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Wir sind ein Volk

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Die sati­ri­sche Zeichnung in einer Tageszeitung zeigt einen Ost- und einen Westdeutschen, die sich von­ein­an­der abge­wandt zupros­ten. Die Kanzlerin foto­gra­fiert die Szene. Einer der bei­den fragt bei ihr nach: „Wie, noch euphorischer?”

Das passt nicht zu mei­nen Gefühlen an die­sem „Tag der Einheit”. Mir ist gar nicht nach einem Prost auf die deut­sche Einheit! Ich bin wütend. Ein nicht gerin­ger Teil der Ostdeutschen scheint unse­rer Demokratie über­drüs­sig zu sein. Keiner soll mir sagen, dass die AfD nach den Umfragen nur des­halb die größ­te Partei wäre, weil die Menschen „unzu­frie­den” seien.

Wahrscheinlich tei­len vie­le mei­ne Meinung, dass das Verhältnis zwi­schen den bei­den Teilen Deutschlands in den vie­len Jahren seit der Wiedervereinigung jemals so mies gewe­sen ist wie heute. 

Mein Eindruck könn­te auf eine zu exzes­si­ve Nutzung der „sozia­len” Netzwerke zurück­zu­füh­ren sein. Oder es könn­te an mei­nem feh­len­den Verständnis lie­gen. Und dar­an, dass wir – die Wessis – so wenig über unse­re Brüder und Schwestern im Osten wis­sen. Und zuge­hört haben wir ja auch nie!

Immer schwin­gen in sol­chen Beschwerden Vorwürfe mit, die ein­sei­tig von Ostdeutschen geführt wer­den. Das ist die Art von Wehleidigkeit, die ich nach all den Jahren nicht mehr hören kann.

Ich war sel­ten im Osten. Ost-​Berlin, Potsdam und Erfurt habe ich gese­hen, und zu mehr habe ich (im Moment) auch kei­ne Lust. 

Beruflich und pri­vat habe ich nur weni­ge Ostdeutsche ken­nen­ge­lernt. Die klas­si­schen Themen, die in der Öffentlichkeit breit dis­ku­tiert wur­den, spiel­ten in den Gesprächen kaum eine Rolle. Beschwerden und Unzufriedenheit mit dem, was seit 1989 pas­siert ist, waren sel­ten. Wahrscheinlich hät­te ich tie­fer „boh­ren” müs­sen, um auf den Kern von Unzufriedenheit zu sto­ßen? Vielleicht fehlt es ja an Respekt vor der Lebensleistung der Menschen im Osten? Ich fra­ge mich nur, wel­cher Arbeitnehmer im Westen die­ses Gefühl nicht kennt.

im Jahr 2015 bei durch­schnitt­lich 787 Euro im Westen und 964 Euro im Osten. Differenziert nach Männern und Frauen ergibt sich fol­gen­des Bild. Die Frauen im Osten erhiel­ten 846 Euro, die West-​Frauen 580 Euro. Die Männer in den neu­en Bundesländern beka­men 1124 Euro, die in den alten Bundesländern 1040 Euro.

Quelle: Phrasenprüfer: „Durchschnittsrente im Westen bei 1375 Euro“ | FR​.de

Die Leute, mit denen ich es zu tun hat­te, waren alle in Arbeit. Allerdings weiß ich, dass eini­ge in der Vergangenheit nicht nur erfolg­reich waren. Mir per­sön­lich ging es aber auch nicht anders.

Mich macht es miss­mu­tig, dass die AfD im Osten stärks­te Partei gewor­den ist. Dass die­se Partei, die sich als rechts­ra­di­kal ent­puppt hat und im Westen auch wei­ter an Zustimmung gewinnt, füh­re ich nicht zuletzt auf den Einfluss ost­deut­scher „Aktivitäten” zurück. Dazu zäh­len natür­lich die Demos in Dresden, Chemnitz und Köthen. Sowas ist anste­ckend. Wir wis­sen das und trotz­dem machen so vie­le mit?! 

Dass die Führungskräfte der AfD, die sich im Osten so „rich­tig ent­fal­ten”, aus dem Westen stam­men – nicht nur Björn Höcke – ist auch bemer­kens­wert. Wie steht es um die Repräsentanz der Ostdeutschen in den Führungsetagen der poli­ti­schen Parteien? Ich fürch­te, das gilt spie­gel­bild­lich für alle Parteien.

Es ist ver­ständ­lich, wenn Menschen mit ihrem Schicksal und mit ihren Lebensverhältnissen unzu­frie­den sind. Aber wer ist schon durch­ge­hend zufrie­den mit sei­nem Leben? Es gibt vie­le Versuche von Politikern, Journalisten und Wissenschaftlern, die sub­ver­si­ve Haltung vie­ler Ostdeutschen zur Demokratie zu erklären.

Mir feh­len nach fast 30 Jahren Geduld und Verständnis dafür, dass sich Leute auf den Straßen zusam­men­rot­ten und von rech­ten Rattenfängern gegen die Demokratie in Stellung brin­gen las­sen. Was sind das für Leute, die auf den Straßen von Dresden, Chemnitz und Köthen mit­lau­fen, wenn von einer „Revolution” die Rede ist, die dies­mal für die „Herrschenden” nicht unblu­tig ver­lau­fen wer­de? Die mut­maß­li­chen Rechtsterroristen waren von all dem Zuspruch auf den Straßen jeden­falls so ange­turnt, dass sie ihren Verein auch gleich „Revolution Chemnitz” genannt haben. Zum Glück haben die Behörden (auch ohne Maaßen) auf­ge­passt und gehandelt!

Viele dürf­ten sau­er sein über mei­ne Vorwürfe. Was weiß der schon über unser Leben? Das mag sein! Aber mich stinkt die­ses demo­kra­tie­feind­li­che Geschrei, das aus Ostdeutschland her­über­schallt gewal­tig an!

Ich bin nicht bereit, unser Deutschland unzu­frie­de­nen Leuten zu über­las­sen, nur weil die glau­ben, ihre Gerechtigkeit oder ihr per­sön­li­ches Wohlergehen außer­halb der Demokratie in einem ande­ren Staat fin­den zu können! 

Hoffentlich sehen das die aller­meis­ten Bürgerinnen und Bürger eben­so und die Umfrageerfolge der Rechtsextremen sowie die Mitläufer in Dresden, Chemnitz und Köthen waren „ledig­lich” ein tem­po­rä­rer Ausdruck der ver­ständ­li­chen Unzufriedenheit und Frustration über das Nichthandeln der Großen Koalition, die wir Regierung nennen.

Wenn ich die­ses Gebrubbel von Brinkhaus lese, stel­le ich mir schon die Frage, ob Kauder nicht doch bes­ser gewe­sen wäre. Was solls, lass die CDU mal machen. 
Ralph Brinkhaus: Viele Ostdeutsche wur­den nach 1990 nicht fair behan­delt – SPIEGEL ONLINE

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7 Gedanken zu „Wir sind ein Volk“

  1. Der vor­ma­li­ge Arbeiter- und Bauernstaat leg­te nicht viel Wert auf intel­lek­tu­el­le Förderung der Bevölkerung. Da ver­wun­dert es nicht, wenn dies, zusam­men mit einer ein­ge­schränk­ten Reisemöglichkeit, den fünfziger-​Jahre-​Muff bis zur Vereinigung kon­ser­viert hat. Ich hal­te die­sen Rückfall in rech­ten Nationalismus für eine Kombination aus man­geln­der Bildung, Ablehnung von wis­sen­schaft­li­cher Erkenntnis als Restideologie aus DDR Zeiten und einer nicht mehr zeit­ge­mä­ßen Bürgerlichkeit [die von der DDR Führung gelebt und gewünscht wurde].

    Hier weden die Fehler der Vereinigungspolitik mit den vor­ge­nann­ten Ursachen zusam­men zu einer explo­si­ven Masse – die Ostler drän­gen nach Rache für ver­meint­lich & tat­säch­lich erlit­te­ne Demütigung, sie haben das Gefühl den Systemkampf ver­lo­ren zu haben und das wird als Aggression ausgelebt.

  2. Na ja, bei man­chen Menschen dau­ert es eben län­ger bis sich ihr ange­stau­ter Zorn ent­lädt – offen­bar däm­mert es nun selbst den ganz Ängstlichen, dass es ihnen nicht ans Zeug geht wenn sie sich nega­tiv über die Staatsführung äußern.

  3. „.. Ich habe das schon hüb­scher for­mu­liert gele­sen ..” – da fällt mir nur ein: Von einem hohen Roß fällt man leicht her­un­ter .… ich wuss­te gar nicht, dass es hier not­wen­dig ist sich höchs­ter Formulierungskunst zu befleis­si­gen um kom­men­tie­ren zu dür­fen oder als Kommentator ernst genom­men zu werden.

    Na ja, min­des­tens darf ich froh sein mei­ne frü­he­ren Kommentare über­haupt noch hier vor­zu­fin­den. Ist das Absicht oder nur weil Sie schon ver­ges­sen haben?

🐞 Auch kleine Gesten zählen.

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