit­dem die Politik kei­ne (schon gar kei­ne über­zeu­gen­den) Antworten auf die Flüchtlingskrise gege­ben hat.

Die AfD wür­de mich nicht küm­mern. Sie könn­te popu­lis­tisch sein und gegen das bestehen­de Establishment – wie ver­rückt. Das wür­de mich zwar per­sön­lich davon abhal­ten, die Partei zu wäh­len, aber das wäre kein Grund gegen sie zu wet­tern. Aber die AfD hilft dabei, unse­re Gesellschaft in einem Maße zu pola­ri­sie­ren, wie wir das in der Nachkriegsgeschichte noch nicht erlebt haben. Vielleicht ein­mal abge­se­hen von den Debatten um die Ostverträge. Zu die­sem Zeitpunkt war mein poli­ti­sches Bewusstsein noch nicht ausgeprägt. 🙂

Menschenfeindlich ist die AfD

Ich leh­ne die AfD vehe­ment ab, weil sie men­schen­feind­li­che, ras­sis­ti­sche und neu­er­dings ver­brief­te (Parteiprogramm) ver­fas­sungs­feind­li­che Tendenzen ver­tritt. Die AfD und deren Anhänger ver­tre­ten die Meinung, Merkels Regierung habe im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise mehr­fach gegen die Verfassung unse­res Landes ver­sto­ßen. Sie bezie­hen sich dabei zum Teil auf renom­mier­te Staatsrechtler. Es ficht weder die Partei noch ihre Mitstreiter an, dass auch die ent­ge­gen­ge­setz­te Position ver­tre­ten wird. Die AfD und ihre Anhänger sehen sich gene­rell im Recht, alle die ande­rer Meinung sind wur­den von der Lügenpresse und den Systemmedien hin­ters Licht geführt oder sind ein­fach naiv. Derartige Vorhaltungen, die oft einen Touch von per­sön­li­cher Beleidigung gehabt haben, habe ich mir schon häu­fig rein­zie­hen müssen.

Abendland und die AfD

Die AfD ist nicht der Untergang des Abendlandes, viel­leicht aber unse­rer Werte. Wir wer­den es im Herbst nächs­ten Jahres bei den nächs­ten Bundestagswahlen erleben.

[symple_​box color=«gray» fade_in=«false» float=«center» text_align=«left» width=«»]Eine Beruhigung ist es des­halb nicht, wenn das Wählerreservoir der AfD aus vie­len poli­tisch bis anhin Abstinenten besteht. Die meis­ten von ihnen fühl­ten sich von der Selbstgewissheit der Politiker und zahl­rei­cher Medien lan­ge schon nicht mehr ver­tre­ten. Sie sind bereit zu mehr Radikalität. (Markus Ackeret)[/symple_box]

Die Drohung der Co-Parteichefin Frauke Petry, Journalisten, die ihrer Ansicht nach vor­ein­ge­nom­men über die AfD berich­te­ten, soll­ten sich dar­an erin­nern, dass die Mehrheitsverhältnisse auch ein­mal ändern könn­ten, zeigt eine Vorstellung von Medienfreiheit, wie sie sonst auto­ri­tä­re Führer wie Putin und Erdogan äussern.

Der Hass auf den «Mainstream» und den Konsens eines angeb­li­chen «poli­ti­schen Kartells», das «heim­li­cher Souverän» ist und die Bürger mani­pu­liert, ist so gross, dass das Postulat der frei­en Bürger und des unbe­dingt gel­ten­den Rechtsstaats sogleich ins Gegenteil kippt: in einen demo­kra­tisch ver­bräm­ten Autoritarismus.Quelle: Umgang mit der AfD: Zumutung für Deutschland – NZZ Meinung | LINK

Stärke unserer Demokratie

Ich hät­te bis vor eini­ger Zeit immer dafür plä­diert, die 5% Hürde für Deutschland ganz auf­zu­he­ben, weil ich unser Land als gefes­tig­te Demokratie gese­hen habe. Heute plä­die­re ich für mehr Volksbeteiligung, weil ich dar­in eine Möglichkeit sehe, unse­re Demokratie vor schlim­mem Schaden zu bewah­ren. Die eta­blier­ten Parteien schei­nen die Zeichen bis­her noch immer nicht erkannt zu haben. Ansonsten wäre nicht erklär­bar, wes­halb sie sich gera­de­zu bescheu­ert dazu äußern:

Ich bin heil­froh, dass wir in Deutschland den Bundespräsidenten in einer eigens zu die­sem Zweck zusam­men­ge­ru­fe­nen Bundesversammlung wäh­len und nicht in einer DirektwahlQuelle: Bundestagspräsident Norbert Lammert – «Ich bin heil­froh, dass der Bundespräsident in Deutschland nicht direkt gewählt wird» | LINK

60 % der Deutschen sind nach Umfragen für eine Direktwahl des Bundespräsidenten.

Eigentlich bin ich kein Gegner der reprä­sen­ta­ti­ven Demokratie. Aber sol­che Aussagen, die ande­re Vertreter eta­blier­ter Parteien in ähn­li­cher Weise gemacht haben, wer­fen ein merk­wür­di­ges Licht auf die Einstellung, die die poli­ti­sche Elite uns gemei­nen BürgerInnen gegen­über haben. Solche Aussagen – auch wenn sie sich im Kontext immer etwas anders lesen – sind Wasser auf die Mühlen der AfD und ihrer Anhänger. 

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