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Gesellschaft

Mehr Konservativismus muss nicht sein

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von Horst Schulte

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Die Zeiten ändern sich.

Die­ser Bei­trag scheint älter als 6 Jah­re zu sein – eine lan­ge Zeit im Inter­net. Der Inhalt ist viel­leicht veraltet.

Schrö­der ver­gisst gleich zu Beginn ihres Essays für die »Welt«, die Moti­va­ti­on der 68er Bewe­gung zu erwähnen.

Sie bestand haupt­säch­lich in der Reak­ti­on auf die bru­ta­len Ver­säum­nis­se der bür­ger­li­chen, kon­ser­va­ti­ven Mit­te. Die hat­te es näm­lich bis zu die­sem Zeit­punkt ver­säumt, eine auch nur halb­wegs adäqua­te Auf­ar­bei­tung des 3. Rei­ches inklu­si­ve der Inbe­sitz­nah­me bun­des­re­pu­bli­ka­ni­scher Insti­tu­tio­nen durch ehe­ma­li­ge Nazis ein­zu­lei­ten bzw. zu bekämpfen.

Dass dabei auch Feh­ler gemacht wur­den … geschenkt!, Frau Schröder.

Ich möch­te mir nicht vor­stel­len, wie die­ses Land wäre, hät­te es die­se Jugend­be­we­gung – und um nicht mehr han­del­te es sich – nie gege­ben. Kon­ser­va­ti­ve schei­nen das offen­bar häu­fig ganz anders zu sehen.

Der Ein­fluss der 68er schwin­det zwar, weil die damals akti­ven Per­so­nen nach und nach aufs Alten­teil zurück­zie­hen. Aber die Kon­ser­va­ti­ven möch­ten ungern auf die­ses beque­me Feind­bild ver­zich­ten. Anders kann ich mir die ein wenig spä­te Beschäf­ti­gung mit dem Ein­fluss der 68er auf die Poli­tik des Lan­des kaum erklären. 

Viel­leicht ist es man­geln­des Selbst­be­wusst­sein rechts­kon­ser­va­ti­ver Publi­zis­ten, was inzwi­schen dazu führt, dass sie in ihren Essays harm­los gegen Links wet­tern. Die Schlag­zei­len haben es in sich, die Inhal­te enttäuschen. 

Ziel: die bürgerliche Mitte

Für ihr Essay wählt Schrö­der den Titel: »Der Kampf gegen rechts zielt auf die bür­ger­li­che Mit­te«. Im Ein­füh­rungs­text heißt es dann: 

Die Lin­ke hat die Aus­ein­an­der­set­zung mit dem Rechts­extre­mis­mus aus­ge­wei­tet. Vom Staat unter­stützt, wird alles bekämpft, was nicht links ist. Zugleich ver­harm­lost man den Linksextremismus

Ein­füh­rungs­text von Kris­ti­na Schrö­der, ehe­ma­li­ge Bun­des­mi­nis­te­rin im vor­letz­ten Kabi­nett von Ange­la Merkel.

Bei der Uni­on ver­läuft der Abschmel­zungs­pro­zess bis­her weit­aus weni­ger dra­ma­tisch als bei der SPD. Natür­lich sind die Grün­de unter­schied­lich. Die Hal­tung der Bür­ge­rIn­nen zu den ehe­ma­li­gen Volks­par­tei­en hat sich nach­hal­tig gewandelt.

Ob es in den 1980er Jah­ren die Grü­nen waren, in den 1990ern die Links­par­tei und jetzt die AfD. Das Par­tei­en­gefü­ge und damit die Stim­men­an­tei­le haben sich so stark ver­än­dert, dass in Zukunft ande­re, viel­leicht bis­her kaum vor­stell­ba­re Koali­tio­nen not­wen­dig werden. 

5 % Hürde

Ich bin lan­ge Zeit hin­durch dafür ein­ge­tre­ten, die 5% Hür­de zu strei­chen, denn ich hielt das Fun­da­ment unse­rer Demo­kra­tie für so gefes­tigt, dass mich neue Bünd­nis­se und Koali­tio­nen nicht geängs­tigt hät­ten. Das war, bevor die Rech­ten in Sach­sen 27% erreicht haben und dort stärk­te Par­tei wurden. 

Ja, die­sen Unter­schied mache ich, wenn es um die Beur­tei­lung von Rechts und Links geht. Hät­te die Links­par­tei in Sach­sen die­sen Stim­men­an­teil geholt, hät­te ich das wohl ange­sichts der his­to­ri­schen Hin­ter­grün­de für nor­mal gehal­ten und mich nicht kri­tisch geäußert. 

Schrö­der meint natür­lich etwas ande­res, wenn sie ihren Dok­tor­va­ter Prof. Fal­ter zitiert: 

„In den Augen der Bevöl­ke­rung wol­len die Rechts­extre­men mit schlech­ten Mit­teln das Fal­sche. Die Links­extre­men hin­ge­gen wol­len mit schlech­ten Mit­teln das Gute.“

Prof. Fal­ter

Ich fin­de, Fal­ter hat recht, jeden­falls was mich angeht. Dabei bestehe ich dar­auf, dass jede Art von Gewalt abzu­leh­nen ist.

Extremismus

Beim Links­extre­mis­mus bin ich bereit zu dif­fe­ren­zie­ren: Die G20 Ran­da­le habe ich sehr kri­tisch gese­hen, die gewalt­tä­ti­gen Demos gegen Mit­ar­bei­ter Braun­koh­le und Poli­zei­be­am­te in unse­rer Regi­on eben­so. Bei der radi­ka­len Par­tei­nah­me von Lin­ken zuguns­ten von Geflüch­te­ten war ich mit­un­ter weni­ger klar. Aber nicht, wenn es um Gewalt ging! Trotz­dem: Mei­ne Reak­ti­on ist dann anders.

Alles, was als Rechts­extre­mis­mus ein­zu­ord­nen ist, erfährt mei­ne kla­re Ablehnung. 

Schrö­der führt die glei­che Kla­ge, die auch von rechts­ra­di­ka­len Blogs und Publi­ka­tio­nen geführt wird. Sie beschwert sich dar­über, dass Links­extre­mis­mus auf die leich­te Schul­ter genom­men wird, wäh­rend bei­spiels­wei­se ihr ehe­ma­li­ges Minis­te­ri­um, nach­dem es von Links (zur Klar­heit: die SPD ist gemeint!) über­nom­men wur­de, sich haupt­säch­lich gegen rechts engagiert. 

Schrö­ders Essay macht, obwohl dies nicht sei­ne Absicht war, deut­lich, wie ver­schwom­men über­kom­me­ne Begrif­fe wie rechts und links inzwi­schen gewor­den sind und wie wenig aus­sa­ge­fä­hig es ist, wenn wir noch von »poli­ti­scher Mit­te« sprechen. 

Immer häu­fi­ger lese ich Text kon­ser­va­ti­ver Publi­zis­ten, die den Ein­druck erwe­cken, als müs­se der Kon­ser­va­ti­vis­mus wie­der­be­lebt wer­den. Jeder, der ein biss­chen die Umfra­ge­er­geb­nis­se auf Bun­des­ebe­ne im Blick hat, weiß doch genau, wie die Mehr­heits­ver­hält­nis­se in unse­rem Land aussehen.

Antitotalitärer Konsens

Aus mei­ner Sicht muss des­halb die kon­ser­va­ti­ve Mehr­heit im Land nicht noch wei­ter anwach­sen. Die Grü­nen zäh­le ich natür­lich zum kon­ser­va­ti­ven Lager! Uni­on, Grü­ne, FDP lie­gen bei Infra­test dimap gera­de bei 51%. Nimmt man die AfD hin­zu wäre die Mehr­heit des kon­ser­va­ti­ven Lagers bereits bei mehr als 2/​3 (68%). Wor­über bekla­gen sich die Rech­ten also?

Natür­lich, wenn sich Frau Schrö­der, wie ande­re rech­te Autoren, so gro­ße Sor­gen um das Kon­ser­va­ti­ve im Land machen, wer­den sie im Kopf haben, was die letz­ten Koali­ti­ons­ver­hand­lun­gen zu Jamai­ka erge­ben hat­ten. Hät­te das geklappt, wäre – jeden­falls regie­rungs­sei­tig – die Welt doch für sie voll in Ord­nung. Aber nein, die angeb­li­che Links­do­mi­nanz der Medi­en wäre ja dann immer noch vorhanden. 

Wenn Schrö­der auf einen »anti­to­ta­li­tä­ren Kon­sens« der Demo­kra­ten abhebt, soll­te sie doch bit­te auch erwäh­nen, dass die SPD genau aus die­sem (fal­schen) Grund bis­her ihre Macht­op­ti­on »links lie­gen« gelas­sen hat. Wenn bald zur Debat­te steht, dass ande­re Regie­rungs­mehr­hei­ten nicht mehr zu bekom­men sind, wird sich die Uni­on schon nach rechts öff­nen. Im Grun­de wol­len Schrö­der und ihre kon­ser­va­ti­ven Mit­strei­ter näm­lich gar nichts ande­res, als die Leu­te auf die neue Zeit vor­zu­be­rei­ten. Auf einen »anti­au­to­riä­ten Kon­sens« wird die Uni­on, wenn es rich­tig eng wer­den soll­te, näm­lich kei­nen Wert mehr legen. Soviel Oppor­tu­nis­mus trau­en wir ihr schon noch zu.

Und es wird ihr ver­mut­lich auch nicht viel ande­res übrig blei­ben. Die SPD steht jeden­falls wegen ihrer Mise­re nicht mehr zur Ver­fü­gung. Die Tal­fahrt ist längst nicht been­det. Das Füh­rungs­per­so­nal bie­tet für ande­re Annah­men kei­nen Spielraum.

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Ich bin Horst Schulte

Herausgeber, Blogger, Amateurfotograf

alleiniger Autor dieses Blogs

Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Ich kann die Leute nicht ändern, aber meinen Blick auf sie.

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