Sonnenhof: Mit der Ratte gefangen im engen Kelleraum

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Je näher der Tage­bau dem Son­nen­hof kam, des­to mehr Rat­ten tauch­ten in unse­rer unmit­tel­ba­ren Umge­bung auf. Das Haus lag im äuße­ren Bereich des Grund­stücks und somit dem Gru­ben­rand am nächsten.

In einer Ecke der Wasch­kü­che befand sich eine Pum­pe. Sie wur­de mit einem brei­ten Keil­rie­men und einem Elek­tro­mo­tor betrie­ben. Unge­fähr so sah das aus. Unser Haus war nicht an die städ­ti­sche Kana­li­sa­ti­on ange­schlos­sen, weil das Gelän­de weit vom Schuss war. Am Haus befand sich eine klei­ne Klär­an­la­ge, die mehr oder weni­ger regel­mä­ßig von einem kom­mu­na­len Ent­sor­gungs­un­ter­neh­men ent­leert wur­de. Mei­ner Mut­ter war die Pum­pe nicht geheu­er. Wenn es dar­um ging, sie in Betrieb zu neh­men, hat sich dies immer mei­nem Vater überlassen.

Die Geschich­te mit der Pum­pe erwäh­ne ich pri­mär des­halb, weil wir glaub­ten, dass unser Besuch nur durch die­ses offe­ne „Was­ser­loch“ ins Haus gekom­men sein konnte.

Gruselig

Eines Tages kam mei­ne Mut­ter ziem­lich auf­ge­regt aus dem Kel­ler zurück und berich­te­te, sie habe dort eine Rat­te gese­hen. Dass wir ab und an Mäu­se im Kel­ler hat­ten, war nichts beson­de­res. Schließ­lich leb­ten wir direkt neben der Gärt­ne­rei, die Vor­rä­te an Lecke­rei­en gin­gen nie zu Ende. Zum Glück waren wir bis dahin von Rat­ten ver­schont geblie­ben. Das hat­te sich damit schlag­ar­tig geän­dert. Mein Vater mel­de­te Zwei­fel an. Ganz nach dem Mot­to: es gab bis­her kei­ne Rat­te, dann wird sie sich sicher ver­se­hen haben.

Nun, er hat­te die Rech­nung ohne mei­ne Mut­ter gemacht. Sie bestand dar­auf, dass er sich um die Rat­te küm­mer­te. Er ver­such­te es also zuerst mit Fal­len. Also, natür­lich rich­ti­gen Rat­ten­fal­len. Nicht sowas hier.

Es funk­tio­nier­te nicht, obwohl er es über meh­re­re Tage ver­sucht hat­te. Die Köder wur­den zwar schein­bar ange­rührt aber nie auf­ge­fres­sen. Daher blieb die Jagd bis dahin erfolg­los. Mein Vater muss­te zu dras­ti­sche­ren Mit­teln grei­fen. Der­weil war mei­ne Mut­ter nicht dazu bereit, auch nur einen Schritt in die­sen Kel­ler zu setzen.

Der Schuss

Mein Vater besaß ein Klein­ka­li­ber­ge­wehr oder es war ein Luft­ge­wehr. Kei­ne Ahnung. Mit dem Kali­ber konn­te man sich jeden­falls einer Rat­te ent­le­di­gen. Er kokel­te ein Stück Speck an und posi­tio­nier­te es mit­ten im Kel­ler­flur. Alle Kel­ler – Türen stan­den offen. Er muss­te lan­ge war­ten, bis sich etwas tat. Dann erschien tat­säch­lich – eine Rat­te. Und was für eine. Ein ech­te gro­ßes Teil. Mein Vater leg­te an und schoss. Das Mist­vieh lief weg. Er konn­te gera­de noch sehen, in wel­chen der Kel­ler­räu­me sie ent­kam. Da es schon ziem­lich spät war, moch­te er nicht nach­set­zen und ging statt­des­sen erst­mal schlafen.

Am nächs­ten Mor­gen kam Kurt, einer der Fabrik­fah­rer vom Lin­ole­um, um irgend­was aus der Gärt­ne­rei abzu­ho­len. Mein Vater frag­te ihn, ob er ihm mal kurz hel­fen könn­te. Er schil­der­te die Geschich­te und erklär­te dem Mann, was er nun vor hat­te. „Wir gehen in den betref­fen­den Kel­ler­raum. Die Rat­te muss dort sein. Weg konn­te sie nicht und viel­leicht hat die Kugel sie ja auch getrof­fen.“ Gesagt, getan.

Die bei­den Män­ner gin­gen in unse­ren Kel­ler und öff­ne­ten den Raum, in den das Untier sich ver­kro­chen hat­te. Kurt schloss vor­sichts­hal­ber die Tür hin­ter sich, damit die Rat­te auch nur ja nicht das Wei­te suchen konn­te. Es dau­er­te weni­ge Minu­ten und die Rat­te war gefun­den. Die Kugel hat­te sie getrof­fen und das Tier war ver­mut­lich kur­ze Zeit spä­ter ver­en­det. Mei­ne Mut­ter wür­de erleich­tert sein. Der häus­li­che Frie­de konn­te wie­der einkehren.

Klinke

Erst jetzt bemerk­ten die Män­ner, dass sie im Kel­ler­raum ein­ge­sperrt waren. Was Kurt näm­lich vor­her nicht gese­hen hat­te, war, dass der Raum innen über kei­ne Tür­klin­ke ver­füg­te. Ers­te Ver­su­che, sich selbst aus die­ser Mise­re zu befrei­en, schei­ter­ten. Mei­ne Mut­ter war in der Küche und erzähl­te spä­ter, wie irri­tiert sie dar­über war, dass zwei erwach­se­ne Män­ner bei der Jagd nach dem Nager einen sol­chen Lärm ver­an­stal­te­ten. Dabei waren es zunächst die ver­geb­li­chen Hil­fe­ru­fe der bei­den Män­ner. Erst nach einer Wei­le begriff mei­ne Mut­ter, dass da etwas nicht stim­men konn­te. Also ging sie – immer noch etwas ängst­lich – in den Kel­ler. Sie ver­stand erst jetzt die miss­li­che Lage der Rattenjäger.

Die Rettung

Sie ging zur Tür des Kel­ler­rau­mes und befrei­te ihre bei­den Hel­den aus ihrer Situa­ti­on. Über die­se Geschich­te haben wir im Kreis der Fami­lie und mit Freun­den spä­ter noch oft herz­lich gelacht.

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Schlagworte: Bedburg Sonnenhof

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2 Gedanken zu „Sonnenhof: Mit der Ratte gefangen im engen Kelleraum“

  1. Karin 30. Mai 2022 um 14:37

    Hal­lo Herr Schulte,

    was ist denn mit dem alten Blog/​den alten Arti­keln geschehen?

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