Der Staat hat es (noch) in der Hand. Altersarmut stoppen!

stroke="currentColor" stroke-width="1.5" stroke-linejoin="round" stroke-linecap="round" /> Keine Kommentare

167

5 Min.

Standardbild

Ab Juli krie­gen wir Rentner zwi­schen 3,22 und 3,37 % mehr Geld. Das ist abhän­gig davon, ob wir im Westen oder Osten Deutschlands leben. Im Vergleich zum Dezember 2016 zu Dezember 2017 ist die Zahl der­je­ni­gen um 3,2% gestie­gen, die in Deutschland Grundsicherung erhalten.

Größtenteils han­delt es sich um Rentner, teil­wei­se um Menschen mit Erwerbsminderung, die über 18 Jahre alt sind.

Schon im Dezember 2016 lag die Zahl die­ser Menschen bei über einer Million (1,026), im Dezember 2017 sind es laut Statistischem Bundesamt 1,059 Mio. Wir wis­sen, dass wir davon aus­zu­ge­hen haben, dass die Zahl der Menschen, die auf Grundsicherung ange­wie­sen sind, wei­ter nach oben gehen wird. Altersarmut ist das Wort, das mehr Menschen Angst machen dürf­te als die vie­len ande­ren Probleme mit denen unser Land zu kämp­fen hat. Dafür müs­sen wir nur einen Blick auf die Demografie werfen.

Stefan Braun, Süddeutsche Zeitung, hat den Eindruck, den die Arbeit unse­rer Regierung nach zwei Wochen im Amt macht, zutref­fend auf den Punkt gebracht. Auch wenn es ein wenig unfair ist, nach so kur­zer Zeit ein sol­ches Urteil abzu­ge­ben, die Bestandsaufnahme der ers­ten Eindrücke könn­te zutref­fen­der nicht sein! Dass inter­es­sier­te Beobachter wie Braun nicht zu ande­ren Schlussfolgerungen kom­men, macht die Sache in mei­nen Augen bri­sant! Es ist näm­lich wie es doch angeb­lich nicht sein dürf­te: Es riecht nach einem kla­ren «Weiter so». Von «Wir haben ver­stan­den» ist nichts zu sehen. Jedenfalls nicht nach die­sen zwei Wochen!

Fischen im Trüben

Die «Bild» und «Focus» haben sich ges­tern aus ihrem Blickwinkel mit der Lage befasst und kon­fron­tier­ten uns damit, dass immer mehr Rentner dar­ben, die Pensionäre jedoch «abkas­sie­ren». Diese Betrachtungsweise mag der Auflage hel­fen, unse­rer Gesellschaft scha­det sie immens.

«Bild» schreibt:

Im Bildblog wur­de am 28.03. mit der «Berichterstattung» der «Bild» in einem wun­der­ba­ren Kommentar von Alf Frommer auf­ge­räumt. Leider ändert das nur nichts an der fata­len Wirkung die­ser Wahrheiten. Pointierter und zutref­fen­der kann man die Arbeit des aktu­el­len Chefredakteurs, Julian Reichelt, nicht beschrei­ben. Aber ich möch­te nicht abschweifen.

Altersarmut in einer rei­chen Gesellschaft

Die Tatsache, dass die Altersarmut allein auf­grund des demo­gra­fi­schen Wandels wächst und bei vie­len Sorgenfalten auf die Stirn malt, lässt sich nicht schön­re­den. Da mag sich die Regierung noch so viel Mühe geben. Wir sind an einem Punkt ange­langt, an dem es viel­leicht für Weichenstellungen der bekann­ten Art schon zu spät ist. Es ist not­wen­dig, das System in sei­ner Gesamtheit neu zu den­ken und zu gestal­ten. Wahrscheinlich gehört auch die Sonderbehandlung der Pensionäre mit dazu. Aber das ist viel­leicht nicht die vor­ran­gi­ge Aufgabe. Es wäre etwas gewon­nen, wenn die Unterschiede nicht von irgend­wel­chen Haiopeis in Redaktionsstuben, die künf­tig von sol­chen per­sön­li­chen Zumutungen auf­grund ihrer Verdienste ohne­hin ver­schont blei­ben, nicht klas­sen­kampf­mä­ßig «auf- und ver­brei­tet» wür­den. Solche Zuspitzungen hel­fen eben­so wenig wei­ter, wie die auch schon vor­ge­kom­me­nen Absichten, jun­ge gegen alte Menschen gegen­ein­an­der aus­zu­spie­len. Allerdings ist trotz­dem rich­tig, dass die­se Unterschiede bei Renten und Pensionen the­ma­ti­siert wer­den. So kommt viel­leicht end­lich eine Debatte über not­wen­di­ge Änderungen zustande?

Viele Menschen haben inzwi­schen kapiert, dass sozi­al­de­mo­kra­ti­sche Minister und ehe­ma­li­ge Mitglieder des Sachverständigenrates der Bundesregierung…, kurz Wirtschaftsweise, nicht die Rente, sicher machen, revo­lu­tio­nie­ren oder wenigs­tens ver­bes­sern woll­ten, son­dern offen­bar eher aus ego­is­ti­schen Motiven her­aus ope­riert haben. Die Probleme haben weder Riester noch Rürup gelöst. Sie haben eher das Vertrauen in die staat­li­che Handlungsfähigkeit unter­mi­niert. Dass zudem jede Menge Rentner von den Maßnahmen der EZB (Niedrigzins) und unse­rer Regierung (Europolitik) nega­tiv betrof­fen sind, gehört zur Wahrheit eben­so dazu.

Es soll gerecht zugehen.

Wir brau­chen in die­sem Land mehr Gerechtigkeit. Es gibt zum Glück genü­gend Rentner und Pensionäre, deren Altersbezüge weit über denen lie­gen, die sich heu­te schon gro­ße Sorgen um ihre Zukunft machen. Warum lässt sich das nicht bes­ser aus­ba­lan­cie­ren? Ich weiß, das klingt gleich wie­der nach Kommunismus oder Sozialismus. Die Frage ist, ob für die­je­ni­gen, die über 2000 Euro Rente krie­gen (gestaf­felt in 100er Schritten) zwei‑, drei­hun­dert Euro weni­ger im Monat nicht zu ver­kraf­ten wären und ob sol­che Beträge für die­je­ni­gen, die heu­te Grundsicherung benö­ti­gen, nicht in vie­ler­lei Hinsicht ein Gewinn wären.

Kein Hexenwerk mit etwas gutem Willen

Die Statistik des Bundesamtes zeigt, wie sich die Zahl der Menschen in den ver­gan­ge­nen Jahren stets nach oben ent­wi­ckelt hat, die Grundsicherung benö­ti­gen. Seit 2004 hat sich die Zahl bis Ende letz­ten Jahres ver­dop­pelt! Ich fra­ge mich, ob die gern als Argument für die nied­ri­ge Renten her­an­ge­zo­ge­nen «Billiglöhne in Deutschland» seit der Einführung der Agenda (2005) wirk­lich die Wirkung ent­fal­ten konn­te, die wir heu­te anhand der Zahlen vor Augen haben. Die Höhe der Renten kann kaum mit den nied­ri­ge­ren Löhnen in den letz­ten 13 Jahren erklärt wer­den. Da spielt die Absenkung des Rentenniveaus, die von der Regierung Schröder ein­ge­lei­tet wur­de und des­sen Ende wir noch nicht gese­hen haben, wahr­schein­lich eine grö­ße­re Rolle. Wenn jedoch die heu­ti­gen Rentenberechnungsmodelle nicht nur kom­pli­ziert, son­dern eini­ger­ma­ßen gerecht wären, müss­ten wir jetzt nicht am «offe­nen Herzen» ope­rie­ren, weil die Gesellschaft die­se Art der Ausgrenzung nicht erträgt.

Ich weiß, dass vie­le sol­che Überlegungen rund­weg ableh­nen. Sie wol­len das, was ihnen zusteht. Andere inter­es­sie­ren sie bei die­ser Überlegung erst­mal nicht. Dafür habe ich schon Verständnis. Und viel­leicht gibt es gute Argumente. Als Almosen möch­te ich sol­che Umverteilungen, wie ich sie ange­spro­chen habe, auch wirk­lich nicht ver­stan­den wis­sen. Aber als Investition in eine gerech­te­re Gesellschaft sehr wohl.

Das bedin­gungs­lo­se Grundeinkommen wäre viel­leicht auch für die­se Diskussion rele­vant. Aber die aktu­el­le Rentensituation ist dafür nicht der rech­te Anlass, den­ke ich.

Lass deinen Gedanken freien Lauf


Hier im Blog werden bei Abgabe von Kommentaren keine IP-Adressen gespeichert! Deine E-Mail-Adresse wird NIE veröffentlicht! Du kannst anonym kommentieren. Dein Name und Deine E-Mail-Adresse müssen nicht eingegeben werden.


Mehr lesen aus dieser Kategorie

Beschissen, betro­gen, verarscht
Düstere Zukunft

Gesellschaft, Politik

Beschissen, betro­gen, verarscht

Spielräume statt Dogmen: Der Versuch einer sach­li­chen Kritik.
existenzminimum debatte verfassungsgericht

Flüchtlinge, Gesellschaft, Politik

Spielräume statt Dogmen: Der Versuch einer sach­li­chen Kritik.

Trumps Rhetorik und die Realität: Angriffe auf die ame­ri­ka­ni­sche Demokratie
politische Gewalt in den USA

Politik

Trumps Rhetorik und die Realität: Angriffe auf die ame­ri­ka­ni­sche Demokratie

🌬️ Manchmal ist ein Lächeln die beste Antwort.