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Ein Wort zur Bundeswehr

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Sagt man nicht immer, dass „Politik mit der Betrachtung der Wirklichkeit“ beginnt? Es wäre wünschenswert, ist aber nicht der Fall! Die Politik vernachlässigt die Bundeswehr, obwohl hohe Ex-Militärs und einige dem Militär nahe stehende Journalisten übereinstimmend feststellten, dass sie derzeit nicht einsatzfähig sei. Wer zweifelt daran, dass auch die neue Verteidigungsministerin an dieser Aufgabe scheitert? Oder kann es vielleicht nicht mehr schlimmer werden?

Die Bundeswehr ist in ihrer jetzigen Verfassung nicht einsatzbereit. Und damit eben auch nicht in Gänze zur Landesverteidigung befähigt.“

Ex-General Dr. Erich Vad (Gabor Steingarts Morning-Briefing vom 25.07.2019)

Wir haben die kleinste Bundeswehr, die wir jemals hatten. Wir haben die am schlechtesten ausgerüstete Bundeswehr, die wir jemals hatten. Und wir haben die Bundeswehr mit der niedrigsten Moral.“

Ex-General Kujat: „Unglaubliches Versagen der Politik“ (Gabor Steingarts Morning-Briefing vom 23.7.2019)

Die Hauptvorwürfe richten sich immer an die Politik bzw. die zuständigen Fachminister. Dabei gibt es zwei wichtige Aspekte, die oft keine Rolle spielen. Dr. Vad hat sie im Interview mit Gabor Steingart angesprochen.

Vad weist die Verantwortung für die Misere nicht ausschließlich der Politik zu, sondern sieht innerhalb der Bundeswehr Handlungsspielräume für Verbesserungen. Ob beispielsweise die „ausufernde Militärbürokratie“, die zu lange und fehlerhafte Beschaffungsprozesse verursacht, wohl von der Bundeswehr intern zu lösen sind? So kommt es zu lebensgefährlichen Pannen, wie beispielsweise den Lieferungen nicht passender Schutzwesten an die Truppe in Mali und Afghanistan.

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Vad beklagt, dass Generale von der Qualität eines David Petraeus in der Bundeswehr „mit der Lupe“ gesucht werden müssten. Für ihn wäre die Übergabe des Verteidigungsministeriums an einen ehemaligen General keine gute Lösung. Es gab in der Vergangenheit nur wenige Politiker, die als Verteidigungsminister eine „gute Figur“ abgegeben hätten. Er nannte Helmut Schmidt, Manfred Wörner und Georg Leber, dem „die Altvorderen in der Bundeswehr“ zu Beginn seiner Tätigkeit die Eignung abgesprochen hätten, weil er „nur“ Unteroffizier gewesen sei. Die Frage lautete: „Wie will der denn Generale befehligen?“ Er war einer der besten Verteidigungsminister überhaupt.

Politische Führung

Frank und frei kritisierte Vad die militärische Führungselite von heute. Sie sei in einem Apparat groß geworden, in dem ein „großes Maß an Anpassungsfähigkeit und Schönrederei“ gefordert sei. Deutlicher kann man den Stab über die Führungsspitze unserer Bundeswehr nicht brechen. Es brauche vielmehr zur Lösung der Mammutaufgabe im Ressort politische Schwergewichte vom Schlage eines Volker Rühe (CDU) oder Peter Struck (SPD).

Trotz 43 Milliarden-Etat nicht einsatzbereit

Wenn ich Vads Petitum richtig verstanden habe, sieht er die Aufstockung des Wehretats auf die vertraglichen 2% unseres BIP nicht als vorrangiges Ziel an. Er nannte das mir schon geläufige Beispiel aus Israel. Das Land unterhält, freilich unter völlig anderen politischen Voraussetzungen, eine sehr schlagkräftige Truppe, die mit „nur“ einem Drittel des Etats der Bundeswehr zurechtkommt. Israelische Flugzeuge fliegen Tag und Nacht! Wir liegen mit unseren Militärausgaben an 8. Stelle weltweit (sic?). Es scheint ein großes Geheimnis von Annegret Kramp-Karrenbauer zu bleiben, weshalb diese riesigen Summen nicht ausreichen sollten, eine schlagkräftige Armee zu formen. Insofern unterstütze ich die Position der SPD, weil mehr Geld nicht mehr Qualität und Sicherheit verspricht. Jedenfalls nicht im Moment.

Gesellschaftliche Basis

Der Bundeswehr fehlt die Verankerung in unserer Gesellschaft. Was man besonders gut daran erkennt, dass die Missstände mit gleichgültigem Schulterzucken quittiert werden. Es ist uns egal, das MitbürgerInnen jeden Tag ihr Leben aufs Spiel setzen. Das hat nicht allein damit zu tun, dass sie von unserer Regierung in Konflikte verwickelt wurden, die für die Mehrheit unserer Bevölkerung unpopulärer gar nicht sein könnten.

Ich denke, es ist unsere generelle Einstellung zum Militär. Nur befinden wir uns nicht in der neutralen Schweiz, sondern haben unsere Aufgaben innerhalb eines Bündnisses wahrzunehmen, zu dem wir uns ausdrücklich bekannt haben. Dabei ist die Verteidigungsbereitschaft der Schweiz ganz anders zu bewerten, von der Einstellung zur Armee einmal ganz zu schweigen.

Wir Deutschen machen den Eindruck, davon überzeugt zu sein, die Bundeswehr nicht zu brauchen, wenngleich wir das sicher nicht so deutlich aussprechen würden. Wir haben kein Interesse. Ganz sicher keins, im Namen eines vielbeschworenen Werteverbandes, Menschen in anderen Ländern helfen. Vielleicht hat die Politik mit ihrem Teil an Ignoranz diesen wichtigen Fragen gegenüber beigetragen. Aber generell gilt, was Ex-Bundeswehrgeneral Erich Vad deutlich zum Ausdruck brachte: Wir brauchen eine Verankerung der Bundeswehr in unserer Bevölkerung. Diese ist abhanden gekommen und daran ist nicht allein die Politik schuld!

Statistik: Ranking der 15 Länder mit den weltweit höchsten Militärausgaben im Jahr 2018 (in Milliarden US-Dollar) | Statista


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3 Gedanken zu „Ein Wort zur Bundeswehr“

  1. Ich sehe das insgesamt ähnlich. Zur Zeit haben wir ja die Ablenkungsdebatte von AKK (und der CDU) zur Wiedereinführung öffentlicher Gelöbnisse der BW. Aufatmen… endlich weg von der wohl endgültig verlorenen Klimaschutzdebatte, die sowieso nur den Interessen unserer Industrie schadet.

    Aber mit öffentlichen Gelöbnissen verankert man die BW nicht positiv in der Bevölkerung, das hat in der Vergangenheit nicht funktioniert, das wird heute und auch in der Zukunft nicht funktionieren.

    Glaubt man ernsthaft, dass man die jüngere Generation mit diesen restaurativen alten Zöpfen gewinnen kann? Junge Leute, die längst begonnen haben, sich um die wirklich wichtigen anstehenden Probleme zu kümmern? Und die von der Politik endlich konsequentes, zielgerichtetes Handeln fordern und nicht vergangenheitskleisternden Symbol-Klimbim?

    Ok, es bestätigt sich halt immer wieder: Das Weltbild von CDU und auch AKK ist konsequent rückwärtsgewandt, reaktionär: Das mit der BW hat in der Vergangenheit nicht geklappt… das müssen wir also jetzt machen, ist ja versäumt worden (oder schlimmer noch: von den Linken verhindert).

    Ich schätze, der Hund, den man damit hinter dem Ofen hervorlocken will, ist längst tot und fusselig. Dafür interessiert sich vorrangig die geistige Resteverwertung AFD…

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  2. Ja, das Problem hat viele Ursachen. Ich bin ja interessensmäßig bei diesem Thema immer dabei. Und in der Tat ist die Bürokratie des Beschaffungsamtes ein großes, oft nicht genanntes Problem. Gerade Großprojekte scheint man dort bereits sei Jahren nicht hinzubekommen. Die Ironie der Ursula von der Leyen liegt darin, dass sie hier durch den Einsatz von externen Beratern versucht hat den gordischen Knoten zu zerschlagen. Wenn man aber den Medienberichten zum Thema glauben kann, sind gerade jene Externe die gute Arbeit geleistet haben, bald wieder gegangen. Oder wie zum Beispiel Katrin Suder nach der Legislaturperiode dann doch wieder von reinen Politikern verdrängt worden. Auch wenn ich mich ansonsten dem „Ursula von der Leyen“-Bashing nicht entziehe, hier war sie auf der richtigen Spur. Am Ende kann man nur hoffen, das Friedrich Merz nicht recht behält, und sich die Bundeswehr – oder besser die Bürger in Uniform, aus denen sie besteht – nicht der AfD zuwenden, weil man dort vorgibt ihre Interessen besser zu vertreten. Besser würde ich natürlich nicht sagen, aber zumindest offener und nicht nur in Sonntagsreden.

    Ob die Wiedereinführung der Wehrpflicht eine Lösung wäre? Ich denke ja, aber ich glaube nicht daran, dass man dies a) politisch durchsetzen kann und b) das Problem der Wehrgerechtigkeit, als die Tatsache, dass mehr junge Männer da sind, als Bedarf ist, sich ja eher verschlimmert hat. Mal abgesehen davon, dass man auch auf die Frauen blicken sollte. Vielleicht wäre tatsächlich eine neue Art von Dienst die Lösung, bei der Männer und Frauen ein Jahr lang in ökologischen Einrichtungen, Pflegeheimen usw. usf. arbeiten sollten, inklusive der Möglichkeit ein Jahr bei der Truppe zu dienen. Aber selbst das halte ich für politisch auf unabsehbare Zeit nicht mehr durchsetzbar.

    Na ja, und was die Bundeswehr und ihr Image in der Bevölkerung angeht, da habe ich nicht viel Hoffnung. Der Zeitgeist ist ein anderer. Als ich noch zur Schule ging hat die Bundeswehr ihr Magazin verteilt und kam auch mal in die Schule. Heute wir es als Sieg für die gute Sache gefeiert, wenn eine Hand voll Schüler so lange den Aufstand probt, bis der Werbeoffizier das Schulgelände nicht mehr betreten darf. Man könnte fast glauben in den Köpfen hätte sich das Bild einer elitären Reichswehr oder gar das der Wehrmacht eingeprägt. Womit die Bundeswehr, auch bei allen aufgedeckten Fehlern, nun gar nichts mehr zu tun hat.

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  3. Hätte die Wiedereinführung der Wehrpflicht nicht auch den Vorteil, dass viele junge Leute wieder im Ersatzdienst engagiert wären? Das wäre angesichts des Personalnotstandes in der Pflege ein positiver „Nebeneffekt“. Interessant am Vlad-Interview: Er erzählte von seinem Sohn, der eine Offizierslaufbahn eingeschlagen habe. Er ist der einzige in der Klasse und musste sich wegen seiner Entscheidung vor der Klasse und den Lehrern rechtfertigen. Das ist ein bisschen typisch und passt zu dem, was du @Thomas angesprochen hast. Der Zeitgeist wirkt halt.

    Ich selbst war nicht bei der Bundeswehr und habe Ersatzdienst geleistet (10 Jahre Feuerwehr). Ich habe nicht verweigert, sondern wäre auch zur Bundeswehr gegangen, wenn sich nicht aufgrund eines Funktionärsamtes innerhalb der Feuerwehr diese Möglichkeit zufällig ergeben hätte. Will damit sagen @Boris, dass ich persönlich Pro-Bundeswehr denke. Ich glaube nämlich, dass wir diese – vielleicht schon sehr bald – in einem ordentlichen Zustand gebrauchen werden. Wer weiß, welche Szenarien der Landesverteidigung sich künftig auftun? Klimawandel wäre ein Stichwort. Aber abgesehen von solchen Überlegungen halte ich eine funktionierende Landesverteidigung im Gegensatz zu anderen für unabdingbar. Anders ausgedrückt, die Regierung handelt fahrlässig, wenn sie nicht alles dafür tut, dass dort nicht die Voraussetzungen für die Einsätze wiederhergestellt werden. So kann es nicht weitergehen.

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